OStR Mag. Christa Lang

3712 Maissau

 

Sehr geehrte Damen und Herrn!

 

Das neue Lehrerdienstrecht, wie es jetzt zur Begutachtung steht, erfüllt mich mit Befremden, ja sogar berechtigtem Entsetzen bezüglich seiner Inhalte und Pläne. Ich lehne diese  Fassung mit Entschiedenheit ab.

Ich stimme im Übrigen einer Veröffentlichung ausdrücklich zu.

 

Einige der Gründe, die mich zu dieser Ablehnung veranlassen, nenne ich hiermit.

·        Das neue Dienstecht ist nichts anderes als ein massives Sparprogramm, das auf dem Rücken der zukünftigen jungen LehrerInnen ausgetragen wird und m.E. in der Folge immense negative Folgen für das gesamte österreichische Bildungssystem und damit für die Kinder und Jugendlichen unseres Landes haben wird.

·        Eine Erhöhung der Arbeitszeit um bis zu 40 % kostet z.B. im AHS- und BMHS-Bereich 12.000 bis 14.000 Arbeitsplätze -  und die Attraktivität eines schlechtbezahlten „Jobs“ wird nicht wirklich die „Besten“ unter den zukünftigen LehrerInnen auf den Plan rufen.

·        „All-In-Verträge“, wie jetzt vorgesehen,  sind immens ungerecht, da alle zusätzlich zum Unterricht ausgeübten Aufgaben in der Schule nicht zählen;  übernehmen LehrerInnen aufgrund der höheren Stundenverpflichtung zusätzlich weitere Klassen (bei geringerer Bezahlung wohlgemerkt!), wie es das neue Dienstrecht ja vorsieht, wird den LehrerInnen mehr und mehr die Kraft und die Zeit für das Eingehen auf die individuelle Situation des einzelnen Schülers/der einzelnen Schülerin fehlen. Vor allem in besonders zeitintensiven Fächern (speziell in den Korrekturfächern) und auch grundsätzlich in allen Fächern wird die Zeit für die Vor-und Nachbereitung der Stunden (das, was keiner sieht, wie z.B. Hausübungskorrekturen!) mehr und mehr eingeschränkt.

·        Alle Lehrer können unabhängig von ihrer spezifischen Ausbildung an jeder beliebigen Schulart in völlig beliebigem (!) Ausmaß in jedem beliebigen Fach auch gegen ihren Willen eingesetzt werden.  Die neue Ausbildungsschiene für  LehrerInnen ist ein Schlag  in die Magengrube für die Qualität unseres Bildungssystems.

·        Es ist völlig unsinnig, jemanden ein Fach unterrichten zu lassen, der „dies nicht von der Pike auf“ gelernt hat,  es ist zusätzlich kontraproduktiv und ein Besorgnis erregendes Downgrading des zukünftigen österreichischen Schulsystems. Da ja LehrerInnen mit Bachelorstudium in Zukunft die Anstellungserfordernisse für alle Schularten  erfüllen würden, so wie es jetzt vorgesehen ist, auch für die AHS-Langform (Unter- und Oberstufe), wo derzeit in der Regel nur Personen mit einer praktisch doppelt so langen Ausbildung (masterwertig) unterrichten, wird es aufgrund der langen Dauer (noch dazu „berufsbegleitend“) nicht mehr viele geben, die diesen Weg schaffen können. -  Was wiederum die Qualität des jetzt noch guten österreichischen  differenzierten Bildungssystems herabsetzen wird, wenn es dann ohnehin kaum genügend LehrerInnen gibt.

·        Auffällig ist auch die immanente Frauenfeindlichkeit eines solchen Dienstrechts, der Frauenanteil im Schulbereich steigt weiterhin an. Es würde also wiederum viele junge Frauen treffen, die zwischen Beruf und eigener Familie jonglieren müssen.

·        Die vorgeschlagene „Induktionsphase“ für zukünftige junge LehrerInnen in Kombination mit einer vollen Dienstverpflichtung!), einer Hospitationsverpflichtung und der weiteren Ausbildung, überfordert diejenigen mutigen junge Leute, die dann noch LehrerIn werden wollen, komplett, und so schnell wie sie in den Beruf eingestiegen sind, sind sie dann wegen  „burn-out“ wieder ausgestiegen. Dass sich schon  jetzt die „burn-out“-Fälle  auch im Lehrberuf häufen, kann kein Zufall sein, es ist halt ein fordernder Beruf. Am Rande bemerkt, eine neue Lehrerarbeitszeitstudie, die vom Unterrichtsministerium geflissentlich vermieden wird,  täte not.

·        Die im Gesetzestext zu lesenden Vorgaben des neuen Dienstrechtes  zur Ausbildung und Bezahlung zukünftiger Mentoren (BetreuungslehrInnen) gereicht bestenfalls zur Verunglimpfung der  Einsatzbereitschaft von  erfahrenen LehrerInnen, die diese Tätigkeit schon jetzt sehr ernst nehmen, geht es doch um einen sinnvollen und motivierenden Einstieg jener jungen idealistisch gesonnenen Leute, die sich diesen „Job“ zutrauen. (Ich spreche hier aus eigener Erfahrung als Betreuerin im Schulpraktikum).Ja, es gibt sie tatsächlich noch, die aus Idealismus LehrerIn werden wollen (wie auch früher schon), denn aufgrund der Bezahlung allein kann dies nicht der Fall sein…

·        Da die jetzige Vorlage nicht dazu gereicht, die „Besten“ („O-Ton“ Unterrichtsministerin) anzulocken, mache ich mir auch ganz persönlich Sorgen um  die Chancen für unsere zukünftige Jugend (respektive eventuelle eigene Enkel), die dann womöglich mehr oder minder motivierten, ausgepowerten, halb-ausgebildeten und ständig „burn-out“-gefährdeten LehrerInnen gegenübersitzen, LehrerInnen, die zwar wohl willens sind, ihre Leistung zu bringen, aber die Nervenkraft dafür nicht mehr haben werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass österreichische Eltern das für ihre Kinder wollen.

 

Aus Solidarität mit den jungen LehrerInnen bzw. LehramtsstudentInnen

lehne ich als „langgediente“ Lehrerin, die ihre Arbeit immer ernst genommen hat,  die Vorlage zum neuen Lehrerdienstrecht vollinhaltlich und mit großer

Entschiedenheit ab!

 

Hochachtungsvoll

Mag. Christa Lang