Betrifft: Ministerialentwurf des Kinderbeistandgesetzes; Begutachtungsverfahren

   (Post vom 17.7.09)

 

 

STELLUNGNAHME

der Arbeitsgemeinschaft Psychoanalytische Pädagogik (APP)

 

 

1.      Zum § 104a. (1) des Gesetzesentwurfs

Die Beschränkung auf Minderjährige unter 14 Jahren stellt den einzigen inhaltlichen Schwachpunkt des Gesetzes dar: Auch wenn 14Jährige mit erweiterten Rechten (z.B. Antragsrecht) ausgestattet sind, heißt das noch lange nicht, dass Jugendliche dieses Alters erstens bereits in der Lage wären, ihre Wünsche und Anliegen im Rahmen eines Verfahrens tatsächlich zu vertreten, zweitens, dass sie durch die Auseinandersetzungen zwischen den Eltern weniger betroffen wären bzw. an ihnen in geringerem Ausmaß leiden würden. Die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt zeigten, dass 14-16Jährige von ihren Kinderbeiständen sehr profitieren konnten. Insbesondere ist zu bedenken, dass Jugendliche dieses Alters dazu neigen, von sich aus für einen Elternteil Partei zu ergreifen und sich aus Loyalität zu diesem über die eigenen Gefühle und Beziehungswünsche gegenüber dem anderen hinwegzusetzen. Die Vertrauensbeziehung zum Kinderbeistand stellte hingegen oft erst jenen Raum zur Verfügung, in welchem die Jugendlichen ihre Gefühle, Vorwürfe, Erwartungen und Wünsche differenziert darstellen und schließlich auch gegenüber den Eltern vertreten konnten.

Da die Bestellung eines Kinderbeistands weitgehend budgetneutral ist, sollte diese Einrichtung unbedingt über das 14. Lj. hinaus zur Verfügung stehen, mindestens jedoch bis zum vollendeten 16. Lj.

2.      Zum § 104a. (4)

Mir sind (als Nicht-Jurist) die Bestimmungen über die Ablehnung eines Sachverständigen nicht in vollem Umfang gegenwärtig. Jedenfalls aber wäre sicher zu stellen, dass die Bestellung eines Kinderbeistands wirklich in der Macht der Richter liegt, und es Eltern(teilen) nicht sehr einfach ist, diese zu verhindern, wenn sie befürchten, dass sich die Arbeit des Kinderbeistands mit dem Kind schließlich gegen die eigenen Interessen im Verfahren richten könnten.

3.      Zum „Vorblatt“/“Ziel und Inhalt“

8. und 9. Zeile: „…und begleitet es zu Gerichtsterminen.“ sollte wie folgt ergänzt werden:

…zu Gerichtsterminen und auf dessen Wunsch zu Terminen auf dem Jugendamt oder bei bestellten Gutachtern.

4.      Zu den Erläuterungen“/“Besonderer Teil“/ Zu „Art. I, Z.1, Abs. 1“:

Statt die Bestellung an die (äußerliche) „Heftigkeit“ der Auseinandersetzung zu knüpfen, sollte es besser heißen: … wenn es im Hinblick auf die psychische Belastung der Kinder durch die Auseinandersetzungen

 

 

5.      Für Zeile 23f dieses Absatzes (Altersgrenze) gilt das unter (1) Gesagte

6.      Die Aufzählung der „Quellenberufe“ muss um „Psychoanalytisch-pädagogischen Erziehungsberater“ ergänzt werden. Absolventen dieser (inzwischen als Masterstudium anerkannten) Ausbildung verfügen nicht nur in besonderem Maße über die für den Kinderbeistand verlangten Kompetenzen, sie stellten auch einen großen Teil der am Modellprojekt beteiligten Kinderbeistände.

7.      Zu den Rechten des Kinderbeistands

Obwohl juristisch gesehen wahrscheinlich nicht notwendig, hätte ich mir irgendwie einen ausdrücklichen Hinweis gewünscht, dass mit der Bestellung eines Kinderbeistands die Eltern verpflichtet sind, den Kontakt zwischen ihm und dem eigenen Kind zu ermöglichen, und es sich dabei nicht bloß um ein Angebot oder eine Empfehlung handelt, di man auch umgehen kann.

 

Schlussbemerkung

Von diesen Anmerkungen abgesehen zeugt der Entwurf von großer Sachkenntnis und dem erfolgreichen Bemühen, auf den Erfahrungen des Modellprojekts aufzubauen.

 

 

Wien, 7. Sept. 2009

Für den Vorstand der APP:

Univ.Doz. Dr. Helmuth Figdor

(Vorsitzender)

i.A.  ________________________________

(Mag.a Romana Gruber, Sekretariat)