Abteilung für Psychiatrie

Leiter: Prim. Univ. Doz. Dr. C. Miller

 

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Kufstein, am 27.08.2009

 

 

An das
Bundesministerium f. Justiz

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren

 

Vielen Dank für die Übersendung des Entwurfes zur Novelle des Unterbringungsgesetztes.
Als Abteilungsleiter einer regionalen psychiatrischen Abteilung ist es aus meiner Sicht sehr zu begrüßen, dass in dieser Novelle im § 10 Abs. 3 aufgelistet wird, dass das 2. fachärztliche Gutachten zur Unterbringung erst am Vormittag des folgenden Werktages erstellt werden muss. Bezüglich der im § 10 Abs. 3 genannten Personen, die berechtigt sind ein solches Gutachten zu erstellen möchte ich doch darauf hinweisen, dass die Gruppe der Fachärzte für Neurologie u. Psychiatrie längerfristig nicht mehr zur Verfügung stehen werden, da es durch eine EU-konforme Änderung der Ärzteausbildungsordnung zu einer kompletten Trennung der Fächer Neurologie und Psychiatrie gekommen ist.

Weiters stellt sich für mich im § 10 Abs. 2 die Frage ob die Formulierung „Es hat ferner der Patientenanwalt und wenn der Kranke nicht widerspricht ein Angehöriger informiert zu werden“ nicht der ärztlichen Schweigepflicht widerspricht. Um hier mehr Klarheit zu erhalten wäre es sicherlich besser, wenn hier anstatt der gewählten Formulierung die Formulierung „auf Wunsch des Patienten“ stehen könnte. Es ist in diesem Zusammenhang auch zu bedenken, dass eine Unterbringung ohne Verlangen aufgrund einer akuten und erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung oft für den Betroffenen eine stresserfüllte Situation darstellt und er dann möglicherweise nicht sagt, dass er es nicht will, dass seine Angehörigen informiert werden. Es ist dann auch nicht geklärt, ob es zu Haftungsansprüchen wegen der Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht kommen kann.

Bezüglich der Übermittlung der Unterbringungszeugnisse an das Gericht und an die Patientenanwaltschaft stellt sich auch die Frage, wie das durchgeführt werden soll. Nach meinem Wissensstand sollen laut den ab 2010 geltenden Gesundheitstelekommunikationsgesetzt medizinische Unterlagen nur mehr in einem gesicherten „Netz“ übermittelt werden. Da Unterbringungszeugnisse Teile einer Krankengeschichte darstellen, sind sie meines Erachtens medizinisch relevante Daten. Es stellt sich hier für mich die Frage, ob diese dann auch dem Gesundheitstelekommunikationsgesetzt unterliegen.

 

Meines Erachtens wäre es auch wünschenswert den Satz „Die Fortführung einer Unterbringung wird allein nicht dadurch unzulässig, dass infolge einer eingetretenen Besserung eine ernste und erhebliche Gefährdung im Sinne des Abs. 1 nicht mehr unmittelbar bevorsteht“ § 3 Abs. 2 zu verändern. Es könnte dadurch auch zur Interpretation kommen, dass eine mittelbare „Gesundheitsgefährdung“ Grund für eine Unterbringung sein könnte. Die Unterbringung ohne Verlangen sollte nur auf eine akute und erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung beschränkt bleiben.

 

Hochachtungsvoll

 

Prim. Univ. Doz. Dr. C. Miller