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Mag. Florian Reininger

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GZ: BMASK-10310/0016-I/A/4/2009

 

Wien, 27.08.2009

 

 

 

Betreff:

Ministerialentwurf einer Unterbringungs- und Heimaufenthaltsnovelle 2010; Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Bezug nehmend auf die Note vom 17.07.2009, GZ: BMJ-B4.907/0013-I 1/2009, betreffend den Ministerialentwurf einer Unterbringungs- und Heimaufenthaltsnovelle 2010 nimmt das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wie folgt Stellung:

 

Grundsätzlich wird die Anpassung des Unterbringungs- und Heimaufenthaltsgesetzes an geänderte Rahmenbedingungen unter Berücksichtigung gesammelter Erfahrungen begrüßt.

 

Zu Artikel I (Änderung des Unterbringungsgesetzes)

 

Aus behindertenpolitischer Sicht sind die vorgeschlagenen Änderungen zu unterstützen. Die Novelle sollte allerdings genützt werden, um auch die Stellung der Angehörigen von Betroffenen zu verbessern.

 

Zu § 19 Abs. 2 Unterbringungsgesetz (UbG):

 

Die Anhörung von Angehörigen des Kranken, insbesondere jener Angehörigen, die mit dem Erkrankten im selben Haushalt leben (meist Ehepartner/innen, Lebensgefährt/innen, Eltern oder Kinder), sollte ein nicht zu vernachlässigender Eckpfeiler der Anhörung sein, da diese Menschen eigene Erfahrungen aus dem Alltagsleben mit dem/der Kranken wiedergeben können, die nicht selten dem Gericht, aber auch der/dem Abteilungsleiter/in der psychiatrischen Einrichtung und dem Patientenanwalt verborgen bleiben. Dieses Anhörungsrecht ist ganz besonders dann wesentlich, wenn ein/e im gemeinsamen Haushalt lebende/r Partner/in auch noch für weitere minderjährige Kinder zu sorgen hat, die ebenfalls im selben gemeinsamen Haushalt leben und von der Erkrankung des/der Patienten/in unmittelbar mitbetroffen sind.

 

§ 19 Abs. 2 UbG sollte daher wie folgt ergänzt werden (siehe Fettschrift):

 

„(2) Das Gericht hat Einsicht in die Krankengeschichte zu nehmen sowie die/den Abteilungsleiter/in, den Patientenanwalt, und eine/n sonstige/n in der Anstalt anwesende/n Vertreter/in des Kranken und eine/n nahe/n Angehörige/n zu hören.“

 

Zu § 32 UbG:

 

Entsprechend der Normierung im geltenden § 10 Abs. 3 UbG, wonach bei einer Unterbringung auch ein/e Angehörige/r zu verständigen ist, wenn der/die Kranke nicht widerspricht, sollte auch vorgesehen werden, dass ein/e Angehörige/r von der beabsichtigten Entlassung informiert werden muss. Dies ist umso wichtiger, wenn diese/r Angehörige die wichtigste Bezugsperson für den kranken Menschen ist und im Falle der Entlassung notwendige Vorkehrungsmaßnahmen (etwa die Inanspruchnahme eines mobilen sozialen Dienstes) organisieren muss. Im Regelfall wird dies ohnehin dieselbe/derselbe Angehörige sein, die/der auch von der Unterbringung verständigt wurde.

 

§ 32 UbG sollte daher wie folgt formuliert werden (siehe Fettschrift):

 

„Unbeschadet der Fälle, in denen das Gericht die Unterbringung des Kranken für nicht oder für nicht mehr zulässig erklärt, hat der Abteilungsleiter die Unterbringung jederzeit aufzuheben, wenn deren Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Er hat hievon unverzüglich das Gericht, und den Vertreter des Kranken und, wenn die/der Kranke nicht widerspricht, auch eine/n Angehörige/n zu verständigen. Die/der behandelnde Ärztin/Arzt hat das weitere Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen in der Krankengeschichte zumindest wöchentlich, sollte aber die Unterbringung bereits über sechs Monate andauern, zumindest monatlich zu dokumentieren.

 

Zu §§ 38a und 38b UbG:

 

Da Patientinnen/Patienten insbesondere mit psychischen Krankheitsbildern häufig nicht in der Lage sind, selbst Anträge zu stellen bzw. einem Verfahrensablauf entsprechend zu folgen, sollte in beiden rechtlichen Bestimmungen zumindest in den Erläuterungen klargestellt werden, dass als Vertreter/innen auch ein/e nahe/r Angehörige/r des/der Patienten/in antragsberechtigt ist und am Verfahren teilnehmen kann.

 

Zu Artikel II (Änderungen des Heimaufenthaltgesetzes)

 

Zu § 5 Abs. 1 Heimaufenthaltsgesetz (HeimAufG):

 

Angesichts der Tatsache, dass bereits bisher die Frage der Honorierung bei der Anordnung freiheitsbeschränkender Maßnahmen ungeklärt war, wird dringend angeregt, die Kostentragung für ärztliche Gutachten zur Feststellung einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung zu regeln. Jedenfalls ist sicherzustellen, dass die Kosten nicht von den von der Maßnahme betroffenen Bewohner/innen zu tragen sind.

 

Zu § 9 Abs. 1 HeimAufG:

 

Der/dem Bewohnervertreter/in wird auch dann, wenn sie oder er nicht von einer Freiheitsbeschränkung unterrichtet worden ist, ein unangemeldetes Zugangsrecht zu jeder Einrichtung, die dem HeimAufG unterliegt, eingeräumt. Gleiches gilt für alle sonstigen Rechte der Bewohnervertreter/innen, wie z.B. das Recht, Mitarbeiter/innen zu befragen oder Einsicht in die Pflegedokumentation, die Krankengeschichte und andere Aufzeichnungen über die/den Bewohner/in zu nehmen.

 

In den Erläuterungen wird ausgeführt, dass die Bewohnervertreter/innen oder sonstige bestellte Vertreter/innen damit in die Lage versetzt werden sollen, jene Personen zu schützen, die nicht mehr völlig eigenständig handeln können. Weiters wird ausgeführt, dass das Zugangsrecht der Bewohnervertreterinnen und Bewohnervertreter im Hinblick auf einen funktionierenden Rechtsschutz im Gesetz festzuhalten ist.

 

Unklar ist, ob die Bewohnervertreter/innen oder sonstige bestellte Vertreter/innen durch diese Neuregelung künftig die Aufsichtstätigkeit der Länder über Alten- und Pflegeheime quasi „kontrollieren“ oder zumindest ergänzen sollen, zumal § 9 Abs. 3 HeimAufG unverändert bleibt, wonach die Bewohnervertreter/innen befugt sind, die von ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit gemachten Wahrnehmungen den für die Aufsicht zuständigen Behörden mitzuteilen.

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bundesminister:
Dr. Helmut Walla

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