Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1066/09                                                             Wien, 28. August 2009

Entwurf eines Bundesgesetzes,

mit dem das Heimaufenthaltsge-

setz, das Unterbringungsgesetz

und das Strafvollzugsgesetz ge-

ändert werden (Unterbringungs-

und Heimaufenthaltsnovelle

2010 - Ub-HeimAuf-Nov 2010),

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMJ-B4.907/0013-I 1/2009

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 17. Juli 2009 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 


Zu Art. I Z 1 (§  2 des Unterbringungsgesetzes - UBG):

 

Die Formulierung (Kurzversion) „psychiatrische Abteilung“ sollte ergänzt werden durch „bzw. Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie im Falle der Unterbringung Minderjähriger“. Diese Ergänzung soll auch an allen anderen entsprechenden Stellen der Novelle vorgenommen werden.

 

Zu Art. I Z 2 (§ 3 UBG):

 

Zur normierten Prüfobliegenheit wird angemerkt, dass in Fällen, in denen eine Fortführung der Unterbringung als nicht mehr notwendig erachtet wird, ein professionelles Entlassungsmanagement durchzuführen ist. Eine gesetzliche Verankerung der verpflichtenden Durchführung eines Entlassungsmanagements wird daher aus Rechtssicherheitsgründen empfohlen. Weiters wird vorgeschlagen, für die weitere Unterbringung nach Wegfallen der unmittelbaren Gefährdung eine zeitliche Maximaldauer einzuführen.

 

Aus jugendwohlfahrtsrechtlicher Sicht wird dafür plädiert, in § 3 eine Sonderbestimmung für die Unterbringung von Minderjährigen aufzunehmen, wie dies unter Punkt 4 a des Allgemeinen Teils der Erläuternden Bemerkungen vom Bundesministerium für Justiz zur Diskussion gestellt wurde. Leider wurde diese Sonderbestimmung nicht in den Entwurf übernommen.

 

Eine Modifikation des Gefährdungsbegriffes in § 3 für Kinder und Jugendliche wäre sinnvoll, um früh auf beginnende psychiatrische Krankheitsverläufe reagieren zu können. Gerade bei Jugendlichen, die am Beginn einer psychiatrischen Krankheitsentwicklung stehen, wirken jugendwohlfahrtsrechtliche bzw. pflegschaftsbehördliche Maßnahmen oft nicht mehr. Gleichzeitig können sie häufig, auf Grund ihres Alters oder auf Grund der beginnenden Krankheit, eine freiwillige psychiatrische Betreuung nicht annehmen.

 

Um auch diesen Jugendlichen zu einem frühen (und daher erfolgversprechenden) Zeitpunkt psychiatrische Hilfe anbieten zu können, wäre die zur Diskussion gestellte Modifikation des Gefährdungsbegriffes im Unterbringungsrecht erforderlich. Es ist daher erforderlich, die zur Diskussion gestellte Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen.

 

Zu Art. I Z 8 (§ 10 UBG):

 

Im ersten Satz des Abs. 3 wird die aufgenommene Person, ihr Vertreter oder der Abteilungsleiter ermächtigt, ein zweites fachärztliches Gutachten über das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung zu verlangen. Hier wäre aus Rechtssicherheitsgründen zumindest in den Erläuternden Bemerkungen näher auszuführen, wer konkret mit der Person des „Vertreters“ gemeint ist.

 

Der Begriff „Werktag“ umfasst immer auch den Samstag, und zwar unabhängig davon, ob der Samstag auch tatsächlich ein Arbeitstag ist. Werktage sind Montag bis Samstag ausgenommen Feiertage. Der Samstag wäre demnach im Gesetzestext - will man der in den Erläuternden Bemerkungen zum Ausdruck gelangten Intention, dass am Wochenende nicht permanent zwei Fachärzte verfügbar sein müssen, folgen - auszunehmen.

 

Zu Art. I Z 11 (§ 13 UBG):

 

Abs. 1 zweiter Satz sollte einen näheren Hinweis auf die Ausbildungsstätte geben. Die Wortfolge nach dem Begriff „namhaft zu machen“, sollte daher wie folgt lauten:

 

„die zuvor von ihm oder einem anderen Verein im Sinne des § 1 VSPBG ausgebildet und für die besonderen Verhältnisse in Unterbringungssachen geschult wurden.“

Generell wird angemerkt, dass transparente Regelungen zu dieser Ausbildung bislang nicht geschaffen wurden. Nähere Regelungen für diese Ausbildung und Schulung würden eine vertrauensbildende Maßnahme für die Zusammenarbeit mit den vom Geltungsbereich umfassten Einrichtungen darstellen.

Zusätzlich wird angemerkt, dass die Tätigkeit der Patientenanwälte bei der Unterbringung von Jugendlichen besonders sensibel erscheint und daher profunde Kenntnisse des Kindschaftsrechtes und des Jugendwohlfahrtsrechtes erfordert. Diesem Umstand ist durch die Ausbildung der Patientenanwälte und durch die Kooperation mit den für Pflege und Erziehung zuständigen Personen Rechnung zu tragen.

 

Zu Art. I Z 23 (§ 29 Abs. 3 UBG):

 

Es wären aus Rechtssicherheitsgründen entsprechende Ergänzungen aufzunehmen, auf welche Art die unverzügliche Verständigung der Abteilungsleiterin/des Abteilungsleiters zu erfolgen hat.

 

Zu Art. I Z 27 (§ 33 UBG):

 

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Rechtsmeinungen hinsichtlich der in Abs. 3 normierten Mitteilungsverpflichtung an die Vertreterin/den Vertreter der/des Kranken, ist eine Klarstellung erforderlich, ob es sich dabei nur um ein Formerfordernis oder aber um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handelt.

 

Zu Art. I Z 33 und 34 (§§ 38, 38a und 38b UBG):

 

§ 38 Abs. 3 zweiter Satz und § 38a Abs. 2 zweiter Satz hätten in Analogie zu den Ausführungen in den Erläuterungen zu § 38 und § 19a Abs. 2 des Heimaufenthaltsgesetzes wie folgt zu lauten:

 

„Diese Frist beginnt erst zu laufen, wenn ein Vertreter des Kranken Kenntnis von der Maßnahme hat.“

 


Zu Art. II Z 2 (§ 5 des Heimaufenthaltsgesetzes - HeimAufG):

 

Der in Abs. 2 verwendete Begriff „sonstige ärztliche Maßnahmen“ erfordert eine Definition in den Erläuternden Bemerkungen, worum es sich bei „ärztlichen Maßnahmen“ (z. B. Tätigkeiten, die auf Grund der Ausbildung nur Ärzten vorbehalten sind) handelt.

 

Laut Erläuternden Bemerkungen ist Arzt im Sinne des Gesetzes jeder Mediziner mit ius practicandi. Fachärzte wie Psychiater, Neurologen aber auch Internisten haben nicht notwendigerweise das Recht zur selbstständigen Berufsausübung erlangt, wenn sie ausschließlich im Spitals- oder Pflegeheimbereich tätig sind. So würden einige Fachärzte von der Betrauung durch die Einrichtung ausgeschlossen, was vermutlich nicht beabsichtigt ist.

 

Zu Art. II Z 4 (§ 8 HeimAufG):

 

Da die Bewohnervertreter/innen nunmehr gemäß § 9 Abs. 1 auch ohne Meldung einer Freiheitsbeschränkung umfangreiche Befugnisse und Pflichten haben, wäre eine Klarstellung erforderlich, dass sie diese nur wahrnehmen können, wenn sie entweder von der Freiheitsbeschränkung Kenntnis erlangen oder eine solche im Zuge eines Besuchs in einer Einrichtung wahrnehmen.

 

§ 8 Abs. 2 sollte daher wie folgt lauten:

 

„Darüber hinaus wird auch der für die Namhaftmachung von Bewohnervertretern nach der Lage der Einrichtung örtlich zuständige Verein (§ 1 VSPBG) kraft Gesetzes Vertreter des Bewohners, sobald er die Verständigung über eine Freiheitsbeschränkung erhält, Kenntnis von einer Freiheitsbeschränkung erlangt oder eine Freiheitsbeschränkung im Zuge eines Besuches einer Einrichtung wahrnimmt. Dasselbe gilt auch für die in Aussichtstellung einer Freiheitsbeschränkung.“

 

Zu Art. II Z 6 und Z 8 (§§ 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 HeimAufG):

 

Statt auf § 4 Abs. 2 müsste richtig auf § 5 Abs. 1 verwiesen werden.

 

Zu Art. II Z 14 (§ 19a HeimAufG):

 

Es sollte aus Rechtssicherheitsgründen zumindest in den Erläuternden Bemerkungen klargestellt werden, dass es sich bei dem angeführten Vertreter des Bewohners nicht um einen Bewohnervertreter im Sinne des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 handelt, da deren Vertretungsbefugnis durch die Beendigung der freiheitsbeschränkenden Maßnahme bereits erloschen ist.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

Mag. Jürgen Fischer                                               Dr. Peter Krasa

                                                                                   Obersenatsrat

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

 

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MA 40

     (zu MA 40-FBSR 1269/09)

mit dem Ersuchen um Weiter-

leitung an die einbezogenen

Dienststellen