REPUBLIK ÖSTERREICH

 

 

Der gemäß den §§ 36 und 47 Abs.2 GOG beim Oberlandesgericht Graz gebildete Begutachtungssenat gibt zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Urheberrechtsgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentgesetz 1970, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union geändert werden, nachstehende

Stellungnahme

ab:

 

Zu Artikel II Z 3 (§ 7a Mediengesetz)

Vor dem Bekanntwerden ihrer Identität sollen Personen geschützt werden, die Opfer oder Zeuge einer Straftat waren oder selbst einer Straftat verdächtig sind oder wegen einer solchen verurteilt wurden ( Abs 1 Z 1, 2 und 4).

Der verwendete Terminus „Straftat“ mag zwar dem neuen Tatbegriff der StPO entsprechen (§ 1: Straftat im Sinne dieses Gesetzes ist jede nach einem Bundes- oder Landesgesetz mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung), könnte bei seiner Verwendung im Mediengesetz und somit im materiellen Recht aber insofern missinterpretiert werden, als Taten schuldunfähiger Personen davon nicht notwendigerweise umfasst sind.

Wählte man anstatt des Begriffs „Straftat“ jenen einer „mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung“ (Höpfel in WK² § 1 Rz 15, Ratz in WK ² § 21 Rz 15, 16, 25 und zum prozessualen Tatbegriff derselbe Vorbemerkungen zu §§ 28 bis 31 Rz 19-23), so wäre klargestellt, dass derselbe Personenkreis auch im Falle einer Tat einer zurechnungsunfähigen Person geschützt wäre.

 

Zu III Vorblatt (finanzielle Auswirkungen) und zum allgemeinen Teil (finanzielle Auswirkungen) und zu Artikel II Z 6 (§ 71 StPO)

Es darf in Zweifel gezogen werden, dass der zusätzliche Arbeitsaufwand für Haft- und Rechtsschutzrichter für die Ermittlungen in Privatanklageverfahren durch den Wegfall von Beschlagnahmeentscheidungen durch das Budgetbegleitgesetz 2009 aufgewogen werden wird.

Vorhersehbar ist vielmehr, dass gerade an den Landesgerichten in größeren Ballungszentren (Wien, Graz, Linz) die Haft- und Rechtsschutzrichter durch Ermittlungsverfahren in Privatanklagesachen einer nicht unbeträchtlichen Mehrbelastung ausgesetzt sein werden, wenn sie in Verfahren betreffend Vergehen gegen das Inmaterialgüterrecht Entscheidungen zu fällen haben.
Es handelt sich um nicht alltägliche Rechtsmaterien, oft komplexe Sachverhalte und meist rasch notwendige Entscheidungen.

Gerichtliche Zwangsmaßnahmen werden in jedem sich bietenden Anlassfall beantragt, um möglichst großen Druck auf den Konkurrenten auszuüben.

Die Erfahrung lehrt überdies, dass die Parteienvertreter meist nicht in der Lage sind, Anträge zu stellen, die nur mehr der Bewilligung bedürfen, wie im Regelfall jene der Staatsanwaltschaften.

Bei den Beschlagnahmeentscheidungen hingegen, deren Reduktion die Mehrbelastung der Haft- und Rechtsschutzrichter aufwiegen soll, handelt es sich häufig um einen Annex des Ermittlungsverfahrens, der die Staatsanwaltschaften bei Antragsstellung eher belastet als die in der Regel antragsgemäß bewilligenden Haft- und Rechtsschutzrichter.

Es wird daher angesichts immerhin 502 Privatanklageverfahren bei den laufenden PAR-Bewertungen Vorsorge für die Mehrbelastung von Haft- und Rechtsschutzrichtern durch Ermittlungen im Privatanklageverfahren zu treffen sein.

 

Zu Artikel II Z 15 ( § 172a StPO).

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass der Strafjustiz neben der Haft noch ein weiteres Mittel zur Verfahrenssicherung an die Hand gegeben wird.

Die Erfahrung zeigt, dass reisende Täter, deren Verfahren vor allem durch die neue Sicherheitsleistung gesichert werden sollen, meist keine relevanten Geldsummen mit sich führen und über solche auch nicht in ihrer Heimat verfügen. Zumeist wird es also zur Sicherstellung von Gegenständen aus der Verfügungsmacht von Beschuldigten kommen, wie zum Beispiel von Kraftfahrzeugen, mit denen die Täter anreisen. Nicht selten wird es zu Verfallserklärungen im Sinne des Abs 4 kommen.

Soweit ersichtlich, fehlt es an Bestimmungen, wie die Gerichte mit den für verfallen erklärten Gegenständen umzugehen haben.

Entweder wären für diese Fälle legistische Maßnahmen zu ergreifen oder aber wird (trotz der oben genannten Bedenken) ausschließlich die Sicherheitsleistung von Geldbeträgen vorzusehen sein.

 

G r a z , am 22. September 2009

Der Vorsitzende:

Dr.Wietrzyk

 

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

   Jammernegg