Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1176/09                                                             Wien, 1. Oktober 2009

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem

die Konkursordnung in Insolvenzordnung

umbenannt und gemeinsam mit dem In-

solvenzrechtseinführungsgesetz, dem Ge-

richtsgebührengesetz, dem Gerichtlichen

Einbringungsgesetz, dem Insolvenz-Ent-

geltsicherungsgesetz, dem IEF-Service

GmbH-Gesetz und der Gewerbeordnung

1994 geändert wird sowie die Ausgleichs-

ordnung aufgehoben wird (Insolvenzrechts-

änderungsgesetz 2009 - IRÄG 2009);

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMJ-B13.076/0019-I 5/2009

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

 

 

Zu dem mit Schreiben vom  14. August 2009 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

Zu Z 9 (§ 12c):

Im Fall, dass das Bestandsverhältnis als fortgesetzt gilt, wäre klarzustellen, dass dies nur für den einleitend genannten Grund der Nichtzahlung des Bestandzinses gilt. Sollte der Text jedoch so gemeint sein, dass auch andere Gründe darunter fallen, so wird dies als unverhältnismäßig abgelehnt. Es erscheint vor allem der Umstand nicht sachlich, dass über den Umweg eines Insolvenzverfahrens ein schwer errungener Räumungstitel hinfällig wird und sowohl der Kläger als auch der betreibende Gläubiger sämtliche Prozesskosten zu tragen hat.

 

Zu Z 12 (§ 25a):

Die Sperrfrist sollte sich nur auf jene Teile des Unternehmens beziehen, die fortgeführt werden. Im Hinblick auf Einzelunternehmer wäre jedenfalls eine Einschränkung auf unternehmensbezogene Verträge erforderlich.

 

Weiters wird die in Z 1 enthaltene Wortfolge „Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation“ als Ausnahmetatbestand abgelehnt. Diese Ziffer hätte massive Nachteile für die öffentliche Hand als Auftraggeber zur Folge. Letztlich ließe sich fast alles unter diesen Grund subsumieren, was einer faktischen Unauflösbarkeit der Verträge durch den Vertragspartner des Schuldners gleichkäme. Jede Schlecht- bis hin zur Nichterfüllung, ebenso der Verzug mit Fertigstellungsterminen, kann auf die wirtschaftlich schlechte Situation des Schuldners gestützt werden.

 

Die Auftragsvergabe unter dem Vergaberegime dient unter anderem der ökonomischen Verwaltung von Steuermitteln. Es kann nun nicht so sein, dass der öffentliche Auftraggeber in der Auftragsabwicklung ein halbes Jahr lang keine Möglichkeit hat, entsprechend zu reagieren. Auch wenn der Betrieb fortgeführt wird, heißt dies nicht, dass sämtliche Arbeiten vertragsgemäß erfüllt werden.

 

Z 2 erscheint zu weit formuliert: der Wortlaut wäre auf den Verzug mit Geldforderungen einzuschränken.

 

Die Einführung einer halbjährigen Schutzfrist ist insofern bedenklich, als es nahe liegt, dass Unternehmer in Zukunft diesen Zeitraum in ihre Planung einbeziehen und dann erst später die Insolvenzeröffnung beantragen.

Zu Z 14 (§§ 28 bis 31):

Im Hinblick auf den in den Erläuterungen enthaltenen Verweis auf die deutsche Rechtslage wäre dann auch dementsprechend der Zeitraum von derzeit sechs Monaten (Österreich) auf drei Monate (Deutschland) herabzusetzen. Da das Konkurseröffnungsverfahren nicht öffentlich ist, erfahren die Gläubiger regelmäßig nichts davon und ist nicht nachzuvollziehen, warum hier eine Änderung des Status quo erfolgen sollte.

 

Zu Z 15 (§ 31 Abs. 1 Z 3):

Diese Bestimmung ist laut den Erläuterungen auf Bankkredite eingeschränkt, also auf Kreditierungen im engeren Sinn. Diese Bevorzugung der Banken erscheint sachlich nicht gerechtfertigt. Gerade einem Unternehmen in bzw. kurz vor der Krise kreditieren (im weiteren Sinn) viele Geschäftspartner oft mehr oder weniger freiwillig ihre Forderungen. Gegenüber der öffentlichen Hand als Abgabengläubigerin ist die Zahlungsmoral auch ohne Krise nicht sehr hoch, hat letztere doch hoheitliches Abgabenrecht zu vollziehen und dementsprechend keine privatrechtlichen Entscheidungsmöglichkeiten wie Vertragskündigung u. Ä. Auch sind ihre Kenntnisse bzw. Einsichtsmöglichkeiten in die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens im Unterschied zu den Banken beschränkt, welche als Hausbanken nicht nur umfassende Einsicht und entsprechende Fachkenntnisse haben, sondern zumeist auch die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens entscheidend mitprägen, wenn nicht bestimmen.

 

Demnach erschiene es vielmehr sachgerecht, die öffentliche Hand als Abgabengläubigerin von der Anfechtbarkeit getilgter Abgabenschulden auszunehmen und nicht Banken. Damit werden ohnehin nicht mehr vor der Insolvenz rettbare Unternehmen weiterfinanziert und somit die Krise dieser Unternehmen nur noch verschärft.

 

Zu Z 19 (§ 48):

Eine der wichtigsten Sicherungsmittel im Geschäftsleben sind Pfandrechte (besonders an Liegenschaften). Diese dienen dem Gläubigerschutz. Sie werden gerade für den Fall der Zahlungsunfähigkeit des Geschäftspartners vereinbart und ist es aus Gläubigersicht vollkommen irrelevant, ob der säumige Schuldner offiziell insolvent ist oder nicht, weil die Insolvenz nichts an der Nichtbegleichung der ausständigen Forderung ändert. Die gegenständliche Regelung würde den Zweck des Pfandrechts unterlaufen und wird daher abgelehnt. Die Bestimmung ist aber auch aus praktischer Sicht zu beanstanden, weil sich die Konkursmasse dadurch nicht vergrößern würde. Bei konkursmäßiger Verwertung kommt es regelmäßig zu keiner Hyperocha-Ausschüttung an die Masse, und würde die Neuregelung daher nur eine Umverteilung innerhalb der Absonderungsgläubiger bewirken.

 

Zu Z 28 (§ 71b):

Auch wenn der Personenkreis für die Heranziehung zur Zahlung des Kostenvorschusses erweitert werden soll, ist damit nicht sichergestellt, dass jeder Konkursabweisung mangels Masse eine auf Basis geeigneter und ausreichender Unterlagen bzw. Angaben inhaltliche Prüfung über das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit vorausgegangen ist, weshalb der Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit im Beschluss unrichtig sein kann und somit abgelehnt wird. Von einem Unternehmen, über das ein solcher Beschluss gefällt wurde, dürfte niemand mehr Zahlungen annehmen, da dieses ja amtlich bestätigt zahlungsunfähig und daher die jederzeitige Anfechtung des zu Grunde liegenden Rechtsgeschäftes möglich wäre.

 

Zu Z 31 (§ 74):

Im Hinblick darauf, dass das Konkurseröffnungsverfahren als solches nicht öffentlich ist, wird angeregt, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Datum des erfolgreichen Antrages in die Ediktsdatei mitaufzunehmen.

 

Zu Z 61 (§ 156a Abs. 4):

Es ist unverhältnismäßig, das absolute Wiederaufleben von Forderungen bei Scheitern der Sanierung in jedem Fall zwingend auszuschließen. Es sollte vielmehr - so, wie nach der bisherigen Rechtslage - in der Hand der Gläubiger liegen, die wirtschaftliche Lage und die Erfolgsaussichten der Sanierung zu beurteilen und im konkreten Einzelfall das relative Aufleben dem Gemeinschuldner zuzugestehen und somit den Anreiz für die Erfüllung zu erhöhen. Die Abschaffung des absoluten Wiederauflebens widerspricht insofern dem Ziel der Novelle, als der Ansporn zur erfolgreichen Sanierung dadurch gemindert wird. Insbesondere bei natürlichen Personen könnte (z.B. mit einem späteren Zahlungsplan) eine fast gänzliche Entschuldung erreicht werden, ohne dass die festgesetzten Quoten auch nur annähernd beglichen werden. Die Möglichkeit des absoluten Wiederauflebens wäre daher jedenfalls beizubehalten und das relative Wiederaufleben von der Zustimmung der Gläubiger abhängig zu machen.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

                                                                            Mag. Michael Raffler

                                                                                       Senatsrat

 

 

 

Ergeht an:

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