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Sozialversicherungsträger

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26.08.2009                                              Mag. Karlheinz Klien, 1401                                                  

 

 

 

Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (11. KBGG-Novelle)

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

 

im Zusammenhang mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf möchten wir zunächst an das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes G 128/08 – 8 ua vom 26.02.2009 erinnern, worin dieser zu einigen Bestimmungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes ausführt: „Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, ob es alternative Lösungen gibt, die für die Beteiligten leichter durchschaubar und einfacher handhabbar sind, oder auch solche, die den vom Gesetzgeber angestrebten Zielen eher gerecht werden als die in der Stammfassung des KBGG getroffenen Regelungen. ... Auch wenn es zweckmäßigere und leichter handhabbare Alternativen geben sollte, macht dies allein die hier zu beurteilende Regelung noch nicht verfassungswidrig.“ Sowie:  „Ein in die Verfassungssphäre reichendes Ausmaß an Unübersichtlichkeit und Unverständlichkeit (vgl. VfSlg. 3130/1956; 16.381/2001) ist im vorliegenden Fall (noch) nicht gegeben.“

 

Anders als in der mit diesen Ausführungen kommentierten Stammfassung sieht der nunmehr vorliegende Entwurf für BezieherInnen von Kinderbetreuungsgeld nicht mehr eine einheitliche, sondern drei unterschiedliche Zuverdienstgrenzen (€ 5.800,--, € 16.200,- oder 60 % des letzten Gesamtbetrags der maßgeblichen Einkünfte) vor, weiters gibt es nicht mehr einen Leistungssatz und eine Leistungsbezugsdauer, sondern vier bis fünf unterschiedliche, mit jeweils individuellen Verlängerungsmöglichkeiten für Alleinerziehende. Allein an Verwaltungsmehraufwand für diese Bestimmungen wurden in den Erläuterungen jährlich € 762.000,-- angesetzt. Ob dieser Betrag ausreicht, wird sich weisen. Jedenfalls ist nicht zu erwarten, dass die neuen Bestimmungen den AntragstellerInnen mittels schriftlicher Informationen flächendeckend verständlich gemacht werden können. Alleine für den erhöhten persönlichen und telefonischen Beratungsaufwand wird daher ein erheblicher Teil dieser Summe aufgewendet werden müssen. Die verfassungsrechtliche Qualifizierung dieser diffizilen Bestimmungen durch den VfGH im Hinblick auf ihre „Unübersichtlichkeit und Unverständlichkeit“ bleibt im Fall der Gesetzwerdung abzuwarten.

 

Wir gehen auch davon aus, dass die variantenreicheren Zuverdienstregelungen nicht zu einem Rückgang der Rückforderungsverfahren wegen Überschreitung der Zuverdienstgrenze führen werden, zumal auch an der Maßgeblichkeit des Partnereinkommens für ZuschussbezieherInnen durch die vorliegende Novelle nichts geändert wird. Derzeit bestehen alleine bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse für die stichprobenartig geprüften Jahre 2002 bis 2005 rund 300 offene Rückforderungen nach § 31 KBGG mit einem Forderungsvolumen von insgesamt rund EUR 530.000,00. Ein großer Teil dieser Forderungen wird mit den bestehenden gesetzlichen Regelungen nicht einbringlich gemacht werden können und mit erheblichem Verwaltungsaufwand (Mahnungen, Ratenvereinbarungen, Exekutionsführungen, Anmeldungen in Konkursverfahren etc.) verbunden sein. Hinzu kommen weitere Forderungen zumindest für die Jahre 2006 bis 2009, wobei ab 2007 nicht mehr nur eine 20 %-Stichprobe zu prüfen ist, sondern flächendeckende Prüfungen durchzuführen sind. Um den mit den Rückforderungen verbundenen Verwaltungsaufwand auf ein vertretbareres Maß zu reduzieren, regen wir an, eine weitere Aufrechnungsmöglichkeit zu schaffen:

 

Bereits beim früheren Karenzgeld war vorgesehen, Karenzgeldrückforderungen mit Leistungsbezügen aus der Arbeitslosenversicherung gem. damaligem § 25 Abs 8 AlVG bis zur Hälfte derselben aufzurechnen, zumal das Karenzgeld ursprünglich auch aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung finanziert wurde. Das nunmehrige Kinderbetreuungsgeld wird aus Mitteln des Familienlastenausgeleichsfonds finanziert, es wäre daher aus unserer Sicht nahe liegend, rechtskräftig vorgeschriebene, fällige und nicht beglichene KBG-Rückforderungen auch mit Bezügen anderer FLAF-finanzierter Leistungen wie insbesondere der Familienbeihilfe (zumindest bis zur Hälfte) aufrechnen zu können. Durch eine entsprechende Erweiterung des § 31 Abs 4 KBGG oder § 26 Abs 2 FLAG könnte eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen werden, aufgrund der langen Bezugsdauern von Familienbeihilfen wäre auch Spielraum für sozial verträgliche Aufrechnungsbeträge vorhanden. Die Einbringlichkeit der Rückforderungen könnte damit deutlich erhöht werden, sowohl den LeistungsbezieherInnen als auch den mit dem Vollzug betrauten Stellen würden damit unangenehme und kostspielige Exekutionsverfahren weitestgehend erspart.

 

Zu den einzelnen Bestimmungen ergeben sich darüber hinaus folgende Anmerkungen:

 

Z 8 – § 5 Abs 4b:

 

Der Gesetzesvorschlag schafft hier einen weiteren, umfassenden Einkommensbegriff. Nachdem schon der Begriff der „maßgeblichen Einkünfte“ des § 8 KBGG für durchschnittliche AntragstellerInnen nicht ohne weiteres verständlich ist, wird durch diese Bestimmung jedenfalls ein neues „Ausmaß an Unübersichtlichkeit und Unverständlichkeit“ erreicht. Insbesondere sind die umfassenden Prüf-, Nachweis- und Bescheinigungspflichten im Verhältnis zum zweimonatigen Weiterbezug aus unserer Sicht kaum zu rechtfertigen. Wenn tatsächlich für diese Personengruppe ein zweimonatiger Fortbezug vorgesehen werden soll, schlagen wir vor, für das Kriterium der sozialen Bedürftigkeit der Antragstellerin einen in der Sozialversicherung gängigen Begriff – zB jenen der „sozialen Schutzbedürftigkeit“ im Rahmen der Rezeptgebührenbefreiung gem. § 136 Abs 5 ASVG – zu verwenden.  

 

Z 18 - § 24:

 

In Absatz 2 dieser Bestimmung wird unter Erwerbstätigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes die tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet verstanden. Vermutlich werden hier im EU/EWR-Bereich zurückgelegte Zeiten der Erwerbstätigkeit gleichzusetzen sein. Nicht klar ist für uns, wie mit Zeiten einer Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, eines Krankengeldbezuges oder eines Urlaubsentgeltes für mehr als 14 Tage im Beobachtungszeitraum umzugehen ist, da auch in solchen Zeiträumen keine „tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet“ stattfindet.

 

Z 33 - § 50:

 

In der Überschrift dieser Ziffer wird „nach § 4 ein § 50 angefügt“. Vermutlich handelt es sich hier um ein Redaktionsversehen und müsste es heißen, dass „nach § 49 ein § 50 angefügt“ wird. Im Übrigen halten wir diese Vielzahl an Inkrafttretensbestimmungen für nicht sehr anwenderfreundlich.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

der leitende Angestellte:

 

iV Dir.Stv. Mag. Christoph Metzler

 

 

 

Ergeht nachrichtlich an:

 

o   Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, POST@II3.bmwfj.gv.at

 

o   Präsidium des Nationalrates, begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at