REPUBLIK ÖSTERREICH

 

 

 

Der  gemäß  den  § 36  und  47 Abs 2 GOG  beim  Oberlandesgericht Graz

gebildete Begutachtungssenat gibt zum Entwurf eines Bundesgesetzes mit dem das Beamten- Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschafts- Dienstgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Pensionsgesetz 1965, das Bundes-Personalvertretungsgesetz,  das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Überbrückungshilfengesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das  Bundesbahn-Pensionsgesetz,  das   Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz  und    das  Landesvertrags-   lehrergesetz    1966    geändert    werden    ( 2. Dienstrechts-Novelle 2009) nachstehende

Stellungnahme

ab:

 

 

                  zu Art. 4 Z 2 (§ 57a RStDG)

                  Die im § 57 RStDG normierten allgemeinen Pflichten von Richtern(innen) und Staatsanwälten(innen) enthalten u.a. die Verpflichtung, sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen sowie das Gebot, sich im und außer Dienst so zu Verhalten, dass  … das Ansehen ihrer Berufsstände nicht gefährdet wird.

                  Darunter wurde schon bisher die Verpflichtung zur Förderung dienstlicher Zusammenarbeit sowie zu wechselseitiger Achtung und zur anständigen Begegnung verstanden. Unzweifelhaft enthält diese Norm auch das Verbot von diskriminierendem oder die menschliche Würde verletzendem Verhalten – wem immer gegenüber.

 

 

 

 

                  Die neu vorgesehene Regelung zur Sicherung des „achtungsvollen Umgangs“ (Mobbingverbot) scheint daher entbehrlich und sollte ersatzlos entfallen. Kasuistische Sonderregelungen für einzelne Formen pflichtgemäßen Verhaltens bergen nämlich die Gefahr in sich, zur „Aufweichung“ eines bislang von allen Normadressaten eindeutig verstandenen und akzeptierten, abstrakt formulierten Pflichtenkataloges zu führen. Der vorgeschlagene § 87a RStDG widerspricht somit der Systematik des RStDG. Abgesehen davon werden durch die vorgesehene Bestimmung formell nur Richter(innen) und nicht auch Staatsanwälte(innen) erfasst.

 

                  zu Art. 9 Z 2 (§ 10 Abs 1 B-GlBG)

                  Gemäß Art. 87 Abs 1 B-VG sind Richter(innen) in Ausübung ihres richterlichen Amtes unabhängig. Die richterliche Unabhängigkeit ist unbestritten zentrale Basis jeder rechtstaatlichen Justiz. Wann sich ein Richter (eine Richterin) „in Ausübung seines (ihres) richterlichen Amtes“ befindet, regelt Abs 2 leg.cit.: Dies ist der Fall, wenn er (sie) die ihm (ihr) nach dem Gesetz und der Geschäftsverteilung zustehenden gerichtlichen Geschäfte besorgt. Für die Justizverwaltungssachen enthält Art. 87 Abs 2 eine besondere formelle Regelung: Wenn Justizverwaltungssachen nach dem Gesetz durch Senate oder Kommissionen zu erledigen sind, sind sie Angelegenheiten der unabhängigen Rechtsprechung.

                  Art. 94 B-VG enthält – in Ausführung des gewaltentrennenden Grundprinzips des B-VG – die Anordnung der Trennung der Justiz von der Verwaltung.

                  Die richterlichen (nicht wie im Entwurf „gerichtlichen“) Personalsenate sind Gerichte iSd Art. 87 Abs 2 B-VG; ihre Zusammensetzung wird durch das RStDG geregelt; die diesbezüglichen Bestimmungen (§§ 36 ff RStDG) enthalten somit kein Dienstrecht sondern sind gerichtsorganisatorischer Natur.

                  Die oder der Vorsitzende der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen wird gemäß § 26 Abs 2 B-GlBG vom jeweiligen Ressortleiter(in) bestellt und ist daher in dieser Funktion als Organ der Verwaltung anzusehen (mag er bzw. sie auch den Richterberuf ausüben).

 

 

 

 

 

                  Die Beteiligung eines Verwaltungsorgans (wenn auch nur mit „beratender Stimme“) am Zustandekommen einer gerichtlichen Entscheidung widerspricht eklatant dem Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung. Darüber hinaus bedeutet aber der Versuch, (einfach)gesetzlich ein Organ der Verwaltung in einen gerichtlichen Senat zu „implementieren“, einen in der zweiten Republik beispiellosen  Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit. Aus gutem Grund kann und darf die verfassungsgesetzlich garantierte richterliche Unabhängigkeit nicht durch ein einfachgesetzliches Teilnahmerecht Außenstehender „mit beratender Stimme“ ausgehöhlt werden. Dies wäre die Einfallspforte, um eine „politisch genehme“ Rechtsprechung durchsetzen zu können.

                  Zusammenfassend ist daher nochmals klarzustellen, dass die Personalsenate unabhängige Gerichte sind, deren Beschlüsse verfassungsgesetzlich in Ausübung der Rechtsprechung ergehen. Die - gerichtsorganisatorische – Zusammensetzung der Personalsenate ist im RStDG abschließend geregelt. Jegliche Einflussnahme des „Dienstgebers“ auf ihre Zusammensetzung ist ausgeschlossen.

            Die Bestimmungen des § 10 B-GlGB über die Vertretung von Frauen in Kommissionen sind daher auf die Personalsenate (und selbstverständlich auch auf die  Disziplinargerichte) nicht anwendbar. Dies gilt sowohl für die dort getroffenen Regelungen über die Zusammensetzung von Kommissionen als auch für die vorgesehenen „Beteiligungsrechte“. Der Gesetzgeber hat diese Rechtslage anlässlich der Festlegung der Rechte der Gleichbehandlungsbeauftragten im Ernennungsverfahren für Richterinnen und Richter auch klar festgehalten (siehe 1597 BlgNR XVIII GP). Es ist daher aus der Sicht der Gerichtsbarkeit als dritte Staatsgewalt nicht nachvollziehbar, warum ein Organ der Bundesverwaltung, nämlich das Bundeskanzleramt, dem Gesetzgeber eine solche Regelung vorschlägt.

 

 

 

 

 

Dem ist im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher, sowie aller weiteren Personen, die auf eine unabhängige Justiz vertrauen können müssen, entschieden entgegenzutreten.

 

G r a z , am 14. Oktober 2009

Der Vorsitzende:

Dr.Wietrzyk

 

Für die Richtigkeit

 der Ausfertigung:

    Jammernegg