Bundesministerium für Gesundheit

Radetzkystraße 2

1030 Wien

 

 

BMG 96100/0054-I/B/9/2009

 

 

 

 

 

Einschreiter:                                 Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen

                                                         Möllwaldplatz 4/4/39

                                                         1040 Wien     

                                                        

 

vertreten durch:                          Rechtsanwalt

                                                         Mag. Nikolaus Bauer

Gonzagagasse 11/DG

A-1010 Wien

VM erteilt                                        RA-Code R 141 733

 

 

wegen:

 

 

 

 

 

4. Sozialrechtsänderungsgesetz (SRÄG 2009)

 

 

S T E L L U N G N A H M E

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Eine Ausfertigung ergeht an das Präsidium des Nationalrates.

 

 

In obiger Angelegenheit beehrt sich der Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen durch seinen ausgewiesenen Vertreter           nachstehende                           

 

Stellungnahme

 

abzugeben.

 

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz:

 

 

Eingangs ist darauf hinzuweisen, dass die Klinischen Psychologinnen und Psychologen seit vielen Jahren verlässliche (Gesamt-)Vertragspartner im Bereich der Klinisch-psychologischen Diagnostik sind und in dieser Eigenschaft bereits seit geraumer Zeit vollelektronische Abrechnungen mit den Krankenversicherungsträgern durchführen.

 

Im Bereich der Klinisch-psychologischen Behandlung besteht jedoch eine Versorgungslücke. Aus gegebenem Anlass regt der Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen deshalb an, die Bestimmung des § 135 ASVG zu ergänzen.

 

§ 135 Abs. 1 ASVG lautet derzeit:

 „ (…) im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 2) ist der ärztlichen Hilfe gleichgestellt:

(...)

2. eine aufgrund ärztlicher Verschreibung oder psychotherapeutischer Zuweisung erforderliche diagnostische Leistung eines klinischen Psychologen (einer klinischen Psychologin) gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 des Psychologengesetzes, BGBl. Nr. 360/1990, der (die) zur selbständigen Ausübung des psychologischen Berufes gemäß § 10 Abs. 1 des Psychologengesetzes berechtigt ist;

 

Gemäß § 135 ASVG ist derzeit lediglich die diagnostische Leistung im Klinisch-psychologischen Bereich mit der ärztlichen Hilfe gleichgestellt, obwohl auch die Klinisch-psychologische Behandlung gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 Psychologengesetz 1990 eine Kernkompetenz der Berufsgruppe ist.

 

Bereits seit 1990 ist Klinisch-psychologische Diagnostik und Behandlung Teil des Berufsbildes und als solche im Psychologengesetz auch verankert. Trotzdem findet sich im § 135 ASVG nur die Gleichstellung einer diagnostischen Leistung von Klinischen Psychologen mit der ärztlichen Hilfe.

 

Die Klinisch-psychologische Behandlung findet in einem Rahmen von bis zu 30 Behandlungseinheiten statt, ist von Klinisch-psychologischer Diagnostik als Erfolgs- und Verlaufskontrolle begleitet und erfolgt auf wissenschaftlich-psychologischer Basis im Sinne eines eklektischen Ansatzes. In diesen vorerwähnten Punkten unterscheidet sie sich von Psychotherapie im Sinne des Psychotherapiegesetzes. 

 

Obwohl somit die psychologische Behandlung bereits seit 1990 zum gesetzlichen Berufsbild gehört und auch mit Erfolg angewendet wird, kann sie mangels Erwähnung im § 135 ASVG von Patienten häufig nicht in Anspruch genommen werden. Vor allem im Bereich der Behandlung von Schlaganfallpatienten, psychischen Komorbiditäten bei somatischen Erkrankungen wie Diabetes, Krebserkrankungen und Herz-Kreislauferkrankungen und Schmerzpatienten sowie der extramuralen Krisenintervention und bei Kindern und Jugendlichen ist aber die ergänzende psychologische Behandlung von großer Bedeutung für den Heilungsverlauf.

 

Wie sich aus verschiedenen Untersuchungen ergibt, könnten durch die Bereitstellung psychologischer Behandlung Kosten (insbesondere Medikamentenkosten) gesenkt werden. Bei den psychischen Erkrankungen war im Zeitraum 1991 bis 2006 eine Steigerung von 92 % zu verzeichnen.

 

 

 

 

Laut Auskunft des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger stiegen die Psychopharmaka-Kosten seit dem Jahr 2005 jährlich um rund 20 Millionen Euro, sodass 2007 die Ausgaben für Psychopharmaka bereits 225,5 Millionen Euro betrugen. Das geschätzte Einsparungspotential im Bereich Medikamentenkosten liegt bei rund € 33 Millionen pro Jahr; im Bereich Krankenstandstage bei rund € 60 Millionen pro Jahr. Die Gleichstellung der Klinisch-psychologischen Behandlung mit der ärztlichen Hilfe würde deshalb einen effizienten und kostengünstigen Beitrag zur Lösung der Probleme im Bereich der psychischen Erkrankungen bedeuten.

 

Der Berufsverband österreichischer Psychologinnen und Psychologen hat zu diesem Thema umfangreiche schriftliche Unterlagen erstellt und Datenmaterial gesammelt, das auf Wunsch jederzeit zur Verfügung gestellt werden kann. Eine Vorlage mit dieser Stellungnahme würde jedoch den Umfang einer Stellungnahme im Begutachtungsverfahren sprengen.

 

Aus der ÖBIG Studie zur psychologischen Versorgung in Österreich aus dem Jahr 2007 ist ersichtlich, dass die Kapazitäten für eine adäquate Versorgung der Patienten im niedergelassenen Bereich vorhanden sind. Die Aufnahme der Klinisch-psychologischen Behandlung als Sachleistung bzw. die Gleichstellung der Klinisch-psychologischen Behandlung mit der ärztlichen Hilfe würde die Voraussetzung dafür schaffen, dass Patienten rasch und zielorientiert psychologisch behandelt werden können.

 

Im Lichte obiger Umstände wird deshalb nachstehende Änderung im

 

§ 135 ASVG

angeregt:

 

„(…) Im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 133 Abs. 2) ist der ärztlichen Hilfe gleichgestellt:

(...)

 

 

2.   die Klinisch-psychologische Behandlung sowie die Klinisch-psychologische Diagnostik durch eine Person gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 des Psychologengesetzes, BGBl. Nr.360/1990, die zur selbständigen Ausübung des psychologischen Berufes gemäß § 10 des Psychologengesetzes berechtigt ist.“

 

 

Durch diese Ergänzung des § 135 ASVG würde der bereits seit 1990 bestehenden Rechtslage aufgrund des Psychologengesetzes Rechnung getragen und die gesetzliche Grundlage für eine effiziente, kostengünstige und zielorientierte Klinisch-psychologische Behandlung geschaffen.

 

 

 

Wien am 20. Oktober 2009                        Berufsverband österreichischer

Psychologinnen und Psychologen