Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 1392/09                                                             Wien, 9. November 2009

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem

das Strafgesetzbuch, das Strafvollzugs-

gesetz, das Jugendgerichtsgesetz 1988

und das Strafregistergesetz geändert werden;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMJ-L641.007/0001-II 1/2009

 

 

An das

Bundesministerium für Justiz

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 14. Oktober 2009 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

Zu Art. II Z 1 (§ 3 StVG, Abs. 6):

 

Das Opfer hat ein Recht darauf, sich darauf verlassen zu dürfen, dass eine solche Verständigung rechtzeitig einlangt, bevor sich der oder die Verurteilte endgültig oder tem-

porär (ohne Bewacher) in Freiheit aufhält. Letzteres tritt üblicher Weise bei der sogenannten „Haftunterbrechung“ ein (siehe § 99 StVG) oder aber dem sogenannten „Ausgang“ (§ 99a StVG).

 

Aber auch in dem Fall, dass ein Beschuldigter nicht sofort anschließend an die Urteilsverkündung in Strafhaft überführt wird, besteht ein Bedarf, das Opfer dahingehend zu informieren, ab wann die Haft tatsächlich angetreten wird. Es wird daher im gegebenen Zusammenhang angeregt, das Opfer im Falle der Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe auch dann zu informieren, wenn der Täter diese aus welchen Gründen auch immer nicht sofort antritt, um allfällige Irrtümer Rechtsunkundiger - Opfer werden vielfach nicht über allfällige Möglichkeiten des Strafaufschubes informiert sein - hintanzuhalten.

 

Es sollte jedenfalls dafür Sorge getragen werden, effektive Maßnahmen der Übermittlung der gegenständlichen Verständigung an das Opfer - etwa in den Materialien - vorzusehen, um dem Informationsbedürfnis des Opfers bestmöglich nachkommen zu können.

 

Jede Einschränkung auf das Gebot, die Verständigung an das Opfer allein in Schriftform durchzuführen, wäre daher kontraproduktiv: überall wo dies praktikabel ist sollte auch die dokumentierte mündliche Verständigung als Parallelmaßnahme nicht ausgeschlossen werden.

 

Zu der in den Erläuterungen zu Abs. 6 ausdrücklich zur Diskussion gestellten Frage, „ob über die erwähnte Regelung hinaus eine Verständigungspflicht des Opfers (auch) beim ersten unbewachten Verlassen der Justizanstalt (Unterbrechung, Freigang, etc.) indiziert ist darf bemerkt werden, dass auch in diesem Fall eine Verständigungspflicht


im Gesetz normiert werden muss, weil die potentielle Gefährlichkeit des bloß temporären Freigängers gegenüber der des endgültig Entlassenen keine Geringere ist.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

Mag. Jürgen Fischer                                           Mag. Andrea Mader

                                                                                     Senatsrätin

 

 

Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

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4.  MDZ

       (zu MDZ - 2464/2009)

5.  MA 5

6.  MA 11

7.  MA 26

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9.  Wiener Kinder- und

     Jugendanwaltschaft

10. Kuratorium für psycho-

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11.  UVS Wien