Plattform der Bürgerinitiativen für gut integrierte AsylwerberInnen in OÖ

Koordination: Astrid Hackl, Astrid.Hackl@gmx.at,  +43 (0664) 9163854

Sprecherin: Mag.a Gertraud Jahn, jahn.g@akooe.at, 0664 533 92 67

 

Stellungnahme zur Novellierung des Asylgesetzes 2005, des Fremdenpolizeigesetzes 2005 und des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes sowie Erlassung eines Bundesgesetzes über einen Beirat des Landeshauptmannes zur Beratung in Fällen besonderen Interesses

 

Die bisherige Möglichkeit des humanitären Aufenthalts wird durch die Prüfung der Menschenrechtsverletzung nach §8 EMRK im Ausweisungsverfahren ersetzt. Damit würde es in Hinkunft kein Antragsrecht der Betroffenen auf humanitären Aufenthalt geben, sondern im Ausweisungsverfahren, bzw. nach letzter Rechtslage im Asylverfahren wird endgültig entschieden!

Die Gesetzesänderung sieht die Umsetzung in der Beschleunigung des Verfahrens darin, dass bereits im Asylverfahren eine komplette Gesamtprüfung stattfinden soll. Dieses beginnt bei der Frage, ob überhaupt aufgrund des gestellten Asylantrages ein Aufenthaltstitel erteilt werden kann. Wenn notwendig, wird gleichzeitig überprüft, ob der/die AsylwerberIn subsidiär schutzberechtigt ist. Sollte diese Prüfung negativ ausfallen, wird zuletzt auf Art. 8 EMRK abgestellt. Zu beachten ist allerdings, dass der Verfassungsgerichtshof einem Fremden aufgrund des Art. 8 EMRK kein Recht auf Entfaltung des Privat- und Familienlebens in einem bestimmten Aufenthaltsstaat seiner Wahl zuspricht. Unter dieser Sichtweise erfolgt die Prüfung auf der Grundlage der 8 Kriterien, welche nach einer Ermessensentscheidung entschieden wird. Fällt jedoch auch die Prüfung nach Art 8 EMRK zu einem negativen Ergebnis, wird gleichzeitig im selben Asylverfahren die Ausweisung ausgesprochen. Dies bedeutet in weiteren Schritten, die dazu notwendigen fremdenpolizeilichen Maßnahmen werden eingeleitet.

Zu bedenken ist, dass wenn eine Familie ein negatives Asylverfahren abgeschlossen hat, diese dann auch gemeinsam das Bundesgebiet verlassen muss. Eine Abschiebung einer gesamten Familie widerspricht nicht dem Art. 8 EMRK; denn eine Familie hat nach der Rechtssprechung des VfGH kein Recht das Privat- und Familienleben in einem bestimmten Rechtsstaat auszuleben. Würde jedoch nur ein Familienmitglied von der Abschiebung betroffen sein, dann wäre auch der Art. 8 EMRK verletzt.

Beispiel: Eine Familie mit drei Kindern reiste 2002 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellt einen Asylantrag. Kurz darauf verstirbt der Vater. Die Mutter lässt die Kinder zurück und ist unbekannten Aufenthalts. Die mittlerweile erwachsenen Kinder waren bzw. sind bei einer Pflegefamilie untergebracht worden. Dessen ungeachtet befürwortet die SID OÖ die Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nicht, da keine integrative Bindung zu Österreich besteht mit der Ausnahme der Pflegefamilie. Momentan liegt dieser Akt beim BMI und wartet auf eine Entscheidung bezügl. eines humanitären Aufenthalts.

Durch die geplante Gesetzesänderung bestünde jedoch keine Möglichkeit in Zukunft einen humanitären Aufenthaltstitel zu erteilen. Die Prüfung des Art. 8 EMRK gibt wie bereits oben ausgeführt keinen Rechtsanspruch in einem bestimmten Bundesgebiet leben zu dürfen und berücksichtigt Härtefälle, wie das oben angeführte Beispiel nicht. Dies bedeutet, dass die Kinder gemeinsam abgeschoben werden könnten.

Wir schlagen vor, dass im Sinne des Bestimmtheitsgebotes genaue Kriterien definiert werden – die auch  Härtefälle wie o.a. einschließen – deren Erfüllung einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen nach sich zieht. Wir begründen dies auch damit, dass der VfGH bei der Festlegung der Kriterien explizit betont hat, dass es sich um Kriterien handelt, die für die Entscheidung einer Ausweisung zu prüfen sind, die jedoch nicht per se gleichzusetzen sind mit Kriterien für einen humanitären Aufenthalt.

 Die Zulässigkeit der Ausweisung wird – lt. Entwurf -  nach den Kriterien, die der VfGH für Ausweisungsverfahren vorgelegt hat  geprüft.  Diese Kriterien sind im Gesetzesentwurf ungewichtet angeführt – es wird damit im Ermessen der Behörden liegen, wie stark sie im Einzelfall ein Kriterium gewichten.  Im Extremfall würden damit AsylwerberInnen, die gut integriert sind ausgewiesen, weil sie z.b. „rechtswidrig“ eingereist sind, oder sie ein Kind bekommen haben, als der Asylbescheid in erster Instanz negativ war.

Unter humanitären Gesichtspunkten sind u.E. die Kriterien des §10 Abs.2 Z 2 a,g und h wesentlich geringer zu gewichten als die übrigen, genauer zu definieren bzw. nicht anzuwenden, wie Kriterium a) zweiter Teil:

Kriterium

a)      „....ob der bisherige Aufenthalt ..rechtswidrig war oder durch offenkundig aussichtslose und unzulässige Anträge ermöglicht wurde“: Faktisch alle AsylwerberInnen kommen „illegal“ nach Österreich, da  unsere Nachbarstaaten alles sichere Drittstaaten sind und die Zeit zwischen negativem Asylbescheid und Ausreise/Abschiebung  darf den Betroffenen ebenfalls nicht als rechtswidriger Aufenthalt angelastet werden. Und es kann doch nicht den bisher Betroffenen angelastet werden, wenn der Staat Österreich „Kettenanträge“ rechtlich ermöglicht hat. Diese Fragen sind in Zukunft zu sanieren.

g)      „Verstöße gegen das Asyl- und Fremdenrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung“ : welche Art, welches Ausmaß, welche Schwere des Vergehens wird herangezogen?

h)      „Die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren“:  Der Aufenthaltsstatus eines/r Asylwerbers/in ist in jedem Zeitpunkt unsicher und jungen Leuten, die seit Jahren im Land sind zu untersagen, dass sie Kinder bekommen ist unmenschlich!

Zum Kriterium der strafgerichtlichen Unbescholtenheit: hier sollte – im Zusammenhang mit dem Kriterium g)“ .. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung“ sichergestellt werden, dass Verwaltungsstrafen weitgehend unerheblich sind und im Strafrechtsfall die Definition des § 60 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz gilt. Wir haben derzeit einen betroffenen Familienvater, dem im Ausweisungsverfahren vorgeworfen wird,  er wäre zweimal straffällig! Es handelt sich um eine Verwaltungsstrafe von 20,-- € wegen Radfahrens ohne Licht und eine Radarstrafe von 36,-- €.

Es wird auch darauf hingewiesen, dass bei Umsetzung in der vorgelegten Form – Prüfung aller Gründe im Asylverfahren  -  auf die Asylbehörden mehr Arbeit zukommt oder es kommt nur zu einer oberflächlichen Prüfung! 

§ 10/5 AsylG und §§ 44a/b:

 Es wird in dauerhaft unzulässige Ausweisung und in vorübergehend unzulässige Ausweisung unterschieden. Damit entsteht enorme Rechtsunsicherheit – nach welchen Kriterien wird das definiert?  Wenn eine Ausweisung nur vorübergehend unzulässig wäre – ist dann ein beschränkter Aufenthaltstitel vorgesehen oder nicht – das kann aus dem Gesetz nicht eindeutig herausgelesen werden.

Da die Entscheidung der Behörde immer nur die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung berücksichtigen kann, keinesfalls aber alle Eventualitäten für die Zukunft berücksichtigen kann, ist im übrigen fraglich, ob überhaupt darüber abgesprochen werden kann, dass eine Ausweisung „auf Dauer“ unzulässig ist.

§ 44b/3 NAG:

Danach  begründen Anträge nach §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht – was heißt das? Heißt das, es kann zwischendurch zur Abschiebung kommen?

Die §§ 43/2 und 44/3 regeln die Aufenthaltsbewilligungen „beschränkt“ und „unbeschränkt“  - der wesentliche Unterschied ist die Erfüllung der Integrationsvereinbarung.  Es muss u.E. möglich sein, die beschränkte Aufenthaltsbewilligung in eine unbeschränkte umzuwandeln, wenn die Voraussetzungen wie z.B. Integrationsvereinbarung erfüllt sind.

 

Personen, die seit 1.1.2003 im Land sind (Altfallregelung)

Wir sehen es als sehr positiv, dass eine Altfallregelung vorgesehen wird. Die Erläuterungen zu §44 /3 und 4 stellen fest, dass „der Stichtag 1. Jänner 2003 ....  den jedenfalls mehr als fünfjährigen Aufenthalt des Fremden in Österreich“ beachtet. Bei Inkrafttreten des Gesetzes wird dieser Stichtag bereits sechseinhalb Jahre zurückliegen – es wäre daher angebracht den Stichtag so zu legen, dass Personen erfaßt werden, die mit Inkrafttreten des Gesetzes länger als 5 Jahre in Österreich aufhältig sind!

In Art. 4 § 1 Abs. 1 des Gesetzesentwurfs ist festgehalten, dass der Landeshauptmann mit Verordnung einen Beirat einrichten kann. Dies ist inakzeptabel. Sollte in einem Bundesland der Landeshauptmann keinen Beirat einrichten, gebe es in diesem Bundesland keine Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel „in Fällen besonderen Interesses“ durchzusetzen. Es kann auch nicht angehen, dass eine bundesgesetzlich geregelte Materie in den einzelnen österreichischen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird. § 1 Abs. 1 des Art. 4 des Gesetzes  soll daher dahingehend abgeändert werden, dass der Landeshauptmann mit Verordnung einen Beirat einzurichten hat.

Der Landeshauptmann kann nur einen Aufenthaltstitel beschränkt erlassen. Auch hier müßte es zu einer Gleichstellung der Befugnisse des Landeshauptmanns kommen, in dem er zu entscheiden hat, ob es sich um einen Aufenthalt beschränkt oder unbeschränkt handelt!

Das „Bundesgesetz über einen Beirat des Landeshauptmanns ....“ normiert einige Voraussetzungen damit der Landeshauptmann eine „Niederlassungsbewilligung beschränkt“ erteilen kann. Im § 3/2 NAG erhält das BMI die Möglichkeit, die Erteilung eines Aufenthaltstitels durch den Landeshauptmann für nichtig zu erklären – z.b. bei schwerer Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses. Das könnte heißen, dass Personen denen der Landeshauptmann einen Aufenthaltstitel erteilt, die im Ausweisungsverfahren oder im Asylverfahren negativ mit Ausweisung beschieden worden sind, dieser Aufenthaltstitel über das BMI wieder aberkannt werden könnte. Damit würde aber die gesamte „Altfallregelung“ obsolet, da sich fast alle Personen, die seit 1.1. 2003 im Land sind, entweder in einem Ausweisungsverfahren oder einem Asylverfahren befinden, denn ein Verfahren auf humanitären Aufenthalt soll es ja nach Inkrafttreten des Gesetzes nicht mehr geben!!! Hier muss eine eindeutige Klarstellung zu Gunsten der Betroffenen  erfolgen – ein entsprechender Bescheid des Landeshauptmanns muss endgültig sein.

§2 Patenschaft:

Die vorgesehene Haftungsregelung schafft zweierlei Kategorien gleicher Fälle!!! Wenn bei Personen, die seit 1.1.2003 im Land sind im Ausweisungsverfahren oder Asylverfahren festgestellt wird, dass eine Ausweisung unzulässig ist, bekommen sie einen unbeschränkten Aufenthaltstitel ohne Haftungserklärung. Jene Personen, die noch vor dem Ausweisungsverfahren stehen und für die der Landeshauptmann einen Aufenthaltstitel erlassen kann würden eine Haftungserklärung brauchen. Diese Ungleichbehandlung kann nicht verfassungskonform sein und die Haftungserklärung gehört in dieser generellen Form weg!

Haftungserklärungen dürfen nicht im Kontext mit der Stichtagsregelung stehen!

 

Haftungserklärungen sollten - wenn überhaupt - nur in Fällen vorgesehen werden, bei denen die Ausweisungskriterien bzw. humanitären Gründe nicht greifen!

Grundsätzlich sollten (auch die in bisherigen Fällen vorgesehenen) Haftungserklärungen jedenfalls dann entfallen, wenn der Lebensunterhalt der Betroffenen durch eigenen legale Erwerbstätigkeit hinreichend sichergestellt ist. Das NAG kennt für die Erteilung eines Aufenthaltstitels ohnehin sehr strenge Voraussetzungen an den Nachweis der Deckung der Mittel des Lebensunterhaltes. Wenn diese Kriterien erfüllt sind, darf nicht zusätzlich noch das Vorliegen einer Haftungserklärung verlangt werden.

Wenn die Person aus eigener legaler Erwerbstätigkeit (während der fünf Jahre) in der Lage ist, den Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit sicher zu stellen, soll die Haftungserklärung für erloschen erklärt werden.

 

Linz, am 9.1.2009