BKA-602.256/0001-V/8/2010

An das
Bundesministerium

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter MMag Josef BAUER

Dr. Ronald bresich

Pers. E-mail josef.bauer@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2219

Ihr Zeichen BMF-010000/0009-VI/A/2010

für Finanzen

Abteilung VI/1

 

Mit E-Mail: e-recht@bmf.gv.at

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bewertungsgesetz und andere Bundesgesetze geändert werden (Bewertungsgesetz-Novelle 2010);
Begutachtung; Stellungnahme

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst nimmt zum Entwurf wie folgt Stellung:

I. Begutachtungsfristen:

Im Interesse einer zweckdienlichen Begutachtung sind angemessene Begutachtungsfristen unerlässlich. Diese sollten – im Regelfall – zumindest sechs Wochen betragen (vgl. dazu die entsprechenden Rundschreiben unter der Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik). Eine Begutachtungsfrist von bloß zwei Wochen ist – auch vor dem Hintergrund, dass gegenwärtig ein umfangreicher Entwurf eines Abgabenänderungsgesetzes 2010 mit nur unwesentlich längerer Begutachtungsfrist in Begutachtung steht – zu kurz bemessen.

Im Anschreiben sollte ein Hinweis darauf aufgenommen werden, ob bzw. inwieweit das Vorhaben dem Konsultationsmechanismus unterliegt (vgl. dazu die Ausnahme nach Art. 6 Abs. 1 Z 3 der Vereinbarung BGBl. Nr. 35/1999).

II. Inhaltliche Anmerkungen:

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Vereinbarkeit des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes mit dem Unionsrecht vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen wäre.

1. Zum Gesetzesentwurf:

Zu Art. 1 Z 7 (§ 26 Abs. 2 BewG 1955):

Aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 geht nicht eindeutig hervor, welche Daten für das Finanzamt „erforderlich“ sind, um eine Bewertung vornehmen zu können. § 26 Abs. 2 sollte daher diesbezüglich präzisiert werden.

Im Übrigen sollte geprüft werden den Ausdruck „§§ 27 ff“ möglichst so zu fassen, dass schon vom Wortsinn her klargestellt ist, welche Paragrafen gemeint sind, und dies nicht erst der Auslegung des Rechtsanwenders zu überlassen.

Zu Art. 1 Z 18 (§ 50 Abs. 2 BewG 1955):

Eine nähere Determinierung der Verordnungsermächtigung sollte geprüft werden, da auch die Erläuterungen („ermöglicht die Einführung verwaltungsökonomischer Prozesse“) nur wenig aussagekräftig erscheinen.

Zu Art. 1 Z 23b (§ 80 Abs. 6 BewG 1955):

Zur vorgeschlagenen Fassung des § 80 Abs. 6 ist vorweg zu bemerken, dass aus § 80 Abs. 6 nicht klar hervorgeht, ob die Aufzählung der Datenarten in Z 1 und 2 abschließend sein soll, da der Einleitungsteil des Abs. 6 einerseits von „insbesondere“ zu übermittelnden Daten ausgeht, die Einleitungssätze zu Z 1 und 2 andererseits jedoch auf eine taxative Aufzählung schließen lassen. Es sollte daher geprüft werden, ob das Wort „insbesondere“ ohne Bedeutungsverlust entfallen kann, wenn – unbeschadet der Anwendbarkeit des § 158 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961 – ohnehin alle Datenarten, die für die Bewertung erforderlich sind, in § 80 Abs. 6 Z 1 und 2 aufgezählt werden.

Darüber hinaus geht aus § 80 Abs. 6 Z 1 und 2 nicht ausreichend klar hervor, welche Datenarten mit dem Ausdruck „Identifizierung des Bewirtschafters“ umfasst sein sollen. Es sollte daher in Z 1 und 2 eine entsprechende Präzisierung erfolgen.

Gemäß Z 1 erster Spiegelstrich sind zur Identifizierung des Bewirtschafters – sofern es sich nicht um eine natürliche Person handelt – die Firmenbuch- oder Vereinsregisternummer zu übermitteln. Der Vollständigkeit halber sollte hier auch die Ordnungsnummer aus dem Ergänzungsregister sonstiger Betroffener (ERsB) genannt werden. Im Übrigen wäre anstelle der „Vereinsregisternummer“ richtigerweise „ZVR-Zahl“ bzw. „Vereinsregisterzahl“ zu nennen.

Mit den Daten zur „Identifizierung des Bewirtschafters“ soll nach § 80 Abs. 6 Z 1 und 2 jeweils auch die Sozialversicherungsnummer übermittelt werden. Im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist vorweg zu hinterfragen, zu welchem Zweck neben den sonstigen Daten zur „Identifizierung des Bewirtschafters“ auch die Sozialversicherungsnummer übermittelt werden soll. Nachdem auch eine eindeutige Identifizierung über den Namen und die Betriebsanschrift möglich sein sollte, sollte schon aus diesem Grund von einer zusätzlichen Übermittlung der Sozial­versicherungsnummer Abstand genommen werden. Da die Sozialversicherungs­nummer grundsätzlich nur für Zwecke der Sozialversicherung verwendet werden soll, wäre zu prüfen, inwieweit – soweit überhaupt erforderlich – eine Verwendung bereichsspezifischer Personenkennzeichen (bPK) in Frage käme.

2. Zu Vorblatt und Erläuterungen:

Die Erläuterungen zu § 20 erwecken den Eindruck, die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wörtlich zu zitieren. Diesfalls sollte jedoch auch noch die genaue Fundstelle der Rechtsprechung angegeben werden.

Gemäß der Richtlinie 95 des ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgeblichen ‑ Teiles IV der Legistischen Richtlinien 1979 sollten Bestimmungen, deren Vereinbarkeit mit der Verfassung, insbesondere mit dem Gleichheitssatz, zweifelhaft sein könnte, im Einzelnen begründet werden. Selbst wenn der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis B 1534/07 keine Bedenken gegen das System der Einheitsbewertung im Bewertungsgesetz 1955 als solches hatte, weil eine mögliche Verfassungswidrigkeit erst als Folge des Anknüpfens weiterer Rechtsfolgen, wie zB Steuerfolgen, an die Einheitswerte entstehe, sollten die Auswirkungen der Verschiebung der Hauptfeststellung näher erläutert werden (zB auf Grund welcher Faktoren die Wertverschiebungen durch eine Hauptfeststellung nur „geringe Auswirkungen auf die vom Einheitswert abgeleiteten Abgaben“ hätte, mit welchem prozentuellen Ausmaß an Wertverschiebungen zu rechnen wäre oder etwa auch in welcher geschätzten Höhe die Kosten einer Hauptfeststellung lägen).

III. Anmerkungen in vorrangig legistischer und sprachlicher Hinsicht:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“) und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

1. Zum Gesetzesentwurf:

Zum Titel:

Der Kurztitel „Bewertungsgesetz-Novelle“ (wie auch die Abkürzung) erweckt den Eindruck, dass nur das Bewertungsgesetz 1955 geändert werden soll. Da aber zugleich noch andere Bundesgesetze geändert werden sollen, wird eine Umformulierung angeregt, sofern die Vergabe eines eigenen Kurztitels (bzw. einer Abkürzung) für das Vorhaben überhaupt für erforderlich erachtet wird.

Im Übrigen wird im Interesse einer möglichst einheitlichen legistischen Praxis empfohlen, sowohl den Kurztitel als auch die Abkürzung in Klammerzusatz – durch Bindestrich getrennt – dem Langtitel nachzustellen.

Zu Art. 1 Z 1 (§ 19 BewG 1955):

Das geltende Bewertungsgesetz 1955 folgt offenbar noch einer älteren legistischen Praxis, nach der die Paragrafenbezeichnung vor der Überschrift des Paragrafen steht (in nichtamtlichen Gesetzesausgaben, wie dem „Kodex Steuergesetze47“, wird von dieser Darstellung abgewichen). Daher stellt sich beim vorgeschlagenen § 19 die Frage, ob mit der vorgeschlagenen Novellierungsanordnung auch die geltende Überschrift entfallen soll. Wenn ein ganzer Paragraf neu gefasst werden soll, wird daher anregt, die Überschrift mitzunovellieren und dies in der Novellierungs­anordnung etwa wie folgt zum Ausdruck zu bringen:

1. § 19 samt Überschrift lautet:

„Einheitswerte

§ 19. Die Werte, die nach den Vorschriften dieses Abschnittes für wirtschaftliche Einheiten (land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie Grundstücke) gesondert festgestellt werden, gelten als Einheitswerte.“

Zu Art. 1 Z 3 (§ 20c BewG 1955):

Es wird angeregt, im Interesse der einfacheren Orientierung über den Gesetzestext für den neu vorgeschlagenen § 20c eine aussagekräftige Überschrift zu vergeben.

In der Novellierungsanordnung 3 sollte es auch präziser lauten: „§ 20c wird eingefügt“. Der Ausdruck „angefügt“ passt bei Gliederungseinheiten, die innerhalb der jeweils übergeordneten Gliederungseinheit oder innerhalb des Gesetzes an letzter Stelle stehen sollen.

Zu Art. 1 Z 11, 15 und 21 (§ 35, § 47 und § 56 BewG 1955):

Zur Novellierungsanordnung 11 („… wird der erste Satz …geändert“) ist anzumerken, dass der Ausdruck „§ 35.“ nicht Teil des ersten Satzes dieses Paragrafen ist und daher im vorgeschlagenen Text des ersten Satzes entfallen sollte (vergleichbar auch bei § 47 und § 56, bei denen die Paragrafenangabe nicht Teil des Abs. 1 ist).

Weiters sollte nach der jüngeren legistischen Praxis die Zuständigkeit des Bundesministers für Finanzen (nicht des Bundesministeriums) bereits dem Wortlaut nach zum Ausdruck gebracht werden, da im Rechtssinn der Bundesminister das Organ der Vollziehung ist, während das Bundesministerium nur den „Hilfsapparat“ darstellt.

Zu Art. 1 Z 12 (§ 41 BewG 1955):

Im Sinne der Anregung zu § 35 sollte vom „Bundesminister“ gesprochen werden.

Zu Art. 1 Z 14 (§ 46 Abs. 5 BewG 1955):

Die Hauptwortphrase „findet … Anwendung“ sollte durch ein Zeitwort („ist anzuwenden“) ersetzt werden (vgl. LRL 28).

Zu Art. 1 Z 23 (§ 80 Abs. 6 BewG 1955):

Neben obigen datenschutzrechtlichen Anmerkungen sei auch noch auf die Anmerkung zu § 35 hingewiesen. Weiters sollte im Interesse der einfacheren Zitierung eine Untergliederung in literae anstelle von Teilstrichen vorgenommen werden (vgl. LRL 113).

Zu Art. 1 Z 24 (§ 86 Abs. 14 BewG 1955):

In § 86 Abs. 14 müsste es anstelle von „§ 30 Abs. 8“, der offenbar nicht geändert werden soll, wohl lauten: „§ 30 Abs. 1 Z 1“.

Zu Art. 2 (Änderung des Bodenschätzungsgesetzes 1970):

Im Einleitungssatz sollte es lauten: „Bodenschätzungsgesetz 1970“.

Zu Art. 3 und 4 (Änderung des Grundsteuergesetzes 1955 und des Bodenwert­abgabegesetzes 1960):

Die vorgeschlagene Vergabe einer Abkürzung („GrStG 1955“ bzw. „BWAG 1960“) wird im Interesse der einfacheren Zitierung begrüßt. Da jedoch auch der Kurztitel „Bodenwertabgabegesetz 1960“ offenbar noch nicht „amtlich“ vergeben worden ist, wird angeregt, auch dies entsprechend anzuordnen. Die Änderungen könnten weiters zum Anlass genommen werden, auch den geltenden Langtitel der genannten Gesetze an die neuere legistische Praxis anzupassen (insb. Entfall des Beschlussdatums des Gesetzes, vgl. LRL 100 ff).

In Art. 4 sollte es daher lauten:

Das Bundesgesetz vom 15. Dezember 1960 über eine Abgabe vom Bodenwert bei unbebauten Grundstücken und über eine Änderung des Einkommensteuergesetzes 1953 zur stärkeren Erfassung des Wertzuwachses bei Grundstücksveräußerungen, BGBl. Nr. 285/1960, zuletzt geändert durch das Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, wird wie folgt geändert:

1. Der Titel lautet:

„Bundesgesetz über eine Abgabe vom Bodenwert bei unbebauten Grundstücken (Bodenwertabgabegesetz – BWAG)“

Die Anfügung der Jahreszahl „1960“ erscheint entbehrlich, da sie nur aufgenommen werden sollte, wenn sie zur Unterscheidung von früheren Fassungen nötig ist (vgl. LRL 102).

2. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

In Folge des Inkrafttretens des Vertrags von Lissabon wird angeregt, anstelle von „Gemeinschaftsrecht“ nunmehr von „Unionsrecht“ zu sprechen.

1. Zum Vorblatt:

Da das Vorblatt einer raschen Orientierungsmöglichkeit dienen soll, wird angeregt eine kürzere Darstellung der wichtigsten Inhalte zu prüfen. Idealerweise sollte das Vorblatt nur eine Seite, keinesfalls aber mehr als zwei Seiten umfassen. Die in das Vorblatt aufzunehmenden Informationen sollten zusammenfassenden Charakter haben. Die Darstellung von Einzelheiten sollte dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen sowie allenfalls den dafür vorgesehenen Anlagen zu den Erläuterungen vorbehalten bleiben.

Auf ein Tippversehungen unter „Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen“ wird aufmerksam gemacht („insgesamt“).

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine nähere Darstellung sollte aufgenommen werden. Insbesondere erscheint die Aussage „keines“ zu den Auswirkungen auf das Abgabenaufkommen verteilt auf die Gebietskörperschaften etwas irritierend, wenn vorher zumindest von „geringfügig positiven Auswirkungen auf das Abgabenaufkommen“ gesprochen wird.

3. Zur Textgegenüberstellung:

Die Textgegenüberstellung entspricht zum Teil nicht der bereits oben (zu Art. 1, § 19 BewG 1955) angesprochenen Darstellung.

Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

25. März 2010

Für den Bundeskanzler:

i.V. SPORRER

 

 

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