1 Präs. 1612-1764/10p

 

 

 

Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs

zum Entwurf betreffend ein Bundesgesetz,

mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975

und das Bewährungshilfegesetz geändert werden.

 

 

            Der „Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, die Strafprozessordnung 1975 und das Bewährungshilfegesetz (elektronisch überwachter Hausarrest) geändert werden“, dient der legistischen Umsetzung des Zieles, dem Überbelag der heimischen Justizanstalten durch

 

              Strafvollzug durch elektronischen Hausarrest“ (§§ 156b bis 156d StVG) und

              „Hausarrest“ als (Untersuchungs‑)Haft besonderer Art nach § 173a StPO

 

entgegen zu wirken.

 

 

            Einerseits sollen sozial hinreichend integrierte Personen, die ‑ unter Berücksichtigung wahrscheinlicher bedingter Entlassung ‑ eine voraussichtlich 12 Monate nicht übersteigende (restliche) Strafzeit zu verbüßen haben, diese über deren ‑ uU schon vor dem Strafantritt gestellten ‑ Antrag zur Gänze oder teilweise in Form von elektronisch überwachtem Hausarrest absolvieren können; andererseits soll der Hausarrest eine Alternative zur herkömmlichen Untersuchungshaft bieten (die nicht den gelinderen Mitteln des § 173 Abs 5 StPO, sondern Art 5 MRK und damit dem Grundrechtsbeschwerdegesetz unterfällt).

            Gegen die im Entwurf vorgesehene Regelung der Bewilligung und des Widerrufs, die Ermächtigung der Bundesministerin für Justiz, durch Verordnung Richtlinien für die Gestaltung der Bedingungen der Lebensführung außerhalb der Anstalt sowie über die Art und die Durchführung der elektronischen Überwachung, einschließlich der Festlegung jener Justizanstalten, die über Einrichtungen zur elektronischen Überwachung zu verfügen haben, zu erlassen, wie auch gegen die entsprechende Adaptierung des Bewährungshilfegesetzes bestehen mE keine Bedenken.

            Sinnvoll erscheint auch die in Aussicht genommene Bestimmung des § 266 StPO, wonach das Gericht im Strafurteil aussprechen kann, dass eine Anhaltung im elektronisch überwachten Hausarrest „für einen bestimmten, längstens für den im § 46 Abs 1 StGB genannten Zeitraum nicht in Betracht kommt, wenn anzunehmen ist, dass eine solche Anhaltung nicht genügen werde, um den Verurteilten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, oder es der Vollstreckung der Strafe in der Anstalt bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken“ (richtig: entgegen zu wirken).

            Auf den Redaktionsfehler im vorgeschlagenen § 156d Abs  3 StVG, wonach § 52a Abs 2 „StGB“ einzufügen ist, wäre hinzuweisen.

            Auch wäre zu beanstanden, dass dem Beschuldigten nach § 173a StPO das Verlassen der Unterkunft nur zur Erreichung des Arbeitsplatzes sowie zur Beschaffung des notwendigen Lebensbedarfs, nicht aber zur Inanspruchnahme notwendiger medizinischer Hilfe gestattet ist (was dem rechtskräftig Verurteilten nach § 156b StVG selbstverständlich erlaubt ist).

 

Wien, am 20. Mai 2010

i.V. Dr. Rohrer