BKA-601.245/0013-V/5/2010 GBeg Finanzsicherheiten-Gesetz Änderung

An das
Bundesministerium

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bearbeiterin Frau Mag. Elisabeth WUTZL

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Ihr Zeichen BMJ-B5.004A/0002-I 2/2010

für Justiz

 

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1070 Wien

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Finanzsicherheiten-Gesetz geändert wird;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst – vorbehaltlich der primär vom do. Ressort zu beurteilenden Unionsrechtskonformität – wie folgt Stellung:

I. Rechtliche Anmerkungen:

Zu Z 3 (§ 4 Abs. 1):

Die im umzusetzenden Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 2002/47/EG idF der Richtlinie 2009/44/EG grundgelegte Wendung „oder rechtlich gleichwertiger Form“ sollte im Lichte des Grundsatzes der doppelten Bedingtheit, demzufolge unionsrechtsausführende innerstaatliche Rechtsvorschriften nicht nur der Bindung an das Unionsrecht, sondern auch der Bindung an das Verfassungsrecht unterliegen (z.B. VfSlg. 14.863/1997, 17.022/2003, 17.967/2006), näher bestimmt werden.

Zu Z 7 (§ 14):

Nach Abs. 2 beziehen sich die Verweise auf andere Richtlinien (als die Richtlinie 2002/47/EG idF der Richtlinie 2009/44/EG) auf die jeweils am 1. Dezember 2010 geltende Fassung dieser Richtlinien. Soweit damit auf Norminhalte verwiesen wird, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Nationalrat und Bundesrat noch nicht feststehen, würde sich der Gesetzgeber seiner Normsetzungsbefugnis begeben, was nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unzulässig ist (vgl. zB VfSlg. 3149/1957, 6290/1970, 7085/1973, 7241/1973, 10.311/1984; s. auch Thienel, Verweisungen auf ÖNORMEN [1990] 69 ff, mwN); der Verfassungsgerichtshof hat etwa in VfSlg. 6290/1970 (zu dynamischen Verweisungen von Landesgesetzen auf Bundesgesetze) ausgeführt, dass es mit der Verfassung unvereinbar sei, dass der Gesetzgeber des Bundes oder eines Landes nicht selbst den Inhalt einer Norm festlegt, sondern dies einem anderen Gesetzgeber überlässt, indem er für die Zukunft die jeweiligen Gesetzesbefehle des anderen Gesetzgebers als eigene Gesetzesbefehle erklärt, obwohl ihr Inhalt noch gar nicht feststeht und daher auch nirgends umschrieben ist. Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben gelten grundsätzlich auch im Verhältnis zum Unionsrecht; eine Ausnahme besteht lediglich für unmittelbar anwendbares Unionsrecht (vgl. VfSlg. 17.735/2005).

Sofern die im Entwurf vorgesehenen Richtlinienverweise überhaupt notwendig sind (vgl. dazu unten die Anmerkungen zu Z 2 [§ 3 Abs. 1]), wird – auch aus Gründen der Rechtsklarheit – empfohlen, die maßgebliche Fassung der Richtlinien direkt, d.h. auch durch explizite Angabe von allfälligen Novellen und deren Fundstellen im ABl., zu zitieren.

II. Legistische und sprachliche Anmerkungen:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,

·      die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Zum Gesetzesentwurf:

Allgemeines:

Es würde der legistischen Praxis (vgl. LRL 121) entsprechen, Novellierungsanordnungen durchgehend zu nummerieren und nicht (wie in Z 1 [§ 2], Z 2 [§ 3] und Z 4 [§ 5] vorgesehen) mit Buchstabenbezeichnungen zu untergliedern. Dies hätte auch den Vorteil der leichteren Zitierbarkeit der Novellierungsanordnungen, während die im Entwurf gewählte Art der Bezeichnung trotz der zusammenhängenden Bezeichnung von Novellierungsanordnungen, die die gleiche Bestimmung im Stammgesetz betreffen, letztlich keine Vorteile mit sich bringt, weil die einzelnen Bestimmungen betreffenden Novellierungsanordnungen dennoch voneinander unabhängig bleiben.

Zu Z 1 (§ 2):

Zu lit. a (Abs. 1):

Die Novellierungsanordnung sollte der legitischen Praxis entsprechend wie folgt lauten: „Der bisherige Text des § 2 erhält die Absatzbezeichnung ,(1)’.“

Zu lit. b (Abs. 1 Z 2 und Z 3 lit. a bis c):

Nach gängiger legistischer Praxis richtet sich bei (absteigend angeordneten) Gliederungszitaten der Numerus nach der obersten Gliederungseinheit. In der Novellierungsanordnung wäre daher der Begriff „lautet“ dem Begriff „lauten“ vorzuziehen. Des Weiteren sollte nach der Wendung „Abs. 1“ der Klammerausdruck „(neu)“ eingefügt werden.

Zu Z 2 (§ 3 Abs. 1):

Zu lit. a (Z 1 bis 3) und lit. b (Z 15):

Gemäß RZ 35 des EU-Addendums wäre eine unreflektierte wörtliche Wiedergabe des Richtlinientextes zu vermeiden und der österreichischen Gesetzessprache, soweit der Richtlinieninhalt mit deren Hilfe ebenfalls korrekt ausgedrückt werden kann, der Vorzug einzuräumen.

In der Art. 2 Abs. 1 lit. o der Richtlinie 2002/47/EG idF der Richtlinie 2009/44/EG umsetzenden Z 15 wird an Begriffe von anderen Richtlinien angeknüpft (z.B. „Verbraucher im Sinne von Art. 3 lit. a der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge“). Es wird angeregt, stattdessen auf die nationalen Umsetzungsakte der verwiesenen Richtlinienbegriffe abzustellen.

Zu § 3 Abs. 1 Z 3 wird angeregt, von der Aneinanderreihung von Begriffen unter Verwendung von Schrägstrichen Abstand zu nehmen, da auf diese Weise nicht deutlich wird, in welchem Verhältnis diese Begriffe zueinander stehen. Der Schrägstrich zwischen den Begriffen „bedingte“ und „beschränkte“ wäre daher besser durch ein Bindewort zu ersetzen.

Zu Z 6 (§ 12):

Die Novellierungsanordnung sollte der gängigen legistischen Praxis entsprechend wie folgt lauten: „Der bisherige Text des § 12 erhält die Absatzbezeichnung ,(1)’; folgender Abs. 2 wird angefügt:“

Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

1. Zum Vorblatt:

Sub titulo „Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union“ sollte es im Lichte des Vertrages von Lissabon statt „gemeinschaftsrechtskonform“ korrekterweise „unionsrechtskonform“ lauten.

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Hinsichtlich der Angabe der Kompetenzgrundlage ist unklar, warum in der Novelle – anders als dies in den Erläuterungen zur Stammfassung der Fall ist – der Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG unerwähnt bleibt.

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.

Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebiets­körperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.

3. Zum Besonderen Teil der Erläuterungen:

Zu Z 3 (§ 4):

Der letzte Satz („Eine Umsetzung von Art. 3 Abs. 1 ist daher nicht erforderlich.“) erscheint als entbehrlich.

Zu Art. 3 Abs. 3 (keine Umsetzung erforderlich):

Die Ausführungen zu Art. 3 Abs. 3 [der Richtlinie 2002/47/EG idF der Richtlinie 2009/44/EG] sollten allenfalls besser im Allgemeinen Teil sub titulo „Umsetzung der Richtlinie 2009/44/EG“ enthalten sein. Zudem sollte es statt „keine Umsetzung erforderlich“ (bzw. „keiner Umsetzung bedarf“) wohl besser „keine weitere Umsetzung erforderlich“ (bzw. „keiner weiteren Umsetzung bedarf“) lauten.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

16. Juni 2010

Für den Bundeskanzler:

HESSE

 

 

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