Österreichische
Arbeitsgemeinschaft für
Rehabilitation (ÖAR)
Dachorganisation der
Behindertenverbände Österreichs

Dr. Christina Meierschitz · DW 119

E-Mail: meierschitz.recht@oear.or.at

 

 

 

 

 

Stellungnahme der

Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs,

zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988 und das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden – Steuerreformgesetz 2009 (StRefG 2009)

BMF-010000/0001-VI/A/2009

 

 

Die ÖAR erlaubt sich, zu oben angeführtem Entwurf folgende Stellungnahme abzugeben:

Allgemeines:

 

Die ÖAR weist einmal mehr darauf hin, dass die steuerlichen Begünstigungen für behinderte Menschen schon seit 20 Jahren nicht mehr valorisiert worden sind. So sind zum Beispiel der Freibetrag nach § 35 EStG oder der Pauschalbetrag für PKW-Kosten im wesentlichen seit 1987 gleich geblieben.

Es ist eine jährliche Valorisierung zumindest in der Höhe der Inflationsrate festzuschreiben. Ebenso sind die Aufwendungen für Taxifahrten, oder die Pauschalbeträge für Krankendiätverpflegung anzuheben.

Menschen mit Behinderung sind häufig in ihrer Mobilität sehr eingeschränkt. Um am öffentlichen Leben teilhaben zu können, ist für viele die Verfügbarkeit eines Kraftfahrzeuges unabdingbare Voraussetzung. Diesem Umstand, der eine wesentliche Voraussetzung für soziale und berufliche Inklusion von behinderten Menschen ist, wird in Form eines Steuerfreibetrages Rechnung getragen. Dieser Freibetrag wurde seit 20 Jahren nicht mehr erhöht. In Anbetracht des horrenden Anstieges der Treibstoffpreise, Versicherungskosten, etc. in den vergangenen Jahren ist diese Anpassung dringend notwendig.

Daher ist der Freibetrag für Menschen mit Behinderung (§ 3 der VO über außergewöhnliche Belastungen) ebenfalls entsprechend anzupassen und muss jährlich valorisiert werden.

Die Anrechnung des Pflegegeldes - welches einen Zuschuss zu behinderungsbedingten Mehraufwendungen im Pflege- und Betreuungsbereich darstellt - auf bestimmte Freibeträge, ist wieder zu beseitigen, da die Freibeträge gem. § 35 EStG behinderungsbedingte Mehraufwendungen (die keinesfalls mit pflegebedingten Mehraufwendungen gleichzusetzen sind) pauschal abdecken sollen und somit einem anderen Zweck gewidmet sind.

Behinderte Personen, deren Einkommen so gering ist, dass sie keiner Steuerpflicht unterliegen, haben nicht die Möglichkeit, behinderungsbedingte Mehraufwendungen geltend zu machen. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass für diesen einkommensschwachen Personenkreis, durch die Zuerkennung einer „Negativsteuer“, entsprechende Erleichterungen in ihrer Lebensführung geschaffen werden.

Hinzu kommt, dass die Absetzbeträge gerade bei Familien mit einem (Allein-) Verdiener und geringem Einkommen wieder nicht berücksichtigt werden können. Wenn die Steuer mit Ø EURO vor Anwendung des Absetzbetrages angesetzt ist, beträgt sie nach der Anwendung auch Ø EURO. Korrekter Weise ist zu verlangen, dass in diesen Fällen die vorgesehenen Absetzbeträge als Negativsteuer anerkannt werden und im Falle eines Kindes mit Behinderung entsprechend der erhöhten Familienbeihilfe, auch ein erhöhter Absetzbetrag gesetzlich verankert wird.

Ad § 4 Abs. 4:

Die Eintragung in die Liste der begünstigten Vereine beim Finanzamt Wien 1/23 scheint für Dachverbände –wiewohl diese durchaus „mildtätig“ agieren - wie z.B. das ÖZIV-Bundessekretariat, die Lebenshilfe Österreich oder die ÖAR unmöglich zu sein, da „Interessenvertretung“ nicht als begünstigter Zweck vorgesehen ist.

Ad § 33 (9):

In der Zielsetzung der Entlastung der Familien wird in der geplanten Änderung der Bereich jener Familien, die erhöhte Familienbeihilfe erhalten, in keiner Weise berücksichtigt. Kinder mit Behinderung werden im Allgemeinen von den bestehenden Kinderbetreuungseinrichtungen nicht aufgenommen. Dies wäre jedoch nach dem vorgesehenen § 33 (9) erforderlich, um als außergewöhnliche Belastung anerkannt zu werden.

Ad § 106a (6):

Nach Abs. 6 wird der Kinderfreibetrag erst im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigt und nicht schon während des Jahres bei der laufenden Lohnverrechnung.

Diese Regelung widerspricht dem Wunsch, die Kaufkraft der Familien laufend, d.h. eigentlich ab sofort, zu stärken.

Vorschlag:

Vereinheitlichung (auch bei Teilung!) und bereits laufende Geltendmachung bei der monatlichen Lohnverrechnung!

Die in der textlichen Begründung des Gesetzes angeführte Meinung, dass mit einer erhöhten Förderung bei Doppelverdienern die Bereitschaft zur Teilnahme am Arbeitsmarkt erhöht wird, geht mangels Aufnahmefähigkeit desselben ebenso ins Leere, wie hier offensichtlich vorausgesetzt wird, dass beide Ehegatten Steuer zahlen, um in den Genuss dieses Freibetrages zu kommen! Das wird aber bei den wenigsten teilzeitbeschäftigten Müttern/Vätern der Fall sein!

 

Ad § 124b Z 154:

Es wäre regional sinnvoller, Organisationen aus den Bundesländern eine örtlich nähere Anlaufstelle zukommen zu lassen. So könnte man beispielsweise im Westen (Salzburg/Innsbruck) ebenfalls eine Abteilung im Finanzamt einrichten, welche gemeinsam mit dem 1/23er in Wien - diese Listen erstellt.

Generell ist zu bedenken, dass gemeinnützige Vereine bereits jetzt in ein dichtes Netz von Kenn-Nummern verstrickt sind. So besitzt jeder eingetragene Verein eine eigene ZVR-Nummer, die wiederum unterschiedlich ist von jener Steuer-Nummer, die so gut wie alle Vereine besitzen, wenn sie auch nur einen Mitarbeiter beschäftigen. Dies allerdings bei ihrem lokalen Finanzamt. Sollte dieser Verein auch noch unternehmerische Leistungen erbringen (z.B. Fahrtendienste oder Betreuung von Wohneinrichtungen), die durchaus nicht schädlich für die Gemeinnützigkeit sind, so besitzt er zudem noch eine eigene  UID-Nummer. Und im Falle der Beschäftigung von Zivildienern wird noch eine diesbezügliche Nummer im Innenministerium geführt.

Anstatt den Vereinen einen weiteren Verwaltungsaufwand aufzubürden (und eine weitere zuständige Stelle in Form des FA 1/23 in Wien), sollte vielmehr ein Ein-Stop-System eingeführt werden, das es dem spendensammelnden, sozialen und gemeinnützig tätigem Verein ermöglicht, seine Leistungen (kosten-)günstiger als derzeit anzubieten. Die zusätzliche Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers (reicht hier nicht die Befugnis eines Wirtschaftstreuhänders an sich, so wie im Vereinsrecht?) führt zu weiteren vermeidbaren Kosten.

Die elektronische Übermittlung von Spendenbestätigungen sollte um 1 Jahr verschoben werden und das Jahr 2010 zum Probelauf erhoben werden. Auch die elektronische Lohnzettelübermittlung wurde nicht über Nacht eingeführt! Der Zwang der EDV-mäßigen Erfassung von Spenden ab dem 1.1.2010 führt zu unnötigem Stress im Laufe des Jahres 2009.

Daher: Verlängerung des Papiernachweises um 1 Jahr, d.h. bis inkl. 2010!!!

Ein Prüfungsbeirat ist in jedem Fall einzurichten (keine Kann-Bestimmung!), in welchem jedenfalls Vertreter von spendensammelnden Organisationen oder deren Dachverbänden einzubeziehen (z.B. die ÖAR) sind. Man sollte sogar ein Quorum (mind. 30 % der Mitglieder) festsetzen.

 

 

Wien, am 27.01.2009