Amt der Steiermärkischen Landesregierung

 

 

FACHABTEILUNG 13A

An das

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft

Umwelt und Wasserwirtschaft     

 

Stubenring 1

1010 Wien

 

E-Mail: abteilung.14@lebensministerium.at

 

è Umwelt- und Anlagenrecht

                                                                   

Wasser- und Schifffahrtsrecht

Bearbeiter:
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GZ:

FA1F-18.01-8/2001-5

Bezug:

BMLFUW-UW.4.1.2/0019-I/4/2010

Graz, am 23. Juli 2010

 

Ggst.:

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird; Begutachtung;
Stellungnahme des Landes Steiermark

 


 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zu dem mit do. Schreiben vom 06.06.2010, obige Zahl, übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird, wird vom Land Steiermark folgende Stellungnahme abgegeben:


 

Allgemeines:

Soweit im Folgenden nichts anderes vermerkt wird, ist diese Wasserrechtsgesetznovelle zu befürworten, weil sie zur Umsetzung der EU-Hochwasserrichtlinie und der im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan vorgesehenen Maßnahmen erforderlich ist.

 

Zu den wasserwirtschaftlichen Regionalprogrammen:

Die Möglichkeit zur Erlassung von wasserwirtschaftlichen Regionalprogrammen wird aus wasserwirtschaftlicher Sicht grundsätzlich begrüßt. Die Freihaltung und Flächensicherung von Hochwasserabflussräumen erfolgt in der Steiermark vorwiegend über die Raumplanung. Dazu wurde im Jahr 2005 ein Sachprogramm zur hochwassersicheren Entwicklung von Siedlungsräumen verordnet, laut dem die 100-jährlichen Abflussbereiche (BWV) sowie die roten Gefahrenzonen (WLV) grundsätzlich von Bebauungen freizuhalten sind. Aufgrund der derzeitigen rechtlichen Vorgaben des WRG können in Bereichen zwischen dem HQ30 und HQ100 Abfluss Schüttungen zur HQ100-Freistellung ohne wasserrechtliche Bewilligung durchgeführt werden. Mit den neuen wasserwirtschaftlichen Regionalprogrammen wird auch für die Wasserrechtsbehörde eine Eingriffsmöglichkeit geschaffen.

 

Zum Gefahrenzonenplan:

In der Steiermark werden seit ca. 30 Jahren Hochwasserabflussuntersuchungen mit Ausweisung der Abflussbereiche für ein HQ30, HQ100 und seit 2006 auch für ein HQ300 erstellt. Bei Anwendung der Richtlinien für eine Gefahrenzonenplanung in der BWV ergeben sich aufgrund der überwiegend niedrigen Fließgeschwindigkeiten kaum rote Gefahrenzonen. Um diese Abflussräume trotzdem wirksam schützen bzw. freihalten zu können, wurde der Weg mittels Ausweisung von Anschlaglinien und in weiterer Folge die Freihaltung über die Raumordnung gewählt.

Durch die neuen Gefahrenzonenpläne im WRG – die sich allerdings nicht aus der Hochwasserrichtlinie ableiten lassen und für die Steiermark einen Mehraufwand bedeuten - darf diese Flächensicherung nicht beeinträchtigt werden. Aufgrund des verstärkten Siedlungsdrucks in Abflussbereichen besteht die Gefahr, dass die derzeitigen Regelungen in der Raumordnung durch die neuen Gefahrenzonenpläne nicht mehr halten.

Sollte eine Harmonisierung der Gefahrendarstellung, unter bestmöglicher Berücksichtigung der in den Ländern vorhandenen Grundlagen nicht realisierbar sein, wird vorgeschlagen für die potentiellen signifikanten Risikobereiche nur Hochwassergefahren- und Risikokarten gemäß Hochwasserrichtlinie zu erstellen. Dadurch werden auch zusätzliche Kosten durch die Gefahrenzonenpläne vermieden, die über die Anforderungen der Hochwasserrichtlinie hinausgehen.

 

Zu den Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten:

Die geplante grobmaßstäbliche Darstellung (1:25.000) der Hochwassergefahren- und Hochwasserrisikokarten entspricht nicht den in Bund-Länder-Arbeitskreisen ausgearbeiteten fachlichen Grundlagen zur Umsetzung der Hochwasserrichtlinie vom März 2009. Im Sinne der Hochwasserrichtlinie sollten die grobe Darstellung in der vorläufigen Bewertung, die genaue Darstellung in den Gefahren- und Risikokarten und die Maßnahmenplanung im Managementplan erfolgen. Die geplante grobmaßstäbliche Darstellung entspricht daher nicht dem Ziel der Hochwasserrichtlinie und bringt gegenüber dem bestehenden HORA kaum Verbesserungen. Demgegenüber bringt sie aber massive Verschlechterungen in der gängigen Praxis zur Ausweisung von Hochwasserabflussbereichen. Die Problematik liegt u.a. in der Festlegung einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht gemäß WRG §38 und allgemein im Behördenverfahren nach Wasserrecht, Raumordnungsrecht und Baurecht. Im Behördenverfahren sind parzellengenaue Ausweisungen erforderlich!

In der Steiermark liegen Hochwasserabflussuntersuchungen für ca. 2.000 Flusskilometer im Maßstab 1:5000 (oder genauer) vor, die im Wesentlichen den Gefahren- und Risikokarten entsprechen und die potentiellen signifikanten Risikobereiche weitgehend abdecken.

Im Hinblick auf die Heranziehung von HORA-Daten zur vorläufigen Bewertung des Hochwasserrisikos ist festzuhalten, dass diese auch im Rahmen der örtlichen Raumordnung wegen ihrer Maßstäblichkeit ungeeignet sind. Die Instrumente der örtlichen Raumordnung weisen andere Maßstäbe auf und würde die Verwendung der HORA-Daten daher aufgrund des sich dadurch ergebenden Interpretationsspielraums ebenfalls zu einer Rechtsunsicherheit führen. In Folge dessen müsste im Zweifelsfalle die Gemeinde weitere Untersuchungen anstellen, die sie auch finanzieren müsste und wäre somit ökonomisch stärker belastet.

 


Zu den Kosten:

In den Erläuterungen fehlen Angaben über die finanziellen Auswirkungen für die Länder in der Aufstellung für die zu erwartenden Sachkosten. Kosten sind für alle angeführten Arbeitsschritte auch für die Länder (nicht nur für den Bund) zu erwarten.

Der Aufwand lässt sich derzeit nicht konkret angeben und wird für die Sachkosten mit ca. 0,5 bis 1,0 Mio. € sowie für die Personalkosten mit ca. 1 bis 2 VBÄ für die erste Erstellung der vorläufigen Bewertung, der Gefahren- und Risikokarten, sowie der Managementpläne abgeschätzt.

 

Zu den einzelnen Bestimmungen:

Zu § 12a Abs. 5:

Die Festlegung für die Anwendung einer weniger strengen Regelung zur Fischpassierbarkeit sollten konkretisiert werden. Bezeichnungen wie besondere Umstände, wirtschaftlich zumutbarer Aufwand und gegebene wasserwirtschaftliche Verhältnisse sollten zumindest in den Erläuterungen näher definiert werden. Ebenso ist der Stand der Technik für die Herstellung der Fischpassierbarkeit näher zu erläutern bzw. festzulegen.

 

Zu § 33d:

Gemäß § 33d Abs. 3 hat der Wasserberechtigte spätestens 2 Jahre nach Inkrafttreten des Sanierungsprogrammes ein den Vorgaben des Programmes entsprechendes Sanierungsprojekt zur wasserrechtlichen Bewilligung vorzulegen oder die Anlage mit Ablauf der in der Verordnung festgestellten Sanierungsfrist stillzulegen,

Diese Sanierungsfrist ist über Antrag des Wasserberechtigten um längstens 3 Jahre zu verlängern, wenn der Wasserberechtigte nachweist, dass der Aufwand für die sofortige Sanierung im Hinblick auf den für den Schutz der Gewässer erzielbaren Erfolg zu einem unverhältnismäßigen Aufwand führen würde.

In dieser Bestimmung ist nicht festgelegt, welche Vorgangsweise nach Ablauf dieser 3 Jahre gewählt werden soll (wenn auch nach Ablauf der verlängerten Sanierungsfrist die Sanierung zu einem unverhältnismäßigen Aufwand führen würde).

Nach § 12a Abs. 4 dürfen „Anlagen“ – sofern es sich um Querbauwerke im Fischlebensraum - handelt, nur dann bewilligt werden, wenn die nach dem Stand der Technik erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Fischpassierbarkeit vorgesehen sind.

Sofern der Antragsteller im Einzelfall auf Grund besonderer Umstände nachweist, dass mit wirtschaftlich zumutbarem Aufwand die Fischdurchgängigkeit technisch nicht herstellbar ist, darf gemäß § 12a Abs. 5 eine Bewilligung mit weniger strengen Regelungen dann erteilt werden, wenn eine Einschränkung oder der Entfall der Fischpassierbarkeit im Hinblick auf die gegebenen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse hingenommen werden kann.

Im Sinne dieser Bestimmung ist somit bei Neu- und Änderungsbewilligungen die Möglichkeit gegeben, von der Vorschreibung der Fischpassierbarkeit Abstand zu nehmen.

Ein Widerspruch zwischen § 12a und § 33d wird insoweit gesehen, als bei Neubewilligungen oder Änderungen von Anlagen unter gewissen Voraussetzungen von der Vorschreibung der Fischpassierbarkeit Abstand genommen werden kann. Diese Möglichkeit besteht bei der Sanierung bestehender Anlagen (i.S. eines Programms) nicht.

Es wird vorgeschlagen im § 33d Abs. 4 den dauernden Wegfall der Verpflichtung zur Herstellung der Fischpassierbarkeit aufzunehmen und eine Regelung nach Ablauf der 3 Jahre Fristverlängerung vorzusehen.

 

Zu § 42a Abs. 2 Z. 1 und 2 (sowie den Erläuterungen):

Vor Erlassung eines wasserwirtschaftlichen Regionalprogrammes sind die für den Hochwasserrückhalt geeigneten Bereiche einer entsprechenden Bewertung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zu unterziehen.

Vorschlag: Zur Umsetzung der Regionalprogramme darf sich die geforderte Bewertung von geeigneten Bereichen nicht ausschließlich auf den Hochwasserrückhalt beziehen. Der Hochwasserrückhalt wäre durch den Begriff Hochwasserschutz zu ersetzen/ergänzen.

Begründung: Der Nachweis für einen wirksamen Hochwasserrückhalt (Retentionswirkung) ist im Allgemeinen, insbesondere bei größeren Hochwasserereignissen (HQ30, HQ100), kaum möglich. Hochwasserabflussräume wirken nicht nur durch einen Hochwasserrückhalt, sondern auch durch die Möglichkeit eines „geordneten Hochwasserabflusses“. Dabei wirken mehrere für den Hochwasserschutz wichtige Faktoren, wie die Verringerung des Verklausungsrisikos von Brücken durch die Absetzmöglichkeit für Feststoffe und Wildholz in Rückhalteräumen, Pufferung und Dämpfung von Hochwasserspitzen, die Verbesserung des aquatischen Lebensraumes („mehr Raum für die Flüsse“), u.v.a.m.

Vorschlag: Die Festlegung in den Erläuterungen zu § 42a Abs. 2 Z. 1, dass „die Regelungen über die Gefahrenzonenpläne für Wildbäche und Lawinen (§ 11 Forstgesetz 1975) durch diese Bestimmung unberührt bleiben“, erscheint hinsichtlich der angestrebten Harmonisierung WLV-BWV (z.B. Anpassung der Bemessungsereignisse sowie der verwendeten Begriffe) nicht zielführend.

Begründung: Gefahrenzonenpläne sind lt. § 42a Abs. 2 insbesondere für Gebiete mit potentiellem signifikantem Hochwasserrisiko zu erstellen. Diese liegen in den Betreuungsbereichen der WLV und der BWV. Eine andere Bezeichnung wie z.B. Hochwasserzonenplan wäre zu überlegen. Anzustreben ist jedenfalls eine Harmonisierung der Gefahrendarstellung in beiden Verwaltungsbereichen, wobei den unterschiedlichen Rahmenbedingungen Rechnung getragen werden muss.

 

Gefahr der uneinheitlichen Festlegung von Hochwasserabflussbereichen:

Die Ausdehnung der Bewilligungspflicht von Anlagen - nunmehr nicht nur innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer, sondern auch in Gebieten, für die gemäß § 42a Abs.2 Z. 2 wasserwirtschaftliche Regionalprogramme (§ 55g Abs. 1 Z. 1) mit dem Zweck des Hochwasserschutzes erlassen wurden - ist zwar grundsätzlich zu unterstützen, jedoch führt die an dieser Stelle vorgenommene Formulierung bzw. Regelung zu unterschiedlichen Vorgehensweisen im Bundesstaat Österreich und somit zu einer gewissen Rechtsunsicherheit im Zusammenhang mit der Beurteilung der Bewilligungspflicht.

Vorschlag: Erstellung zusätzlicher einheitlicher Vorgaben für die Erstellung von Regionalprogrammen


Zu § 42a Abs. 3:

In den Erläuterungen zu § 42a Abs. 3 ist das Bemessungsereignis für die Darstellung in den Gefahrenzonenplanungen das Szenario für Hochwasser mittlerer Wahrscheinlichkeit (entspricht einem HQ100-Abfluss).

Vorschlag: Im „Gefahrenzonenplan“ sollten zusätzlich zu den Gefahrenzonen und Vorbehaltsbereichen für Hochwasserereignisse mit mittlerer Wahrscheinlichkeit auch die Abflussbereiche für Hochwasserereignisse mit niedriger und hoher Wahrscheinlichkeit (gemäß § 55k Abs. 2) dargestellt werden.

Begründung: Aufgrund der Tatsache, dass die Hochwassergefahrenkarten in einem groben Maßstab (1:25.000) erstellt werden, liegen für die anderen Bemessungsereignisse keine genauen und parzellenscharfen Ausweisungen vor. Diese Erweiterung erscheint besonders in Hinblick auf die geforderten Inhalte der Hochwassergefahrenkarten, die im nunmehr vorgesehen groben Maßstab nicht ausreichend genau dargestellt werden können, erforderlich.

 

Zu § 55j (Erläuterungen):

Dort ist festgehalten, dass die Bestimmung der Gebiete mit potenziellem signifikantem Hochwasserrisiko auch jene derzeit unbebauten Gebiete umfasst, die für eine Bebauung konkret vorgesehen sind.

Vorschlag: Die Festlegungen für die Berücksichtigung von unbebautem Bauland in Abflussbereichen sollten, auch im Hinblick auf die derzeitigen Bestimmungen des Wasserbautenförderungsgesetzes, gestrichen werden.

Begründung: Die Erfassung und Bewertung der derzeit unbebauten Bauflächen in Hochwasserrisikobereichen im festgelegten Maßstab (etwa 1:100.000) ist in der Regel nicht möglich. Aus fachlicher Sicht wäre eine Erfassung zwar wünschenswert, dies kann jedoch nur aufgrund konkreter Vorhaben zur Abschätzung eines Risikos (Eintrittswahrscheinlichkeit x Schadenspotential) auf Basis von parzellenscharfen Abflussuntersuchungen erfolgen. Das Schadenspotential ist aufgrund der unbekannten zukünftigen Nutzung der unbebauten Bauflächen nicht bekannt.

 

Zu § 55k:

Im Rahmen der Umsetzungsverpflichtung der EU-Hochwasserrichtlinie hätte die Möglichkeit bestanden, eine Harmonisierung zwischen den Bereichen der Wildbach- und Lawinenverbauung und der Bundeswasserbauverwaltung herzustellen.

Vorschlag: Die Vorgaben für die Erstellung dieser Karten sowie auch aller anderen vorgesehenen Hochwasserkarten für die Betreuungsbereiche der Bundeswasserbauverwaltung und der Wildbach- und Lawinenverbauung müssten gleichgeschaltet werden.

 

Lt. § 55k Abs. 2 haben Gefahrenkarten jene Gebiete zu erfassen, die nach folgenden Szenarien unter Berücksichtigung von Feststoffprozessen, Wildholzführung, Eisbildung sowie Einflüssen der Gewässermorphologie überflutet werden könnten.

Vorschlag: Eine rechnerische Erfassung und Modellierung der angeführten zu berücksichtigenden Prozesse sollte zusammenfassend – z.B.: unter Berücksichtigung von gewässerspezifischen Abflussprozessen - formuliert werden.

 

Begründung: Eine rechnerische Erfassung und Modellierung der angeführten zu berücksichtigenden Prozesse ist in der Regel nicht möglich.

 

Vorschlag: Im WRG sollte zumindest die Möglichkeit zur Erstellung von parzellengenauen Gefahren- und Risikokarten (1:5.000) festgehalten werden.

Begründung: Angenommen wird, dass die geplante Umsetzung der HWRL die zukünftige Praxis zur Darstellung von Hochwassergefahren sowie für Hochwasserschutzmaßnahmen darstellt.

 

 

Eine Ausfertigung dieser Stellungnahme wird auch dem Präsidium des Nationalrats übermittelt, dies nur elektronisch an die Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Steiermärkische Landesregierung

Der Landesamtsdirektor

 

 

(Mag. Helmut Hirt)