VSt
Verbindungsstelle der Bundesländer
beim Amt der NÖ Landesregierung
1010 Wien Schenkenstraße 4
Telefon 01 535 37 61 Telefax 01 535 37 61 29 E-Mail vst@vst.gv.at
Kennzeichen VSt-1776/262 E-Mail
Datum 11. November 2010
Bearbeiter Dr. Andreas Rosner
Durchwahl 10
Betrifft
Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 und das Energie-Control-Gesetz erlassen werden;
Begutachtungsentwurf;
Umlaufbeschluss der Landeshauptleutekonferenz
Beilage
An die
Bundesregierung
z.H. Herrn Bundeskanzler
Werner FAYMANN
Ballhausplatz 2
1014 Wien
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!
Die Verbindungsstelle der Bundesländer gestattet sich, folgenden Umlaufbeschluss der Landeshauptleutekonferenz vorzutragen:
Die Landeshauptleutekonferenz hat mit Schreiben vom 1. Oktober 2009, VSt‑4900/17, ihre Vorstellungen zur Umsetzung des 3. Binnenmarktpakets der Bundesregierung vorgetragen.
Mit Schreiben vom 2. September 2010, VSt‑4900/34, wurde eine gemeinsame Länderstellungnahme zu Vorentwürfen betreffend ein Energie-Control-Gesetz und ein ElWOG 2010 dem Kabinett des Herrn Bundesministers übermittelt.
Da die nunmehr vom Bundesministerium für Wirtschaft,
Familie und Jugend zur Begutachtung versendeten Entwürfe nicht den
Forderungen des erwähnten Beschlusses der Landeshauptleutekonferenz und
der gemeinsamen Länderstellungnahme Rechnung tragen, wird
– der erwähnte Beschluss bekräftigt,
– eine gemeinsame Länderstellungnahme vorgelegt (Beilage)
und
– im Hinblick auf Art 44 Abs 2 B‑VG gefordert, dass
diese gemeinsame
Länderstellungnahme berücksichtigt wird.
Die Verbindungsstelle der Bundesländer legt diesen Beschluss Ihnen, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, mit dem Ersuchen um Berücksichtigung vor und informiert davon die Parlamentsdirektion und die Bundesparlamentsklubs, das Kabinett von Herrn Bundesminister MITTERLEHNER, das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst sowie das Bundesministerium für Wirtschaft, Jugend und Familie, Sektion IV.
Mit vorzüglicher Hochachtung
(Dr. Andreas Rosner)
Leiter der Verbindungsstelle
VSt-1776/262 E-Mail
Betrifft
Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 und das Energie-Control-Gesetz erlassen werden;
Begutachtungsentwurf;
Umlaufbeschluss der Landeshauptleutekonferenz
An die
Parlamentsdirektion
Dr.-Karl-Renner-Ring 3
1017 Wien
(E-Mail: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at)
An die
Sozialdemokratische Parlamentsfraktion
Klub der Sozialdemokratischen Abgeordneten
zum Nationalrat, Bundesrat und Europäischen Parlament
Dr. Karl Renner-Ring 3
1017 Wien
An den
Parlamentsklub der
Österreichischen Volkspartei
Dr. Karl Renner-Ring 3
1017 Wien
An den
Freiheitlichen Parlamentsklub
Dr. Karl Renner-Ring 3
1017 Wien
An den
Parlamentsklub des BZÖ
Dr. Karl Renner-Ring 3
1017 Wien
An den
Grünen Klub im Parlament
Klub der
Grünen Abgeordneten zum Nationalrat,
Bundesrat und Europäischen Parlament
Dr. Karl Renner-Ring 3
1017 Wien
An das
Kabinett des
Herrn Bundesministers für
Wirtschaft, Familie und Jugend
Dr. Reinhold MITTERLEHNER
Stubenring 1
1010 Wien
An das
Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst
Ballhausplatz 2
1014 Wien
An das
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend
Sektion IV
Schwarzenbergplatz 1
1015 Wien
(E-Mail: post@IV1.bmwfj.gv.at und florian.haas@bmwfj.gv.at)
Mit dem Ersuchen um Berücksichtigung.
Der Leiter
Dr. Andreas Rosner
Bundesgesetz, mit dem das Elektrizitätswirtschafts-
und -organisationsgesetz 2010 und das
Energie-Control-Gesetz erlassen werden;
Begutachtungsentwurf;
Gemeinsame Länderstellungnahme
Die Landeshauptleutekonferenz hat im Beschluss vom 1. Oktober 2009, ihre Vorstellungen zur Umsetzung des 3. Binnenmarktpakets der Bundesregierung festgelegt. Die Verbindungsstelle der Bundesländer hat diesen Beschluss mit VSt‑4900/17 vom 1.10.2009 der Bundesregierung, z.H. Herrn Bundeskanzler Werner FAYMANN, mit dem Ersuchen um Berücksichtigung dieser Länderforderungen vorgetragen.
Mit Note vom 2.9.2010, VSt‑4900/34, wurde eine gemeinsame Länderstellungnahme zu Vorentwürfen betreffend Energie-Control-Gesetz und ElWOG 2010 dem Kabinett des Herrn Bundesministers übermittelt.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2010, BMWFJ-551.100/0063-IV/1/2010, wurde das Begutachtungsverfahren i.G. eingeleitet.
Dazu wird ausgeführt:
A) Allgemeines
1. Arbeitsgruppe
Die Länder bedauern, dass die im Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom 1. 10. 2009 geforderte Arbeitsgruppe nicht eingerichtet worden ist. In dieser Arbeitsgruppe hätten offene Fragen, insbesondere Kompetenzfragen in Gesetzgebung und Vollziehung (vgl. Art. 44 Abs. 2 und 102 B-VG), geklärt werden können.
2. Gesamtpaket
Ohne Kenntnis des Entwurfes des Gaswirtschaftsgesetzes kann das Energie-Control-Gesetz nicht ausreichend beurteilt werden. Ohne Gaswirtschaftsgesetz können die beiden Entwürfe nicht beschlossen werden.
3. Kosten:
Die Kosten für die regulierungsfremden Aufgaben (vgl. § 32 Abs. 1 E-ControlG) sind nicht dargestellt. Ein Vergleich der Kosten bei Ausgliederung und bei Vollzug durch die staatliche Verwaltung ist darzustellen. Auch die Kosten der Regulierungsbehörde (seit Gründung incl. Vorschau) sind darzustellen, zumal die Finanzierungsbeiträge Abgaben gleichzusetzen sind.
B) Energie-Control-Gesetz
a) Organisation, Organe
Es ist eine einzige Regulierungsbehörde auf nationaler Ebene einzurichten und ist nur ein „Organ“ mit Regulierungsaufgaben zu betrauen, die Regulierungskommission kann nicht gleichzeitig mit dem Vorstand mit Regulierungsaufgaben betraut werden. Der Vorstand ist wie der Aufsichtsrat von der Bundesregierung zu bestellen. Entscheidungen in Bescheidform sind in Dreiersenaten (vgl. Beschluss der Landeshauptleutekonferenz: Kollegialorgan), bestehend aus einem Juristen, einem Techniker und einem Betriebswirt, aus dem Personalstand der Regulierungsbehörde zu treffen.
b) Kompetenzen der Regulierungsbehörde
Der Regulierungsbehörde sind nur die zwingend von der Regulierungsbehörde zu vollziehenden Aufgaben zu übertragen (vgl. auch Art. 20 Abs. 2 B-VG und Gutachten Prof. Raschauer). Die Übertragung von regulierungsfremden, weisungsabhängigen Aufgaben (wie Ökostromgesetz, Energielenkungsgesetz, Förderungsverwaltung, Statistik) wird daher abgelehnt. Außerdem können diese Aufgaben von bereits bestehenden Behörden und Einrichtungen sparsamer wahrgenommen werden und sind Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Die Regulierungsbehörde kann nicht gleichzeitig weisungsfrei gestellt sein und weisungsabhängige Aufgaben wahrnehmen.
c) Rechtsschutz
Unter Hinweis auf Art. 37 Abs. 11, 12 und 17 bzw. Art. 41
Abs. 12, 16 und 17 der Binnenmarktrichtlinien und aus
Rechtsstaatsgründen wird die Schaffung der Möglichkeit der
Einbringung von ordentlichen Rechtsmitteln gegen alle Bescheidentscheidungen
der Regulierungsbehörde gefordert (vgl. Rechtssache
C-462/99 des EuGH).
d) Regulierungskommission
Die Regulierungskommission (besser Berufungskommission) ist bis zur Errichtung der Verwaltungsgerichte (vgl. Entwurf betreffend Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2010; Anlage: A. Bund, Z. 27) ausschließlich als Rechtsmittelbehörde einzurichten und organisatorisch von der Regulierungsbehörde zu trennen (vgl. derzeitige Rechtslage) und mit einem eigenen Geschäftsapparat auszustatten. Es ist vorzusehen, dass der Kommission außer einem Richter jedenfalls ein Jurist aus dem Verwaltungs- und Energiebereich angehört.
e) Sparsamkeit, Budget
Um die im o.a. Beschluss der Landeshauptleutekonferenz geforderte Sparsamkeit zu erreichen, ist für die Finanzgebarung eine effektive Aufsicht vorzusehen. Die Budgetplanung und der Jahresabschluss müssen der Kontrolle des Bundesministers und einer unmittelbaren parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Aus gleichen Gründen sind individuelle Gehaltsvereinbarungen durch ein transparentes Gehaltsschema zu ersetzen, bestehende innerhalb angemessener Frist anzupassen.
f) Finanzierung
Nicht die E-Control hat das Finanzierungsentgelt mit Bescheid vorzuschreiben, sondern aus Unabhängigkeits- und Kontrollerwägungen der Bundesminister.
g) Regulierungsbeirat
Dem Regulierungsbeirat haben auch die Vertreter der Länder anzugehören, vgl. § 20 Abs. 3.
h) Vorschlagsrecht
Angesichts der zahlreich geplanten Eingriffe in die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung ist den Ländern ein Vorschlagsrecht für die Besetzung eines Mitglieds des Vorstandes, zweier Mitglieder des Aufsichtsrats und zweier Mitglieder der Regulierungskommission einzuräumen.
C) ElWOG 2010
a) „Golden Plating“
Die Umsetzung hat sich auf das dritte Binnenmarktpaket zu beschränken („zwingende Mindestmaß“), dies betrifft insbesondere die §§ 19, 36, 48 Abs. 2, 50, 76 Abs. 3 und 4, 84, 88 Abs. 2, 3 und 6 sowie die EB zu § 42 Abs. 3 und 6.
b) Kompetenzen
Kompetenzverschiebungen dürfen nur vorgenommen werden, wenn dies aus zwingenden rechtlichen Gründen erforderlich ist. Insbesondere bei folgenden Bestimmungen ist die Verschiebung ohne Vorliegen zwingender rechtlicher Gründe vorgesehen: §§ 19, 23, 47, 69a, 76, 78, 81, 82, 84, 88 Abs. 4 bis 6.
c) Qualitätsstandards für Dienstleistungen
Die Festlegung von Qualitätsstandards durch Verordnung der Regulierungsbehörde (§ 19) steht in Konkurrenz zu den Grundsatzbestimmungen im § 17 Abs. 3 und wird abgelehnt.
d) Entflechtung der Verteilernetzbetreiber (§ 42 Abs. 3 und 6)
Die in den Erläuterungen enthaltenen Ausführungen über jene Tätigkeiten, die nicht mehr im vertikal integrierten Unternehmen erbracht werden dürfen (z.B. Rechtsabteilung, Buchhaltung, Personalabteilung, Call Center, IT-Dienstleistungen etc.), sowie über die Kennzeichen- und markenrechtlichen Erfordernisse sind weder durch den Gesetzestext noch EU-rechtlich gedeckt und führen zu ineffizienten und nicht vertretbaren Doppelgleisigkeiten. Sie sind daher ersatzlos zu streichen.
e) Erzeuger
Die Erzeuger sind aus Gründen des Wettbewerbs mit ausländischen Konkurrenten auch nicht mit Netzverlustentgelt, Netzbereitstellungsentgelt und Systemdienstleistungsentgelt zu belasten.
f) Feststellung der Kostenbasis, Zielvorgaben, Regulierungskonto
Für die Ermittlung der Zielvorgaben ist ein objektives Verfahren und deren bescheidmäßige Festlegung im Gesetz vorzusehen. Der Drittmarktvergleich wird als unsachlich abgelehnt. Das vom EU-Recht nicht geforderte Regulierungskonto widerspricht dem zwischen der ECG und den Netzbetreibern ausverhandelten Regulierungsmodell, es bietet weder für die Behörde noch für die Netzbenutzer einen Mehrwert und führt zu zusätzlichem Aufwand und wird daher in der derzeitigen Form abgelehnt. An Stelle dessen sollte ein Mechanismus zur raschen Anerkennung von Investitionen vorgesehen werden.
g) Nicht beeinflussbare Kosten
Als nicht beeinflussbare Kosten sind alle gesetzlich vorgegebenen Kosten aufzunehmen, wie z.B. Landesabgaben, die zur Finanzierung von Energieeffzienzmaßnahmen aufgewendet werden (vgl. Punkt 4 des LH-Beschlusses).
h) Parteistellung im Tarifierungsverfahren (§ 48 Abs. 2)
Die (neue) Einräumung einer Parteistellung für bestimmte Sozialpartner im Kostenfeststellungsverfahren wird mangels sachlich gerechtfertigter Gründe und aus datenschutz- sowie EU-rechtlichen Erwägungen abgelehnt; die Mitwirkung im Regulierungsbeirat genügt.
i) Beobachtungsaufgaben (§ 88 Abs. 2)
Beobachtungsaufgaben haben sich auf die Vorgaben der Richtlinien zu beschränken.
j) Zählpunktdatenbank („Plattform“ § 76 Abs. 1, 3 und 4)
Die Plattform ist zur Erreichung der dreiwöchigen Wechselfrist nicht notwendig. Es besteht eine latente Gefahr für die Datenschutzrechte der Netzbenutzer, die Finanzierung ist nicht gesichert, ein Verfahren zur Auswahl des Betreibers der Plattform fehlt und eine Deckung durch die Richtlinie ist nicht gegeben. Für die Kündigungsfristen sollte das KSchG Anwendung finden. Der stichtagsbezogene Wechsel zum jeweiligen Monatsbeginn soll beibehalten werden.
k) Sonderzivilrecht (§§ 19 Abs. 1, 76 Abs. 4, 82 Abs. 3 und 4)
Sonderzivilrecht ist zu vermeiden. Falls ein Anpassungsbedarf gesehen wird, so ist dieser in den bestehenden zivilrechtlichen Gesetzen vorzunehmen.
l) Verordnungsermächtigungen
Der Entwurf enthält zahlreiche, meist nicht ausreichend determinierte Verordnungsermächtigungen. Sofern diese Ermächtigungen nicht zum Vollzug zwingender Bestimmungen der Binnenmarktrichtlinie erforderlich sind (§§ 19 Abs. 1, 76 Abs. 3, 81 Abs. 4, 83 Abs. 2, 84 Abs. 4), werden sie abgelehnt.