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An das Bundesministerium |
Abteilungsmail ● v@bka.gv.at bearbeiter ● Herr Mag Dr Gerald EBERHARD Pers. E-mail ● gerald.eberhard@bka.gv.at Telefon ● 01/53115/2316 Ihr Zeichen ● BMI-LR1310/0003-III/1/2010 |
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für Inneres Herrengasse 7 mailto: bmi-III-1@bmi.gv.at |
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Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail |
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Betrifft: Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert wird (Budgetbegleitgesetz 2011-2014, ergänzender Beitrag des Bundesministeriums für Inneres);
Begutachtung; Stellungnahme
Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst – vorbehaltlich der primär vom do. Ressort in Beurteilung zu nehmenden Unionsrechtskonformität – wie folgt Stellung:
Nach § 11 Abs. 2 Z 4 NAG idgF darf einem Fremden ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte. Nach dem ersten Satz des § 11 Abs. 5 NAG idgF führt der Aufenthalt eines Fremden dann zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen.
Im vorgeschlagenen letzten Satz des § 11 Abs. 5 NAG wird nicht auf Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften, sondern auf Leistungen der öffentlichen Hand, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, abgestellt. In den Erläuterungen werden die Ausgleichzulage, das Kinderbetreuungsgeld und die Familienbeihilfe als Beispiele genannt. Der Begriff ist also offenbar weiter als jener der „Sozialhilfeleistungen“.
Damit stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit dieser Regelung mit der Richtlinie 2003/109/EG betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen. Der vorgeschlagene letzte Satz des § 11 Abs. 5 NAG soll zwar nur für Erstantragsteller gelten; als Erstantragsteller kommen aber wohl auch Personen in Betracht, die in einem anderen Mitgliedstaat langfristig aufenthaltsberechtigt sind, sodass Art. 15 Abs. 2 lit. a der genannten Richtlinie zur Anwendung kommt, der bei der Berechnung der Einkünfte nur die Ausnahme von „Sozialhilfeleistungen“ zulässt.
Für alle anderen als Erstantragsteller sollen nach dem Entwurf hingegen weiterhin nur „Sozialhilfeleistungen“ bei der Berechnung der Einkünfte unberücksichtigt bleiben; ein Anspruch auf Ausgleichszulage wäre daher – anders als nach § 51 Abs. 1 Z 2 in der Fassung des Entwurfs – auf die Einkünfte anzurechnen. Da eine Bevorzugung von Drittstaatsangehörigen gegenüber EWR-Bürgern wohl nicht zu rechtfertigen ist, sollte auch in § 11 Abs. 5 erster Satz NAG die Wendung „ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften“ durch die Wendung „ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen oder der Ausgleichszulage“ ersetzt werden.
Die vorgeschlagene Gleichbehandlung der Ausgleichszulage mit Sozialhilfeleistungen ist unionsrechtlich unter der Voraussetzung zulässig, dass es sich bei der Ausgleichszulage um eine Sozialhilfeleistung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/38/EG über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, handelt, wofür angesichts des „hybriden Charakters“ gute Gründe sprechen.
Da der vorliegende Gesetzesentwurf nur einen Artikel enthält, sollte die Artikelüberschrift – unter Berücksichtigung von Punkt 5.1. des Rundschreibens des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 14. Oktober 2010 zur Vorgangsweise bei der Vorbereitung eines Budgetbegleitgesetzes 2011-2014, GZ BKA-603.722/0001-V/2/2010, und der bereits übermittelten Beiträge des BMI zum Budgetbegleitgesetz 2011-2014 – statt „Artikel 1“ „Artikel X“ oder „Artikel X5“lauten.
Sub titulo „Ziele“ wäre (seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon) der Begriff „unionsrechtlichen“ dem (wenn auch im NAG idgF nach wie vor verankerten) Begriff „gemeinschaftsrechtlichen“ vorzuziehen.
Der Abschnitt „Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union“ hätte gemäß dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. März 2001, GZ BKA-600.824/0011-V/2/01, – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen – spezifischere Aussagen zu enthalten.
Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.
Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.
Entsprechend Punkt 5.5. des Rundschreibens des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 14. Oktober 2010 zur Vorgangsweise bei der Vorbereitung eines Budgetbegleitgesetzes 2011-2014 sind sonstige Ausführungen allgemeiner Art – auch solche zur Kompetenzgrundlage – in einen „Allgemeines“ überschriebenen Teil der Erläuterungen im Besonderen Teil aufzunehmen.
Der Begutachtungsentwurf sollte eine Textgegenüberstellung enthalten (Pkt. 91 der Legistischen Richtlinien 1979; Punkt 5.6. des Rundschreibens des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 14. Oktober 2010 zur Vorgangsweise bei der Vorbereitung eines Budgetbegleitgesetzes 2011-2014).
Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom
6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis
gebracht.
3. November 2010
Für den Bundeskanzler:
HESSE
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