An das

Bundeskanzleramt

Verfassungsdienst

 

Ballhausplatz 2

1014 Wien

 

ÖBB-Holding AG

 

Dr. Katharina Günther

Leiterin Konzernrecht

und Vorstandssekretariat

 

Tel. +43/1/93000/44090

Fax +43/1/93000/44091

E-Mail: katharina.guenther@oebb.at

1100 Wien, Clemens-Holzmeister-Straße 6

 

per E-Mail: v4@bka.gv.at

              cc: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

                                                                                                              Datum

                                                                                                              Wien, am 08.04.2011

 

Begutachtung BVG-Medienkooperation und Medienförderung

BKA-603.979/0001-V/4/2011

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

zu der im Betreff näher bezeichneten Angelegenheit ergeht folgende Stellungnahme des ÖBB-Konzerns:

 

Grundsätzlich sind die ÖBB als im öffentlichen Eigentum stehender Konzern der Transparenz verpflichtet. Andererseits sind Maßnahmen, die die Wettbewerbsposition der dem Gesetz Unterworfenen im Vergleich zum nationalen und internationalen Mitbewerb deutlich verschlechtern könnten, zu hinterfragen. Der Zugewinn an Transparenz sollte zumindest in einem verträglichen Verhältnis zu den erwartbaren Wettbewerbsnachteilen stehen.

 

  1. Das Gesetz ist in der vorliegenden Form weitgehend redundant zur bestehenden Veröffentlichungspraxis. Die Intention des Gesetzes ist durch bereits branchenbekannte und ohnehin öffentlich zugängliche Markterhebungen z.B. Focus abgedeckt (www.at.focusmr.com). Focus veröffentlicht monatlich die Bruttowerte sämtlicher Werbeaufträge und Werbeauftritte und gibt damit einen durchaus aussagekräftigen Überblick auch über die Werbe- und Kommunikationsauftritte der gem. §1(2) vorgesehenen Rechtsträger. Focus veröffentlicht Bruttowerte, mit denen aussagekräftig das Volumen festgestellt werden kann. Rückschlüsse auf das Nettovolumen sind durch die Erfahrungswerte der branchen- und mediengattungsüblichen Rabatte ohnehin möglich. Die Focus-Daten sind gegen Bestellung für jedermann zugänglich.
  2. Im Gegensatz zum Punkt „Alternativen“ des Vorblattes existiert daher bereits eine relevante Alternative, die eine einheitliche und umfassende Darstellung aller im BVG-MedKF definierten relevanten Aufträge ermöglicht. Sämtliche Förderungen sind ohnehin bei den diversen Förderungsgebern öffentlich.
  3. Die im Entwurf vorgesehene Veröffentlichung der Werbeaufträge bringt für die dem Gesetz unterworfenen Unternehmen Nachteile, weil damit wesentliche üblicherweise dem Geschäftsgeheimnis unterliegende Einkaufskonditionen für nicht dem Gesetz unterliegende Konkurrenzunternehmen im In- und Ausland detailliert einsichtig werden. Dies stellt jedenfalls eine Benachteiligung der dem Gesetz unterliegenden Unternehmen und Rechtsträger dar.
  4. Die durch Focus bestehende Transparenz ist nicht wettbewerbsverzerrend, weil diese Marktbeobachtung sämtliche Unternehmen (also auch Unternehmen, die nicht einem allfälligen Transparenzgesetz unterliegen) umfasst.
  5. Heutzutage ist Unternehmenskommunikation wesentlicher Teil der Strategie im Wettbewerb. Durch die Kombination der vorhandenen Focus-Daten mit den gemäß dem Gesetzesentwurf zu veröffentlichende Nettodaten sind darüber hinaus auch vertrauliche Vertragsdetails (Konditionenpolitik) für den Mitbewerb ersichtlich. Diese Tatsache ist übrigens auch für die betroffenen Medienunternehmen wettbewerbsnachteilig.
  6. Darüber hinaus könnte die Veröffentlichung von Nettodaten (also der Konditionen) die Vergabe von Medienaufträgen ausschließlich nach nachvollziehbaren Billigstkonditionen (günstigster Tausend-Kontakte-Preis) fördern. Für die betroffenen Unternehmen würde damit eine innovative und auf eigenem Wissensvorsprung (insbes. eigene vertrauliche Spezialstudien bezüglich Mediennutzung) beruhende Medienstrategie jedenfalls erschwert oder gar unmöglich gemacht werden. Der Gesetzesentwurf fördert auf diesem Wege die Bevorzugung der etablierten Massenmedien und könnte sich in Folge für die Medienvielfalt in Österreich als kontraproduktiv erweisen.
  7. Da die wünschenswerte Transparenz durch vorhandene Daten ohne Wettbewerbsverzerrung bereits gegeben ist, ergibt sich durch die vorliegende Gesetzesvorlage lediglich ein erhöhter Verwaltungsaufwand sowie eine Benachteiligung der betroffenen Unternehmen im Wettbewerb.
  8. Eine laufende konsolidierte Veröffentlichung der Focus-Daten (beispielsweise auf einer Website des Bundeskanzleramtes) würde diese bis dato brancheninternen Daten der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen und somit den Erfordernissen der Transparenz nachteilsfrei Rechnung tragen.

 

Es wird höflich um Berücksichtigung dieser Stellungnahme ersucht.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die ÖBB-Holding AG

 

Dr. Katharina Günther e.h.