Abs.:

GR Ing. Martin Litschauer

Gartenzeile 42

3842 Thaya

Martin.litschauer@gruene.at

 

 

 

An das
Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend
BMWFJ-IV/1
z.Hdn. Hrn Mag. Dr. Florian Haas
Schwarzenbergplatz 1
1015 Wien

 

Per mail an:

begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

post@IV1.bmwfj.gv.at

 

Betreff:  Stellungnahme zum  Entwurf eines Bundesgesetzes über die Förderung der Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energieträgern (Ökostromgesetz 2012 – ÖSG 2012)


Zur vorliegenden Novelle des Ökostromgesetzes nehme ich wie folgt Stellung:

-          Ziele des Gesetzes:
D
ie Erreichung der EU-Klimaschutzziele 20-20-20 wurden nicht in das Gesetz eingearbeitet, die muss dringend nachgeholt werden.

-          Lt. Gesetz werden lediglich 15 % Ökostromanteil bis 2015 angestrebt. Für die sichere Versorgung Österreichs ist jedoch nicht der Ökostromanteil sondern der gesamte Strommix ausschlaggebend. Aus diesem Grund sollte der Anteil Erneuerbarer Energie im Strommix als Ziel definiert werden. Hier ist eine 100%-Versorgung anzustreben und jedes absinken des Wasserkraftanteiles am Versorgermix durch eine Steigerung anderer Ökostromproduktion auszugleichen.

-          Im §4 (3) werden nicht einmal Ziele für die Nutzung der Photovoltaik gesetzt. Auch die Ziele für Wind liegen deutlich unter den technischen Möglichkeiten.

-           Grundsätzlich soll es keine Deckelung einer Technologie geben, solange nicht einer Versorgung durch 100% Erneuerbare Energie in Österreich erreicht ist.

-          Erreichung der Zielsetzung: 
Das Gesetz orientiert sich nicht an der Erreichung unserer Klimaschutzziele sondern begrenzt die mögliche Nutzung von Erneuerbaren Energien lediglich nach oben (Deckelung)!  So sieht das Gesetz keine Regelung für den Fall vor, dass Fördertöpfe (z.B. aufgrund zu niedriger Fördertarife) nicht ausgeschöpft werden, es gibt also keine „Deckelung nach unten“. Selbst ein völliger Ausbaustopp würde dem Gesetz entsprechen.
Österreich ist weit entfernt von der Erreichung seiner Klimaschutzziele. Im Strombereich bedeutet dies einerseits auch eine enorme Abhängigkeit von Energieimporten, die sich negativ auf die Handelsbilanz auswirken – und andererseits Strafzahlungen für das Nicht-Erreichen der Ziele. Aus wirtschaftlicher Sicht ist daher die Deckelung der Fördertarife abzulehnen. Die zu erwartenden Strompreiserhöhungen durch Ressourcenknappheit und Spekulationen sind weitaus höher, als die Mehrkosten für die KonsumentInnen durch den Wegfall des Förderdeckels!
Das Ökostromgesetz muss zumindest auf die Erreichung der Klimaschutz- und Atomausstiegsziele sowie auf den nationalen Aktionsplan zur Erreichung dieser Ziele Österreichs ausgerichtet sein! Realistisch gesehen muss die Deckelung der Förderung entfallen!

-          Umlagen / Fördermittel / Begriffe:

Die Verwendung des Begriffes „Fördermittel“ sorgt teilweise für Verwirrung, das es sich eigentlich um „Ökostrom-Umlagen“ handelt, die je nach Art der Erzeugen und damit ja nach Wert für die Volkswirtschaft unterschiedlich hoch pro kWh ausbezahlt, aber von der KonsumentInnen getragen wird. Allerdings sollte die Mittel für echte Ökostromanlagen und Effizienzsteigerungen getrennt werden. „Eine Ökostrompauschale“ sollte nicht für „KWK-Zuschläge“ verwendet werden.  Aus diesem Grund sollte die Aufbringung der „Fördermittel“ grundsätzlich überdacht werden. Die Regelung der Zählpunktpauschale sollte für Ökostrom gänzlich entfallen, stattdessen sollen die Mittel direkt aus dem Weiterverkauf des Stromes durch die Ökostrombilanzgruppe finanziert werden. Dabei könnte der Strom am Tag mit einem höheren Preis versehen werden, wenn der Anteil der Photovoltaik steigt bzw. Einspeisetarife für Ökostromanlagen geschaffen werden, die über Speichermöglichkeiten (z. B. Biogas) verfügen. Die Mittel für die KWK könnten weiterhin über (dann reduzierte) Zählpunktpauschalen eingehoben werden, wobei KonsumentInnen, die 100% Ökostrom (zertifiziert) beziehen, von dieser Pauschale befreit werden sollen.

Weiter ist anzudenken, dass die Energiesteuer für Ökostrom gesenkt wird, um eine diesen nach Auslaufen von Einspeisetarifen leichter vermarkten zu können.

 

-          Transparenz  
Die Umstellung der Deckelung („Kontingentierung) der Ökostromförderung auf das „kontrahierbare Einspeisetarifvolumen“ (also Förderung UND Strompreis) führt zu einer verzerrten Darstellung des tatsächlichen Mehraufwandes der Stromkunden für Ökostrom. Es ist unlogisch, dass den KonsumentInnen unter dem Titel „Ökostrompauschale“ auch Förderungen für fossile Kraft-Wärme-Koppelungen verrechnet werden. Die Verrechnung der Förderung als Pauschale, also relativ unabhängig vom Verbrauch, reduziert den Anreiz zum Stromsparen.
Das Ökostromgesetz muss  die transparente Darstellung der Zusatzkosten und des Zusatznutzen von Ökostrom gewährleisten.

-          Ausbau statt Reduktion!
Die Umstellung der Deckelung (Kontingentierung) auf das „kontrahierbare Einspeisetarifvolumen“ stoppt die Dynamik des Ökostromausbaus bei steigenden Marktpreisen.  
Steigende Marktpreise haben bisher dazu geführt, dass mit gleichbleibendem Fördervolumen (21 Mio /Jahr für den Neubau) ein deutlich stärkerer Ökostromausbau finanziert werden konnte. Durch die Systemänderung bei der Deckelung würde diese Dynamik wegfallen. Steigende Marktpreise  würden automatisch einen Rückgang des Fördervolumens bewirken, die geförderte Strommenge bliebe gleich.
Die versprochene „Aufstockung der Fördermittel für Neuanlagen“  auf € 30 Mio jährlich ist im Gesetz nicht festgeschrieben sondern errechnet sich aus dem „kontrahierbaren Einspeisetarifvolumen“ abzüglich des Marktpreises. Der angeführte Fördermittelbetrag ist  daher bereits jetzt überholt, da der Marktpreis lt. E-Control von € 51/MWh (1. Quartal 2011) auf € 60/MWh (2.Quartal 2011) gestiegen ist
Das Ökostromgesetz muss das Ziel verfolgen, Ökostrom bis zur Marktreife zu unterstützen.  Die Dynamik des Ökostromausbaus bei steigenden (Fossil- und Atomstrom)Markt­preisen darf nicht eingeschränkt werden!

-          Kostenwahrheit und Planungssicherheit
Um Ökostromanlagen errichten zu können, müssen diese kostendeckend betrieben werden können. Nur so ist Investitions- und Planungssicherheit gegeben. Dies ist auch in § 20(2) Zi 1 des Gesetzes festgehalten.

Der Entwurf sieht nun vor, die Tarife für Neuanlagen jährlich um 10 % zu senken, sofern keine neue Verordnung anderes festlegt. Bis zu 10% niedrigere Tarife sind auch für Anlagen vorgesehen, wenn „Kontingentmittel“ eines Jahres bereits zur Jahresmitte (anteilsmäßig) überbucht sind. Dieser massiven Tarifreduktion steht keine Kostenberechnung gegenüber. Dass der technische Fortschritt die Kosten in diesem Ausmaß senken könnte, ist insbesondere in Zeiten steigender Rohstoffpreise unrealistisch.
Zeitliche Verzögerungen (z.B. durch Bewilligungen) können damit leicht dazu führen, dass Projekte nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sind und daher (mitsamt den nicht unerheblichen Projektierungskosten) verworfen werden müssen.
Das Ökostromgesetz muss den Ausbau der Erneuerbaren Energien als Alternative zu Atom- und Fossilstrom gewährleisten! Die Tarife haben der Kostenwahrheit zu entsprechen und Degressionen sind nicht willkürlich zu verordnen. Zur Erhöhung der Planungssicherheit muss der Tarif zum Zeitpunkt der Antragsstellung – nicht zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Geltung kommen.

-          Abbau der Warteschlangen bei Windkraft, Photovoltaik und Wasserkraft:
Die Rahmenbedingungen für Ökostrombetreiber waren im Zeitraum 2006-2008 unzumutbar, was zu einem Ausbaustopp in dieser Zeit geführt hat. Nach der Ökostromnovelle 2008 kam es daher bald zu einem „Rückstau“ an EE-Projekten, die jahrelang auf ihre Verwirklichung gewartet haben.
Nun soll dieser Rückstau abgebaut werden, indem den Ökostrombetreibern Verträge mit stark reduziertem Einspeisetarif angeboten werden (Photovoltaik – 30 %, Windkraft – 5 %).
Der Abbau der Warteschlange wird daher in erster Linie dadurch entstehen, dass Ökostrom-Projekte verworfen werden, weil sie unter den neuen Rahmenbedingungen nicht durchführbar sind. Teure Investitionen in die Projektentwicklung werden damit endgültig vernichtet.
Der Abbau der Warteschlangen muss durch eine einmalige Bezuschussung des Systems erfolgen! Im Sinne einer Planungs- und Investitionssicherheit ist eine nachträgliche Tarifsenkung  nicht tragbar.

-          Altanlagen:
Die kurze Förderlaufzeit (10 Jahre) für Altanlagen (Errichtung vor 2003) führt vielfach zu finanziellen Problemen der Betreiber. Hier sollte das Ökostromgesetz eine Lösung bieten, die einen Weiterbetrieb dieser Anlagen ermöglicht – d.h. Verlängerung der Förderlaufzeit auf 20 Jahre.

 

Generell sollte eine Längere Einspeisetariflaufzeit angestrebt werden, dies erhöht die Planungssicherheit und bietet auch die Chance die Einspeistarife zu optimieren.  

 

 

-          Photvoltaik:
Im Ökostromgesetz sind Einspeisetarife für Photovoltaikanlagen erst aber einer Leistung von >5kWp vorgesehen. Es zeigt sich, dass die Investitionsförderungen sehr viel Unsicherheit schaffen und damit unnötiger Planungsaufwand für die Angebotsleger entsteht. Viele Förderansuchen müssen mangels Mittel außerdem abgelehnt werden. Für einen kontinuierlichen Ausbau der Photovoltaik braucht es einen planbaren Markt und planbare Rahmenbedingen. Aus diesem Grund soll es keine Mindestleistung für Photovoltaikanlagen geben, die 5kWp-Regelung ist daher aus dem Gesetz zu entfernen.

 

-          Effizienz:
Im §4(1) wird unter 3. die energieeffiziente Ökostromproduktion gefordert. Eine Energieeffiziente Stromproduktion sollte aber von allen Energieträgern gefordert werden. Es ist nicht einzusehen, dass Strom in Kraftwerken erzeugt wird, welche die Abwärme in die Umwelt ableiten, wenn diese nicht benötigt wird. Energieeffizienz muss für alle Kraftwerkstypen gleichermaßen gelten und deshalb sollte bei Verbrennungskraftwerken die Abwärmenutzung mit einem Gesamtwirkungsgrad vorgegeben werden. Dies bedeutet, dass Kraftwerke mit Wärme-Kraft-Kopplungen  nach dem Abwärmebedarf geregelt werden müssen.

 

Der Begriff Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist im Übrigen falsch benutzt, da in den Kraftwerken nicht Strom (Kraft) in Wärme, sondern Wärme in Strom umgesetzt wird. Die Physikalische Betrachtung macht klar, dass es bei der Stromgewinnung aus Wärme daher Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) heißen muss.

Es ist absolut unverständlich, warum z.B. diverse Autofahrerclubs oder die Architektenkammer zur  Abgabe einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf eingeladen wurden, nicht aber die  Interessensver­tretungen der Ökostromwirtschaft und diverse Umweltschutzorganisationen. Für mich ist dies ein Zeichen dafür, dass durch diese Novelle der Ökostromausbau nicht forciert, sondern eingeschränkt werden soll.