An das

Bundesministerium für

Verkehr, Innovation und Technologie

 

Radetzkystr. 2

1030 Wien

 

 

ÖBB-Holding AG

 

Dr. Katharina Günther

Leiterin Konzernrecht

und Vorstandssekretariat

 

Tel. +43/1/93000/44090

Fax +43/1/93000/44091

E-Mail: katharina.guenther@oebb.at

1100 Wien, Clemens-Holzmeister-Straße 6

 

per E-Mail:     Sch1@bmvit.gv.at

cc:                   schienenbahnen@wko.at

                                    Ernst.Pollak@wkw.at

                                                                                                              Datum

                                                                                                              Wien, am 20.07.2011

 

Entwurf einer Novelle des Eisenbahngesetzes 1957

Begutachtungsverfahren

GZ. BMVIT-210.501/0006-IV/SCH1/2011

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

zum übermittelten Entwurf einer Novelle des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG) ergeht innerhalb offener Frist von seitens des ÖBB-Konzerns nachfolgende Stellungnahme:

 

Allgemeine Bemerkungen

Bedarf nach einer Neukodifikation

Seitens des ÖBB-Konzerns wird der vorliegende Entwurf grundsätzlich begrüßt, zumal er Anpassungen an die Praxis und Verbesserungen mit sich bringt. Insbesondere die Umsetzung der einschlägigen unionsrechtlichen Vorgaben ist erforderlich.

 

Allerdings ist anzumerken, dass mit Ergänzungen und Modifikationen des überkommenen Textkörpers des EisbG eine strukturell befriedigende und nachhaltige Anpassung an die unionsrechtlichen Vorgaben (insbes. Marktöffnung, Interoperabilität, Sicherheit) nicht erreicht werden kann. Mittelfristig wäre eine umfassende Neukodifikation auf der Grundlage der unionsrechtlichen Prinzipien und Vorgaben wünschenswert, in deren Redaktion die Eisenbahnunternehmen dringend einzubinden wären.

 

Zertifizierung von Instandhaltungsstellen

Die Definition der Instandhaltungsstelle (§§ 113 ff), ihrer Aufgaben und Zuständigkeiten sind in der Novelle zum EisbG klar und eindeutig geregelt. Dies gilt auch für die Zertifizierung der Instandhaltungsstellen für Güterwagen.

Durch die Beschränkung der verpflichtenden Zertifizierung von Instandhaltungsstellen für Güterwagen ergibt sich jedoch für alle anderen Fahrzeugarten eine unklare Situation. Es wird nicht geregelt, unter welchen Umständen hier Instandhaltungsstellen geeignet sind.

Im Sinne einer umfassenden, transparenten und praktikablen Regelung wären einheitliche Vorgaben für alle Fahrzeugtypen zu bevorzugen. Dies könnte dazu beitragen, dass die Rolle der Instandhaltungsstellen und ihre Verantwortung klarer definiert und betont werden.

Noch größer ist der Bedarf an einer eindeutigen Regelung für Werkstätten. Der Verordnung 445/2011/EU kann zwar entnommen werden, dass für Werkstätten ein Zertifizierungssystem – ähnlich dem für ECM – empfohlen wird. Dieses sollte auch verpflichtend vorgeschrieben werden.

Aus Sicht der ÖBB ist der vorliegende Entwurf daher zu ergänzen um:

-   Bestimmungen, dass alle Instandhaltungsstellen für Schienenfahrzeuge zertifiziert sein müssen,

-   Bestimmungen und Regelungen für die Zertifizierung von Werkstätten,

 

Gebührenbefreiung für Infrastrukturnutzungsverträge

Es besteht derzeit hinsichtlich der Infrastrukturnutzungsverträge und ihrer gebührenrechtlichen Beurteilung eine gewisse Rechtsunsicherheit bzw. liegt eine explizite gesetzliche Regelung hierzu nicht vor. Wir regen daher eine gesetzliche Klarstellung im Rahmen des Eisenbahngesetzes an. Es wird vorgeschlagen, § 70a EisbG mit einem Abs 4 zu ergänzen, der lautet wie folgt:

(4) Schriftliche Verträge nach Abs. 1 und 2 unterliegen nicht den Rechtsgeschäftsgebühren nach dem Gebührengesetz 1957.

 

Begriffliche Konsistenz zwischen EisbG und RL 2008/57/EU

Da der Entwurf hinsichtlich der Typen von Bauführungen in § 36 Abs 1 Z 1 und 2 weiterhin keine Änderung bringt (der Normtext enthält unverändert die auf den Urtext des EisbG rückführbaren Begrifflichkeiten „Neu-, Erweiterungs-, Erneuerungs- und Umbauten“), muss davon ausgegangen werden, dass der normative Gehalt der auch in diesem Zusammenhang gebrauchten Begriffe „umfangreiche Arbeiten“ iVm „Steigerung der Gesamtleistung“ nicht identisch mit den wortgleichen Formulierungen in §§ 90 und 91 ist, welche eindeutig aus den Definitionen der RL 2008/57EG übernommen sind. Nur wenn das Regime der genehmigungsfreien Vorhaben konsistent auf die begriffliche Einteilung in Neubauten, Umrüstungen und Erneuerungen rückführbar ist, können auch die Kriterien der Genehmigungsfreiheit konsistent an die Begrifflichkeiten der Richtlinie (Art 2 lit m und n) geknüpft werden.

 

 

Betriebseinstellungen in Verbindung mit den Schienennetznutzungsbedingungen

Es darf angemerkt werden, dass ein gewisser Wertungswiderspruch zwischen § 28 EisbG und den einschlägigen Bestimmungen betreffend Trassenvergaben besteht.  Gemäß § 28 EisbG ist neben der Durchführung einer erfolglosen Interessentensuche Bewilligungsvoraussetzung der dauernden Betriebseinstellung lediglich, dass die Weiterführung des Betriebs wirtschaftlich unzumutbar ist. Bis zur behördlich erteilten Bewilligung der dauernden Betriebseinstellung besteht sowohl gemäß § 19 Abs 1 EisbG als auch § 31 Bundesbahngesetz (BBG) eine Betriebspflicht der ÖBB-Infrastruktur AG. Bevor nicht die dauernde Einstellung des Betriebs gemäß § 28 EisbG bescheidmäßig bewilligt ist, ist somit auf Basis der derzeitigen Rechtslage davon auszugehen, dass diese Strecke in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen (SNNB) bzw. deren Beilagen anzubieten ist. Die SNNB bzw. deren Beilagen sind für die kommende Netzfahrplanperiode jedoch jeweils im Jänner des dieser Netzfahrplanperiode vorangehenden Kalenderjahres zu veröffentlichen. Trassenzuweisungsbegehren erfolgen auf Basis dieser Dokumente. Sollte eine Ablehnung von Trassenzuweisungsbegehren vor Antragstellung gemäß § 28 EisbG mit der Begründung, dass eine Beantragung einer dauernden Betriebseinstellung beabsichtigt ist, nicht zulässig sein, könnte dies zur Folge haben, dass die Weiterführung eines wirtschaftlich unzumutbaren Betriebs zwecks Vermeidung zivilrechtlicher Haftungen aus dem Titel der Trassenvergabe um nahezu weitere 2 Jahre zu erfolgen hätte (zB waren die SNNB für den Jahresfahrplan 2012 im Jänner 2011 zu veröffentlichen - ab Jänner 2011 wäre sodann eine bescheidmäßig bewilligte Betriebseinstellung gemäß § 28 EisbG erst mit Fahrplanwechsel 2012/2013 möglich). Dies widerspricht jedoch dem Telos von § 28 EisbG, wonach bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit der Weiterführung des Betriebs die dauernde Betriebseinstellung zu bewilligen ist. Überdies würde eine derart große Vorlaufzeit für etwaige potentielle Nachnutzungen für betriebseingestellte Strecken bzw Streckenteile eine oftmals unzumutbare Wartezeit dar

Zwecks Vermeidung einer derartigen dem Telos des § 28 EisbG widerstreitenden Interpretation wird somit eine legistische Klarstellung dahingehend gefordert, wonach Strecken bzw Streckenteile, deren dauernde Betriebseinstellung vom Eisenbahnunternehmen beabsichtigt ist, nicht in den SNNB bzw deren Beilagen aufzunehmen sind, diesfalls jedoch seitens des Eisenbahnunternehmens binnen der jeweiligen Netzfahrplanperiode ein Antrag auf Bewilligung der dauernden Betriebseinstellung zu stellen ist, widrigenfalls diese Strecke bzw. dieser Streckenteil für die nächste Netzfahrplanperiode wieder in die SNNB aufzunehmen ist.

 

Priorisierungsregeln:

Derzeit besteht zu den §§ 65 Abs 2, 65c EisbG Rechtsunsicherheit hinsichtlich der in den SNNB aufzunehmenden Vorrangregeln für die Trassenzuweisung im Falle von Konflikten zwischen Trassenbegehren.

Die Rechtslage sollte bereinigt werden und in diesem Sinne wird die Aufnahme nachfolgender Prioritätenreihung in das EisbG vorgeschlagen: 

1.         Trasse innerhalb einer rahmenvertraglich vereinbarten Kapazitätsbandbreite

Begründung: Vertraglich bereits vereinbarte Trassenzuweisung muss allen anderen vorgehen; in diesem Sinne müssen rahmenvertraglich vereinbarte Trassen (innerhalb der vertraglich zugesicherten Parameter) Vorrang genießen, da ansonsten Rahmenverträge sinnlos wären und Schadenersatz aus rechtswidrigem Verhalten droht.

2.         Trasse welche zwischen Infrastrukturbetreibern gemäß § 65 (2) EisbG im Voraus festgelegt worden ist.

Begründung: Grenzüberschreitende Zugtrassen haben aufgrund des erhöhten Abstimmungsbedarfes besonders lange Vorlaufzeiten und genießen daher in der Praxis entsprechenden Vorrang bei der Netzfahrplanerstellung. 

Zur derzeitigen Rechtslage ist anzumerken, dass in der Reihung der Bestimmungen im EisbG § 65 Abs 2 noch vor § 65c steht, woraus systematisch abzuleiten ist, dass § 65 die Grundlage bildet, auf die § 65c aufbaut. Die bloße Anwendung von § 65c (Güterverkehr ist immer prioritär) widerspricht § 65 Abs 2 und führt zum nicht wünschenswerten Schluss, dass regionaler Güterverkehr international bereits seit langem zugesicherten Personenverkehrs-Trassen jedenfalls vorgeht.

3.         Zugtrasse zur Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen in den Hauptverkehrszeiten gemäß § 65c EisbG

Begründung: aus dem Wortlaut von § 65c Abs 3, Vorrang für Eisenbahnverkehrsleistungen, die einen höheren gesellschaftlichen Nutzen bewirken

4.         Zugtrasse nach Höhe des gesellschaftlichen Nutzens der ihnen zugrunde liegenden Eisenbahnverkehrsleistungen gemäß §§ 64a und 65c EisbG: Güterverkehrleistungen, insbesondere grenzüberschreitenden Güterverkehrsleistungen, wird dabei ein höherer gesellschaftlicher Nutzen als Personenverkehrleistungen eingeräumt

Begründung: aus dem Wortlaut von § 65c Abs 3, Vorrang für Eisenbahnverkehrsleistungen, die einen höheren gesellschaftlichen Nutzen bewirken

Eine Klarstellung im EisbG, dass § 65 Abs 2 die höhere Priorität zukommt als § 65c Abs 3 wird daher als unbedingt erforderlich erachtet.

Vor dem Hintergrund der voraussichtlichen Betriebsaufnahme von Neubaustrecken / Hochleistungsstrecken mit Fahrplanwechsel 2012/2013, für welche parallelführende Bestandsstrecken als Alternativstrecken weiterhin vorhanden sein werden, ist es zielführend, die gemeinschaftsrechtlich vorgesehene Möglichkeit der Widmung dieser Strecken für bestimmte Arten von Verkehrsdiensten in das EisbG aufzunehmen. (Artikel 24 der RL 2001/14 über „besondere Fahrwege“ wurde bislang nicht in die nationale Gesetzgebung aufgenommen).

Begründung: mit der Umsetzung dieser Regelung in das EisbG kann gemäß der Zweckentsprechung von Neubaustrecken, die für Hochgeschwindigkeitsverkehre ausgelegt sind, schnellfahrenden Züge vor anderen Zügen Vorrang eingeräumt werden.

 

Besonderer Teil

Zu § 21c Abs 4:

Die Aufnahme einer Regelung zur Sicherstellung der Qualität von Schulungseinrichtungen im Eisenbahnsektor begrüßt. Allerdings stellt sich die Frage, wie bei Ausbildungseinrichtungen, welche nicht den Sicherheitsbestimmungen für Eisenbahnunternehmen unterliegen (wiederkehrende Sicherheitsüberprüfung, ein Sicherheitsmanagementsystem bzw. die Bestellung eines für die Sicherheit und Ordnung verantwortlichen Eisenbahnbetriebsleiters) die dauerhafte Sicherstellung des Qualitätsniveaus gewährleistet wird. Insofern wird eine regelmäßige Re-Evaluierung durch ein Sicherheitsmanagementsystem oder mittels einer Befristung der Genehmigung (insbesondere für Nicht-Eisenbahnunternehmen) als unabdingbare Voraussetzung für gleiche Bedingungen im Wettbewerb einerseits und zur Aufrechterhaltung eines gleichwertigen Sicherheitsniveaus von Eisenbahnbetriebsbediensteten verschiedener Eisenbahnunternehmen andererseits betrachtet.

 

Zu § 28 Abs 4:

Derzeitige Praxis ist, dass die Interessentensuche binnen eines Zeitraums von zwei Wochen durchgeführt wird. Eine dreimonatige Interessentensuche würde zu einer empfindlichen Verfahrensverzögerung führen. Für die Dauer dieser verlängerten Verfahrensdauer könnten auch kostenintensive Instandhaltungsmaßnahmen aufgrund von § 19 EisbG erforderlich sein. Im Sinne der bisherigen Praxis wird angeregt, die bisherige Textierung beizubehalten.

Für den Fall, dass die bisherige Textierung nicht beibehalten wird, sollte anstelle einer Mindestfrist eine absolute Frist normiert werden. Hierdurch wäre eine einheitliche und normativ transparente Rechtsanwendung gewährleistet.

Eine absolute Frist von drei Monaten erscheint im Hinblick auf eine zügige Abarbeitung von dauernd einzustellenden Strecken jedoch jedenfalls als zu lange.

 

Abweichende Stellungnahme der Rail Cargo Austria AG (RCA):

Die langen Vorlaufzeiten berücksichtigend, die ein Infrastrukturbetreiber benötigt, um die wirtschaftlichen und technischen Möglichkeiten einer ausgeschriebenen Strecke zu beurteilen, scheinen der RCA die drei Monate eher zu kurz, bestenfalls und unter Berücksichtigung des deutschen Vorbildes aber als gerade noch tragbarer Kompromiss. Mit einer Verkürzung ist die RCA nicht einverstanden.

 

 

Für den Fall, dass für die Durchführung der Interessentensuche tatsächlich eine Frist normiert werden sollte, wäre für die beim Inkrafttreten dieser Novelle bereits anhängigen Betriebseinstellungsverfahren jedenfalls eine Übergangsbestimmung vorzusehen. Für diese Verfahren sollte weiterhin die Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle gelten. Eine derartige Übergangsbestimmung für bereits anhängige Verfahren entspricht auch der legistischen Praxis.

 

Zu § 29 Abs 1:

Den Materialen zu vorliegendem Novellierungsentwurf ist zu entnehmen, dass durch die vorliegende Textierung eine eisenbahnaffine Nachnutzung, zB als Anschlussbahn, von dauernd betriebseingestellten Strecken ermöglicht werden sollte. Da eine derartige Nachnutzung bereits auf Basis der bisherigen Rechtslage möglich ist, erscheint eine Novellierung von § 29 Abs 1 nicht erforderlich. Nach bisheriger Rechtslage wäre diesfalls die Auflassung der dauernd betriebseingestellten Strecke gemäß §29 EisbG die Nachnutzung als Anschlussbahn, wobei selbstverständlich ist, dass hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen. Da der von der Novelle beabsichtigte Zweck bereits auf Basis der bisherigen Rechtslage erreicht werden kann, wird angeregt, die bisherige Textierung unverändert beizubehalten.

 

Aus Gründen der Rechtssicherheit wird angeregt, die bisherige Textierung unverändert beizubehalten. Die Textierung des vorliegenden Entwurfs würde in der Praxis zumindest teilweise (zB bei einer Nachnutzung als Draisinenbetrieb nach den VeranstaltungsG des jeweiligen Landes) zu Unklarheiten führen, ob ein gesondertes Auflassungsverfahren erforderlich ist.

 

Zu § 29 Abs 4:

Diese Bestimmung wird unsererseits derart interpretiert, dass – insoweit im Auflassungsverfahren keine Beseitigung aufgetragen wird – für den unveränderten Weiterbestand von Objekten bzw Bauwerken keine nachträglichen behördlichen Bewilligungen nach sonstigen Materiengesetzen erforderlich sind. Sollte diese Interpretation unzutreffend sein, wird angeregt, die dahingehende Textierung im Sinne der vorherigen Ausführungen zu adaptieren

Für den Fall, dass Abs 1 in der geltenden Fassung unverändert beibehalten werden sollte, wird angeregt, für eine Nachnutzung als nicht-öffentliche Eisenbahn eine Ausnahmebestimmung aufzunehmen, wonach die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung nicht erlischt.

 

Zu § 30 Abs 3:

Identitätsfeststellung  bedeutet Übernahme von polizeilichen Agenden. Das Eisenbahnaufsichtsorgan ist zwar zur Identitätsfeststellung berechtigt, hat aber keine Handhabe, falls die betreffende Person die erforderlichen Auskünfte verweigert. Die Exekutive sollte daher nicht aus ihrer Verpflichtung zur Identitätsfeststellung entlassen werden. Die Polizei hat einzuschreiten und mitzuhelfen, falls jemand die erforderlichen Auskünfte zur Identitätsfeststellung verweigert.

In diesem Zusammenhang fehlt aber immer noch die wichtige „Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über den Schutz von Eisenbahnanlagen und in Schienenfahrzeugen (Eisenbahnschutzvorschriften – EisbSV)“ welche insbesondere auch Verhaltensanordnungen für die Fahrgäste enthält.

Im Hinblick auf die in der Praxis gegebenen tatsächlichen Hindernisse und Beschränkungen ist eine Beamtshandlung von eisenbahnfremden Personen schon bislang faktisch nur unter Beiziehung von Organen der Sicherheitspolizei möglich gewesen. Eine Erweiterung des Befugnisumfanges entspricht somit nicht der Rechtswirklichkeit und hat somit abgelehnt zu werden.

 

Zu § 30a:

In § 30a Abs 2 Z 4 wird die Terminologie der nicht-eisenbahnspezifischen Richtlinie 98/82/EG übernommen, ohne dass der gemeinschaftsrechtliche Gehalt des dort verwendeten Begriffes „Verschiebebahnhof“ adäquat auf die Begrifflichkeiten des österreichischen Eisenbahnwesens umgelegt wurde. Diesem Erfordernis ist mit der Verwendung des Begriffes „Betriebsstelle“ viel eher Rechnung getragen, zumal alle Ladevorgänge im Sinne der Vorgaben zur Betriebssicherheit in gleicher Weise sicher und nach dem Stand der Technik abzuwickeln sind. Für die zur Umsetzung dieser neuen Bestimmung erforderlichen Maßnahmen wird unabhängig davon eine angemessene Umsetzungsfrist von zumindest 3 Jahren vorzusehen sein.

 

Zu § 39c:

§ 39 EisbG weist in der geltenden Fassung keinen Abs 1 auf. Dies ist redaktionell richtig zu stellen.

Überdies steht die beabsichtigte Fassung in Widerspruch zu den Akkreditierungsregeln:

In Österreich erfolgt die Akkreditierung durch das BMWFJ unter Anwendung der EN ISO/IEC 17021. Daraus folgt:

-    Die Gültigkeit eines ausgestellten Zertifikates ist auf drei Jahre beschränkt (Laut Entwurf wären es fünf Jahre)

-       Ein auf fünf Jahre ausgestelltes Zertifikat unterläge auch nicht der Kontrolle durch das BMWFJ

Seitens des BMWFJ wurde auch die Auffassung vertreten, dass Bestimmungen, wie sie in §§ 38a und 39b enthalten sind, kein zertifizierungsfähiges Managementsystem regeln. Die von BMVIT und BMWFJ erstellten Ergänzungen zum Leitfaden L08 („Allgemeine Anforderungen an Stellen, die Qualitätsmanagementsysteme von Eisenbahnunternehmen begutachten und zertifizieren“) weisen darauf hin, dass die Anforderungen des Sicherheitsmanagementsystems in ein Qualitätsmanagementsystem zu integrieren sind. So wird zB auch das Zertifikat der ÖBB-Technische Services-GmbH ausgestellt.

In der derzeit gültigen Fassung des § 39c EisbG muss die Zertifizierungsstelle „zur Zertifizierung von Qualitäts- und Sicherheitsmanagementsystemen akkreditiert“ sein. Im Entwurf ist nur von einer „hiezu befugten Zertifizierungsstelle“ die Rede; Hier kann interpretiert werden, dass jede Zertifizierungsstelle das Sicherheitsmanagementsystem zertifizieren könnte. Dies sollte präzisiert werden.

 

Zu §§ 71 Abs 3, 72 Abs 1:

Die Textierung des vorliegenden Entwurfs setzt zwingende gemeinschaftsrechtliche Fristvorgaben um und wird grundsätzlich zustimmend zur Kenntnis genommen.

Bezüglich der Entscheidungsfrist für Service-, Zusatz-, sonstige Leistungen ist zusätzlich anzumerken, dass diese für Ad-hoc Trassen, welche innerhalb von fünf Arbeitstagen zugewiesen oder abgelehnt werden müssen, zu lang bemessen ist. Es wird darum vorgeschlagen, um die als erforderlich erachtete Übereinstimmung zu erzielen, folgenden Text im Abs 3 (anstelle des 2. und 3. Satzes) einzufügen:

„Alle anderen Begehren auf Zuweisung von Zugtrassen und Begehren auf Zurverfügungstellung sonstiger Leistungen eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens sind von der Zuweisungsstelle ohne unnötigen Aufschub, jedenfalls aber innerhalb von fünf Arbeitstagen, zu entscheiden.

An Eisenbahnverkehrsunternehmen gerichtete Begehren auf Zurverfügungstellung von Serviceleistungen und der Zusatzleistung Durchführung von Verschubbetrieb sind vom Eisenbahnverkehrsunternehmen ohne unnötigen Aufschub, jedenfalls aber innerhalb von fünf Arbeitstagen, zu entscheiden.“

 

Abweichende Stellungnahme der RCA:

Zusatzleistungen, z.B. im Verschubbereich oder in Terminals, sind meist keine Standardleistungen (wie die Konstruktion einer Zugtrasse…), sondern müssen Standort für Standort und je nach angefragtem Leistungsumfang einzeln geprüft (Verfügbarkeit TFZ/Verschub/Gleise…), abgestimmt und der Preis festgelegt (durch RCA Marktbereiche) werden.

Bei Umsetzen der 5-Tage-Frist für die Beantwortung von Anfragen für Zusatzleistungen ist mit einer massiven Steigerung an Ablehnungen (Frist für die Antwort muss eingehalten werden) zu rechnen.

Daher wird die 5-Tage-Frist betreffend die Serviceleistungen und die Zusatzleistung Verschub von Seiten der RCA abgelehnt.

 

Zu § 78a Abs 4:

Der eingefügte Absatz vermeidet – wie die Erläuterungen richtig ausführen – den Erhebungsaufwand bei der Schienen-Control GmbH (SCG), nicht aber bei den Eisenbahnunternehmen. Hier werden wiederum Kräfte gebunden, die „auf Abruf“ der SCG Auskünfte über Kundenzufriedenheit erteilen müssen. Gegen ein solches Vorgehen sprechen aber gewichtige Argumente:

 (a) Kundenzufriedenheit als Wettbewerbsdifferenzierung

Die Kundenzufriedenheit eines Eisenbahnunternehmens, alle zur Feststellung und Optimierung derselben getroffenen Analysen, Methoden sowie Maßnahmen, stellen in einem liberalisierten Wettbewerbsumfeld unternehmensinterne und unternehmensfinanzierte Informationen und KnowHow dar und können als Instrument der Wettbewerbsdifferenzierung angesehen werden.

Eine zwingende Bereitstellung an Dritte (an die Schienen-Control GmbH, deren Bedeutung für funktionierende Schienenverkehrsmärkte unbestritten und hoch ist, bzw. im weiteren im Jahresbericht) ist auch unter der Prämisse einer marktbeherrschenden Stellung zu hinterfragen. Nicht zuletzt können diese Daten auch eine unerwünschte Informationsbasis für Wettbewerber bilden.

 

 (b) Fehlende Präzisierung des Informationsumfangs

Weder Inhalt noch Tiefe der erforderlichen Auskunftserteilung sind hinreichend definiert bzw. abgegrenzt („es geht um dem Eisenbahnunternehmen bekannte Daten, um einen zusätzlichen Erhebungsaufwand zu vermeiden“). Es wird um entsprechende Präzisierung ersucht.

 

 (c) Datenschutz, Datenweitergabe

Weiters ist zu gewärtigen, dass bei Kundenzufriedenheitsanalysen die Daten und Informationen externer Kunden von Eisenbahnunternehmen für unternehmensinterne Zwecke verarbeitet werden. Gegenständliche Auskunftspflicht ist auch unter der Rahmenbedingung von Datenschutz bzw. Datenweitergabe sehr intensiv zu prüfen.

Abschließend wird angemerkt, dass Informationen aus Kundenzufriedenheitsstudien oftmals weitergehender Interpretationen bedürfen, da abhängig zB vom Befragungszeitraum, entsprechende Einflüsse zu beachten sind (Praxisbeispiel: Befragung bei Hochkonjunktur bzw. rückläufiger Konjunktur).

Zusammenfassend erscheint die Absicht „zur Minimierung von Erhebungsaufwand“ eine verpflichtende Daten-Bereitstellung von Eisenbahnunternehmen zu verlangen, insbesondere unter der Rahmenbedingung und Intention „liberalisiertes Wettbewerbsumfeld“, in dieser Form nicht zweckmäßig und wird daher abgelehnt.

Sollte unserem Ansinnen nicht nachgekommen werden, schlagen wir die Veränderung dieser Bestimmung folgendermaßen vor:

„Eisenbahnunternehmen haben der Schienen-Control GmbH auf deren Verlangen Auskünfte über die Kundenzufriedenheit zu erteilen, wobei den Eisenbahnunternehmen aus dem Auskunftsbegehren keine unbillige Wirtschaftserschwernis entstehen darf.“

 

Zu § 86:

§ 86 Abs 2 Z 1 lit c und Z 2 lit c decken den Regelungsumfang nicht entsprechend den Vorgaben des Art 1 Z 3 lit a der Richtlinie 2008/57/EG ab: Während § 86 Abs 2 Z 1 lit c des vorliegenden Entwurfs von Systemen ausgeht, die lediglich vornehmlich für den Regionalverkehr ausgelegt sind, spricht die einschlägige Bestimmung der vorgenannten Richtlinie ausdrücklich von Regionalbahnsystemen (Light Rail). Die gegenständliche Formulierung lässt im Vergleich zur gemeinschaftsrechtlichen Bestimmung eine weiträumigere Ausnahmemöglichkeit zu.

Daher sollte - auch zur Förderung des Schienenverkehrsmarktes - jedenfalls, in den §§ 86 Abs 2 Z 1 lit c und 86 Abs 2 Z 2 lit c das Wort „vornehmlich“ durch das Wort „ausschließlich“ ersetzt werden.

 

Zu § 86 Abs 2 Z 1 lit b:

Die Möglichkeit, Strecken von der Anwendung der Interoperabilitätsbestimmungen auszunehmen, sollte aus Sicht der Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht zu sehr der Willkür von Betreibern von Nebenbahnen ausgesetzt sein.

Die Ausnahmemöglichkeit hinsichtlich funktional von Haupt oder anderen Nebenbahnen getrennter Nebenbahnen sollte daher in den erläuternden Bemerkungen hinsichtlich des Begriffes “funktional“ anhand von Beispielen klarer definiert werden.

 

Zu § 86 Abs 2 Z 3:

Den Erläuterungen zu dieser Bestimmung folgend wurde widersprüchlich zum Gesetzesentwurf für den Ausnahmetatbestand auf die ausschließliche Tätigkeit des Verkehrsunternehmens auf der betreffenden Infrastruktur abgestellt; im Entwurfstext richtig jedoch auf die ausschließlich dort eingesetzten Fahrzeuge. Die Erläuterungen wären dem anzupassen.

 

Zu § 86 Abs 2 Z 4 und 5:

Die RL 2008/57/EG sieht auch eine Ausnahmemöglichkeit für Fahrzeuge für touristische Zwecke vor. Diese Ausnahmemöglichkeit sollte auch in der Umsetzung in das nationale Recht übernommen werden. Die Bestimmung wäre dahingehend zu ergänzen.

Der Hinweis in den Erläuterungen auf die vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen verlangten Vorkehrungen sollte dahingehend ergänzt werden, als dadurch nicht die Ausnahme vom Anwendungsbereich konterkariert werden darf.

 

Zu § 86 Abs 2 Z 5:

Die Bestimmung sollte mit einer näheren Definition für Nostalgiefahrzeuge zB hinsichtlich Alter, Zustand, etc ergänzt werden.

 

In der Überschrift “zum 2. Hauptstück“ ist ein Schreibfehler („Eisenbahnsystems“) richtig zu stellen.

 

Zu § 92 Abs 2

Im Vergleich zur geltenden Fassung des EisbG wird nunmehr für die benannten Stellen eine Qualifikation als Zertifizierungsstelle gefordert. Die derzeit tätigen österreichischen benannten Stellen sind jedoch als Prüf- bzw. Inspektionsstellen akkreditiert. Dies hat den Hintergrund, dass die EG-Prüftätigkeit großteils einer Inspektionstätigkeit und im Falle von IOP-Komponenten fallweise einer Prüftätigkeit entspricht.

Diese Bestimmung würde zu einer Ausdünnung des Marktes und in Folge zu Preissteigerungen führen.

Daher ist die bestehende Textierung des EisbG (akkreditierte Stellen) beizubehalten.

 

Zu §§ 97 - 99:

Die TSI sehen bei den meisten Interoperabilitätskomponenten eine Konformitätsbewertung vor. Nicht in allen diesen Fällen ist aber auch zugleich eine Gebrauchstauglichkeitsbewertung erforderlich.

Daher schlagen wir folgende Textierung vor:

„§ 97 Jede Interoperabilitätskomponente ist dem in der einschlägigen TSI angegebenen Verfahren zur Bewertung zu unterziehen und mit einer die Konformität und – soweit erforderlich – Gebrauchstauglichkeit ausweisenden Bescheinigung zu versehen.

§ 98. (1) Für eine Interoperabilitätskomponente ist vom Hersteller oder seinem in der Gemeinschaft ansässigen Bevollmächtigten eine EG-Konformitäts und - soweit erforderlich - Gebrauchstauglichkeitserklärung auszustellen, die dem Anhang IV der Richtlinie 2008/57/EG zu entsprechen hat. Dabei sind die die Interoperabilitätskomponente betreffenden TSI-Bestimmungen anzuwenden.

(2) Die Konformität und – soweit erforderlich - Gebrauchstauglichkeit einer Interoperabilitätskomponente ist von der benannten Stelle zu bewerten, die der Hersteller oder sein in der Gemeinschaft ansässiger Bevollmächtigter beauftragt haben, wenn dies in der die Interoperabilitätskomponente betreffenden TSI vorgesehen ist.

(3) Hat eine Interoperabilitätskomponente auch noch anderen  Anforderungen, die in anderen in Umsetzung von Gemeinschaftsrichtlinien ergangenen Bundesgesetzen normiert sind, zu entsprechen, muss aus der EG-Erklärung auch die Erfüllung dieser anderen Anforderungen ersichtlich sein.

(4) Haben der Hersteller oder sein in der Gemeinschaft ansässiger Bevollmächtigter entgegen Abs. 1 keine EG-Konformitäts- und – soweit erforderlich - Gebrauchstauglichkeitserklärung ausgestellt, entgegen Abs. 2 keine benannte Stelle mit der Bewertung der Konformität oder Gebrauchstauglichkeit beauftragt oder entspricht die EG-Konformitäts- und – soweit erforderlich - Gebrauchstauglichkeitserklärung nicht dem Abs. 3, gehen die Verpflichtungen der Abs. 1 bis 3 auf denjenigen über, der die Interoperabilitätskomponente in Verkehr bringt.

(5) Das Vorliegen einer EG-Konformitäts- und – soweit erforderlich - Gebrauchstauglichkeitserklärung für eine Interoperabilitätskomponente begründet die widerlegbare Vermutung, dass diese den sie betreffenden grundlegenden Anforderungen entspricht.

§ 99. Erweist sich eine Interoperabilitätskomponente, für die eine EG-Konformitäts- und – soweit erforderlich - Gebrauchstauglichkeitserklärung vorliegt, als nicht konform oder gebrauchstauglich, hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie mit Bescheid die betreffende EG-Konformitäts- oder Gebrauchstauglichkeitserklärung für ungültig zu erklären. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat diese Maßnahme der Europäischen Kommission und den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter Angabe der Gründe mitzuteilen.“

 

Zu § 101:

Nach dem vorliegenden Novellierungsentwurf muss das BMVIT den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der Europäischen Kommission ein jeweils aktualisiertes Verzeichnis der gebräuchlichen technischen Vorschriften vorlegen und hat dieses Verzeichnis überdies im Internet zu veröffentlichen.

Gemäß Art 17 der Richtlinie 2008/57/EG müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass verbindliche technische Vorschriften veröffentlicht und allen Infrastrukturbetreibern, Eisenbahnunternehmen und denjenigen, die einen Antrag auf Erteilung einer Inbetriebnahmegenehmigung stellen, in einer klaren und allen Beteiligten verständlichen Sprache zur Verfügung gestellt werden. Es wird angeregt, in das Gesetz eine Bestimmung aufzunehmen, dass diese Vorschriften bei einer im Gesetz oder einer Verordnung zu bezeichnenden zentralen Stelle im Volltext zur Verfügung zu stellen sind.

 

Zu § 105:

Nachdem der Umfang der Anlagen einer Betriebsbewilligung oft über den Anwendungsbereich der anzuwendenden TSI hinausgeht, kann die gewählte Formulierung des § 105 Abs 1 bei der Anwendung zu Missverständnissen führen. Daher schlagen wir folgende Formulierung vor:

„Eine Betriebsbewilligung für neu errichtete oder veränderte Eisenbahnanlagen und nicht ortsfeste eisenbahnsicherungstechnische Einrichtungen, deren Errichtung bzw Veränderung auch einen Neubau, eine Umrüstung oder eine Erneuerung eines Teilsystems ergab, für das eine TSI vorliegt und die anzuwenden ist, ist zusätzlich zu anderen Genehmigungserfordernissen nur unter der Voraussetzung zu erteilen, dass eine diesem Bundesgesetz entsprechende EG-Prüferklärung für dieses Teilsystem der Behörde vorgelegt wird.“

 

Die Bestimmung des § 105 Abs 2 wird in dieser Form in der Praxis nicht erfüllt werden können. Dieser Absatz unterbindet jene von den TSI vorgeschriebenen Überprüfungen, für die die Belastung des Vollbetriebes ausschlaggebend ist. Das bedeutet, eine Ausnahme des Personen- und Reisegepäcksverkehrs kann den Abschluss der Überprüfung unmöglich machen. Als Beispiel kann hier die TSI Energie mit der Bedingung, einzelne Parameter im Vollbetrieb zu validieren, genannt werden.

Daher sollte die Einschränkungaußerhalb von Zeiträumen, in denen Beförderungen im allgemeinen Personen- und Reisegepäcksverkehr stattfinden,unbedingt entfallen.

 

Zu §§ 106 und 107:

Jene in den TSI vorgesehenen Bewertungs- und Prüfverfahren, welche einer Beauftragung einer benannten Stelle bedürfen, beschränken sich auf die Inbetriebnahme von Teilsystemen gemäß Art 15 Abs 1 und Abs 2 RL 2008/57/EG. Im Speziellen können hier genannt werden:

      die Überprüfung der technischen Kohärenz von Teilsystemen mit den Systemen, in die sie sich einfügen, und

      die Prüfung der Übereinstimmung mit den TSI-Bestimmungen, die sicherstellen sollen, dass die Teilsysteme gemäß den einschlägigen grundlegenden Anforderungen betrieben und instand gehalten werden (zB neben der Prüfung der technischen Eigenschaften der Anlagen auch Kontrolle des Infrastrukturregisters und des Instandhaltungsplans).

Anders als bei der Inbetriebnahme von Teilsystemen gemäß Art 15 Abs 1 RL 2008/57/EG ist bei bestehenden Teilsystemen gemäß Art 15 Abs 3 RL 2008/57/EG keine solche Prüfung der Kohärenz und Übereinstimmungen vorgesehen.

Die gemäß Art 15 Abs 3 RL 2008/57/EG vorgesehenen Prüfverfahren stellen eindeutig nur auf die Bestimmungen der RL 2004/49/EG zur Ausstellung der Sicherheitsbescheinigung und Sicherheitsgenehmigung ab. Die dazu anzuwendenden und in den TSI enthaltenen Prüfverfahren sind daher entsprechend den Bestimmungen der RL 2004/49/EG lediglich auf die in den TSI festgelegten Sicherheitsanforderungen beschränkt und gemäß Art 9 RL 2004/49/EG hat das Eisenbahnverkehrsunternehmen bzw der Fahrwegbetreiber diese Anforderungen mit der Führung des Sicherheitsmanagementsystems zu gewährleisten.

Mit der Zertifizierung des Sicherheitsmanagementsystems ist daher auch die Bestimmung des Art 15 Abs 3 RL 2008/57/EG letzter Satz erfüllt. Daher geht die Forderung, im Bestand der Eisenbahn Anlagen- bzw. Schienenfahrzeugüberprüfungen zusätzlich durch eine benannte Stelle durchführen bzw bestätigen zu lassen, weit über das Maß der Regelungen der RL 2008/57/EG hinaus.

Der zu erwartende Aufwand zur Erstellung eines solchen Prüfberichtes kann aufgrund des Prüfumfanges unserer Ansicht nach von keiner benannten Stelle in der vorgegebenen Zeit von längstens 6 Monaten bewerkstelligt werden. Die enormen Kosten für diesen Aufwand sind deshalb auch noch gar nicht abschätzbar, würden aber das Budget der Eisenbahnunternehmen mit enormen Mehrkosten belasten, die keiner unionsrechtlichen Vorgabe entspringen. Dies würde den Wettbewerb zugunsten der Straße verzerren.

Eine solche zusätzliche Nachweisverpflichtung widerspricht überdies den Grundsätzen der überwachten Eigenverantwortung des Eisenbahnverkehrsunternehmens sowie des Fahrwegbetreibers bei Instandhaltung und Betrieb ihrer Systeme entsprechend den Bestimmungen der RL 2004/49/EG.

Da die geänderten Bestimmungen zusammengefasst eine krasse, sachlich nicht gerechtfertigte und mit massivem Kostenaufwand verbundene Übererfüllung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben zum Inhalt haben, werden sie von unserer Seite entschieden abgelehnt.

 

Ferner spricht folgendes gegen den Entwurfstext von § 106:

Entsprechend Art. 10 Abs 2 lit b) der RL 2004/49/EG beinhaltet die Sicherheitsbescheinigung eine Bescheinigung über die Zulassung der Vorkehrungen, die das Eisenbahnunternehmen getroffen hat, um die besonderen Anforderungen für die Erbringung sicherer Verkehrsdienste auf dem betreffenden Netz zu erfüllen. Zu den Anforderungen können die Anwendung der TSI und nationaler Sicherheitsvorschriften, einschließlich Vorschriften für den Betrieb des Netzes, die Anerkennung von Bescheinigungen für das Personal und die Genehmigung der Inbetriebnahme der von Eisenbahnunternehmen verwendeten Fahrzeuge zählen.

 

Die Richtlinie räumt dem nationalen Gesetzgeber in Bezug auf die Anforderungen daher Ermessen ein („Zu den Anforderungen können … zählen“).

 

Der Entwurf des § 106 EisbG sieht verpflichtend vor, dass die Teilsysteme der vom Eisenbahnverkehrsunternehmen in Österreich eingesetzten Schienenfahrzeuge unter Zugrundelegung der zu ihrem Genehmigungszeitpunkt relevanten TSI den grundlegenden Anforderungen entsprechen.

 

Aus unserer Sicht ist diese Anforderung nicht wirtschaftlich und kaum umsetzbar, weil mit einer immensen Administration verbunden, weiters ist der Nutzen in Frage zu stellen. Es müsste der Stand der TSI zum Zeitpunkt der Genehmigung jedes einzelnen Fahrzeuges erhoben werden. So kämen aufgrund unterschiedlicher Genehmigungszeitpunkte bei ein und derselben Fahrzeuggattung auch unterschiedliche Anforderungen aus den TSI zur Anwendung, weil die Fahrzeuge zu unterschiedlichen Zeitpunkten gebaut wurden. Der Nutzen aus der Übereinstimmung der Anforderungen mit einer veralteten TSI ist ebenso nicht ersichtlich, da es wesentlich auf die jeweils gegenwärtige Betriebssicherheit der Schienenfahrzeuge ankommt.

 

Zu § 108:

Die Erläuterungen bleiben hier lückenhaft „Die Verpflichtung …

 

Zu § 109:

Wenn ständiger Halter ein innerstaatliches Unternehmen ist, sollte die Möglichkeit bestehen, dass dieser anstelle einer bereits vorliegenden ausländischen (zB deutschen) Fahrzeugnummer eine innerstaatliche Fahrzeugnummer zugewiesen bekommt. Dies erscheint insbesondere deshalb zweckmäßig, da dadurch Erhaltungsstandards eindeutig definiert werden und auch bei Umbauten eindeutig und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise definiert wäre, unter welchem nationalen Rechtsregime diese durchzuführen wären. Für den Fall, dass die Textierung des § 109 Abs 2 dahingehend nicht abgeändert werden sollte, wird angeregt, entsprechende Klarstellungen in den erläuternden Bemerkungen zu treffen.

 

Zu § 110 Abs 3:

Eine „dauernde Außerbetriebnahme“ ist im EisbG nicht vorgesehen und begrifflich unbestimmt (wie lange dauernd?). Es ist somit unbestimmt, wie bei einer Wiederinbetriebnahme nach Ablauf der „Dauer“ zu vorzugehen ist.

Daher wird vorgeschlagen, diesen Absatz ersatzlos zu streichen.

 

Zu § 111:

Der letzte Satz des § 111 Abs 1 kann entfallen, da die bezeichneten Hauptmerkmale die Summe der in den jeweiligen TSI bereits geforderten Punkte des Infrastrukturregisters darstellen.

 

Zu § 112:

Für die derzeitige Ausweitung des Anwendungsgebietes über die HGV-Strecken und konventionellen Strecken hinaus ist es erforderlich, den Infrastrukturbetreibern entsprechende Übergangsbestimmungen einzuräumen. Hier ist überdies zu berücksichtigen, dass die entsprechenden TSI mit deren Vorgaben für das Infrastrukturregister erst in Erstellung sind.

 

Zu § 114 Abs 2:

Da nicht nur (neu) in Betrieb zu nehmende Fahrzeuge erfasst sein sollen (siehe die Erläuterungen: „… auf den vom 8. Teil erfassten Eisenbahnen betrieben werden …“), wird folgende Textierung vorgeschlagen:

„… die auf den vom Anwendungsbereich dieses Gesetzesteiles erfassten Eisenbahnen in Betrieb genommen worden sind oder werden sollen.“

 

Zu § 116 Abs 1:

Die Möglichkeit der Auskunft über die im Einstellungsregister enthaltenen Daten unter der Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen sollten auch Eisenbahnverkehrsunternehmen für jene Schienenfahrzeuge haben, in deren Zügen Wagen befördert werden, für die sie jedoch nicht selbst Fahrzeughalter sind. Derartige Informationen sind vor allem hinsichtlich fahrzeugbezogener Vorfälle relevant. Wir ersuchen um entsprechende Ergänzung.

 

Zu § 116 Abs 2, letzter Satz:

Es ist nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH über die genannten Fälle hinaus („oder“) „die Entscheidung beabsichtigen [kann], ein Schienenfahrzeug nicht mehr länger im Einstellungsregister erfasst sein zu lassen“.

 

Zu § 121 Abs 1:

Aus der Reihung ist nicht erkennbar, ob die aufgezählten Instandhaltungsnormen alternativ oder kumulativ zur Anwendung kommen. Dies bedeutet im ungünstigsten Fall, dass die strengste aus allen vier Unterlagentypen zu gewinnende Instandhaltungsvorgabe zur Anwendung gelangt.

Weiters ist die Sinnhaftigkeit der Voraussetzung, dass die Instandhaltung auf Grund von Instandhaltungsbestimmungen in Bauartgenehmigungsbescheiden zu erfolgen hat (Z 3) zu hinterfragen, da diese dem Bauartgenehmigungsantrag beigelegten Instandhaltungsbestimmungen inhaltlich nicht überprüft werden.

Der Plural im Bezug zu den Instandhaltungsbestimmungen unter Z 3: „auf Grund von Instandhaltungsbestimmungen im Bauartgenehmigungsbescheid oder in der Genehmigung oder Bewilligung anderer Mitgliedstaaten …“: sollte unbedingt auf die Einzahl reduziert werden, um eine dahingehende Missdeutung auszuschließen, es wären etwaige fremde Instandhaltungsbestimmungen umzusetzen, die im Ausland für bauartgleiche Fahrzeuge erlassen worden sind. Es muss klargestellt sein, dass es um die das jeweilige Fahrzeug betreffende Instandhaltungsvorgaben geht.

 

Zu § 122:

Es darf auf die Ausführungen zu § 39c verwiesen werden.

Eine Selbsterklärung im Bereich der Güterwagen (wie dies ua von der ÖBB-Technische Services-GmbH abgegeben wurde) würde damit ihre Gültigkeit verlieren. Es sollte daher entsprechend der in Art 12 Abs 6 der VO 445/2011 vorgesehenen Übergangsbestimmungen ebenfalls eine Übergangsfrist vorgesehen werden (dh bis 31.05.2013), innerhalb derer die Selbsterklärung nach wie vor Gültigkeit hat.

 

Zu § 125 Abs 1:

Diese Bestimmung wird dahingehend verstanden, dass sie für die definierten Strecken besondere Qualifikationsanforderungen für Triebfahrzeugführer aufstellt. Auf allen ausgenommenen Strecken sind die besonderen Anforderungen nicht zu erfüllen.

Diese Definition weicht jedoch vom Anwendungsbereich des vorangestellten Gesetzesteiles ab; demnach gibt es im 8. Teil Nebenbahnen, die keine Eisenbahnen im Sinne des 9. Teiles sind.

Vor diesem Hintergrund wird angeregt, die Definition der Strecken, für die das Qualifikationserfordernis gilt, nicht anhand eines Verweises auf die Kartenwerke der EU, sondern durch einen Verweis auf § 86 vorzunehmen.

 

Zu § 162 Abs 6:

Aus den oben zu § 30 Abs 3 erfolgten Anmerkungen betreffend die Eisenbahnaufsichtsorgane erhellend und entgegen den Erläuterungen scheint ein Hinweis auf die in einer Verordnung nach § 47c erlassenen Vorschriften keineswegs entbehrlich. Die Mitwirkungsverpflichtung der Organe der Bundespolizei soll explizit erhalten bleiben.

 

Zu § 165:

Z 10 bleibt unbestimmt, solange es keine klaren Zertifizierungsregelungen gibt und sollte daher zumindest unter Vorbehalt stehen (vgl. Ausführungen zu §§ 39c, 122).

 

Zu § 175 Z 27:

§ 175 Abs 17 ist aufgrund des Inkrafttretens der CSM-Verordnung 1169/2010 überholt und kann entfallen. Damit könnte auch der Nachweis für eine ISO 9001-Zertifizierung entfallen, da nun ganz klare Vorgaben für die Prüfung eines Sicherheitsmanagementsystems bestehen.

 

 

Es wird höflich um Berücksichtigung dieser Stellungnahme ersucht.

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die ÖBB-Holding AG

 

Dr. Katharina Günther e.h.