Anschrift

An das

Bundeskanzleramt

Ballhausplatz 2

1014 Wien

 

BMF - I/4 (I/4)
Hintere Zollamtsstraße 2b
1030 Wien

Sachbearbeiter:
Mag. Hans-Jürgen Gaugl
Telefon +43 1 51433 501164
Fax +43 1514335901164
e-Mail Hans-Juergen.Gaugl@bmf.gv.at
DVR: 0000078

GZ. BMF-110500/0022-I/4/2011

 

 

 

Betreff:

»Entwurf eines Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2011 – BVergGVS 2011);

Stellungnahme des BMF (Frist: 19.9.2011)

 

Erledigungstext:

»Das Bundesministerium für Finanzen beehrt sich, zu dem mit Schreiben vom 11. Juli 2011 am 28. Juli 2011 unter der Geschäftszahl BKA-600.883/0035-V/8/2011 zur Begutachtung übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich (Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2011 – BVergGVS 2011) folgende Stellungnahme abzugeben:

 

Das BVergGVS weist Überschneidungen zum Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG 2006) auf, das heißt, dass einzelne Beschaffungsvorgänge, die bis dato dem  BVergG 2006 unterliegen, unter Umständen in Hinkunft unter das BVergGVS fallen können. Das hat zur Folge, dass Beschaffungsvorgänge, die nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Bundesbeschaffung GmbH (BB-GmbH-Gesetz) von der BBG durchgeführt werden, unter Umständen in Hinkunft vereinzelt anstelle des BVergG 2006 unter das BVergGVS fallen könnten (zB. Uniformen, Kraftstoff für militärische Fahrzeuge etc).

 

Im Hinblick auf die einschlägigen Bestimmungen des BB-GmbH-Gesetzes und nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Einsparungserfolge der BBG ist jedenfalls sicherzustellen, dass Beschaffungsvorgänge – unabhängig davon, ob sie dem Bundesvergabegesetz 2006 oder dem (neuen) BVergGVS unterliegen – weiterhin nach den Bestimmungen des BB-GmbH-Gesetzes über die BBG abgewickelt werden. Im Hinblick auf die nach den Bestimmungen des BVergGVS einzuhaltenden Datensicherheitsvorkehrungen (welche auftraggeberseitig zu höheren Aufwendungen führen) wird seitens des Bundesministeriums für Finanzen davon ausgegangen, dass der Anwendungsbereich des BVergGVS nicht über die zwingend umzusetzenden Vorschriften der EU Richtlinie hinausgeht und dass auch hinsichtlich der (bei der Beschaffung der unter das BVergGVS fallenden Güter und Leistungen) einzuhaltenden Sicherheitsvorkehrungen keine restriktiveren Vorschriften als unionsrechtlich zwingend erforderlich in den Gesetzesentwurf aufgenommen wurden.

 

Im Hinblick auf die Möglichkeit der Beschaffung über ausländische zentrale Beschaffungsstellen (§ 9 Abs. 1 Z 18 und 19) wird bemerkt, dass dadurch das BB-GmbH-Gesetz nicht unterlaufen werden darf. Bundesdienststellen, die dem BB-GmbH-G unterliegen, dürfen nur dann über ausländische zentrale Beschaffungsstellen einkaufen, wenn sie sich nicht zwingend der BBG zu bedienen haben (BB-GmbH-Gesetz iVm VO BGBl. II Nr. 208/2001 idgF.). Es wird ersucht, darauf zumindest in den Erläuterungen an geeigneter Stelle hinzuweisen.

 

Zu § 33 (Direktvergabe nach vorheriger öffentlicher Markterkundung) wird bemerkt, dass durch die Regelung für den Unterschwellenbereich ein neues Verfahren  geschaffen werden soll, das die Vorteile einer möglichst formfreien Vergabe mit der erforderlichen Transparenz verbindet. Es soll letztlich die mit Ende 2011 auslaufende Direktvergabe bis 100.000 € ersetzen. Aus der Sicht des Bundesministeriums für Finanzen wird mit  der vorgesehenen Lösung jedoch ein relativ verwaltungsaufwendiges Instrument geschaffen (vorherige Festlegung von Kriterien, vorherige öffentliche Bekanntmachung, Bekanntmachung nach Zuschlagserteilung in einem Publikationsmedium, Bekanntgabe an die angebotslegenden Unternehmen, Bekämpfbarkeit der festgelegten Kriterien als gesondert anfechtbare Entscheidung, Möglichkeit für Feststellungsverfahren etc). Im Hinblick darauf, dass gerade kleinere Auftragsvergaben rasch und unbürokratisch abgewickelt werden sollen, sollte das vorgeschlagene Verfahren überdacht und weniger komplex gestaltetes werden. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund des § 31 Abs. 2, wonach bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis über 200.000 € (50 % des Schwellenwertes gem. § 10 Abs. 1) ein wesentlich formfreieres Verfahren mit nur einem Unternehmer gewählt werden kann. Nicht konsequent erscheint weiters, dass die Grenze für die neue Direktvergabe bei 100.000 € angesiedelt wird (und somit ident zu jener im Begutachtungsentwurf zur BVergGNovelle 2011), obwohl der Schwellenwert gem. § 10 Abs. 1 bei Liefer- und DL-Aufträgen höher als im klassischen Verfahren liegt und – konsequenterweise – auch die Grenze für die (einfache) Direktvergabe gem. § 32 Abs. 2 bei 60.000 € (im Gegensatz zu 40.000 € im klassischen Verfahren) festgesetzt wurde. Aus der Sicht des Bundesministeriums für Finanzen sollte die ex ante Publikation (Abs. 3) sowie die in Abs. 6 geregelte Bekanntgabe an die angebotslegenden Unternehmen jedenfalls entfallen. Hingegen bestünde gegen die Verpflichtung einer vorherigen Festlegung von Vergabekriterien (lediglich) im auftraggeberinternen Akt (zwecks nachprüfender Kontrolle durch Innenrevision bzw. Rechnungshof) ohne ex ante Publikation kein Einwand.

 

Entfallen sollte weiters die neu eingeführte ex post Bekanntmachungsverpflichtung gem. § 31 Abs. 2 letzter Satz.

 

Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen des gegenständlichen Vorhabens ist festzuhalten, dass der allgemeine Hinweis, dass zwar Mehraufwendungen daraus resultieren, diese allerdings nicht quantifiziert werden können, nicht ohne weiteres akzeptiert werden kann, da diese Feststellung nicht dem Gebot des § 14 BHG und den damit verbundenen einschlägigen Richtlinien entspricht. Wenngleich durch die vermehrte Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes höhere Gebühren erwartet werden können, sollte nicht übersehen werden, dass durch die erhöhten Sicherheitsanforderungen des Bundesvergabeamtes die Personal- und Sachausstattung des Amtes zumindest in der Startphase erhöhte Belastungen erfahren wird und Mehrkosten anfallen werden, die vom BMWFJ abgedeckt werden müssten. Es wäre daher die Darstellung der finanziellen Auswirkungen entsprechend zu ergänzen und dabei ausdrücklich sicherzustellen, dass die aus dem Vollzug der rechtssetzenden Maßnahmen resultierenden Folgekosten mit den im Bundesfinanzrahmengesetz 2012 - 2015 den Ressorts zur Verfügung stehenden Mitteln bedeckt werden und das Bundesministerium für Finanzen keine zusätzlichen Mittel bereitstellen wird.

 

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 14a Abs. 1 BHG iVm §§ 2 und 8 der Standardkostenmodell-Richtlinien – SKM-RL, BGBl. II Nr. 278/2009 bei Gesetzes- und Verordnungsentwürfen die Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen zu ermitteln und darzustellen sind. Der vorliegende Gesetzesentwurf enthält Informationsverpflichtungen, die geänderte Verwaltungskosten für Unternehmen verursachen und daher zu ermitteln und darzustellen sind. In den Erläuterungen wird dargelegt, dass durch den Entwurf eine – nicht näher quantifizierte – Entlastung für Unternehmen entsteht. Gemäß den zitierten Rechtsvorschriften sind diese geänderten Verwaltungslasten mit Hilfe des Verwaltungskostenrechners jedenfalls für die größte Informationsverpflichtung zu ermitteln. Es ist dabei zu prüfen, ob die Bagatellgrenze gemäß den SKM-RL überschritten wird. Ist dies der Fall, ist die entsprechende Darstellung durch das Formblatt dem Entwurf anzuschließen; andernfalls wäre darzulegen, dass keine wesentlichen Verwaltungslasten entstehen. Auch unter Hinweis auf das diesbezügliche Rundschreiben des Bundeskanzleramtes vom 1. September 2009 wird um eine entsprechende Ergänzung ersucht.

 

Das Bundesministerium für Finanzen ersucht um entsprechende Berücksichtigung oben stehender Ausführungen sowie um Übermittlung des überarbeiteten Entwurfes vor der Setzung der weiteren Schritte im legistischen Prozess. Dem Präsidium des Nationalrates wurde diese Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen zum gegenständlichen Entwurf in elektronischer Form zugeleitet.

19. September 2011
Für die Bundesministerin:
Mag. Hans-Jürgen Gaugl
(elektronisch gefertigt)