Amt der steiermärkischen landesregierung

 

 

 

Fachabteilung 6E

 

 

An das

Bundesministerium für Wirtschaft,

Familie und Jugend

Franz-Josef-Kai 51

1010 Wien

 

per Mail

èElementare und musikalische Bildung

                                                                   

 

Bearbeiter: Hr. Mag. Schober
Tel.:  (0316) - 877 – 5499
Fax:   (0316) - 877 – 2136
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GZ:

FA6E-03.00-424/2011-4

     

     

Graz, am 17. August 2011

 

Ggst.:

Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots in den Jahren 2011 bis 2014;

Stellungnahme des Bundeslandes Steiermark

 


 

 

 

In Bezug auf das Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 2. August 2011 werden nachfolgende Stellungnahme bzw. Änderungsvorschläge des Bundeslandes Steiermark zum Vereinbarungsentwurf übermittelt:

 

Art. 1 Abs. 1:

Wie in den Erläuterungen dargestellt, bestehen in der Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria Daten betreffend die Betreuungsquote nicht jedoch den Versorgungsgrad.

Unklar bleibt damit, wie auf dieser Grundlage festgestellt werden soll, wann das Barcelona-Ziel für Unter-Drei-Jährige erreicht wurde.

Art. 1 Abs. 3:

Die Einschränkung auf die Schaffung von Ganztagsplätzen soll entfallen, da aufgrund der besonderen Strukturen in ländlichen Wohngebieten auch regional Bedarf an zusätzlichen Halbtagsplätzen für Drei- bis Sechsjährige besteht.

Art. 3 Ziffer 4 lit. b

Da eine Unterscheidung nach dem Alter der Kinder in Bezug auf die Mindestöffnungszeit von 47 Wochen für Drei- bis Sechsjährige gegenüber der Mindestöffnungszeit von nur 30 Wochen für Unter-Drei-Jährige nicht nachvollziehbar ist, wird für alle Altersgruppen eine Mindestöffnungszeit von nur 30 Wochen gefordert.

Überdies ist ein Zusammenhang zwischen der täglichen Öffnungszeit der Einrichtung nicht erkennbar, da der tägliche Betreuungsbedarf nichts über den Bedarf über das Jahr hinweg aussagt.

Eine vorgeschriebene Öffnungszeit im definierten Ausmaß von 47 Wochen geht zudem in vielen Fällen über den tatsächlichen Bedarf hinaus.

 

Art. 4 Abs. 2

Diese Bestimmung regelt, dass das jeweilige Land für die Maßnahmen gemäß Art. 5 zu gleichen Teilen Finanzmittel wie der Bund zur Verfügung stellt. Daraus ergibt sich, dass die im Art. 5 Abs. 1 und 2 festgelegten Fördersätze des Bundes durch das Land zu verdoppeln sind. Weiters regelt Art. 4 Abs. 2 ausdrücklich, dass bei den Zweckzuschüssen gemäß Art. 5 Abs. 3 und 4 keine Kofinanzierung erforderlich ist.

Auch aus dieser eindeutigen Regelung ergibt sich, dass sich die Regelung „zu gleichen Teilen“ nur auf die Beträge des Art. 5 Abs. 1 und 2 bezieht. In den Erläuterungen zu Art. 4 Abs. 2 ist dem widersprechend allerdings plötzlich davon die Rede, dass die Länder „jedoch den Ausbau von institutionellen Kinderbetreuungsangeboten höher mitfinanzieren“ und zwar um jenen Betrag, der der Kofinanzierung im Bereich der Tagesmütter/-väter entsprechen würde.

Diese Interpretation in den Erläuterungen findet im Vertragstext keine Deckung und würde auch die Aussetzung der Kofinanzierung im Tagesmutter/-vaterbereich teilweise ad absurdum führen.

Art. 5 Abs. 2

Die Einschränkung auf die Schaffung von zusätzlichen ganztägigen Kinderbetreuungsplätzen für Drei- bis Sechsjährige soll entfallen.

Wie schon in der Stellungnahme zu Art. 1 Abs. 3 festgehalten wurde, besteht in ländlichen Regionen häufig kein Bedarf an Ganztagsplätzen. Trotzdem besteht regional Bedarf an zusätzlichen Halbtagsplätzen.

Die Errichtung solcher Plätze soll analog zur Altersgruppe der Unter-Drei-Jährigen mit € 1.500,-- gefördert werden.

Art. 5 Abs. 4 Ziffer 2

Als selbstverständlich wird angenommen, dass Ausbildungslehrgänge, die über das Bundescurriculum qualitativ und quantitativ hinausgehen, mit € 1.000,-- pro Person und Lehrgang zu fördern sind. Eine diesbezügliche Präzisierung in der gegenständlichen Vereinbarung wäre jedoch wünschenswert.

Das steirische Ausbildungscurriculum für Tagesmütter/-väter umfasst beispielsweise 315 Theorie- und 160 Praxisstunden und liegt somit weit über den Bundesvorgaben.

Art. 6 Abs. 1

Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass die zusätzlich geschaffenen Kinderbetreuungsplätze anstelle der zusätzlich betreuten Kinder herangezogen werden sollten.

Art. 6 Abs. 2 Ziffer 1

Abs. 2 bezieht sich auf die Nachweise betreffend die Verwendung des Zuschusses gemäß Art. 5 Abs. 3 und 4 und sieht somit in seiner Ziffer 1 auch für den Fall von Art. 5 Abs. 4, also die Gewährung von Zweckzuschüssen für Ausbildungslehrgänge vor, dass die Zahl der zusätzlichen Pflegestellenbewilligungen nachzuweisen ist.

Weder seitens des Landes noch der Organisatoren von Ausbildungslehrgängen kann naturgemäß sicher gestellt werden, dass AbsolventInnen von Ausbildungslehrgängen tatsächlich eine Betreuungsbewilligung einholen oder diese überhaupt erteilt bekommen. Darüber hinaus kann sich ein solches Ansuchen bzw. die Erledigung des Bewilligungsverfahrens auch zeitlich verzögern, wodurch der Abschluss der Ausbildung und die Erteilung einer Betreuungsbewilligung zeitlich relativ weit auseinanderfallen können. Dadurch wird eine Berechnung der zustehenden Förderungen für das Land einerseits sowie eine Kostenkalkulation für den Organisator andererseits verunmöglicht. Die Kostenkalkulation wiederum ist aber wesentlich für die Entscheidung des Organisators ob bzw. in welcher Höhe TeilnehmerInnenbeiträge eingehoben werden.

Daher kann und soll zum Nachweis der widmungsgemäßen Verwendung dieser Gelder lediglich die Regelung des Art. 6 Abs. 2 Ziffer 2 zur Anwendung gelangen.

Art. 6 Abs. 3 und 4

Erfahrungsgemäß treten bei der Abrechnung der Gelder zeitliche Verzögerungen auf, deshalb wird vorgeschlagen, den Termin für die letztmalige Abrechnung mit 30. Juni 2016 festzulegen.

Art. 6 Abs. 6

Zu dieser Bestimmung bzw. den dazugehörigen Erläuterungen wird ausdrücklich festgestellt, dass dem Land Steiermark mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 5.4.2011, GZ: BMWFJ-421100/0020-II/2/2011, eine Fristerstreckung zur Abrechnung der Fördermittel bis 30.6.2012 gewährt wurde.

Für das Bundesland Steiermark wäre es wünschenswert, dass der Anteil der Bundesgelder aus der Vereinbarung BGBl. II Nr. 478/2008, der für den Bereich der Drei- bis Sechsjährigen verwendet werden kann von 25% auf 35% angehoben wird und darüber hinaus allfällige Gelder aus der oben zitierten „alten“ Art. 15a B-VG-Vereinbarung in die nun fortgeführte Aktion mitgenommen werden können und erst 2015 bzw. 2016 eine Gesamtabrechnung der beiden Aktionen erfolgt.

Art. 6 Abs. 7

Siehe Stellungnahme zu Art. 6 Abs. 3 und 4

Art. 10

Die Kompetenzverteilung laut Bundesverfassung regelt, dass Kinderbetreuung in Gesetzgebung und Vollziehung Ländersache ist. Dadurch können auch regionale Unterschiede entsprechend berücksichtigt werden.

Aus Sicht der Steiermark würde diese „Empfehlung“ einen Eingriff in die Kompetenzverteilung bedeuten und ist daher abzulehnen. Auch ist es mit Empfehlungen nicht möglich, wie in den gegenständlichen Erläuterungen angemerkt, eine einheitliche Qualität sicherzustellen. Auch wenn die Steiermark aufgrund ihrer bekannt hohen Qualitätsstandards in dieser Hinsicht grundsätzlich wenig Befürchtungen hegt, ist doch anzumerken, dass die aus solchen Empfehlungen, so man sie ernst nimmt, erwachsenden Kosten für die Länder nicht abschätzbar sind und jedenfalls in keiner Relation zu den gegenständlichen Bundesförderungen stehen würden.

 

Allgemein wird nochmals darauf verwiesen, dass eine Erweiterung des Angebots an Betreuungsplätzen die Erhaltung der bestehenden Substanz voraussetzt und daher aus einer gesamtheitlichen Betrachtungsweise auch die Berücksichtigung von Kosten aus Erhaltungs-/ Sanierungsmaßnahmen dringend erforderlich wäre.

 

Ebenso wird zum wiederholten Male festgestellt, dass die in der Vereinbarung festgelegten Förderbeträge des Bundes pro zusätzlich betreutem Kind bzw. zusätzlichem Betreuungsplatz in Anbetracht der enormen Errichtungs- und der laufenden Betriebskosten einer Kinderbetreuungseinrichtung keinen ausreichenden Anreiz für eine quantitativ spürbare Ausweitung des Kinderbetreuungsangebotes bietet.

 

Nicht übersehen werden darf schließlich, dass der Anteil der Bundesmittel aus der gegenständlichen Vereinbarung im Verhältnis zu dem aus einem weiteren Ausbau der Betreuungsplätze entstehenden dauerhaften Kosten für das Land lediglich einen verschwindend geringen Anteil darstellt.

 

Im Vorblatt zu den Erläuterungen wird unter der Überschrift „Inhaltliche Problemlösung“ festgestellt, dass die Länder „mit der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG … verpflichtet“ werden „zusätzliche Kinderbetreuungsplätze in institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen ... zu schaffen“.

Dazu wird ausdrücklich festgehalten, dass eine Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG auf gegenseitiger Willensübereinstimmung der Vertragsparteien basiert und nicht geeignet ist, die Länder durch den Bund zu verpflichten. Auch eine Selbstverpflichtung der Länder zur Schaffung von Kinderbetreuungseinrichtungen liegt in dieser Form jedenfalls nicht vor, da die Vereinbarung lediglich Bedingungen regelt, unter denen die Länder zusätzliche Bundesförderungen zum Ausbau des Betreuungsangebotes für die Betreiber in Anspruch nehmen können. Eine durchsetzbare Verpflichtung zur Errichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen durch das jeweilige Land entsteht mit dieser Vereinbarung ausdrücklich nicht.

 

 

Für die Steiermärkische Landesregierung:

Die Fachabteilungsleiterin:

i.V. Mag. Schober eh.

(Originalunterschrift im Akt)

 

F.d.R.d.A.:

Seper

 

 


Ergeht abschriftlich per Mail an:

 

die Verbindungsstelle der Bundesländer

beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung

Schenkenstraße 4

1010 Wien

vst@vst.gv.at

 

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