An das

Bundesministerium für Justiz

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Wien, am 29.9.2011 EC

 

Stellungnahme des  Österreichischen Haus- und Grundbesitzerbundes zum Ministerialentwurf eines Bundesgesetzes beim Verkauf und bei der In-Bestandgabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz 2012-EAVG 2012)

 

Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund dankt für die Übermittlung des oben angeführten Entwurfes und erlaubt sich, zum vorgelegten Entwurf folgende Stellungnahme abzugeben:

 

A.     Allgemeines

Die hinter dem Entwurf stehende Absicht, eine thermische Verbesserung sowie Sanierung von Gebäuden zu bewirken, ist wichtig und sinnvoll.

Der ÖHGB vertritt allerdings die Ansicht, dass die im Entwurf enthaltenen Bestimmungen weder mittel- noch langfristig dazu geeignet sind, diesem Ziel näher zu kommen. In  Wahrheit handelt es sich bei Umsetzung dieser Vorlage nämlich nicht um eine vollständige und inhaltsgetreue Übernahme des Richtlinieninhaltes, sondern weit darüber hinaus gehend um zahlreiche unverhältnismäßige Verschärfungen ausschließlich zu Lasten der Eigentümer, einer damit verbundenen Erhöhung des bürokratischen Aufwandes bei Verkauf und In-Bestandgabe  sowie einer nicht unbeträchtlichen Belastung der Verwaltung bei der Ahndung von Verwaltungsübertretungen.

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass bestimmte Gebäude  weder verkauft noch in Bestand gegeben werden können, mangels finanzieller Möglichkeit des Eigentümers energietechnisch nicht verbessert werden und damit die Intention einer Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz fehlschlägt.

Anstelle von unverhältnismäßigen Bestrafungen der Eigentümer regt der ÖHGB daher an, finanzielle Anreize zur Verbesserung der Gesamtenergie zu schaffen und fordert in diesem Zusammenhang:

-         Eine Anpassung des Ausnahmekataloges an die Richtlinie des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, insbesondere durch Aufnahme von denkmalgeschützten Gebäuden sowie unter ausdrücklicher  Beibehaltung der in den landesrechtlichen Vorschriften normierten Ausnahmebestimmungen (e.g. Schutzzonen und gegliederte Fassaden nach Maßgabe der Wiener BauO)

-         Beseitigung der Ungleichbehandlung von Eigentümern und Maklern bei der Erstellung von Anzeigen

-         Wegfall der Verwaltungsstrafbestimmungen zumindest bei der Vorlage- und Aushändigungspflicht und Herabsetzung der Höhe der Verwaltungsstrafe

-         Inkrafttreten des neu zu beschließenden EAVG mit 1.1.2013 anstelle des 1.1.2012

 

 

B.      Zu den einzelnen Bestimmungen

§ 2 Z 4

Das Hinzufügen von „entgeltlich“ in Z 4 wird seitens der ÖHGB begrüßt, da es der Klarstellung dient, dass gewisse Bereiche wie etwa eine Schenkung oder eine Zwangsversteigerung  explizit von der Anwendbarkeit des Gesetzes ausgenommen sind.

§ 3 iVm § 9 Abs 1

Allgemein:

Zu bemerken ist, dass die Richtlinie in Art 12 Abs 4 den Begriff „kommerzielle Medien“ verwendet;  in dem zur Umsetzung vorgesehen Entwurf wird hingegen unterschiedslos auf eine Anzeige in einem „Druckwerk oder elektronischen Medium“ abgestellt. Dadurch ist der Anwendungsbereich des § 3 wesentlich weiter gefasst als in der Richtlinie selbst.

Weiters sei festgehalten, dass durch Einführung der Verpflichtung, in einem so frühen Stadium die Energieeffizienzklasse eines Objekts bekannt geben zu müssen,der Immobilienmarkt und in weiterer Folge die Wettbewerbsfähigkeit von bestimmten Objekten massiv beeinträchtigt wird. Andere wertbestimmende Faktoren eines Gebäudes wie Größe, Lage und Ausstattung treten damit eo ipso in den Hintergrund, weil Interessenten von Anzeigen ihre Entscheidungen aufgrund der Angaben in den Anzeigen treffen und damit  Objekte mit schlechteren Werten  von vornherein ausscheiden.

Private Eigentümer, die verkaufen oder vermieten wollen, werden sich aus Gründen der Überforderung sukzessive an Immobilienmakler wenden. Für diese besteht allerdings eine Ausnahmebestimmung hinsichtlich der Bekanntgabe der Energieeffizienzklasse  in Inseraten sowie die Möglichkeit einer Strafbefreiung unter der Voraussetzung des erfolglosen Einholens dieser Kennzahl beim Eigentümer.

Zu befürchten ist nicht bloß eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch eine massive Verwirrung und Überschätzung auf Konsumentenseite:

Einmal werden Kennzahlen nicht angegeben, weil es der Verkäufer verabsäumt hat, dann weil eine Ausnahme gemäß § 5 vorliegt, oder der Makler sich ernstlich um Bekanntgabe dieser Zahl bemüht hat, sie aber vom Eigentümer leider nicht mitgeteilt bekommen hat.

Immobilien, bei denen eine schlechte Energieeffizienzklasse in Anzeigen aufscheint, sind in der Verkaufs- bzw Vermietungsmöglichkeit drastisch schlechter gestellt als solche Objekte, bei denen berechtigt oder unberechtigt keine Kennzahl angegeben ist. Diese „schwächeren“ Immobilien scheiden von vornherein aus und sind damit stärker dem Verfall preisgegeben.  Besonders drastische Auswirkungen sind bei denkmalgeschützten Gebäude oder Gebäuden mit gegliederter Fassade zu erwarten, die im Gegensatz zur Richtlinie nicht einmal nach § 5 ausgenommen sind.

Besonders bedenklich stimmt die im Entwurf vorgesehene  Sanktionierung von unterlassenen Angaben gem § 9 Abs  1 zu einem Zeitpunkt, in dem nicht einmal ein vorvertragliches Schuldverhältnis vorliegt.

Der Entwurf bedient sich des Begriffs „Anbot“. Das Zivilrecht versteht darunter die Abgabe einer bindenden Willenserklärung und setzt voraus, dass die für den Verkauf bzw die Vermietung wesentlichen Vertragsbestandteile feststehen. Die bloße Bekanntgabe eines Verkaufs- bzw. Vermietungsinteresses in einem Medium kann allerdings noch lange kein Anbot iS einer bindenden Verkaufs/Vermietungserklärung sein.

 

 

 

 

 § 4 iVm § 9 Abs 2

Praktisch gesehen stellt sich die Frage, wie vorzugehen ist, wenn dem Vertragspartner zwar der Energieausweis ausgehändigt werden soll, dieser die Entgegennahme allerdings – aus welchen Gründen auch immer – verweigert; dies insbesondere unter dem Blickwinkel der Sanktionierung sowie Beweisbarkeit gemäß § 9 Abs 2.

Neu ist die Einfügung durch Abs 3, wobei der Anwendungsbereich dieser Bestimmung von Vornherein eingeschränkt wird, da die Erläuternden Bemerkungen  als einziges typisches Beispiel Fertigteilhäuser anführen.

§ 5

Konsequenterweise ist der erste Satz zu ergänzen auf „Von der Informationspflicht nach § 3 sowie der Vorlage- und Aushändigungspflicht nach § 4 sind folgende Gebäudekategorien ausgenommen:“

Richtigerweise müsste die in § 5 genannte Bestimmung eine  Ausnahme von der Verpflichtung zur Erstellung eines Energieausweises betreffen und nicht eine Ausnahme von der Informations- bzw Vorlage- und Aushändigungspflicht.

Kritisiert wird, dass die Statuierung von Ausnahmen in der Richtlinie wesentlich weiter gefasst sind als die im Entwurf geplante Regelung. Besonders hart würde sich dies vor allem für Eigentümer denkmalgeschützter Gebäude sowie für Eigentümer von Gebäuden mit gegliederter Fassade auswirken. Gebäude dieser Art können niemals einen Energiestatus wie ein neues Gebäude erlangen. Eine diesbezügliche Exemtion ist daher erforderlich.

Der angegebene Katalog von Ausnahmen sollte vollständigkeitshalber auch um kurzfristige Vermietungen – etwa zu Ferienzwecken – ergänzt werden (siehe dazu die Erläuternden Bemerkungen zu § 2 Z 5 des Entwurfes).

§6

Bedenklich erscheint, dass energietechnische Eigenschaften eines zehn Jahre alten Gebäudes als bedungene Eigenschaft statuiert werden.

§ 7

Der Formulierung dieses Wahlrechts kann keinesfalls zugestimmt werden, weil eine schikanöse Rechtsausübung nicht ausgeschlossen ist.  Mit einer gerichtlichen Geltendmachung müsste  jedenfalls das Auslangen gefunden werden.

§ 9

In Ergänzung zu den bereits zu §§ 3 und 4 vorgebrachten Bedenken werden die Folgen der Unterlassung der Bekanntgabe von Energiekennzahlen in Inseraten überdies zu einer Anzeigenflut und damit zu einer massiven Überlastung der Verwaltung führen, sofern dieser Straftatbestand tatsächlich vollzogen werden soll. Die Effektivität dieser Maßnahme aus spezialpräventiver Sicht ist vor allem bei privaten Verkäufern stark in Zweifel zu ziehen.

Abs 1

Die Normierung von Verwaltungsstraftatbeständen mit einer Geldstrafe bis zu € 1450 für das Unterlassen der Bekanntgabe der Energieeffizienzklasse im Zuge einer Anzeige entspricht nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl dazu Artikel 27 der derzeit geltenden Richtlinie).

Keinesfalls zugestimmt werden kann der Privilegierung  von Immobilienmaklern.

Abs 2

§ 7 Abs 1 und 2 des Entwurfs normieren bestimmte zivilrechtliche Folgen unterlassener Vorlage oder Aushändigung. Unter diesem Blickwinkel stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit sowie Notwendigkeit einer zusätzlichen Bestrafung gem § 9 Abs 2.

§ 10

Im Hinblick auf das geplante Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes mit 1.1.2012 weist der ÖHGB daraufhin, dass noch zahlreiche Energieausweise beigebracht werden müssen  und die dafür verbleibende Zeit keinesfalls ausreichend ist. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens sollte daher unbedingt auf den 1.1.2013 verschoben werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Friedrich Noszek

Präsident