Zl. 12-REP-43.00/09 Ba/Hak

 

HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER

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                                                                                                        Wien, 31. März 2009

An das                                                                                                     Per E-Mail
Bundesministerium für Finanzen
Hintere Zollamtsstraße 2b
1030 Wien

An das
Präsidium des Nationalrats                                                                   Per E-Mail

Betr.:     Unternehmensserviceportalgesetz

Bezug:  Ihr E-Mail vom 5. März 2009,
GZ: BMF-113200/0001-II/2009

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nimmt wie folgt Stellung:

Der Vorschlag, ein einheitliches Unternehmerportal für die gesamte Verwaltung zu schaffen, wird auch aus der Sicht der Sozialversicherung begrüßt. Es ist dadurch zu erwarten, dass grundlegende Unternehmensangaben (Firmenbuchangaben, Niederlassungen, Vertretungsberechtigungen usw.) leichter als bisher auf einem einheitlichen aktuellen Stand gehalten werden können und dass die Kommunikation zwischen Sozialversicherungsträgern und Unternehmen weiter verbessert werden kann.

Das setzt freilich voraus, dass auch Behörden und Sozialversicherungsträger dieses Portal sinnvoll nutzen dürfen und nicht bloß als reine „Datenlieferanten“ herangezogen werden. Bereits an dieser Stelle wird verlangt, dass die Nutzungsbedingungen für Behörden und Selbstverwaltungskörper gleich zu sein haben (keine unterschiedlichen Gebührensätze oder Zutrittsbedingungen).

Die Bezeichnung des Gesetzes scheint allerdings irreführend, da nicht nur das geplante Unternehmensserviceportal, sondern auch das Bürgerportal (help.gv.at) sowie alle Portale des öffentlichen Bereiches betroffen sind.

Weitere grundlegende Voraussetzung ist, dass die gesetzlichen Zuständigkeiten, auf denen ja auch die Verantwortung für die richtige Vollziehung der jeweiligen Gesetze beruht, durch das Unternehmensportal nicht geändert werden

Es muss die Sozialversicherung bzw. der einzelne Sozialversicherungsträger als solcher gegenüber dem Unternehmer (= Kunden) weiterhin erkennbar bleiben, um die Verantwortung für die dahinter liegenden Abläufe klar zu machen und kurze Wege zum Ansprechpartner zu garantieren. Die Kooperation muss daher im Hintergrund, d. h. in der Technik erfolgen.

Ein Verwendungszwang soll nicht vorgesehen werden, weil das bedeuten würde, dass viele Unternehmen ihre eingespielten internen Abläufe unnötigerweise umzustellen hätten. Unternehmer sollten nach wie vor auch direkt in das SV-Portal einsteigen können. Dies wäre durch die Eigenständigkeit von Portalen im Rahmen eines Portalverbundes gewährleistet. Anstelle einer technisch zentralistischen Lösung („zwangsweise zu nutzendes Unternehmensserviceportal“) erscheint eine Portalverbundlösung auch unter Bedachtnahme auf geleistete Investitionen und die zu berücksichtigenden Veränderungsgeschwindigkeiten sowie Akzeptanzprozesse weitaus geeigneter.

Den Anforderungen der Kunden und deren Geschäftsprozesse (Verwaltungsabläufe) sollte jedenfalls der Vorzug gegenüber dem technischen Bedarf von Portallösungen eingeräumt werden. Single-Sign-On (SSO) muss beim Einstieg über das Unternehmerportal gewährleistet sein.

Dass die datenschutzrechtlichen Anforderungen und die Vorgaben der Gesundheitstelematik (Gesundheitstelematikgesetz BGBl. I Nr. 179/2004 etc.) eingehalten werden, weil Unternehmen nicht nur im Gesundheitsbereich auch sensible Daten zu verwalten haben, wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Die entsprechenden Hinweise auf Registrierungen, Sicherheit der Datenverwendung usw. hätten Teil des Angebotes im Unternehmensportal zu sein.

Zu einzelnen Bestimmungen:

In § 1 Abs. 2 ist geregelt, dass auch das Zusammenwirken der Bundesminister beim Betrieb des Bürgerportals (Help) geregelt wird. Die Begriffsbestimmung unter § 2 Z 3 geht mit dieser Intention nicht konform, denn am Bürgerportal handelt eine Benutzerin oder ein Benutzer nicht immer für (s)ein Unternehmen.

Zu § 3 Abs. 4 und 5 bleibt offen, welche näheren Bestimmungen durch Verordnung zu regeln sind. Es kann nur vermutet werden, dass es sich dabei im Wesentlichen um Bestimmungen betreffend Sicherheitsregime, Abbildungskonzept (Portalverbund oder andere), Normierung von Verantwortlichkeiten (Betreiber des Unternehmensserviceportals) und Ähnliches handelt. Eine nähere Determinierung erscheint angesichts der Judikatur des VfGH zum Legalitätsprinzip erforderlich, damit das Unternehmensportal nicht von vornherein Gefahr läuft, verfassungsrechtlichen Einwänden wegen angeblicher „formalgesetzlicher Delegation“ begegnen zu müssen.

Zu § 5 Abs. 1 ist anzumerken, dass Teilnehmer des Unternehmensserviceportals auch andere Portale sein können (Application Chaining). Ziel des Gesetzes muss es sein, auch bereits vorhandene Portale möglichst reibungslos in eine gemeinsame Struktur einzubinden.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Hauptverband: