An das
Bundesministerium

GZ ● BKA-600.842/0008-V/5/2009

Abteilungsmail v@bka.gv.at

bearbeiter Herr Dr Ronald FABER, LLM

Pers. E-mail Ronald.FABER@bka.gv.at

Telefon 01/53115/2355

Ihr Zeichen   BMG-90200/0001-I/B/6/2009

für Gesundheit

Radetzkystraße 2

1031 Wien

 

Mit E-Mail: begutachtungen@bmg.gv.at

 

Antwort bitte unter Anführung der GZ an die Abteilungsmail

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz sowie das Tierseuchengesetz geändert werden;

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL …“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

·      der ‑ für die Gestaltung von Erläuterungen weiterhin maßgebliche ‑ Teil IV der Legistischen Richtlinien 1979,

·      die Richtlinien für die Verarbeitung und die Gestaltung von Rechtstexten (Layout-Richtlinien) und

·      verschiedene, legistische Fragen betreffende Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

Der vorliegende Gesetzesentwurf wurde einer Bediensteten des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst am Freitag, 13. März 2009, per E‑Mail übermittelt, wobei eine Begutachtungsfrist bis Montag, 23. März 2009, 12.00 Uhr, gesetzt wurde. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist im Sinne seines Rundschreibens vom 19. Juli 1971, GZ 53.567-2a/71 (Entwürfe von Bundesgesetzen und Verordnungen des Bundes; Festsetzung angemessener Begutachtungsfristen), auf die Notwendigkeit der Festsetzung einer angemessenen Begutachtungsfrist hin, die grundsätzlich sechs Wochen betragen sollte und in diesem Fall deutlich unterschritten wurde. Überdies wird darauf hingewiesen, dass Begutachtungsentwürfe nicht (ausschließlich) an einzelne Bedienstete des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst zu übermitteln sind, sondern (auch) an das Postfach der Dienststelle (v@bka.gv.at).

II. Zum Gesetzesentwurf:

Allgemeine legistische Hinweise:

Aus Gründen der Einheitlichkeit wird angeregt, im Einleitungssatz der einzelnen Artikel der Sammelnovelle durchgehend entweder die Abkürzung dem Kurztitel nachzustellen oder auf die Abkürzung zu verzichten (vgl. LRL 133).

Zu Art. X1 (GESG):

Zu Art. X1 Z 1 (§ 8a Abs. 1):

Im novellierten Text hat die Paragraphenbezeichnung „§ 8a.“ zu entfallen.

Zu Art. X1 Z 3 (§ 12 Abs. 8):

Es wird angeregt, den Beistrich im ersten Satz zu streichen.

Zu Art. X1 Z 9 (§ 20 Abs. 2):

Die Vollziehungsklausel hätte zu lauten: „Mit der Vollziehung des § 6a, § 8 …“.

Zu Art. X2 (LMSVG):

Zu Art. X2 Z 3 (§ 61 Abs. 1), Z 4 (§ 61 Abs. 4 und 5), Z 5 (§ 67 Abs. 2) und Z 6 (Entfall des § 95 Abs. 14):

Wie sich aus den Erläuterungen zu dem in Art. X2 Z 3 vorgeschlagenen § 61 Abs. 1 LMSVG ergibt, sollen jene Änderungen des § 61 Abs. 1, 4 und 5 und des § 67 Abs. 2 LMSVG, die mit Art. 18 Z 7, 8 und 12 des Budgetbegleitgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 24, erlassen wurden, für deren Inkrafttreten aber eine Legisvakanz bis 1. Jänner 2009 vorgesehen war (§ 95 Abs. 14 LMSVG idF des Art. 18 Z 14 des Budgetbegleitgesetzes 2007), „nicht in Kraft treten“, wobei offenbar daran gedacht ist, dass die vor dem Budgetbegleitgesetz 2007 bestehende Rechtslage im Wesentlichen unverändert weiter bestehen soll.

Allerdings sind die § 61 Abs. 1, 4 und 5 und des § 67 Abs. 2 LMSVG idF des Budgetbegleitgesetzes 2007 – entgegen den Erläuterungen, wonach „die ursprünglich vorgesehene Nachfolgeregelung nun nicht in Kraft treten wird“ – mit 1. Jänner 2009 tatsächlich in Kraft getreten. Eine Verhinderung ihres Inkrafttretens ist daher nicht mehr möglich; allenfalls könnten die in Art. X 2 Z 3 bis 5 vorgesehenen Änderungen – nach Maßgabe der verfassungsrechtlichen Vorgaben für das rückwirkende Inkrafttreten von Bestimmungen (vgl. LRL, Pkt. 47) – rückwirkend mit 1. Jänner 2009 in Kraft gesetzt werden. Ein solches rückwirkendes Inkrafttreten ist im Entwurf aber nicht vorgesehen. Die Erläuterungen wären daher entsprechend anzupassen.

Überdies wird angeregt, den in Art. X2 Z 6 vorgesehenen Entfall des § 95 Abs. 14 LMSVG, der das Inkrafttreten der mit dem Budgetbegleitgesetz 2007 geänderten Bestimmungen regelt, zu überdenken. Die normative Wirkung dieser Inkrafttretensbestimmung hat sich mit dem Eintritt ihrer Rechtswirkungen (Inkrafttreten der genannten Bestimmungen mit 1. Jänner 2009) bereits erschöpft; ihre Aufhebung ist auch kein geeignetes Mittel, um die Geltung der betreffenden Bestimmungen rückwirkend wieder zu beseitigen: Dazu wäre es erforderlich, die Bestimmungen selbst rückwirkend aufzuheben bzw. – wie oben bereits angemerkt – die an ihre Stelle tretenden Bestimmungen rückwirkend in Kraft zu setzen.

Zu Art. X3 (ASVG):

Zu Art. X3 Z 2 (Entfall des § 447a Abs. 5) und 3 (§ 643):

1. Die gebundene Rücklage beim Ausgleichsfonds nach § 447a Abs. 5 ASVG soll aufgelöst und auf die Gebietskrankenkassen nach dem in § 643 Abs. 2 ASVG vorgesehenen Schlüssel aufgeteilt werden, wobei die Wiener Gebietskrankenkasse einen Fixbetrag von 33 Millionen Euro erhält und die verbleibenden Mittel auf die übrigen Gebietskrankenkassen entsprechend ihrer in den Ausgleichsfonds im Jahr 2008 einbezahlten Beiträge aufzuteilen sind. Nach den Erläuterungen beträgt die aufzulösende Rücklage zum 31. Dezember 2008 ca. 42,5 Millionen Euro, wobei der der Wiener Gebietskrankenkasse zufließ ende Betrag einer aushaftenden, aber gestundeten Zahlungsverpflichtung entspricht. Der Sache nach handelt es sich offenbar um eine (einmalige) trägerübergreifende Ausgleichsmaßnahme zugunsten der Wiener Gebietskrankenkasse.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist es unzulässig, Beitragseinnahmen, und seien es auch Überschüsse oder Rücklagen, einer Versichertengemeinschaft an eine andere Versichertengemeinschaft zu übertragen, sofern zwischen diesen beiden Versichertengemeinschaften kein persönlicher und sachlicher Zusammenhang besteht. Wenn der Gesetzgeber systembedingte Strukturprobleme, die zu strukturellen Nachteilen einzelner Versicherungsträger (Versichertengemeinschaften) führen, zum Anlass für trägerübergreifende Ausgleichmaßnahmen nimmt, ist jedoch das bloße Bestehen eines „Überschusses“ bei einem Versicherungsträger allein nicht geeignet, die Bildung einer trägerübergreifenden Riskengemeinschaft sachlich zu rechtfertigen. Vielmehr ist ein solches Ausgleichssystem so zu gestalten, dass weder einzelne Krankenversicherungsträger systematisch benachteiligt noch andere Versicherungsträger systemimmanent privilegiert werden, und die Beitragsleistung der einzelnen Versicherungsträger zu einem solchen Ausgleich am Verhältnis ihrer Leistungsfähigkeit zu orientieren (VfSlg. 17.172/2004, S. 599 ff).

Zwischen den Versichertengemeinschaften der Gebietskrankenkassen besteht ein persönlicher und sachlicher Zusammenhang, sodass ein trägerübergreifender Ausgleich grundsätzlich zulässig erscheint. Vor dem Hintergrund der dargestellten – wenn auch zu Ausgleichsmaßnahmen zwischen Sozialversicherungsträgern mit unterschiedlichem Beitrags- und Leistungsrecht entwickelten – Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sollte in den Erläuterungen aber näher dargelegt werden, welche sachlichen Gründe (insb. strukturelle Nachteile) diese einmalige Ausgleichsmaßnahme zugunsten der Wiener Gebietskrankenkasse rechtfertigen.

2. Bei der in § 643 Abs. 3 ASVG vorgeschlagenen Regelung handelt es sich der Sache nach um eine – auf die Krankenversicherungsträger beschränkte, aber zeitlich an sich unbefristete – Änderung der Beihilfe nach dem Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz (im Folgenden: GSBG), BGBl. I Nr. 746/1996. Es wird daher zur Erwägung gestellt, diese Regelung im GSBG und nicht im ASVG treffen.

In legistischer Hinsicht ist anzumerken, dass das Anführungszeichen vor der Überschrift zu § 643 ASVG im E‑Recht nicht „Fett“ zu formatieren ist.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass derzeit noch kein § 642 ASVG existiert, dass nach ho. Informationsstand jedoch der zur Begutachtung ausgesandte Entwurf eines Sozialversicherungsänderungsgesetzes 2009 (GZ BMASK-21119/0001-II/A/2009) einen solchen enthält. Es wäre daher im Gesetzgebungsverfahren darauf Bedacht zu nehmen, dass die Paragraphenbezeichnung der Schlussbestimmung allenfalls angepasst wird.

Zu Art. X4 (TSG):

Zu Art. X4 Einleitungssatz:

Im Einleitungssatz sollte nur der Kurztitel und allenfalls die Abkürzung verwendet werden (LRL 133). Das Zitat der Fundstelle der letzten Änderung hätte richtig zu lauten: „… zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2008 und …“

Zu Art. X4 Z 1 (§ 25a Abs. 4):

Im vorgeschlagenen § 25a Abs. 4 TSG erscheint unklar, worin die „Vorgaben des Bundesministers für Gesundheit“ für eine Schutzimpfung bestehen können bzw. sollen und ob diese Vorgaben durch Verordnung zu erlassen sind. Nach den Erläuterungen, die von einem „staatlichen Impfprogramm“ sprechen, ist offenbar an eine umfassende Regelung gedacht. Eine solche Klarstellung scheint vor allem deshalb notwendig, da nach dem letzten Satz des vorgeschlagenen § 25a Abs. 4 TSG die „Meldepflichten nach § 12“ unberührt bleiben sollen. § 12 TSG sieht aber nicht nur Meldepflichten vor, sondern enthält etwa auch Bestimmungen über Impfstoffe (insb. § 12 Abs. 1 TSG), sodass das Verhältnis dieser Bestimmungen zu den „Vorgaben des Bundesministers für Gesundheit“ nach dem vorgeschlagenen Art. 25a Abs. 4 TSG unklar erscheint.

Zu Art. X4 Z 2 (§ 77 Abs. 13):

Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass lediglich der vorgeschlagene § 25a Abs. 4 TSG, nicht aber auch Abs. 5 dieser Bestimmung von der Inkrafttretensbestimmung erfasst ist. Da Abs. 5 aber auch auf Abs. 4 verweist, sollte er nicht vor dieser Bestimmung in Kraft treten.

III. Zu Vorblatt, Erläuterungen und Textgegenüberstellung:

Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf sein Rundschreiben vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 – betreffend Legistik und Begutachtungsverfahren; Vorblatt und Erläuterungen; Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben ‑ hin, in denen insbesondere um eine detailliertere Strukturierung der Darstellung der Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben im Vorblatt ersucht wurde.

1. Zum Vorblatt:

Wie dem Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 6. November 2007, GZ 600.824/0005-V/2/2007 ‑ betreffend: Legistik und Begutachtungsverfahren; Auswirkungen von Rechtssetzungsvorhaben auf die Beschäftigungslage in Österreich und auf den Wirtschaftsstandort Österreich; Gestaltung von Vorblatt und Erläuterungen – (Pkt. 6.1. ua.) zu entnehmen ist, dient das Vorblatt einer raschen Orientierungsmöglichkeit. Die in das Vorblatt aufzunehmenden Informationen sollten zusammenfassenden Charakter haben. Die Darstellung von Einzelheiten, wie sie zu Art. X4 – mit demselben Wortlaut wie im Allgemeinen Teil der Erläuterungen – erfolgt, sollte dem Allgemeinen Teil der Erläuterungen vorbehalten bleiben.

Als Ziel des Art. X2 wird im Vorblatt und im Allgemeinen Teil der Erläuterungen angeführt, dass „die ursprünglich vorgesehenen Gebühren für die amtliche Kontrolle nicht eingeführt werden“. Die Aussage, dass eine bestimmte Regelung nicht getroffen wird, kann jedoch nicht Inhalt des „Ziels“ einer Novelle sein. Ebenso wenig kann die Nichteinführung von bestimmten Regelungen Inhalt der Darstellung der Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen und des Verhältnisses zu den Vorschriften der Europäischen Union sein.

2. Zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wird für die Art. X1 bis X3 und für den Art. X4 jeweils gesondert die Kompetenzgrundlage und die finanziellen Auswirkungen dargestellt. Es wird angeregt, aus Gründen der Einheitlichkeit diese beiden Teile entweder gemeinsam für alle Artikel der Sammelnovelle, oder für jeden einzelnen Artikel getrennt darzustellen; jedenfalls hinsichtlich der Kompetenzgrundlage wäre aber klarzustellen, welcher Kompetenztatbestand für welchen Artikel in Betracht kommt. Die Fundstelle des Kompetenztatbestandes „Sozial- und Vertragsversicherungswesen“ hätte richtig „Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG“ zu lauten.

3. Zum Besonderen Teil der Erläuterungen:

In den Erläuterungen zu Art. X1 Z 7 und 8 hätten die verwiesenen Ziffern richtig „4 und 5“ zu lauten.

Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 6. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

23. März 2009

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

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