115/SPET XXIV. GP
Eingebracht am 05.05.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Stellungnahme zu Petition
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Herrn Mag. Gottfried Michalitsch Leiter des Nationalratsdienstes Parlament 1017 Wien |
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BMF - I/4 (I/4) |
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GZ. BMF-310212/0004-I/4/2011 |
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Betreff: |
Petition
Nr. 72 „Kein Sparen bei Kindern, Jugendlichen, Familien und
Sozialem“; Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen |
Sehr geehrter Herr Mag. Michalitsch!
Bezugnehmend auf die mit Schreiben vom 11. April 2011 unter der Zahl 17010.0020/39-L1.3/2011 mit dem Ersuchen um Abgabe einer Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen übermittelte Petition Nr. 72 betreffend „Kein Sparen bei Kindern, Jugendlichen, Familien und Sozialem“, teile ich Ihnen aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen Folgendes mit:
Zum Bereich Familie:
Grundsätzlich ist anzumerken, dass für die Familienbeihilfe das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend zuständig ist.
Aus der Sicht des Finanzministeriums ist jedoch festzuhalten, dass eine nachhaltige Budgetkonsolidierung auch deutliche Maßnahmen im Familienbereich verlangt. Einer Kürzung der Staatsausgaben stehen keine Alternativen gegenüber, denn eine hohe aktuelle Neuverschuldung würde spätere Generationen unverhältnismäßig belasten.
Eine jüngst veröffentlichte Studie der OECD (2011) „Doing better for families“ belegt außerdem, dass Österreich mit Geldleistungen für Familien in Höhe von 2,15 % des BIP auf Platz drei von 33 OECD-Staaten liegt und unterstreicht damit den hohen Wert, den die Österreichische Bundesregierung der finanziellen Unterstützung von Familien beimisst.
Zum Bereich Soziales/Pflege:
Die österreichische Bundesregierung hat sich im aktuellen Regierungsprogramm zur langfristigen Sicherung der Pflege in Österreich bekannt und mit folgenden Schritten umgesetzt:
Die angeführten Regelungen sind vorerst befristet und werden im neuen Finanzausgleich ab 2015 neu zu gestalten sein. Eine Arbeitsgruppe zur Strukturreform im Pflegebereich soll bis Ende 2012 Ergebnisse vorlegen, die eine Überführung in den nächsten Finanzausgleich ermöglichen. In dieser Arbeitsgruppe ist selbstverständlich auch die Frage der Finanzierung der Pflegedienstleistungen ausführlich und in jede Richtung zu diskutieren.
Zum Bereich Bildung:
Aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen kann angemerkt werden, dass trotz einer angespannten Budgetsituation und der dringenden Notwendigkeit zur nachhaltigen Budgetkonsolidierung die Bundesregierung ein klares Bekenntnis für die Bildungspolitik in Form von Schwerpunktsetzungen im Bereich Schule und Universitäten gesetzt hat. Gemäß Regierungsbeschluss von Loipersdorf stehen sowohl den Schulen als auch den Universitäten jährlich zusätzliche 80 Mio. Euro als Offensivmaßnahme zur Verfügung.
Die 10 %-Beschränkung der Neuen Mittelschule wird aufgehoben und diese neue Schulform wird sukzessive flächendeckend ausgebaut. Für die Neue Mittelschule werden von 2012 bis 2015 insgesamt 214 Mio. Euro bereitgestellt.
Weitere Maßnahmen wie die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl oder die Beibehaltung von Kleinklassen und Kleinschulen werden ebenso finanziert wie beispielsweise der Ausbau der Nachmittagsbetreuung oder die Abhaltung von Sprachförderkursen.
Die hohen Investitionen im Bildungsbereich unterstreichen die vorrangige Stellung dieses Politikfeldes.
Zum Bereich Steuern:
Vorweg ist klarzustellen, dass ein gerechtes Steuersystem das oberste Ziel der Bundesregierung und insbesondere der Finanzverwaltung ist. Steuergerechtigkeit setzt einerseits bei der Steuerstruktur an sich an, weiters bei einer ausgeglichenen Besteuerung von Haushalten und Unternehmen, der Rückführung von Transfers in Maßnahmen, die die Abgabenquote senken, der Verbreiterung von Bemessungsgrundlagen statt der Schaffung weiterer Ausnahmen und der Fortsetzung des Weges von Tax Compliance Maßnahmen, um die wichtigsten Instrumente zu erwähnen.
Zu den konkret angeführten Punkten ist folgendes anzumerken:
· Angemessene Besteuerung von Vermögen
Die Einführung einer generellen Vermögensbesteuerung ist derzeit kein Thema, aber im Kapitalbereich wurde kürzlich ohnehin die generelle Besteuerung von Vermögenszuwächsen eingeführt. Im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes 2011 wurde die Besteuerung von Kapitalerträgen neu geordnet, systematisiert und auf Substanzgewinne -das sind insbesondere Veräußerungsgewinne - sowie auf Derivate ausgedehnt. Künftig sollten demnach sämtliche Kapitalerträge unabhängig von der Höhe der Beteiligung und der Behaltedauer der 25%-igen Kapitalertragsteuer (KESt) unterliegen.
· Abschaffung von Steuerprivilegien
In einer Gesamtschau kann grundsätzlich nicht davon ausgegangen werden, dass derzeit zahlreiche steuerliche Privilegien bestehen. Da jedoch bekanntermaßen durch Vereinfachungen und der Reduktion von Ausnahmen die Rechtssicherheit und das Rechtsvertrauen gestärkt werden, werden derartige Maßnahmen aus steuerpolitischer Sicht künftig forciert werden.
· Steuerliche Gleichbehandlung von Arbeits- und Kapitaleinkommen
Die Besteuerung von Kapitalerträgen mit der Kapitalertragsteuer (KESt) ist eine vereinfachte Form der Einkommensteuer. Dabei wird ein Steuersatz von 25% gewährt, der gemäß einer Verfassungsbestimmung maximal die Hälfte des Spitzensteuersatzes betragen darf. Dafür wird die KESt aber ohne Berücksichtigung von Werbungskosten und ohne Berücksichtigung eines steuerfreien Existenzminimums abgezogen.
Eine steuerliche Gleichbehandlung von Kapitalerträgen und Arbeitseinkommen könnte nur im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung - unter Berücksichtigung auch von Werbungskosten - erfolgen, was einen immensen Verwaltungsmehraufwand zur Folge hätte und dazu führen würde, dass jeder, der ein Sparbuch besitzt, eine Steuererklärung abgeben müsste. Nachdem es in Österreich ein Bankgeheimnis gibt, würde dies kaum kontrollierbar sein und möglicherweise zu einem geringeren Aufkommen als bisher führen. Dies ist außerdem mit dem Ziel eines einfachen Steuersystems nicht vereinbar.
Österreich hat mit dem System der Kapitalertragsteuer einen international erfolgreichen Weg eingeschlagen, der das Steueraufkommen ohne großen Verwaltungsaufwand sichert. Es ist derzeit daher nicht geplant, von diesem System abzugehen.
5. Mai 2011
Für die Bundesministerin:
Mag. Gerhard Wallner
(elektronisch gefertigt)