296/SPET XXIV. GP

Eingebracht am 17.07.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petition

 

 

 

 

Ressortstellungnahme zur Petition Nr. 207

 

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nimmt zu der im Betreff angeführten Petition betreffend „die Verhinderung des Ausbaus von bestehenden Atomkraftwerken und der Errichtung von Atomrestmülllagern in Tschechien“, die dem Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen am 05.06.2013 vorgelegt worden war, wie folgt Stellung:

 

Eingangs sei unterstrichen, dass die Österreichische Bundesregierung die Nutzung der Kernenergie im Allgemeinen sowie den Neubau/Ausbau von Kernkraftwerken im Besonderen entschieden ablehnt. Grundsätzlich bleibt der generelle Ausstieg aus der energetischen Nutzung der Kernenergie unser Ziel. Bis dahin gilt es, zum Schutz der österreichischen Bevölkerung und der Umwelt die Sicherheit von Kernkraftwerken, aber auch von anderen kerntechnischen Anlagen, ständig zu verbessern. Dass Österreich hier einen ganz wichtigen Beitrag leisten kann, haben zuletzt die Stresstests für europäische Kernkraftwerke gezeigt.

 

Der Ausbau des KKW Temelín ist ein bedauerlicher Rückschritt in der gesamten Energie- und Umweltpolitik. Unbeschadet dessen müssen wir jedoch zur Kenntnis nehmen, dass es derzeit nach Auffassung zahlreicher Rechtsexperten kein spezielles Rechtsmittel zur Verhinderung von Kernkraftwerken gibt, sofern die genehmigende Behörde die geltenden Rechtsvorschriften einhält und, im Falle eines EU-Mitgliedsstaates, EU-Recht eingehalten wird.

 

Die Bemühungen der Tschechischen Republik, einen geeigneten Standort für ein Endlager für hochaktive radioaktive Abfälle zu finden, sind seit Jahren bekannt. Die Problematik war und ist folglich regelmäßig Gegenstand bilateraler Kontakte. Das tschechische Entsorgungskonzept sieht eine langfristige Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente mit anschließender Verbringung in ein geologisches Tiefenlager vor. Andere Optionen werden jedoch explizit offen gehalten. Mit der Errichtung soll um 2050, mit der Einlagerung um 2065 begonnen werden.

 

Angesichts des Widerstands in den potentiellen Standortregionen (Kommunen) wurde die Endlagersuche für einige Zeit „suspendiert“. Nunmehr soll mit konkreten Explorationsaktivitäten (u.a. Probebohrungen) an voraussichtlich vier Standorten begonnen werden, um bis etwa 2018 die Auswahl auf zwei Standorte einzugrenzen; allerdings nur bei expliziter Zustimmung der betroffenen Kommunen.

 

Dort, wo es um Schutzbedürfnisse der österreichischen Bevölkerung, bzw. um den Schutz der Umwelt geht, ist Österreich berechtigt und verpflichtet, seine Stimme zu erheben. Dies bedeutet, dass die Bundesregierung in allen Fällen von kerntechnischen Anlagen, die negative Auswirkungen auf Österreich haben könnten, alle Möglichkeiten zur Wahrung der österreichischen Sicherheitsinteressen nutzen wird. Dies gilt insbesondere für grenzüberschreitende UVP-Verfahren, aber auch für die Konsultationsmechanismen, die in den bilateralen „Nuklearinformationsabkommen“ vorgesehen sind. Die Zusammenarbeit mit den zuständigen tschechischen Behörden ist und bleibt daher essentiell.

 

Da es sich vorerst um eine Standortsuche handelt und somit noch kein formelles Verfahren eingeleitet wurde, kommen diesbezügliche völker- bzw. europarechtliche Bestimmungen (u.a. UVP-Verfahren) noch nicht zum Tragen. Aus Sicht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ist ein geologisches Tiefenlager in der Nähe der österreichischen Grenze insbesondere vor dem Hintergrund der österreichischen Nuklearpolitik schwer vorstellbar.


Die Frage der Endlagerung abgebrannter Brennelemente und hochradioaktiver Abfälle ist zentral bei der energetischen Nutzung der Kernenergie. Daher beschäftigen sich zahlreiche Gremien auf europäischer Ebene mit diesem Thema. Österreich hat auch auf europäischer Ebene wiederholt deutlich gemacht, dass die ungelöste Entsorgungsproblematik der energetischen Nutzung der Kernenergie entgegensteht. Faktum ist jedoch, dass die bereits vorhandenen Mengen an abgebrannten Brennelementen und radioaktiven Abfällen in jedem Falle dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechend zu lagern, zu behandeln und letztlich zu entsorgen sind.

 

Die Richtlinie 2011/70/Euratom des Rates über einen Gemeinschaftsrahmen für die verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle, die am 22. August 2011 in Kraft getreten ist, ist ein erster notwendiger Schritt in die richtige Richtung. Die Richtlinie definiert im Wesentlichen Mindeststandards für die Sicherheit und Nachhaltigkeit im Bereich des Atommülls in verbindlicher Form und behandelt erstmals in ihrer Gesamtheit eine Bewirtschaftung von Atommüll. Das bringt weitere Kontrolle und Sicherheit.

 

Abschließend sei versichert, dass die österreichische Bundesregierung alle zu Gebote stehenden Mittel zur Wahrung der Interessen der österreichischen Bevölkerung einsetzen wird.

 

Für den Bundesminister:

Mag. Katharina Kaiser

 

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