Parlament Österreich

 

 

 

V-9 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten

der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 9. Juni 2010

 


Beratungen
des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode     Mittwoch, 9. Juni 2010

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

1.    KOM (10) 95 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz sowie zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates

(28731/EU XXIV.GP)

 

2.    KOM (10) 94 endg.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates

(28732/EU XXIV.GP)

 

3.    KOM (10) 105 endg./2

Vorschlag für eine Verordnung (EU) des Rates zur Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts

(28760/EU XXIV.GP)

 

4.    KOM (10) 104 endg./2

Vorschlag für einen Beschluss des Rates Nr. …/2010/EU über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts

(28759/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Kampf

§  gegen den Menschenhandel und gegen den sexuellen Missbrauch sowie der Opferschutz waren neben einer

§  verstärkten Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Scheidungsrechts

Themen des EU-Unterausschusses vom 9. Juni 2010.

 

 

Zum Thema Menschenhandel und sexuellen Missbrauch hat die EU-Kommission Vorschläge zu zwei Richtlinien vorgelegt, die ein besseres abgestimmtes Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten sowie eine engere Zusammenarbeit auf internationaler Ebene in diesen Bereichen zum Ziel haben. Dabei handelt es sich einerseits um die Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz, andererseits um die Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie.

 

Beide Richtlinienentwürfe wurden von den Abgeordneten aller fünf Fraktionen unisono begrüßt, was auch durch zwei S-V-Anträge auf Ausschussfeststellung bekräftigt wird, die den Ausschuss mit großer Mehrheit passierten. Die Abgeordneten sprechen sich darin jedoch für Präzisierungen in den EU-Vorlagen.

 

Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner stellte in diesem Zusammenhang fest, in Österreich gebe es auf Grund der guten Rechtslage nur geringen Anpassungsbedarf. Neu in österreichisches Recht aufgenommen werden müsste laut Erläuterungen des Justizministeriums der Tatbestand des "Grooming". Damit bezeichnet man die Kontaktaufnahme zu Kindern zum Zweck des sexuellen Missbrauchs. Die Abgeordneten traten auch eindeutig dafür ein, Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten zu löschen anstatt zu sperren.

 

 

Der Vorschlag zur Bekämpfung des Menschenhandels sieht ausdrücklich auch das Ausnützen von Personen, die zum Betteln oder Stehlen gezwungen werden, als Menschenhandel an. Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner bemerkte dazu, schon die Tatsache, dass Kinder von Großfamilien, die sich temporär in einem EU-Staat ansiedeln, zum Betteln und Stehlen angehalten werden und keine schulische Ausbildung erhalten, mache die Notwendigkeit einer engen grenzüberschreitenden Kooperation deutlich.

 

Der Vorteil der Annäherung im Bereich des materiellen Strafrechts und der Verfahrensvorschriften innerhalb der EU liegt in der Erleichterung eines abgestimmten Vorgehens und damit einer Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit, unterstrich die Ministerin.

 

 

Im Bereich des Scheidungsrechts kommt es erstmals zu einer verstärkten Zusammenarbeit von 14 EU-Staaten, unter anderem auch auf Initiative Österreichs. Ziel ist es, Rechtssicherheit im Fall der Scheidung von internationalen Ehen zu schaffen, indem für die Zuständigkeiten klare Kriterien definiert werden. Die materiell rechtlichen Vorschriften der einzelnen Staaten sind davon nicht berührt, wie die Justizministerin bekräftigte. Auch diese Initiative wurde allgemein von den Abgeordneten aller Fraktionen unterstützt.

 

In einer einstimmig angenommenen Ausschussfeststellung sprechen die Abgeordneten trotz Unterstützung der Initiative der Kommission zu kritischen Anmerkungen, insbesondere, was die Definition des "gewöhnlichen Aufenthalts" betrifft.

 

Sektionsleiter Botschafter Walter Grahammer vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten erläuterte eingehend das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit.

Kampf gegen Menschenhandel

 

 

In der Vorlage zu einer effizienteren Bekämpfung des Menschenhandels wird der Straftatbestand des Menschenhandels genau definiert. Demnach fällt darunter jeglicher Handel mit Menschen, egal ob gewaltsam durch Nötigung, Bestechung, Betrug oder Ausnützung eines Autoritätsverhältnisses. Es sind auch umfassende und verbindliche Regelungen im Hinblick auf die gerichtliche Zuständigkeit vorgesehen. Vor allem wird dem Opferschutz mehr Beachtung geschenkt. Das reicht von der Einführung zur frühzeitigen Erkennung und Unterstützung von Opfern über den Zugang zu notwendigen medizinischen Behandlungen und psychologischen Hilfen bis hin zu Vorkehrungen, die Opfer, insbesondere Kinder, im Strafverfahren im besonderen Maße zu unterstützen und zu begleiten. Auch die Prävention gewinnt an Bedeutung. So sollen verstärkt Schulungen erfolgen und Schritte in die Wege geleitet werden, die der Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen und billigen Arbeitskräften entgegenwirken. Geplant ist auch eine strafrechtliche Verfolgung von Personen, die unter Zwang erbrachte Dienste nutzen, obwohl sie wissen, dass der/die Betreffende Opfer von Menschenhandel ist. In den einzelnen Mitgliedstaaten sollen darüber hinaus nationale BerichterstatterInnen eingesetzt oder gleichwertige Mechanismen eingeführt werden, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu prüfen.

 

In der einstimmig angenommenen V-S-Ausschussfeststellung wird die Tatsache hervorgehoben, dass die geschlechts- und altersspezifische Komponente von Menschenhandel besonders beachtet werden soll. Befürwortet wird insbesondere die Strafbarkeit juristischer Personen, womit man die Mitwirkung am Menschenhandel unter dem Deckmantel einer Organisation oder eines Unternehmens unterbinden will. Es sollte nach Ansicht der Abgeordneten geprüft werden, ob den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Option eingeräumt werden kann, juristische Personen für Handlungen unter Strafe zu stellen, bei denen zwar keine Begünstigung aber dennoch ein grobes, der juristischen Person zuzurechnendes Verschulden vorliegt.

 

 

Die Diskussion zeigte dann auch allgemeine Zustimmung zum geplanten Richtlinienvorschlag. Abgeordnete Christine Muttonen (S) hob die Bedeutung der einheitlichen Definition von Menschenhandel und die besondere Beachtung der geschlechts- und altersspezifischen Komponente hervor, zumal ein Großteil der Opfer von Menschenhändlern Frauen und davon wieder ein hoher Prozentsatz Minderjährige sind. Ebenso zeigte sie sich über die Bestimmungen zu einem verbesserten Opferschutz zufrieden. Ähnlich positiv reagierte Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V), der auf die Bedeutung des Menschenhandels im Rahmen des internationalen organisierten Verbrechens hinwies. Der Menschenhandel habe viele Facetten, sagte Donnerbauer, weshalb auch in Österreich entschiedene Schritte zur Eindämmung dieser Verbrechen gesetzt worden seien. Die Abgeordneten Johannes Jarolim (S) und Albert Steinhauser (G) pflichteten dem bei und stellten fest, die unumgängliche internationale Zusammenarbeit könne jedoch innerstaatliche Maßnahmen nicht ersetzen, um diesen Verbrechenszweig einzudämmen.

 

Abgeordneter Johannes Hübner (F) monierte, es müsse auch in Zukunft sicher gestellt sein, dass die einzelnen Länder strengere Bestimmungen, als sie in der Richtlinie enthalten sind, vorsehen können. Unterstützung für die Vorlage kam schließlich auch vom BZÖ, wobei Abgeordneter Herbert Scheibner (B) mehr Druck auf jene Länder verlangte, von denen ein Teil des Problems ausgeht. Auch werde der Erfolg der legislativen Maßnahmen von der konkreten Umsetzung abhängen, sagte er und übte Kritik an der Wiener Stadtpolitik, wo man seiner Meinung nach zu wenig gegen die Mafia im Prostitutionsbereich unternimmt.

 

 

 

Maßnahmen gegen sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie

 

 

Mit Hilfe des zweiten Richtlinienvorschlags würden nun schwere Formen des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern, die derzeit nicht von den EU-Rechtsvorschriften erfasst sind, unter Strafe gestellt. Die Definition des Tatbestands der Kinderpornografie wird vereinheitlicht und den Übereinkommen von Europarat und UNO angenähert, das Strafausmaß soll so erhöht werden, dass die Strafen verhältnismäßig, wirksam und abschreckend sind.

 

Unter Strafe gestellt werden sollen insbesondere pornografische Online-Darbietungen sowie der bewusste Zugriff auf Kinderpornografie. Damit soll auch das Anschauen von Kinderpornografie auf Webseiten erfasst werden, was in Österreich seit dem 2. Gewaltschutzgesetz bereits strafbar ist. Erleichtert werden soll auch die Strafermittlung. Straftäter aus der EU, die außerhalb der Union Kinder missbrauchen oder ausbeuten, können in Zukunft ebenfalls verfolgt werden, womit man dem Sex-Tourismus begegnen will. Die Bestimmungen würden auch zu einem EU-weiten Verbot für Sexualstraftäter führen, nach ihrer EntlassungTätigkeiten im Kontakt mit Kindern auszuüben.

 

Auch in diesem Richtlinienvorschlag gibt es zahlreiche Bestimmungen zu einem verbesserten Opferschutz und zu mehr Prävention. Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner wies in diesem Zusammenhang auf die Vorreiterrolle Österreichs beim Opferschutz hin. So gebe es bereits seit 16 Jahren opferschonende Vernehmungen. Durch die fortschrittliche österreichische Gesetzgebung würde die geplante Richtlinie keinen Änderungsbedarf in Österreich hervorrufen, sagte sie.

 

 

Auch zu dieser Vorlage äußerten sich die Abgeordneten aller Fraktionen durchwegs positiv. So begrüßte etwa Abgeordneter Johannes Jarolim (S) die Initiative der Kommission. Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) betonte die Wichtigkeit der Maßnahmen, denn kriminelle Handlungen an Kindern zählten zu den abscheulichsten Verbrechen, und die Opfer litten oft lebenslang unter den Folgen, sagte er. Beide wiesen auf das hohe Niveau der österreichischen Gesetzgebung hin und erinnerten an das 2. Gewaltschutzpaket zur effizienteren Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs.

 

In der von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ angenommenen V-S-Ausschussfeststellung wird der Entwurf als ein wichtiger Schritt bezeichnet, um die Bekämpfung von Kinderpornografie in Europa und darüber hinaus voranzutreiben, Lücken sowohl in der Strafverfolgung als auch im Opferschutz zu schließen und eine angemessene Abschreckungswirkung zu erzeugen. Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) ging näher auf den Inhalt des Antrags ein und unterstrich die Wichtigkeit einer gemeinsamen Definition der Straftatbestände, die die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet erleichtert. Er unterstützte auch die vorgesehene Strafbarkeit juristischer Personen.

 

Eine ausführlichere Diskussion entwickelte sich zum Thema Internet. In der mehrheitlich angenommenen Ausschussfeststellung heißt es, die Möglichkeit, Internetseiten zu sperren, stelle eine weitere Maßnahme zur Bekämpfung von Kinderpornografie dar. Keinesfalls dürften dadurch aber die Anstrengungen zur Löschung von kinderpornografischem Inhalt aus dem Internet nachlassen.

 

Zu diesem Thema legten auch die Grünen einen Antrag auf Ausschussfeststellung vor, in dem rechtliche Rahmenbedingungen gefordert werden, die sicherstellen, dass die Provider in jenen Staaten, in denen sich die Server befinden, kinderpornografische Inhalte löschen. Abgeordneter Albert Steinhauser (G) erläuterte dazu, Internetsperren würden den Inhalt nicht aus dem Netz entfernen. Es würde lediglich ein technischer Vorhang darüber gestülpt, womit die Inhalte über Nummernadressen weiterhin abrufbar seien. Mit dem Sperren von Seiten würde man damit nur einem Placebo-Effekt erzielen. Es gehe einfach darum, die Märkte trocken zu legen, verlangte er. Die EU müsse auch Druck auf jene Länder ausüben, die die Inhalte nicht löschen wollen, weshalb man die Diskussion auch auf der Ebene der UNO führen sollte.

 

Die Abgeordneten Johannes Jarolim (S) und Heribert Donnerbauer (V) wiesen darauf hin, sowohl im Richtlinienentwurf, als auch in der angenommenen Ausschussfeststellung werde festgehalten, dass das Löschen Vorrang vor dem Sperren haben müsse. Dennoch sei es oft sehr schwierig, dies bei Drittländern durchzusetzen, weshalb es die zweitbeste Alternative, nämlich das Sperren, geben müsse. Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner ergänzte, die EU intensiviere in dieser Frage die Verhandlungen mit anderen Ländern. Der Antrag der Grünen wurde mehrheitlich von SPÖ und ÖVP abgelehnt.

 

Nachdem Abgeordneter Herbert Scheibner (B) in einem weiteren Antrag auf Ausschussfeststellung die Abschaffung der Verjährungsfristen bei strafbaren Handlungen gegen die Integrität und Selbstbestimmung von Minderjährigen gefordert hatte, wurde auch dieses Thema in der Diskussion näher beleuchtet. Die Justizministerin hielt diesen Vorschlag für wenig zielführend, da eine Abschaffung zu einer weiteren schweren Belastung der Opfer führen könnte, da nach etwa 40 Jahren die Beweisführung schwierig sei. Die österreichische Rechtslage, wonach die Verjährungsfrist erst mit dem 28. Lebensjahr der Opfer beginnt, sei ausreichend, stellte sie fest. Außerdem sei zu bedenken, dass von einer solchen Maßnahme nur zukünftige Fälle betroffen wären und heutige Opfer aufgrund der zahlreichen Opferschutzeinrichtungen wesentlich früher über das ihnen zugefügte Leid sprechen.

 

Dennoch meinte Abgeordneter Albert Steinhauser (G), man sollte über die Verjährungsfristen einen Round-Table mit StrafrechtsexpertInnen und PsychotherapeutInnen abhalten. Es hätten sich die technischen Mittel verbessert, um lange zurückliegende Fälle aufzuklären. Dem stimmte auch Abgeordneter Johannes Jarolim (S) zu. Es sei sehr unterschiedlich, wann Opfer in der Lage seien, über das, was ihnen angetan wurde, zu reden. Abgeordneter Herbert Scheibner (B) warf ein, in vielen Fällen würden die Opfer die Täter nicht kennen, durch moderne technische Mittel könnten aber nunmehr die Spuren nach Jahrzehnten zu den Tätern führen.

 

Der von den anderen Fraktionen abgelehnte Antrag des BZÖ enthält darüber hinaus etwa auch die Forderung nach Verdoppelung der Strafrahmen von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Minderjährigen, nach verpflichtend lebenslangen Kontrollmaßnahmen im Anschluss an die Haftentlassung und nach einer generellen Anzeigepflicht. Das BZÖ wendet sich auch gegen eine bedingte Strafnachsicht sowie gegen eine bedingte Entlassung bei Freiheitsstrafen wegen Sexualdelikten an minderjährigen Personen. Abgeordneter Scheibner (B) wollte dies als ein Signal dafür sehen, dass für den Staat und die Gesellschaft sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen als ein Kapitalverbrechen angesehen wird und dass hier keine Rücksichten gelten dürften wie bei anderen Straftaten. Vor allem dürfe man das Restrisiko von Wiederholungstätern nicht Kindern und Jugendlichen aufbürden, meinte er.

 

Den Einwand des Abgeordneten Johannes Hübner (F) , dass der Antrag zu weit gehe, weil er, wie auch die Vorlage der Kommission, nicht zwischen Jugendlichen unter 14 Jahren und Jugendlichen über 14 Jahren unterscheide, begegnete Abgeordneter Scheibner (B) mit dem Hinweis, sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen sei nicht vergleichbar mit Körperverletzung und Vermögensdelikten. Hier gehe es um den Eingriff in die Psyche und Integrität von Menschen, die das Ausmaß anderer Delikte übersteigen. Abgeordneter Hübner (F) blieb jedoch bei seiner Feststellung, durch die mangelnde Differenzierung zwischen Mündigen und Unmündigen würde der Rechtsstaat um wichtige Aspekte beraubt. Die Ministerin informierte daraufhin die Abgeordneten, dass diese Frage in einem Arbeitsdokument aufgeworfen werde und die Diskussion darüber laufe.

Instrument der verstärkten Zusammenarbeit  bei Scheidungsrecht

 

 

Auf der Tagesordnung des EU-Unterausschusses stand weiters ein Verordnungsvorschlag der Kommission, der mehr Rechtssicherheit im Scheidungsverfahren bringen soll, indem klare Kriterien für die Zuständigkeit des Verfahrens festgelegt werden. Da diese Zielsetzung bereits einmal am Widerstand Schwedens gescheitert ist, wollen nun vierzehn Mitgliedstaaten, darunter Österreich, das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit nützen, um den nunmehr leicht abgeänderten Verordnungsentwurf umzusetzen.

 

Nach derzeitiger Rechtslage verfügt jeder EU-Mitgliedstaat über eigene Bestimmungen, welches Scheidungsrecht bei internationalen Ehen anwendbar ist, erklärte Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Ehepartner können demnach ein Gericht in einem Mitgliedstaat anrufen, dessen Recht er/sie für sich als günstiger erachtet. Dabei ist dann jenes Gericht zuständig, an das sich ein Partner zuerst gewendet hat ("rush to court").  Bevorzugt seien damit die besser informierten und finanziell stärkeren Partner. Zukünftig soll primär das Recht des Staates des (letzten) gemeinsamen Aufenthalts der Gatten maßgebend sein. Die Ehepartner haben auch die Möglichkeit, eine Rechtswahl zu treffen, sie können aber nur ein Recht wählen, zu dem sie einen engen Bezug haben, wie etwa das Recht des Heimatstaates eines Gatten. Der Vorteil dieser Bestimmungen liege darin, sagte die Justizministerin im Ausschuss, dass in Zukunft nicht mehr exzentrische Rechtsordnungen in großer Anzahl anzuwenden sind. Außerdem werde es nicht erlaubt sein, Rechtssysteme wie die Scharia heranzuziehen. Auch eine geschlechtsspezifische Unterscheidung ist untersagt.

 

Die Ministerin wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass mit dieser Vorlage erstmals ein Mandat zu einer verstärkten Zusammenarbeit beschlossen wird. Es hätten sich 14 Mitgliedsstaaten zusammengeschlossen, um festzulegen, welche Rechtsordnung in internationalen Scheidungsfällen anzuwenden ist. Die Ministerin betonte ausdrücklich, dass damit keine Änderung der materiell rechtlichen Bestimmungen verbunden ist.

 

 

Die Tatsache, dass nunmehr in familienrechtlichen Angelegenheiten erstmals das Instrument der verstärkten Zusammenarbeit angewendet wird, wurde von den Abgeordneten positiv aufgenommen. Abgeordneter Johannes Jarolim (S) meinte, das trage dazu bei, die europäische Idee bis hin in den persönlichen Bereich zu transportieren. Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) erwartet sich dadurch eine Dynamisierung.

 

Auch Abgeordneter Herbert Scheibner (B) sah darin ein positives Instrument, das bereits bei der Einführung des Euro bei Schengen und in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zum Tragen gekommen sei. Dadurch werde der Ausbau eines Kerneuropa gefördert, was nach Ansicht Scheibners sinnvoll ist. Ein Kerneuropa würde das System in der EU auch flexibler gestalten, ergänzte Abgeordneter Ewald Stadler (B).

 

Aus diesem Grund bewertete Abgeordneter Albert Steinhauser (G) die verstärkte Zusammenarbeit aber differenziert. Sie könne ein Katalysator sein, sagte er, ein Europa der zwei Geschwindigkeiten hielt er jedoch für politisch nicht sinnvoll.

 

Die verstärkte Zusammenarbeit sei besser als Stillstand, bemerkte Bundesministerin Bandion-Ortner, gerade in Familien- und Scheidungsrecht, wo es innerhalb der EU sehr unterschiedliche Rechtslagen gibt. Die Frage des Abgeordneten Johannes Hübner (F), warum die Ermächtigung zu einer verstärkten Zusammenarbeit von allen Staaten befürwortet werden müsse, begründete Abgeordneter Ewald Stadler (B), das sei ein Schutzmechanismus, damit kleinere Staaten nicht überfahren werden.

 

Die Ausschussmitglieder nahmen schließlich einstimmig einen V-S-Antrag auf Ausschussfeststellung an, in dem trotz positiver Bewertung des Kommissionsvorschlags noch einige Punkte als kritisch aufgelistet werden. Das betrifft einerseits das Erfordernis der Rechtswahl, wobei sich die Abgeordneten für eine Rechtswahlvereinbarung in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde aussprechen. Genauer geregelt werden muss nach Ansicht der Abgeordneten auch die für die Rechtswahl zur Verfügung stehende Zeitspanne sowie die Definition des "gewöhnlichen Aufenthalts".

 

Bundesministerin Bandion-Ortner bemerkte dazu, zum "gewöhnlichen Aufenthalt" gebe es in Österreich eine ausgereifte Judikatur, es werde aber auf EU-Ebene diskutiert, eine Definition in die Vorlage aufzunehmen.  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender V-S- Antrag auf Ausschussfeststellung wurde einstimmig angenommen:

 

 

 

 

Ständiger Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 9. Juni 2010

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Maga Christine Muttonen

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

I.

 

Der ständige Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union hat den Vorschlag der Europäischen Kommission betreffend

 

 

KOM (2010) 95 endg Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhütung und Bekämpfung von Menschenhandel und zum Opferschutz sowie  zur Aufhebung des  Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (28731/EU XXIV.GP)

 

 

am 9. Juni 2010 in öffentlicher Sitzung beraten, die Vorlage inhaltlich sowie aus Sicht der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit geprüft, und kommt zu folgendem Ergebnis:

 

 

 

1.    Die Ziele des vorliegenden Vorschlags werden ausdrücklich begrüßt. Die Bekämpfung des Menschenhandels ist klarer Ausdruck des europäischen Wertesystems, in dem die Ausbeutung von Menschen keinen Platz haben darf. Da Menschenhandel ein grenzüberschreitendes Problem darstellt, steht außer Zweifel, dass Maßnahmen auf europäischer Ebene ein taugliches Instrument darstellen, um diesem Problem effektiv zu begegnen. Ein koordiniertes Vorgehen der EU-Mitgliedsstaaten stellt überdies sicher, dass eventuell bestehende Lücken in der Verfolgung von Menschenhandel geschlossen werden und dass eine einheitliche Abschreckungswirkung der Sanktionen besteht.

 

2.    Diese Ziele können von den einzelnen Staaten alleine nicht ausreichend verwirklicht werden. Die vorgeschlagene Richtlinie wird sich positiv auf die internationale Zusammenarbeit auswirken und zu einem höheren Schutzniveau und zu besserer Unterstützung der Opfer beitragen. In formaler Hinsicht wird bemängelt, dass keine finanzielle Folgenabschätzung durch die Kommission vorgenommen wurde.

 

3.    Besonders erfreulich ist, dass die Europäische Kommission die geschlechts- und altersspezifische Komponente von Menschenhandel besonders beachtet. Von Menschenhandel sind insbesondere Frauen- und Mädchen sowie Minderjährige betroffen. Insofern sollte auch der Schutz von Frauen und Mädchen sowie von Minderjährigen, die Opfer des Menschenhandels geworden sind, im Vordergrund stehen.

 

4.    Der von der EU-Kommission gewählte ganzheitliche Ansatz, der in dem Vorschlag zum Ausdruck kommt, entspricht den Anforderungen an ein modernes Justizsystem:  so wird nicht nur die allfällige Bestrafung der TäterInnen behandelt, sondern insbesondere auch Maßnahmen zur Betreuung und zum Schutz der Opfer. In diesem Sinne sind auch die im Vorschlag enthaltenen Bestimmungen zu Präventionsmaßnahmen zu begrüßen.

 

5.    Die im Vorschlag enthaltene einheitliche Definition von Menschenhandel geht über jene in den einschlägigen Europarats-Übereinkommen enthaltene hinaus und bezieht sämtliche von der internationalen Arbeitsorganisation definierten Formen von Zwangsarbeit mit ein. Der Richtlinien-Vorschlag stellt somit eine wichtige Ausweitung des Schutzbereichs der einschlägigen Bestimmungen dar.

 

6.    Die Strafbarkeit juristischer Personen ist die logische Folge einer umfassenden Strategie gegen Menschenhandel. Es soll nicht möglich sein, unter dem Deckmantel einer Organisation oder eines Unternehmens an Menschenhandel mitzuwirken. Der Anwendungsbereich des Art 5 sollte nicht eingeschränkt und das Ziel nicht beeinträchtigt werden, dass die internen Kontrollmechanismen der juristischen Personen gestärkt werden sollten. Es sollte daher  geprüft werden, ob den  Mitgliedsstaaten ausdrücklich die Option eingeräumt werden kann, juristische Personen für Handlungen unter Strafe zu  stellen, bei denen zwar keine Begünstigung, aber dennoch ein grobes, der juristischen Person zuzurechnendes, Verschulden  vorliegt. Dies könnte die Bekämpfung des Menschenhandels zusätzlich stärken.

 

7.    Abschließend wird darauf hingewiesen, dass der Intention des Vorschlags, den Strafverfolgungsbehörden ausreichende Instrumente zur Bekämpfung des Menschenhandels zur Verfügung zu stellen, grundsätzlich beigepflichtet wird. Gleichzeitig darf eine solche Stärkung jedoch nicht zur Umgehung rechtsstaatlicher Verfahrensgarantien führen, die für besondere Ermittlungsmaßnahmen vorgesehen wurden.

 

 

 

II.

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass das zuständige Mitglied der Bundesregierung bei den Verhandlungen und Abstimmungen betreffend das vorliegende Vorhaben im Rat die vorstehende Ausschussfeststellung der österreichischen Position zu Grunde legen wird.

 

 

III. Kommuniqué

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, diese Ausschussfeststellung gem. § 39 Abs. 1 und 3 GOG-NR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen. Weiters wird die Präsidentin des Nationalrates ersucht, diese Ausschussfeststellung an die österreichische Bundesregierung sowie an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die Europäische Kommission, an den Rat, an das Europäische Parlament, an den Ausschuss der Regionen, und an die COSAC bzw. IPEX zu übermitteln.

 

 

Folgender V-S-Antrag auf Ausschussfeststellung wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ mehrheitlich angenommen:

 

 

 

Ständiger Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 9. Juni 2010

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Jarolim

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

 

I.

 

 

Der ständige Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union hat den Vorschlag der Europäischen Kommission betreffend

 

 

KOM (2010) 94 endg Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (28732/EU XXIX. GP)

 

 

am 9. Juni 2010 in öffentlicher Sitzung beraten, die Vorlage inhaltlich sowie aus Sicht der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit geprüft, und kommt zu folgendem Ergebnis:

 

 

 

 

1.    Der Bekämpfung von sexuellem Missbrauch von Minderjährigen sowie von Kinderpornographie muss sowohl auf nationaler, auf europäischer wie auf internationaler Ebene enorme Bedeutung zukommen. In diesem Sinne wird der vorliegende Vorschlag für eine Richtlinie ausdrücklich begrüßt. Der Entwurf stellt einen wichtigen Schritt dar, um die Bekämpfung von Kinderpornographie in Europa und darüber hinaus voranzutreiben, Lücken sowohl in der Strafverfolgung als auch im Opferschutz zu schließen und eine angemessene Abschreckungswirkung zu erzeugen.

 

2.    Diese Ziele können von einzelnen Staaten besser durch gemeinsame Maßnahmen erreicht werden. Durch gemeinsame Definitionen der Straftatbestände wird auch die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet erleichtert. Der vorliegende Vorschlag stellt einen klaren Mehrwert gegenüber dem im bisherigen Rahmenbeschluss und dem im entsprechenden Übereinkommen des Europarates vorgesehenen Schutzniveau dar. In formaler Hinsicht ist zu bemängeln, dass die Kommission keine finanzielle Folgenabschätzung vorgenommen hat.

 

3.    Der Richtlinienvorschlag definiert 24 verschiedene Tatbestände und acht verschiedene Erschwernisgründe. Bei strafrechtlichen Vorschriften ist insbesondere darauf zu achten, dass ihr Anwendungsbereich klar umschrieben und die Folgen eines Verstoßes verständlich sind, um die gewünschte Abschreckungswirkung zu erzielen. . Es sollte daher angestrebt werden, dass die in der Richtlinie vorgesehenen Tatbestände und Erschwernisgründe in Kombination mit dem österreichischen Strafrechtssystems insbesondere hinsichtlich der Erschwernisgründe  insgesamt allgemein verständliche und klare Tatbestände und Strafdrohungen festsetzen.

 

4.    Der Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie umfasst wesentlich ausführlicher als bisher Straftaten, die unter Verwendung des Internet begangen werden. Diese Erweiterung wird begrüßt und trägt dazu bei, dass neueren Erscheinungsformen von sexuellem Missbrauch wirksam begegnet werden kann. Die neu geschaffene Strafbarkeit der Kontaktaufnahme zu Kindern über das Internet zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs (sogenanntes Grooming) wird in diesem Sinne begrüßt.

 

5.    Die Möglichkeit, Internetseiten zu sperren, stellt eine  weitere Maßnahme zur Bekämpfung von Kinderpornographie dar. In diesem Zusammenhang stellt bereits der Richtlinienvorschlag klar, dass entsprechende Schutzvorschriften gegeben und die Sperrung aus grundrechtlicher Sicht verhältnismäßig sein müssen. Keinesfalls dürfen durch die Sperrung die Anstrengungen zur Löschung von kinderpornographischem Inhalt aus dem Internet nachlassen.

 

6.    Die Strafbarkeit juristischer Personen ist die logische Folge einer umfassenden Strategie gegen sexuellen Missbrauch bzw. Kinderpornographie. Es soll nicht möglich sein, unter dem Deckmantel einer Organisation oder eines Unternehmens an sexuellem Missbrauch oder Kinderpornographie mitzuwirken. Der Anwendungsbereich des Art 11 sollte nicht eingeschränkt und das Ziel nicht beeinträchtigt werden, dass die internen Kontrollmechanismen der juristischen Personen gestärkt werden sollten. Es sollte daher  geprüft werden, ob den  Mitgliedsstaaten ausdrücklich die Option eingeräumt werden kann, juristische Personen für Handlungen unter Strafe zu  stellen, bei denen zwar keine Begünstigung, aber dennoch ein grobes, der juristischen Person zuzurechnendes, Verschulden  vorliegt. Dies könnte die Bekämpfung von sexuellem Missbrauch und Kinderpornographie zusätzlich stärken.

 

7.    Auch wenn der Intention der vom Richtlinienvorschlag angestrebten Meldepflicht zugestimmt wird, weil es in erster Linie darum geht, klare Regelungen für die Durchbrechung von Berufsgeheimnissen zu schaffen, wodurch verhindert werden kann, dass ArbeitnehmerInnen bestimmter Berufsgruppen bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt dienst- oder sogar strafrechtliche Konsequenzen nach einer solchen Meldung zu befürchten haben, wäre hingegen die Einführung einer allgemeinen Meldepflicht kritisch zu betrachten, weil Privatpersonen vor enorm schwierige Entscheidungen gestellt werden, die manchmal sogar ExpertInnen überfordern. Dies erscheint überschießend, besser wäre es, Maßnahmen der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Anzeichen von Kindesmissbrauch zu fördern.

 

 

 

II.

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass das zuständige Mitglied der Bundesregierung bei den Verhandlungen und Abstimmungen betreffend das vorliegende Vorhaben im Rat die vorstehende Ausschussfeststellung der österreichischen Position zu Grunde legen wird.

 

 

III. Kommuniqué

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, diese Ausschussfeststellung gem. § 39 Abs. 1 und 3 GOG-NR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen. Weiters wird die Präsidentin des Nationalrates ersucht, diese Ausschussfeststellung an die österreichische Bundesregierung sowie an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die Europäische Kommission, an den Rat, an das Europäische Parlament, an den Ausschuss der Regionen, und an die COSAC bzw. IPEX zu übermitteln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender V-S- Antrag auf Ausschussfeststellung wurde einstimmig angenommen:

 

 

 

Ständiger Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 9. Juni 2010

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Hannes Jarolim

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

 

I.

 

Der ständige Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union hat die Vorschläge der Europäischen Kommission betreffend

 

 

KOM (2010) 105 endg./2 Vorschlag für eine Verordnung (EU) des Rates zur Begründung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts (28760/EU XXIV.GP)

sowie

KOM (2010) 104 endg./2 Vorschlag für einen Beschluss des Rates Nr. …/2010/EU über die Ermächtigung zu einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts (28759/EU XXIV.GP)

 

 

am 9. Juni 2010 in öffentlicher Sitzung beraten, die Vorlagen inhaltlich sowie aus Sicht der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit geprüft, und kommt zu folgendem Ergebnis:

 

 

 

Kommt es bei Ehen mit internationalem Hintergrund zu einer Scheidung, hat das angerufene Gericht zunächst zu beurteilen, welches Recht im konkreten Fall anzuwenden ist. Die Regeln, nach denen diese Beurteilung zu erfolgen hat, wurden bislang autonom von den Mitgliedsstaaten festgelegt. Dies führte zu zwei Problemen: Einerseits ist es durch die unterschiedliche Rechtslage je nach Mitgliedsstaat für die Ehegatten schwierig zu erkennen, welches Recht im Falle einer Ehescheidung Anwendung finden wird. Andererseits entsteht ein "Wettlauf zu den Gerichten", da bei einer bevorstehenden Scheidung durch rechtzeitige Anrufung des Gerichts eines bestimmten Mitgliedsstaats für eine Seite vorteilhaftere Bestimmungen zur Anwendung gebracht werden können, als dies in einem anderen Mitgliedstaat der Fall wäre.

 

Aus Sicht des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union muss diesen Problemen begegnet werden. Der vorliegende Vorschlag für eine Verordnung des Rates wird daher begrüßt. Er führt zu einer größeren Berechenbarkeit und zu mehr Rechtssicherheit für die Betroffenen. Dies trägt dazu bei, überlange Scheidungsverfahren und daraus resultierende negative Folgen wie erhöhte Kosten zu verhindern. Eine Regelung bloß auf Ebene der Mitgliedstaaten könnte eine einheitliche und berechenbare Praxis bei der Feststellung des bei Ehescheidungen anzuwendenden Rechts nicht sicherstellen.

 

Unbeschadet der grundsätzlichen Zustimmung zum Vorschlag der Kommission sind im Detail noch folgende Punkte kritisch zu beurteilen:

 

 

1.    Formerfordernis der Rechtswahl:

 

Es   ist  vorauszuschicken,  dass  Gatten  derzeit  nach  nationalem  Recht Rechtswahlvereinbarungen  betreffend  das  Ehegüterrecht  (zu  dem auch die Aufteilung  der  ehelichen  Ersparnisse  nach §§ 81 ff EheG gehört) treffen können  und  für  diese Rechtswahl überhaupt kein Formerfordernis gilt, sie sogar mündlich getroffen werden kann (§§ 11, 19 IPRG). Auch nach dem Haager Protokoll  über  das  auf Unterhaltsfragen anzuwendende Recht aus 2007 (dem die  EU  beigetreten  ist)  ist die Rechtswahl, wie nach dem Entwurf zu Rom III,  in  Schriftform  möglich. Weiters ist vorauszuschicken, dass sich die Rechtswahl  nur  auf das Recht bezieht, nach dem sich die Auflösung der Ehe an  sich  richtet,  nicht  aber  nach welchem Recht die Scheidungsfolgen zu beurteilen  sind;  die praktischen Auswirkungen einer Rechtswahl sind daher beschränkt.

 

Die Möglichkeit, einvernehmlich eine Rechtswahl durchzuführen, fördert den Gestaltungsspielraum der beteiligten Personen und dient der Rechtssicherheit. Gleichzeitig enthält eine Rechtswahlmöglichkeit stets die Gefahr der Übervorteilung einer Seite. Aus diesem Grund sieht der Vorschlag eine besondere Formvorschrift für eine Vereinbarung über eine Rechtswahl - nämlich Schriftlichkeit - vor. In Hinblick darauf, dass die Folgen einer Rechtswahlvereinbarung enorm sein können, erscheint dieses Erfordernis zu locker. Dies wird auch durch die Bestimmungen des Notariatsaktsgesetzes deutlich, das für weitreichende Verträge zwischen Ehegatten stets einen Notariatsakt verlangt. Der Vorschlag eröffnet den Mitgliedsstaaten zwar die Möglichkeit, weitergehende Formvorschriften vorzusehen (exemplarisch wird eine Rechtswahlvereinbarung im Rahmen eines Ehevertrags genannt), eine Pflicht dazu besteht jedoch nicht. Es wäre daher wünschenswert - sei es durch die  ggst. Verordnung selbst oder auf deren Grundlage - dass das auf Ehescheidungen in Österreich anzuwendende Recht vorsieht, dass eine Rechtswahlvereinbarung in Form einer öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde erfolgt.

 

 

2.    Rechtswahl im laufenden Verfahren:

 

Die jetzige   Regelung  im  Entwurf  sieht  daher  vor,  dass  eine  Rechtswahl grundsätzlich  bis zur Anrufung des Gerichts erfolgen muss (Art. 3 Abs. 2), nach  Maßgabe  des  nationalen  Rechts  eine  Rechtswahl aber auch noch vor Gericht  getroffen  werden kann (Art. 3 Abs. 2a) Auch gem. § 11 Abs. 2 des österr. IPR-G kann eine  Rechtswahl  auch  noch vor Gericht getroffen werden, und zwar bis zum Schluss  der  mündlichen  Verhandlung  der letzten Tatsacheninstanz. In Hinblick auf die Möglichkeit, auch noch während eines laufenden Verfahrens eine Rechtswahlvereinbarung gegenüber dem Gericht zu erklären, erscheint der Vorschlag somit zu zurückhaltend. Da die Möglichkeit einer Rechtswahlvereinbarung während laufendem Verfahren den beteiligten Personen mehr Spielraum verschafft, sich einvernehmlich zu einigen, und gleichzeitig die Übervorteilungsgefahr in diesem Stadium reduziert ist, da eine Kontrolle der Vereinbarung durch das Gericht jederzeit möglich ist, könnte dies sogar einheitlich im Vorschlag so festgelegt werden. Jedenfalls sollte angestrebt werden, dass § 11 des österreichischen IPR-Gesetzes im Wesentlichen beibehalten werden kann.

 

 

 

3.    Definition "gewöhnlicher Aufenthalt":

 

Eine wesentliche Schwäche des Verordnungsvorschlags liegt im Fehlen einer ausdrücklichen und einheitlichen Definition des gewöhnlichen Aufenthalts. Dies gilt mutatis mutandis auch für andere Rechtsakte und Übereinkommen, die diesen Begriff verwenden aber nicht konkret definieren. Dieser Begriff ist aber der wesentlichste Anknüpfungspunkt für die Entscheidung, welches Recht im konkreten Fall zur Anwendung kommt. Durch eine zu weite Definition des gewöhnlichen Aufenthalts könnte die Intention der Verordnung unterlaufen werden, während eine zu enge Definition die Schutzvorschriften des Vorschlags (etwa Art  4 lit. b) aushöhlt. Eine uneinheitliche Definition in verschiedenen Rechtsakten oder Übereinkommen würde die Rechtssicherheit beeinträchtigen. Da auch eine konkretisierende Judikatur des EuGH zu dieser Frage fehlt, sollte darauf hingewirkt werden, dass im konkreten Zusammenhang ebenso wie generell den Gerichten durch eine entsprechende  Formulierung,  sei  es  auch  in  einem Erwägungsgrund, Orientierungspunkte  für  ihre  Entscheidung  zu liefern, ab wann oder  nach  welchen  Kriterien das Vorliegen eines  gewöhnlichen Aufenthalts zu beurteilen ist.

 

 

II.

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass das zuständige Mitglied der Bundesregierung bei den Verhandlungen und Abstimmungen betreffend das vorliegende Vorhaben im Rat die  vorstehende Ausschussfeststellung der österreichischen Position zu Grunde legen wird.

 

 

III. Kommuniqué

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, diese Ausschussfeststellung gem. § 39 Abs. 1 und 3 GOG-NR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen. Weiters wird die Präsidentin des Nationalrates ersucht, diese Ausschussfeststellung an die österreichische Bundesregierung sowie an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die Europäische Kommission, an den Rat, an das Europäische Parlament, an den Ausschuss der Regionen, und an die COSAC bzw. IPEX zu übermitteln.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Ausschussfeststellung wurde von SPÖ und ÖVP mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

Ständiger Unterausschuss des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 9. Juni 2010

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

Des Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

 

I

 

Die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet soll nicht über den Weg von Internetsperren erfolgen, sondern es soll vielmehr nach dem Prinzip „Löschen statt Sperren“ vorgegangen werden. Die Sperre von Internetseiten wird im Kampf gegen Kinderpornographie nichts bringen. Es werden nur wie mit einem Vorhang die Seiten verhängt, der kriminelle Inhalt bleibt aber online und für die Pädophilenszene über die IP-Adresse abrufbar. Es sollen daher die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass einerseits der Europäischen Union und andererseits durch internationale Vertragswerke sichergestellt ist, dass die Provider in jenen Staaten, in denen sich die Server befinden, Kinderpornographische Inhalte löschen.

 

 

II

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union geht davon aus, dass das zuständige Mitglied der Bundesregierung bei den Verhandlungen und Abstimmungen betreffend das vorliegende Vorhaben im Rat die vorstehende Ausschussfeststellung der österreichischen Position zu Grunde legen wird.

 

 

III. Kommuniqué

 

Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt, diese Ausschussfeststellung gem. § 39 Abs. 1 und 3 GOG-NR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen. Weiters wird die Präsidentin des Nationalrates ersucht, diese Ausschussfeststellung an die österreichische Bundesregierung sowie an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die Europäische Kommission, an den Rat, an das Europäische Parlament, an den Ausschuss der Regionen, und an die COSAC bzw. IPEX zu übermitteln.

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag des BZÖ auf Ausschussfeststellung wurde von den anderen Parteien mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

 

 

des Abgeordneten Scheibner

 

 

eingebracht im Zuge der Sitzung des Ständigen Unterausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union am 9. Juni 2010 zu Tagesordnungspunkt 2.

 

 

 

betreffend Verschärfung der Maßnahmen zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen

 

 

Der Ausschuss wolle beschließen:

 

„Der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union begrüßt grundsätzlich jede Maßnahme die geeignet ist, die Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern zu forcieren und zu intensivieren.

 

In diesem Zusammenhang geht der Ständige Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union unabhängig von einer Beschlussfassung bzw. den Erfordernissen einer allfälligen Umsetzung der gegenständlichen Richtlinie zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates davon aus, dass die Bundesministerin für Justiz dem Nationalrat umgehend einen Gesetzesentwurf im Sinne der Umsetzung nachstehender Maßnahmen zuleiten wird:

 

§  Verdoppelung der Strafrahmen von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Minderjährigen;

 

§  Abschaffung des § 207 StGB bei gleichzeitiger Erweiterung des § 206 StGB um die Tatbestände des § 207 StGB bei grundsätzlicher Beibehaltung der Strafandrohungen des § 206 StGB, wobei die Strafandrohung bei Todesfolge ausnahmslos auf lebenslänglich zu lauten hat; 

 

§  Abschaffung der Verjährungsfristen bei strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Minderjährigen;

 

§  bei Sexualstraftaten gegen minderjährige Personen verpflichtend lebenslange Kontrollmaßnahmen nach der Haftentlassung auf Basis des Modells einer lebenslangen Führungsaufsicht;

 

§  keine bedingte Strafnachsicht sowie bedingte Entlassung bei Freiheitsstrafen wegen Sexualstraftaten gegen minderjährige Personen;

 

§  keine Tilgung bei Sexualstraftaten gegen Minderjährige;

 

§  generelle Anzeigepflicht in Zusammenhang mit Sexualstraftaten gegen minderjährige Personen;

 

§  generelles Verbot bzw. Weisungspflicht (jetzt Möglichkeit) gegenüber derartigen Sexualstraftätern, sich von Örtlichkeiten fern zu halten, an denen vermehrt Kinder anzutreffen sind bzw. in besonders schweren Fällen eine elektronische Überwachung des Aufenthaltes des aus der Haft entlassenen Sexualstraftäters;

 

§  für jedermann einsehbare Sexualstraftäterdatei.“

 

 

 

 

Wien, 9. Juni 2010