1065/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 22.04.2015
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Parlamentarische Materialien

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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Bestrafung verbotener Adelstitel-Führung

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

 

  1. Rechtslage

 

  1. § 2 AdelsaufhG

 

Das Gesetz vom 3. April 1919 über die Aufhebung des Adels, der westlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden (AdelsaufhG) untersagt die Führung von Adelsbezeichnungen und von Titeln und Würden.[1] Das AdelsaufhG gilt gem Art 149 Abs 1 B-VG, BGBl 1920/1 als Verfassungsgesetz iSd Art 44 Abs 1 B-VG.[2] 

 

Übertretungen des Verbots sind nach § 2 AdelsaufhG zu bestrafen:

 

 „Die Führung dieser Adelsbezeichnungen, Titel und Würden ist untersagt. Übertretungen werden von politischen Behörden mit Geld bis zu 20.000 K oder Arrest bis zu sechs Monaten bestraft.“

 

Der Strafrahmen des § 2 AdelsaufhG lautet auf Kronen. Dieser seit Art 149 Abs 1 B-VG, BGBl 1920/1, iVm AdelsaufhG bundesverfassungsgesetzlich festgelegte Betrag wurde bisher weder ausdrücklich noch inhaltlich durch eine Verfassungsbestimmung geändert (die Währungsumstellungs- und Straferhöhungsvorschriften sind stets einfachgesetzlich getroffen worden).[3] Der Strafrahmen wurde folglich seit 1919 nie der aktuellen Währung und dem Wertindex angepasst. Die Folge ist strittig.[4] 

 

  1. § 3 Abs 1 Vollzugsanweisung

 

Auf Grund des AdelsaufhG erging die Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden, StGBl 1919/237 idF StGBl 1919/392. Die Vollzugsanweisung wurde durch § 2 VÜG 1920 idF BGBl 2/1920 in den Rang eines einfachen Bundesgesetzes erhoben.

 

In § 5 Abs 1 VA wird die Strafbestimmung des § 2 AdelsaufhG wiederholt und konkretisiert:

 

„Die Führung von Adelsbezeichnungen (§ 2), sowie von aufgehobenen Titeln und Würden (§ 3) wird von den politischen Behörden gemäß § 2 des Gesetzes vom 3. April 1919, St. G. Bl. Nr. 211, mit Geld bis zu 4000 S oder Arrest bis zu sechs Monaten bestraft.“

 

Mit BGBl 50/1948 wurde die VA hinsichtlich des Strafbetrages geändert und eine Summe von 4.000 Schilling festgesetzt. Angesichts der unterschiedlichen Strafbeträge wurde in Frage gestellt, inwiefern die Vollzugsanweisung bloß wiederholenden Charakter oder eigenständigen Regelungscharakter besitzt (s.u.).

 

  1. Literatur zur Geltung der Strafbestimmung

 

Nach hM der Lehre entfaltet § 2 AdelsaufhG derzeit keine normative Wirkung:

 

 

 

 

  1. Judikatur zur Geltung der Strafbestimmung

 

Entgegen der Auffassung der hL ging der Unabhängige Verwaltungssenat Wien in seiner Entscheidung vom 2.10.2007, 06/42/7783/2007 von der Anwendbarkeit der Geldstrafe des § 2 AdelsaufhG aus:[14] 

 

„Weder in der Lehre noch in der Judikatur ist das Weiterbestehen von Schillingbeträgen in Normen der österreichischen Rechtsordnung nach Einführung der Eurowährung als Eintritt der Unanwendbarkeit dieser Bestimmungen qualifiziert worden. Stets wurden diese auf Schilling lautenden Bestimmungen dahingehend ausgelegt, dass diese gesetzlichen Wendungen im Sinne einer Umrechnung dieses Schillingbetrages in Euro zu verstehen sind (vgl. etwa ausdrücklich VwGH 21.2.2005, 2004/17/0057; 13.5.2004, 2003/16/0513; konkludent etwa VfGH 9.6.2004, B 1398/02; VwGH 16.12.2004, 2004/16/0117; 29.7.2004, 2004/16/0066).

 

Infolge der Umrechnungsvorschriften von der Kronenwährung in die Schillingwährung und der Schillingwährung in die Eurowährung betrage der Strafsatz des § 2 AdelsaufhG nach Ansicht des UVS Wien 0,14 Euro.

 

Wegen Führung einer Adelsbezeichnung im öffentlichen Verkehr, nämlich der Aushändigung einer Visitenkarte mit der Aufschrift „Helmut Freiherr von R-B.“ an einen Kriminalbeamten, wurde folglich die von der Bezirksverwaltungsbehörde verhängte Verwaltungsstrafe von 190,- Euro auf 0,10 Euro herabgesetzt.

 

  1. Notwendigkeit der Klarstellung durch den Verfassungsgesetzgeber

 

Die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien zeigt die Notwendigkeit der Klarstellung durch den Verfassungsgesetzgeber auf. Wie dieses Judikat beweist, kommen selbst im öffentlichen Verkehr Visitenkarten mit Adelsbezeichnungen zum Einsatz. Im konkreten Fall konnte jedoch aufgrund adäquater Umrechnungsregeln lediglich eine Verwaltungsstrafe von 0,10 Euro verhängt werden. Eine derart niedrige Geldstrafe kann – wie auch der UVS Wien erkannt hat – ihre spezialpräventive Funktion nicht erfüllen. Eine Anpassung des Strafbetrages des AdelsaufhG an die heutigen Währungsverhältnisse ist folglich, wie von Kolonovits bemerkt,  längst überfällig. Das Tätigwerden des Verfassungsgesetzgebers würde außerdem Rechtsunsicherheiten hinsichtlich des § 5 Abs 1 VA beseitigen. Da das republikanische Prinzip zu einem der Grundprinzipien der österreichischen Verfassung zählt, sollte es auch entsprechend bewehrt sein und bei Verwendung von Adelstiteln klar eine Verwaltungsstrafe im adäquaten Ausmaß drohen bzw auch ausgesprochen werden können.

 

Darüber hinaus ist der Wortlaut „politische Behörden“ durch „Bezirksverwaltungsbehörden“ zu ersetzen. [15] Bei dem Strafmaß von „Arrest bis zu sechs Monaten“ ist klarzustellen, ob es sich um eine primäre Freiheitsstrafe oder um eine Ersatzfreiheitsstrafe handelt. Die Materien enthalten dazu keine Ausführungen.[16] Literatur und Judikatur gehen von einer Ersatzfreiheitsstrafe aus.[17] Jedenfalls ist auch Art 3 Abs 2 BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl 1988/684 zu beachten.

 

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung insbesondere der Bundesminister für Kunst und Kultur, Verfassung und Medien wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zur Novellierung des Adelsaufhebungsgesetzes vorzulegen, damit Übertretungen des Verbots, Adelsbezeichnungen zu führen, jedenfalls mit einer adäquaten Verwaltungsstrafe geahndet werden können.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss  vorgeschlagen.



[1] Kolonovits, § 2 AdelsaufhG, in: Korinek/Holoubek (Hg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht (2002) Rz 1.

[2] Lanner, Kodex Verfassungsrecht³6 (2013) 3a/2 AdelsaufhG, FN 1.

[3] Lanner, FN 3.

[4] Zusammenfassende Darstellung des Meinungsstandes vgl Kolonovits, § 2 AdelsaufhG, Rz 4 mWn.

[5] Werner, Die österreichischen Bundes-Verfassungsgesetze (1948) 157.

[6] Klecatsky/Morscher, Das österreichische Bundesverfassungsrecht³ (1982) 1291; Klecatsky, Das österreichische Bundesverfassungsrecht² (1973) 823.

[7] Brunner, 50 Jahre Aufhebung des Adels in Österreich, JBl 1969, 140 (140).

[8] Raschauer, Namensrecht (1978) 124 f.

[9] Kolonovits, § 2 AdelsaufhG, Rz 5 mWn.

[10] Lanner, 3a/2 AdelsaufhG, FN 3 und 3a/2/1 Adelsaufhebungs-Vollzugsanweisung, FN 4.

[11] Rill, Die Republik und ihre Absicherung in der österreichischen Bundesverfassung, in: Weber/Wimmer (Hg), Vom Verfassungsstaat am Scheideweg (2005) 366 (345).

[12] Kolonovits, § 2 AdelsaufhG, Rz 5.

[13]Kolonovits, § 2 AdelsaufhG, Rz 5, FN 25.

[14] Unabhängiger Verwaltungssenat Wien, 06/42/7783/2007, Bescheid vom 2. 10. 2007.

[15] Lanner, 3a/2 AdelsaufhG, FN 2; Kolonovits, § 2 AdelsaufhG, Rz 6.

[16] Kolonovits, § 2 AdelsaufhG, Rz 6.

[17] Vgl Rill, 366f; Binder-Krieglstein, Österreichisches Adelsrecht 1868-1918/19, ( 1997) 199 ff mwN und zitiertes UVS-Erkenntnis.