1108/A XXV. GP

Eingebracht am 23.04.2015
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Antrag

 

der Abgeordneten Nikolaus Scherak, Christoph Vavrik, Kollegin und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 194/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. BGBl. I Nr. 102/2014, wird wie folgt geändert:

 

Artikel 148g Abs. 2 lautet:

"(2) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft werden vom Nationalrat bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen auf Grund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses gewählt. Der Hauptausschuss erstellt seinen Gesamtvorschlag bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Dem Gesamtvorschlag hat ein öffentliches Ausschreibungsverfahren voranzugehen, wobei die Reihung der Bewerber nach Qualifikation durch eine Auswahlkommission erfolgt. Diese Auswahlkommission setzt sich aus Experten im Bereich Verfassung und Verwaltung sowie Repräsentanten der Verwaltung und der Zivilgesellschaft zusammen. Die Bewerber stellen sich einer öffentlichen Anhörung im Hauptausschuss. Diesbezüglich nähere Bestimmungen werden in der Geschäftsordnung des Nationalrates und im Volksanwaltschaftsgesetz getroffen. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft leisten vor Antritt ihres Amtes dem Bundespräsidenten die Angelobung."

 

Artikel 148g Abs. 3 erster Satz lautet:

"(3) Der Vorsitz in der Volksanwaltschaft wechselt jährlich zwischen den Mitgliedern in der Reihenfolge, die sich aus dem Lebensalter ergibt, beginnend mit dem ältesten Mitglied."

 

Artikel 148g Abs. 4 lautet:

"(4) Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft ist die Wahl des neuen Mitglieds gemäß Abs. 2 durchzuführen."

 

Begründung

 

 

Art 148g Abs 2 B-VG sieht vor: "Die Mitglieder der Volksanwaltschaft werden vom Nationalrat auf Grund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses gewählt. Der Hauptausschuss erstellt seinen Gesamtvorschlag bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder, wobei die drei mandatsstärksten Parteien des Nationalrates das Recht haben, je ein Mitglied für diesen Gesamtvorschlag namhaft zu machen. Bei Mandatsgleichheit gibt die Zahl der bei der letzten Nationalratswahl abgegebenen Stimmen den Ausschlag. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft leisten vor Antritt ihres Amtes dem Bundespräsidenten die Angelobung."

Von vielen Seiten wurde dieser Bestellvorgang bislang kritisiert, u.a. von namhaften Verfassungs- und Verwaltungsjuristen:

"In Wahrheit handelt es sich nicht um eine Wahl, sondern um ein Entsendungsrecht der drei mandatsstärksten Parteien, das auch durch Einschaltung des Hauptausschusses nicht zu einer Wahl wird. Die Art der Bestellung und die Bestellungsvoraussetzungen sind für die Effektivität der Kontrolle keineswegs optimal (Personen des Vertrauens der politischen Parteien die ihrerseits - zumindest zum Teil - die zu kontrollierenden Stellen politisch tragen, werden zu deren Kontrolle berufen)." (vgl. Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 10. Auflage, 2007, 581).

"Die besondere Art der Bestellung wird von Abs 2 zu Unrecht als "Wahl" bezeichnet; es handelt sich um ein Entsendungsrecht der politischen Parteien. Dieses soll offenkundig sicherstellen, dass nur Personen, die das Vertrauen der drei mandatsstärksten politischen Parteien genießen, in die Funktion eines Volksanwaltes berufen werden. Da die großen politischen Parteien auch die oberste Bundesverwaltung dominieren, ist durch diesen Bestellungsmodus eine objektive, neutrale Kontrolle nicht ausreichend sichergestellt. Dazu kommt, dass die Mitglieder der Volksanwaltschaft keinerlei fachliche Qualifikation aufweisen müssen." (vgl. Mayer, B-VG, 4. Auflage, 2007, Art 148g B-VG I.)

Es bedarf daher eines transparenten, parteipolitisch unabhängigen Bestellverfahrens, das eine öffentliche Ausschreibung und ein öffentliches Hearing beinhaltet. Die Bewerber_innen sind aufgrund fachlicher Qualifikationskriterien vom Hauptausschuss dem Nationalrat vorzuschlagen.

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Verfassungsausschuss zuzuweisen.