1139/A XXV. GP

Eingebracht am 20.05.2015
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Antrag

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Bundesgesetz über die Gleichbehandlung, BGBl. Nr. 66/2004, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 34/2015, wird wie folgt geändert:

1. § 25 lautet:

"(1) Betriebliche Einstufungsregelungen und Normen der kollektiven Rechtsgestaltung haben bei der Regelung der Entlohnungskriterien den Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit oder eine Arbeit, die als gleichwertig anerkannt wird, zu beachten und dürfen keine Kriterien vorschreiben, die zu einer Diskriminierung wegen eines in § 17 genannten Grundes führen.

(2) Um Faktoren wie insbesondere Erfahrungs- und Produktivitätszuwächse in den Entlohnungskriterien zu berücksichtigen, kann die kollektivvertragliche Rechtsgestaltung Vorrückungen in den entsprechenden Tarifschemata vorsehen, wobei innerhalb einer Verwendungs- bzw. Beschäftigungsgruppe höchstens fünf Vorrückungen zulässig sind. Die ersten beiden Vorrückungen müssen anteilig zu einer größeren Entgeltsteigerung führen als die folgenden, damit den höheren Erfahrungs- und Produktivitätszuwächsen in den ersten Beschäftigungsjahren innerhalb einer Verwendungs- bzw. Beschäftigungsgruppe entsprochen wird."

2. § 63 wird folgender Abs. 10 eingefügt:

„(10) § 25 Abs. 2, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/201X tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft.“


Begründung

 

Die Chancen von älteren Arbeitnehmer_innen unterliegen mehreren Faktoren, die vor allem auf grundsätzliche Strukturen zurückzuführen sind. Es ist deshalb nicht von der Hand zu weisen, dass ökonomische Grundsätze Einfluss auf die Erwerbschancen Älterer haben. Vor allem muss in diesem Zusammenhang auch auf die Lohnkosten, insbesondere im Zusammenhang mit der jeweiligen Produktivität der Arbeitnehmer_innen Rücksicht genommen werden. Für Österreich relevant ist hier das besonders ausgeprägte Senioritätsprinzip, welches insbesondere im Angestelltenbereich eine entscheidende Rolle spielt.

Eine vom Sozialministerium in Auftrag gegebene Studie zu "Maßnahmen zur Belebung des Arbeitsmarktes für ältere Arbeitnehmerinnen" vom Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung zeigt einen Zusammenhang zwischen den Erwerbschancen Älterer und dem Senioritätsprinzip auf. "Empirisch gesehen sind steile Alters-Lohn-Profile eindeutig ein wesentliches Hemmnis für die Erwerbsquoten älterer Arbeitnehmerinnen." (S. 32) Die Erwerbschancen Älterer sind dahingehend geschmälert. "Auf der einen Seite werden ältere Arbeitnehmerinnen deutlich teurer relativ zu jüngeren wenn sie sich dem Ende ihres Karrierezyklus in Ländern wie Österreich und Deutschland nähern. Auf der anderen Seite gibt es Hinweise, dass die Produktivität von älteren Arbeitnehmer_innen zur gleichen Zeit häufig nicht im Einklang mit den steigenden Löhnen mit zunehmendem Alter steht." (S. 33)

Die österreichische Logik der automatischen Gehaltsvorrückungen aufgrund des Dienstalters, welches in quasi allen Kollektivverträgen festgeschrieben ist, führt also langfristig zu schlechteren Erwerbschancen älterer Arbeitnehmer_innen. Dies liegt vor allem daran, dass die automatischen Gehaltsvorrückungen und damit verbundenen Lohnerhöhungen nicht im Zusammenhang mit dem tatsächlichen Erfahrungs- und Produktivitätszuwachs stehen.

Aus diesem Grund ist es nötig, die Kollektivverträge dahingehend abzuändern, dass sie auch den tatsächlichen Erfahrungs- und Produktivitätszuwächsen entsprechen. Gerade in den ersten Jahren der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit (und damit in den ersten Jahren innerhalb einer "Tätigkeits-" oder "Verwendungs"gruppe) kommt es zu starken Erfahrungs- und Produktivitätszuwächsen, die in vielen Kollektivverträgen nur mit durchschnittlichen Gehaltsvorrückungen verbunden sind. Mit fortschreitendender Verweildauer in derselben Tätigkeit werden diese Erfahrungs- und Produktivitätszuwächse geringer. Noch ist die Bereitschaft der Kollektivvertragspartner gering, diese Tatsache anzuerkennen und entsprechende Schritte zur Anpassung der Entgeltschemata zu setzen. Dennoch gibt es bereits Branchen, die den Schritt gewagt haben und entsprechende Gehaltsschemata entwickelt und verhandelt haben, die der Alterung der Erwerbsbevölkerung gerecht werden, wie beispielsweise in den Kollektivverträgen der Elektro- und Elektronikindustrie deutlich wird.

Die gegenwärtige Logik des Senioritätsprinzips stellt eine indirekte Diskriminierung aufgrund des (Dienst)-Alters dar, die im gegenwärtigen Ausmaß nicht durch Erfahrungs- oder Produktivitätszuwächse zu rechtfertigen ist. Die vorgeschlagene Regelung innerhalb des Gleichbehandlungsgesetzes soll dazu dienen, den Kollektivvertragspartnern einen Rahmen mit auf den Weg zu geben, wie die entsprechenden Berücksichtigung von Erfahrungs- und Produktivitätszuwächsen auszugestalten sind.

Der gegenständliche Vorschlag stellt sicher, dass das Ausmaß der Gehaltsvorrückungen im Zusammenhang mit Erfahrungs- und Produktivitätszuwächsen steht. Es geht also nicht nur um eine Abflachung der Gehaltskurven, sondern um eine neue Gehaltslogik, die vor allem in den ersten Jahren hohe Einkommenszuwächse ermöglicht - Jahre in denen gerade junge Menschen mehr Geld benötigen, um in ein eigenes unabhängiges Leben zu starten.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt, der mit der vorgeschlagenen Regelung vorangetrieben wird, ist die dramatische Reduktion des Gender-Pay-Gap. Denn dem Senioritätsprinzip wohnt inne, dass Erwerbsunterbrechungen zu einer teils deutlichen Schlechterstellung innerhalb eines Kollektivvertrages führen können. Das vorgeschlagene Gehalts- bzw. Vorrückungsschema würde die langfristigen Auswirkungen von Erwerbsunterbrechungen - z.B. aufgrund von Kindererziehungszeiten - wesentlich reduzieren, bzw. wären "verpasste" Vorrückungen und automatische Gehaltserhöhungen schneller aufgeholt.

Die vorgeschlagene Regelung sieht zudem eine Übergangsfrist von über fünf Jahren vor. Aufgrund des Vertrauensschutzes und nötiger finanzieller Auswirkungen muss den Kollektivvertragspartnern ausreichend Zeit gegeben werden um einen Übergang zu gestalten und die gegenwärtig gültigen Gehaltsschemata in ein neues zu überführen.

 

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag unter Verzicht auf die erste Lesung dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuzuweisen.