1318/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 23.09.2015
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kollegin und Kollegen

betreffend Angleichung der Regelungen von Ruhestandsversetzungen aufgrund von Dienstunfähigkeit an ASVG-Invaliditätspensionsregelungen

 

Laut Beamtenpensionsmonitoring waren 23,6% aller Pensionierungen im öffentlichen Dienst aufgrund von Dienstunfähigkeit notwendig. In einzelnen Bereichen des öffentlichen Dienstes wird dieser Wert noch deutlich übertroffen. Dieses Ausmaß an Ruhestandsversetzungen führt zu erheblichen finanziellen Aufwendungen des Bundes. Ein wesentlicher Grund für das Ausmaß an Ruhestandsversetzungen dürfte die eklatante Ungleichbehandlung von ASVG-Versicherten im Vergleich zu Beamten sein, wenn es um die Feststellung einer Dienstunfähigkeit einerseits bzw. einer Invalidität/Berufsunfähigkeit anderseits und in weiterer Folge um die rechtlichen Möglichkeiten und Einschränkungen (z.B. Verweisbarkeit) geht.

Wesentliche Unterschiede ergeben sich z.B. auf Grund von § 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz. Beamte gelten als dienstunfähig, wenn

·        sie ihre dienstlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen können

·        und im Wirkungsbereich der jeweiligen Dienstbehörde

·        kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann.

Falls ein Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, darf dieser gem. § 14 Abs. 5 nur mit der Zustimmung des Beamten angenommen werden und bei Zustimmung auch nur für längstens zwölf Monate. Dies stellt eine ungerechtfertigte Besserstellung im Vergleich zu ASVG-Versicherten dar, für die die Bestimmungen zur Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension gem. § 254 ff. ASVG gelten. Dort gilt ein_e Arbeitnehmer_in als invalide, "wenn seine Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in jedem dieser Berufe herabgesunken ist."

Außerdem ist seit 1.1.2014 eine Novelle des ASVG in Kraft, die vorsieht, dass für unter 50-Jährige keine unbefristete Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen mehr gewährt werden sollen. Stattdessen werden Maßnahmen zur beruflichen und medizinischen Rehabilitation gesetzt. Solche Bestimmungen fehlen im Beamtendienstrecht gänzlich. Auch hier stellt sich die Frage, worin die Ungleichbehandlung von Beamten im Vergleich zu ASVG-Versicherten gegründet ist. Denn der Grundgedanke der Reformen der Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension liegt darin, Menschen länger im Erwerbsprozess zu halten, um auch das Pensionsantrittsalter zu erhöhen und Arbeitnehmer_innen die Möglichkeit zur Selbsterhaltungsfähigkeit zu geben bzw. zu lassen. Auch die langfristige Finanzierbarkeit des Pensionssystems ist ins Kalkül zu ziehen. Gerade der Beamtenpensionsbereich reißt trotz sinkender Beamtenzahlen ein großes Loch in das Bundesbudget - auch deswegen, weil großzügige Ruhestandsregelungen Anreize für ein früheres Aufgeben der Erwerbstätigkeit setzen.

Überdies dürften nach der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichtes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes zum Teil erhebliche Mängel bei der Durchführung von Ruhestandsversetzungsverfahren vorliegen, weil Anforderungen auf den Arbeitsplätzen nicht ausreichend erhoben worden sind. (siehe dazu zahlreiche Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes wie z.B. BvwG, W213 2000457-1, W213 2000463-1)

 Wesentlich mitverantwortlich für die Missstände im Beamtenpensionsrecht ist die beachtliche Kompetenzzersplitterung im Beamtendienst- und -ruhestandsrecht. Budgetär ist das BMF für die Ausgaben verantwortlich, die Legistik des Dienst- und Pensionsrechts liegt im BKA – was dann aber grundsätzlich personalwirtschaftlich passiert und wie mit Ruhestandsversetzungen umgegangen wird, liegt über weite Strecken in der Verantwortung der einzelnen Ministerien. In diesem Zusammenhang sehen wir ein Problem, das in Österreich auf viele Politikfelder zutrifft: ein Auseinanderfallen von finanzieller und politischer Verantwortung, was schlussendlich Ineffizienzen, Negativanreize und unnötige Mehrkosten schafft.

Der Rechnungshof hält dabei eines deutlich fest: „Die budgetäre Verantwortung kann aber nur dann umfassend wahrgenommen werden, wenn auch die Möglichkeit zur Steuerung und Beeinflussung der Ausgaben durch das Setzen und Einhalten sinnvoller Wirkungsziele geben ist.“ (S. 17) Gerade der zuletzt erschienene Rechnungshofbericht (Reihe Bund 2015/2) zeichnet ein vernichtendes Bild, was die Wirkungsorientierung im Bereich der Beamtenpensionen betrifft. Die formulierten Wirkungsziele stellen keine Anreize für verschiedene Ministerien dar, das Pensionsantrittsalter wesentlich zu erhöhen, oder setzt keine Anreize entsprechend in ein altersgerechtes und gesundheitsförderndes Umfeld zu investieren.

Gerade die gesetzlichen Rahmenbedingungen bei Ruhestandsversetzungen aufgrund von Dienstunfähigkeit entziehen jegliche Verantwortung den einzelnen Dienststellen. Gleichzeitig verfügt das Bundeskanzleramt - wie alle Ministerien - gegenwärtig über keinerlei Steuerung, aber auch Verbesserung der Situation. Vor allem wenn es darum geht, von Dienstunfähigkeit bedrohten Beamten Alternativarbeitsplätze zu vermitteln zeigt sich eine unbrauchbare Starrheit. Das Denken in Dienststellen ist im Sinne einer Angleichung an die Regelungen der Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension nicht brauchbar und eine Vermittlung von Alternativarbeitsplätzen muss deshalb auf einer übergeordneten Ebene - auch über Ministeriumsgrenzen hinweg - funktionieren. Aus diesem Grund ist die Einrichtung einer Koordinationsstelle, idealerweise innerhalb des Bundeskanzleramtes, unumgänglich.

Eine weitere Regelung, deren Handhabung und Auslegung aufgrund mehrerer VwGH-Urteile in Frage gestellt ist, ist die Notwendigkeit von ärztlichen und berufskundlichen Gutachten gem. § 14 Abs. 3 Beamten-Dienstrechtsgesetz. Hier wird den Dienstbehörden teilweise Spielraum gegeben, ob solche Gutachten überhaupt notwendig sind. Es bedarf deshalb einer rechtlichen Klarstellung, insbesondere auch im Hinblick auf eine Angleichung an Regelungen des ASVG. Denn nur durch entsprechende fachärztliche und berufskundliche Gutachten kann auch festgestellt werden, welche Tätigkeiten für von Dienstunfähigkeit bedrohte Beamte noch auszuüben sind.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG



Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die eine umfangreiche Reform der Ruhestandsversetzungen aufgrund Dienstunfähigkeit vorsieht, wobei insbesondere eine Angleichung an die Regelungen zur Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz angestrebt werden soll. In folgenden Bereichen sollen die gesetzlichen Grundlagen zu Ruhestandsversetzungen aufgrund von Dienstunfähigkeit an jene des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeglichen werden:

·        Versetzungen sollen nicht nur im Wirkungsbereich der jeweiligen Dienststelle, sondern im gesamten Bundesdienst möglich sein

·        Ruhestandsversetzungen aufgrund von Dienstunfähigkeit sind nur möglich, wenn die Arbeitsfähigkeit derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in jedem dieser Berufe auf die Hälfte herabgesunken ist, ansonsten sind entsprechende Arbeitsplätze im Bundesdienst zuzuweisen

·        zugewiesene Alternativarbeitsplätze müssen nicht gleichwertig sein

·        Einer Versetzung zur Vermeidung einer Ruhestandsversetzung aufgrund von Dienstunfähigkeit darf nicht abgewiesen werden, sofern Rücksicht auf die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse Rücksicht genommen wurde

·        Schaffung von Möglichkeiten zur medizinischen/beruflichen Rehabiliation

·        Die Einholung ärztlicher und berufskundlicher Gutachten ist verpflichtend bei allen Anträgen auf Ruhestandsversetzungen aufgrund von Dienstunfähigkeit einzuholen

·        ärztliche und berufskundliche Gutachten sollen vor allem eine leichtere Zuweisung von Alternativarbeitsplätzen ermöglichen.

·        Ruhestandsversetzungsverfahren werden ausschließlich durch die Pensionsversicherungsanstalt durchgeführt

·        Ruhestandsversetzungen bedürfen der vorherigen Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen, sofern der Beamte im Wirkungsbereich einer Dienstbehörde eines Rechtsträger, der nicht in 100%-igem Eigentum des Bundes steht.

·        Die Personalkosten verbleiben bis zum Erreichen des gesetzlichen Pensionsantrittsalters in der Kostenstelle jener Dienststelle, bei der der Beamte vor der Ruhestandsversetzung zuletzt den Dienst versehen hat.

Zur besseren Koordinierung der Verweisung auf Alternativarbeitsplätze soll im Bundeskanzerlamt eine Koordinationsstelle eingerichtet werden, die auch weitere Maßnahmen zur Verhinderung von Ruhestandsversetzungen aufgrund von Dienstunfähigkeit erarbeitet. Überdies ist von der Koordinationsstelle die Praxis der Ruhestandsversetzungen nach § 14 BDG in ausgegliederten Rechtsträgern einer Überprüfung zu unterziehen und dem Parlament ein entsprechender Bericht vorzulegen."

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.