1590/A XXV. GP

Eingebracht am 08.03.2016
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Mag. Harald Stefan

und weiterer Abgeordneter

 

betreffend ein Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Bundesgesetz mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird

 

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 154/2015, wird wie folgt geändert:

 

 

1. In § 83 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt:

(3) Mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer eine Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 oder Abs. 2) an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten begeht.“

 

2. § 84 Abs.2 lautet:

„(2) Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer eine Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 oder Abs. 4 oder Abs. 5) an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten begeht.

 

3. In § 85 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Mit Freiheitsstrafe von drei bis zu zehn Jahren ist zu bestrafen, wer eine Körperverletzung (§ 85 Abs. 1 oder Abs. 2) an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten begeht.


4. In § 86 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 3 angefügt:

„(3) Mit Freiheitsstrafe von drei bis zu fünfzehn Jahren ist zu bestrafen, wer eine Körperverletzung (§ 86 Abs. 1 oder Abs. 2) an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten begeht.

 

 

6. § 274 Abs. 3 lautet:

„(3) Nach Abs. 1 ist nicht zu bestrafen, wer sich freiwillig aus der Zusammenkunft zurückzieht oder ernstlich zurückzuziehen sucht, bevor sie zu einer Gewaltanwendung geführt hat und den Behörden freiwillig sein Wissen über die Personen nach Abs. 2 offenbart, es sei denn, dass er an der Zusammenkunft in der in Abs. 2 umschriebenen Weise teilgenommen hat.“

 

7. § 281 lautet:

„§ 281 Wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder sonst auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, zum allgemeinen Ungehorsam gegen ein Gesetz auffordert, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr zu bestrafen.“

 

8. § 283 Abs. 1 lautet:

„ (1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder Weltanschauung, der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

 

9. § 283 Abs. 2 lautet:

„(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar gegen eine in Abs. 1 bezeichnete Gruppe hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft und dadurch verächtlich zu machen sucht.“

 

10. § 283 Abs. 3 entfällt.

 

11. §283 Abs. 4 entfällt.

 

12. § 284 lautet:

„§ 284 Wer eine Versammlung, einen Aufmarsch oder eine ähnliche Kundgebung, die nicht verboten ist, mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt verhindert oder sprengt sowie eine ungehinderte Teilnahme oder Durchführung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt verhindert, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.“

 


 

Begründung

Die Qualifikation betreffend die Körperverletzung an einem Beamten, Zeugen oder Sachverständigen während oder wegen der Vollziehung seiner Aufgaben oder der Erfüllung seiner Pflichten soll aufgrund des gesteigerten Unwerts der Handlung durch eigene Absätze  in den §§ 83 bis 86 StGB hervorgehoben werden.

 

Die Einführung von Mindeststrafen ist der Gesetzgeber denjenigen Personen, die für die Rechtstaatlichkeit und Aufrechterhaltung der Demokratie ihr Leben und auch ihre Gesundheit riskieren, schuldig.

Die Praxis hat gezeigt, dass Personen, die Zeugen oder Sachverständige bei Gerichtsverhandlungen sind, massivem Druck durch Androhung körperlicher Gewalt ausgesetzt sind.

 

Insbesondere Beamte sind immer wieder körperlichen Attacken ausgesetzt; wie zum Beispiel ein Magistratsbeamter in Graz der am 24. Jänner 2013 von einem 22-jährigen mit einem Messer attackiert und schwer verletzt wurde.

 

Speziell Exekutivbeamte von Polizei und Justizwache, die im Sinne der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung für die Republik und ihre Bürger ihren Dienst versehen, werden immer häufiger körperlichen Angriffen ausgesetzt.

 

Allein im Jahr 2013 sind, wie vom Bundesministerium für Justiz dargelegt, 36 Übergriffe von Häftlingen auf Organe der Justizwache verzeichnet. Der Bundesminister für Justiz hält in seiner Anfragebeantwortung 329/AB XXV.GP fest, dass genaue Aufzeichnungen nicht geführt werden. Die Dunkelziffer der Übergriffe und Verletzungen liegt demnach deutlich darüber.

 

Die Verletzungen der betroffenen Justizwachebeamtinnen und Justizwachebeamten reichen in den letzten Jahren von Knochenbrüchen bis hin zu Stichverletzungen.

 

Noch höher sind die Zahlen von verletzten Polizisten, die ihrer Aufgabe nachkamen, bei Demonstrationen für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. So wurden allein im Jahr 2013 knapp 1000 Polizisten durch Fremdeinwirkung im Dienst verletzt. Mindestens einmal pro Woche fordern Übergriffe im Dienst sogar einen schwerverletzten Polizisten. Insgesamt 68 Schwerverletzte im Jahr 2013 zeigen den dringenden Handlungsbedarf hinsichtlich des Schutzes unserer Exekutive auf.

 

Durch die mediale Berichterstattung wird immer sichtbarer, dass bei Demonstrationen durch Agitatoren der Hass auf den Staat und ihre Beamten mit Plakaten immer radikale Ausformungen annimmt. Dieser Hass schlägt sich oft in Attacken durch mitgebrachte selbst gebaute Waffen, wie Steinschleudern und anderen Wurfgeschossen, gegen die Beamten nieder.

 

Weiters kommt es immer öfter zu Zusammenstößen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen, die ihre Rivalitäten immer häufiger nach Österreich importieren und auf Österreichs Straßen ausleben.

 

Die Gesetzgebung darf vor allem jene Personen, die mit dem Auftrag betraut sind, die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu schützen, nicht im Regen stehen lassen. Das muss auch in einer Erhöhung der Strafandrohungen und einer Einführung von adäquaten Mindeststrafen generalpräventiv sichtbar gemacht werden.

 

Die wissentliche Teilnahme an einer Zusammenkunft, welche darauf abzielt schwerste Straftaten zu begehen, stellt einen massiven Angriff gegen den durch die Rechtsordnung gewährleisteten Frieden dar. Aufgrund der Schwere der Tat kann das bloß (versuchte) Zurückziehen aus der Zusammenkunft nicht ausreichen, um Straffreiheit zu erlangen. Der Täter aber, der freiwillig aktiv an der Aufklärung mitwirkt, indem er den Behörden sein Wissen über die in § 274 Abs. 2 genannten Teilnehmer offenbart, hat dadurch seine (wiedererlangte) Verbundenheit mit den rechtlich geschützten Werten manifestiert, sodass weitere Sanktionen nicht angebracht sind.

 

Durch die Strafbarkeit der Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze soll der öffentliche Friede gesichert werden. Bedacht wird darauf genommen, dass nicht jede Äußerung zum Ungehorsam gegen Gesetze auch wirklich gefährlich für den Frieden ist. Daher soll einerseits nur die qualifiziert öffentliche Aufforderung und andererseits nur jene zum allgemeinen Ungehorsam unter Strafe gestellt werden.

 

Das Verbot öffentlicher Äußerungen steht in einem Spannungsverhältnis zum Recht auf Äußerung der freien Meinung, welches etwa durch Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleistet wird. Seit Einführung des § 283 StGB im Jahre 1975 wurde dieser in fünf Fassungen niedergeschrieben. Aus ursprünglich 2 Absätzen mit 94 Worten wurden 4 Absätze mit 410 Worten. Waren bis 2011 Kirche, Religion, Rasse, Volk und Staat durch diesen Paragraphen geschützt, folgten 2012 die Kriterien Hautfarbe, Sprache, Weltanschauung, Abstammung, nationale oder ehnische Herkunft, Geschlecht, Behinderung, Alter, sexuelle Orientierung, mit 1.1.2016 wird zusätzlich auch auf fehlende Kriterien der bezeichneten Gruppen abgestellt;

Es zeigt sich - auch und gerade im Vergleich mit anderen europäischen Staaten - dass in Österreich unter dem Deckmantel des Schutzes des öffentlichen Friedens die Meinungsfreiheit immer mehr beschränkt wird, um kritische Stimmen „auszuschalten“. Die Rückführung der Regelung auf die Fassung vor der letzten Strafrechtsnovelle ist daher mehr als angebracht.

 

Die Verhinderung der Teilnahme oder der Durchführung einer gesetzlich zulässigen Versammlung soll unter Strafe gestellt werden, wenn sie in einer bestimmten Form, nämlich mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt geschieht. Diese spezifische Regelung dient nicht nur dem Schutze der Versammlung an sich, sondern auch der Sicherung der Handlungsmöglichkeiten und Freiheiten des Einzelnen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Justizausschuss ersucht.