1846/A(E) XXV. GP
Eingebracht am 21.09.2016
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Aygül Berivan Aslan, Matthias Köchl, Freundinnen und Freunde
betreffend Absenkung der Pensions-Mindestbeitragsgrundlage für Selbstständige
BEGRÜNDUNG
Immer mehr Menschen in Österreich
verdienen ihren Lebensunterhalt durch eine selbstständige Tätigkeit.
Besonders für Frauen scheint diese Beschäftigungsform an
Attraktivität zu gewinnen, im Jahr 2015 lag der Frauenanteil bereits bei 36
Prozent. Von diesen Selbstständigen sind derzeit rund 278.000 Fälle[1] der Untergruppe der Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) zuzurechnen, wobei
hier der Frauenanteil bereits 50 Prozent beträgt.
Frauen sind hauptsächlich in den Bereichen Handel, Tourismus, Freiberufe
sowie Gesundheits- und Sozialwesen als Selbstständige tätig. Der
offensichtlichen Attraktivität dieser Beschäftigungsform steht allerdings
ein auffallend geringes Einkommensniveau gegenüber: Das Medianeinkommen von
selbstständigen Frauen betrug 2013 vor Abzug der Steuern 8.023 Euro, jenes
der selbstständigen Männer 14.472 Euro, also beinahe doppelt so viel
(Quelle: Statistik Austria). Das monatliche Median-Einkommen von weiblichen
Selbstständigen beträgt demnach knapp 670 Euro brutto.
Über das generell niedrige Einkommen der EPUs in Österreich gibt auch eine Studie des Sozialministeriums aus dem Jahr 2015[2] Auskunft, wonach der Frauenanteil bei den nicht-veranlagten Solo-Selbstständigen bei 40,8 Prozent liegt (jener der Männer bei 24 Prozent). „Nicht-veranlagt“ bedeutet in diesem Fall, dass sich das Jahreseinkommen der Betroffenen unter der Mindestgrenze von 11.000 Euro befindet, ab der die Veranlagungspflicht gegenüber dem Gesetzgeber schlagend wird.
Selbstständige sind sozialversicherungstechnisch dem gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) unterworfen. Dieses schreibt einen monatlichen Mindestbeitrag für die Sozialversicherung (SV) vor, der auch eingezahlt werden muss, wenn in einzelnen Monaten bzw. Quartalen geringe bzw. gar keine Einkünfte vorliegen.
Im Jahr 2016 wurde die Mindestbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung von 723,52.- auf die ASVG-Geringfügigkeitsgrenze von 415,72 Euro monatlich gesenkt. Die Mindestbeitragsgrundlage bestimmt, welcher Sozialversicherungsbeitrag jedenfalls eingezahlt werden muss, auch wenn die Einkünfte in einem Monat bzw. Quartal unter dieser Mindestbeitragsgrundlage liegen. Mit der Angleichung auf ASVG-Niveau wurde eine wesentliche Forderung der Selbstständigen Vertretungen umgesetzt.
In der Pensionsversicherung für Selbstständige bleibt die unflexible Mindestbeitragsgrundlage von 723,52 Euro erhalten. Das heißt: Selbst wenn ein/e Selbständige/r lediglich 425.- im Monat verdient, so muss sie/er immer Pensionsversicherungsbeiträge bezahlen, als ob der Verdienst bei 723,52.- läge. Eine etappenweise Angleichung der Pensionsversicherung an ASVG-Niveau erfolgt erst zwischen 2018 und 2022.
Bei NeugründerInnen gilt[3]:
· Die Krankenversicherungsbeiträge der ersten 2 Kalenderjahre sind mit 31,8.- festgesetzt. Es handelt sich um einen Fixbetrag, es kommt daher zu keinen Nachzahlungen;
· In der Pensionsversicherung gelten zwar in den ersten 3 Kalenderjahren ebenfalls fixe Beiträge in Höhe der Mindestbeiträge – sie werden aber jedenfalls nachbemessen. Die überhöhte Mindestbeitragsgrundlage gilt also auch für GründerInnen ab dem ersten Tag.
Die Beitragssätze zur Sozialversicherung bzw. die entsprechenden Mindestbeitragsgrundlage im Jahr 2016 lauten daher (mit Ausnahme der fixen Krankenversicherungsbeiträge in den ersten beiden Gründungsjahren) immer:
Versicherung |
Beitragssatz |
Mindestbeitrags-grundlage/Monat |
Mindest-beiträge/Monat |
Pensionsversicherung |
18,50% |
723,52 Euro |
133,85 Euro |
Krankenversicherung |
7,65% |
415,72 Euro |
31,80 Euro |
Selbständigenvorsorge |
1,53% |
415,72 Euro |
6,36 Euro |
Unfallversicherung |
Fixbetrag / Monat |
|
9,11 Euro |
Für Selbstständige mit einem derart niedrigen Einkommen stellt die fixe, auf Basis der Mindestbeitragsgrundlage gestellte Zahlung von Pensionsversicherungsbeiträgen eine unzumutbare Belastung dar. Daneben zeigt sich weiterhin die Unübersichtlichkeit des österreichischen Sozialversicherungswesens: die hier genannten Werte gelten nur für Gewerbetreibende im klassischen Sinne – für „Neue Selbständige“ oder „Freiberufler“ wie Ärzte und Co gelten wiederum leicht abweichende Regelungen.
Auch wenn mittelfristig die unübersichtliche Sozialversicherungslandschaft vereinheitlicht und für jedermann gleichermaßen zugänglich gemacht werden muss, so können gerade Selbständige mit geringen Einkommen kaum auf diesen großen Wurf warten. Als pragmatischen ersten Schritt wäre daher eine sofortige Absenkung der Mindestbeitragsgrundlage sowohl in der Kranken- als auch in der Pensionsversicherung auf die Geringfügigkeitsgrenze analog zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) notwendig.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf vorzulegen, mit dem die Mindestbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung im Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) innerhalb von Jahresfrist auf die Geringfügigkeitsgrenze im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) abgesenkt wird.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales vorgeschlagen.
[1] WKO Statistik (Doppelzählungen möglich): http://wko.at/statistik/EPU/EFGmbH_EPU-Anteil_Bld.pdf
[2]
„Demographie und Sozialstatistik von EPU/Soloselbstständigen
https://www.sozialministerium.at/cms/site/attachments/0/0/9/CH2247/CMS1318326022365/focus_1_epu-grundlagenforschung_endbericht_final.pdf
[3] https://www.wko.at/Content.Node/Service/Arbeitsrecht-und-Sozialrecht/Aktuelle-Werte/Neugruender-2016.html