2117/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 26.04.2017
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EntschlieSSungsantrag

 

der Abgeordneten Karin Doppelbauer, Kollegin und Kollegen

betreffend Sofortige Einstellung der Heranführungshilfe für die Türkei

Die sich seit einigen Jahren in der Türkei entfaltende Entwicklung, immer weiter weg von einem demokratischen Rechtsstaat und hin zu einem autokratischen Regime, lässt vermuten, dass die Türkei kein Interesse mehr daran hat, Teil der Europäischen Union zu werden. Insbesondere seit dem Putschversuch im Juli 2016 setzte die Regierung Recep Tayyip Erdogans einen Schritt nach dem anderen, um die Rechtsstaatlichkeit, die Pressefreiheit, den Parlamentarismus, die Freiheit von Forschung und Lehre, sowie Minderheitenrechte de facto abzuschaffen.

Das gewaltsame Vorgehen gegen die Kurden, von dem, entgegen türkischer Behauptungen, nicht ausschließlich die PKK, sondern auch zahlreiche kurdische Zivilisten betroffen sind, ist für eine Union, die Pluralismus und Toleranz, Freiheit und den Schutz von Minderheiten zu leben gelobt hat, inakzeptabel und muss nicht nur eine Verurteilung durch die EU nach sich ziehen, sondern auch spürbare Konsequenzen für die Türkei. Eine entschlossene Reaktion vonseiten der EU erfordert auch das Vorgehen der türkischen Regierung gegen die Pressefreiheit. Im Jahr 2016 schloss die Regierung Erdogan laut dem Committee to Protect Journalists innerhalb weniger Monate 178 Medienunternehmen per Dekret. Über 120 JournalistInnen befinden sich seitdem in Haft, mehr als in jedem anderen Land der Welt. Mit der Massenentlassung von RichterInnen, von UniversitätsprofessorInnen und von hohen Beamten, hat Erdogan der intellektuellen Elite seines Landes den Krieg erklärt und eine klare Botschaft gesandt: Wer für liberale Werte, für Demokratie und Freiheit eintritt, hat in seiner Türkei keinen Platz.

Zum im April 2017 abgehaltenen Verfassungsreferendum: Die Venedig-Kommission für Demokratie durch Recht des Europarats kritisierte die darin angestrebten Verfassungsänderungen und stellte fest, die Türkei befinde sich "auf dem Weg zur Autokratie und einem Ein-Personen-Regime". In ihrem Bericht zum Referendum selbst bemängelt die OSZE, das Referendum habe internationalen Standards nicht entsprochen und sei inakzeptabel. Zu den Kritikpunkten zählt unter anderem, dass es dem "Nein"-Lager nicht möglich war, im gleichen Maße Mobilisierungsveranstaltungen abzuhalten wie den Befürwortern und dass kritische Medien bereits im Vorfeld geschlossen worden waren. Eine objektive Darstellung des Sachverhalts habe also durch die dadurch einseitig befürwortende Medienberichterstattung in der Öffentlichkeit nicht stattgefunden.

Gleichzeitig tätigten der türkische Präsident, sowie andere Mitglieder seiner Regierung Aussagen in Richtung Europäische Union, die wenig Respekt für seine Verhandlungspartner um den Beitritt zur Europäischen Union erkennen lassen und somit nur zu einer Schlussfolgerung führen können: Die Türkei strebt keinen Beitritt zur EU mehr an. Auch besagt Artikel 49 des EUV, dass nur jene Staaten Mitglieder der Union werden können, die sich zu den im Artikel 2 EUV aufgelisteten Werten bekennen. Da die Türkei, selbst wenn sie so ein Bekenntnis machen sollte, damit nicht mehr glaubwürdig ist, kommt ein Beitritt nicht infrage. Die Mitgliedsstaaten der Union müssen nun der Realität ins Auge sehen und die Konsequenzen ziehen.

Für die Türkei ist vonseiten der EU in den Jahren 2014-2020 im Rahmen der sogenannten Heranführungshilfe (IPAII) EU-Unterstützung von insgesamt 4,45 Milliarden Euro vorgesehen. Damit sollen dort unter anderem Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und zivilgesellschaftliche Projekte gefördert werden. Aufgrund der gegenwärtigen Entwicklung in der Türkei gibt es jedoch keinen Anlass zu glauben, diese Mittel würden tatsächlich für diese Zwecke eingesetzt.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 


Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres wird aufgefordert, sich im Rat dafür einzusetzen, dass die Zahlungen, die im Rahmen der Heranführungshilfe an die Türkei getätigt werden, so schnell wie möglich eingestellt werden."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Außenpolitischen Ausschuss vorgeschlagen.