366/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 27.03.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Franz

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend „Schaffung von Beratungsstellen für ungewollt Schwangere“

 

 

In Österreich liegt die statistische Geburtenrate derzeit bei 1,4 Kinder pro Frau. Um eine positive Bevölkerungsentwicklung aufrechterhalten zu können, ist jedoch eine Geburtenrate von 2,1 pro Frau notwendig. Auch die Zuwanderung bringt langfristig keine positive Geburtenbilanz. Eine ausreichend hohe Geburtenrate ist für eine positive wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gesellschaft von besonderer Bedeutung. Mittel- und langfristig stellen zu niedrige Geburtenraten und die Überalterung der Bevölkerung in diesem Zusammenhang die größten Herausforderungen für die Sozialpolitik dar.

Ein Umstand, der einer positiven Geburtenbilanz entgegensteht, ist die hohe Zahl an Abtreibungen. In Österreich werden im Gegensatz zu Deutschland[1] keine diesbezüglichen Statistiken geführt, Experten schätzen die Zahl der Abtreibungen für Österreich zwischen 30.000 bis 60.000 pro Jahr[2]. 2012 wurden in Österreich 78.952 Lebendgeborene statistisch erfasst. Die Abtreibungsquote liegt in Österreich daher bei rund 27% bis 43% (der gesamt möglich Lebendgeborenen), in Deutschland bei rund 23%. Österreich liegt mit dieser Quote signifikant höher als Deutschland.

In Deutschland wird die Beratung im Vorfeld zu einem Schwangerschaftsabbruch mit dem „Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten“ geregelt. Konkret normiert dieses Gesetz u.a. „…eine notwendige Beratung ist ergebnisoffen zu führen. Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden. Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens.“[3] Deutsche Frauen müssen mindestens drei Tage vor einem Schwangerschaftsabbruch ein Beratungsgespräch durchführen. Die Schwangere benötigt eine Bescheinigung einer zugelassenen Beratungsstelle. Anschließend darf ein Arzt, der nicht an der Beratung teilgenommen hat, die Schwangerschaft bis zur zwölften Woche nach der Empfängnis abbrechen.

In Österreich gibt es keine vorgeschriebene Wartezeit, keine vorgeschriebene Beratung in einer Beratungsstelle, keine inhaltlichen Vorgaben für die ärztliche Beratung und die Frau muss ihre Gründe für den Abbruch nicht angeben. Persönliche Daten werden nicht weitergegeben, da es keine Meldung an die Krankenkassen oder irgendeine andere Institution gibt, da der Abbruch in Österreich nicht, wie in fast allen anderen Westeuropäischen Ländern von der Krankenkasse bezahlt wird. Ausnahme ist eine medizinische Indikation, die einen Schwangerschaftsabbruch notwendig macht.

Das österreichische Negativszenario erfordert ein Umdenken bei den Regierungsverantwortlichen. Es muss über begleitende Geburtshilfe diskutiert werden anstatt über Sterbehilfe. Österreich braucht eine fundierte Debatte zum Thema Abtreibung und die Schaffung neuer Optionen für das Leben. Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen, dürfen nicht diskreditiert werden. Es muss werdenden Müttern derart geholfen werden, dass insbesondere wirtschaftliche Faktoren kein Grund mehr für eine Abtreibung sind.

Neben standardisierten Beratungszentren in allen Bundesländern müssen ab dem Zeitpunkt der Geburt Hilfen wie etwa subventionierte „Leihomas“, Babysitter-Zuschüsse und besondere Unterstützung von arbeitslosen Jungvätern und Jungmüttern durch das AMS, etwa mit Sonderaktionen für Unternehmer, die Jungväter bzw. Jungmütter beschäftigen, realisiert werden.

In Österreich hat sich leider eine gesellschaftliche Haltung entwickelt, die Kinder eher als ein Hindernis denn als eine Bereicherung ansieht. Gerade in einer überdurchschnittlich alten Gesellschaft, mit zu geringer Geburtenrate, zu wenig Kindern und zu wenig Kinderbetreuungsmöglichkeiten und nicht zuletzt angesichts der gerade begonnenen Sterbehilfe-Diskussion, dürfen zentrale gesellschaftspolitischen Fragen wie die Eindämmung der Schwangerschaftsabbrüche nicht ausgeklammert werden.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wird ersucht, im Zusammenwirken mit dem Gesundheitsminister und der Familienministerin Voraussetzungen zu erarbeiten, die unter Einbeziehung der Länder die Errichtung einer bundesweit flächendeckenden, anonymen Beratung für ungewollt Schwangere ermöglicht.“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Sozialausschuss vorgeschlagen.



[1] Das Statistische Bundesamt in Deutschland verzeichnet für 2011 108.867 Abtreibungen, bei 662.685 Lebendgeborenen.

[2] Ärztekammer Niederösterreich, Der Standard, 11. Juli 2013; wobei manche Experten die Zahlen noch weit höher ansetzen;

[3] Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz - SchKG)