599/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 23.09.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

DRINGLICHER ANTRAG

gem. § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR

 

der Abgeordneten Dr. Nachbaur,

Kolleginnen und Kollegen

an den Bundeskanzler

betreffend „Wirtschaftskrieg, Rekordarbeitslosigkeit und TTIP: Österreich als Marionette, gefangen zwischen Ost und West“

 

Die (wirtschaftliche) Lage in Österreich ist besorgniserregend. Die Folgen des langjährigen Wirkens der so genannten „Großen Koalition“ äußern sich in Rekordarbeitslosigkeit, Rekordverschuldung sowie einer Rekordsteuer- und Rekordabgabenquote. Nicht nur Arbeitnehmer stöhnen unter der nicht mehr zu bewältigenden Steuer- und Abgabenlast, auch die heimischen Unternehmer sehen sich zusehends einem leistungsfeindlichen Klima ausgeliefert. Wirtschaftsfeindliche Bedingungen und überbordende bürokratische Strukturen gestalten Österreich als Wirtschaftsstandort zunehmend unattraktiver, größere Unternehmen sprechen bereits offen von Abwanderung. Österreich hat in den letzten elf Jahren durch die Verlagerung von größeren Betrieben ins Ausland 6.872 Arbeitsplätze verloren. Von Betriebsschließungen waren 5.236 Arbeitsplätze betroffen, von Insolvenzen 14.307. Der größte Teil der Verlagerungen fand innerhalb von Europa statt, die zweite große Zielregion war Asien mit China und Indien.[1] Regierungsseitig gibt es zwar viele gut klingende Ankündigungen, jedoch seit geraumer Zeit wenig durchschlagende Lösungen. Beispielsweise sind eine Steuer- und Verwaltungsreform seit langem regelmäßig Gegenstand medialer Berichterstattung, aber Lösungen lassen aufgrund parteipolitischer Grabenkämpfe auf sich warten.

 

Handeln im Interesse Österreichs!

Die Bundesregierung kann nicht darauf warten, dass die Rahmenbedingungen von selbst besser werden. Die verantwortlichen Politiker in Österreich müssen jetzt handeln und zwar richtig, denn die internationalen Probleme sind in Österreich angekommen und haben ein derart großes Ausmaß angenommen, dass die Österreicher auf mehreren Ebenen davon betroffen sein werden.

1.)   Die Krise in der Ukraine ist im Begriff, sich von einem regional beschränkten Bürgerkriegskonflikt zu einem brandgefährlichen internationalen militärischen Konflikt und vor allem zu einem Wirtschaftskrieg auszuweiten. Die von den USA und den EU-Mächtigen verordneten Wirtschaftssanktionen gegen Russland gehen zu Lasten der europäischen und russischen Bevölkerung und der Wirtschaft.

 

2.)   Es stehen diverse Abkommen mit den USA und Kanada wie TTIP, CETA und TiSA mit unabsehbaren Auswirkungen auf den österreichischen Wirtschaftsstandort und auf die hohen österreichischen bzw. europäischen Standards vor dem Abschluss. Die betroffene Bevölkerung wurde kaum informiert, geschweige denn in die geheim gehaltenen Verhandlungen eingebunden.

 

3.)   Der österreichische und europäische Regulierungswahn nimmt monströs pathologische Züge an: Verpflichtende Allergenwarnungen für Wirte, Leistungsbegrenzungen für Staubsauer und vieles mehr verletzen das Subsidiaritätsprinzip und bedrohen die Freiheit, die heimische Wirtschaft und den Wohlstand.

Zeit für Gegenmaßnahmen und Verteidigung österreichischer Standpunkte!

 

Zu 1) Ukraine-Krise: Friedensgipfel in Wien - jetzt!

 

Friede, fairer Handel und Wettbewerb sind die einzig anzustrebenden Lösungen für die anhaltende Ukraine-Krise, in deren Folge Österreich nach jetzigem Stand ein wirtschaftlicher Verlust in Höhe von mehreren Milliarden Euro sowie ein vehementer Anstieg der Arbeitslosigkeit um über 10.000 Personen drohen.

Was macht die österreichische Bundesregierung? Eskalation statt Konfliktberuhigung!

Sie zwingt Österreich in von den USA und den EU-Mächtigen verordnete Sanktionen gegen Russland, die dem österreichischen Wirtschaftsstandort massiv schaden. Darüber hinaus kann man sagen, dass sich Österreich damit an der Eskalation des Konfliktes in der Ukraine mitschuldig macht, statt auf eine Deeskalation hinzuwirken.

Abgesehen davon, dass die Sanktionen gegen Russland das Gegenteil einer Konfliktberuhigung bewirken, sind in Österreich insgesamt rund 55.000 Arbeitsplätze und 1.250 Unternehmen mit geschäftlichen Verbindungen nach Russland betroffen. Insgesamt exportierte die EU 2013 Waren im Wert von € 120 Milliarden nach Russland, davon Österreich alleine Waren im Wert von € 3,5 Milliarden. Mit einem Importanteil von 2,5% und einem Exportanteil von 2,8% liegt Russland auf Platz zehn der wichtigsten Handelspartner Österreichs. Die Kosten des Konfliktes für die Union werden auf insgesamt 100 Milliarden Euro geschätzt. Russland ist zudem ein wichtiger Energielieferant Österreichs und Europas.

Wir wollen wirtschaften statt Krieg führen! Wer miteinander handelt, schießt nicht!

Natürlich sind jegliche völkerrechtswidrige Eingriffe zu verurteilen und zu unterbinden, jedoch mit geeigneten Mitteln. Die Wirtschaftssanktionen führen zu einer Verschärfung der Lage und werden die autoritären Tendenzen in Russland verschlimmern. Die Leidtragenden sind nicht Putin und die Kreml-Eliten, sondern das russische Volk sowie die heimischen Firmen und deren Arbeitskräfte. Wir verlangen daher von der Bundesregierung den Einsatz unseres „neutralen Bodens“, um Friedensverhandlungen zu initiieren. Österreich hat als Ort des friedlichen Zusammenkommens eine historische Tradition und war bereits mehrmals in der Geschichte Ausgangsort nachhaltiger friedlicher Lösungen. Jeder Versuch der Deeskalation ist entschieden zu verfolgen - im Interesse aller direkt Betroffenen und im Interesse Österreichs.

 

Zu 2) TTIP, CETA und TiSA – kein Abkommen ohne Verhandlungsbeteiligung!

 

Wirtschaftliche Zusammenarbeit, freier Handel und fairer Wettbewerb stärken den Frieden und den Wohlstand und sind daher in unser aller Interesse. Dies gilt nicht nur national, sondern auch über die Grenzen Österreichs hinweg - immerhin erwirtschaftet Österreich einen Großteil seiner Wertschöpfung im Export. Jegliche Maßnahmen zur Steigerung des Wirtschaftswachstums sind daher zu begrüßen, nicht aber um jeden Preis. Es müssen „faire Spielregeln“ gelten und, insbesondere, bestimmte hohe Standards gewährleistet und verteidigt werden.

Nun drohen nach Ansicht von Kritikern der geplanten Freihandelsabkommen Gefährdungen der Lebensmittelbranche, der Umwelt und des europäischen Demokratieverständnisses durch Entmündigung der nationalen Parlamente. Unter dem Deckmantel „Wachstumsförderung“ werde im Geheimen ein „Eldorado für multi-nationale Konzerne“ geplant, welches die Gesetzgebung in der EU und letztlich auch in Österreich grundlegend verändern wird.

Wir wollen neutral und professionell an die Bewertung herangehen, aber leider ist dies nicht möglich. Was die geplanten Abkommen nämlich eint, sind Intransparenz der Verhandlungen und der Inhalte, viele offene Fragen und mangelnde Information der Öffentlichkeit. Die Bevölkerung wird in völlig unzureichender Weise eingebunden. Nicht zuletzt die „Kronen Zeitung“ hat mit ihrer Kampagne „Stopp dem US-Freihandelsabkommen“ auf TTIP aufmerksam gemacht. Entsprechend haben zahlreiche Österreicherinnen und Österreicher ihren Unmut in diversen Petitionen gegen TTIP geäußert und sich auch bei der öffentlichen Konsultation zum Investorenschutz auf EU-Ebene beteiligt. Insgesamt sind 149.399 Stellungnahmen eingegangen. Fast ein Viertel dieser "Angriffe" (33.753) kam dabei aus Österreich, das nur von Großbritannien mit 52.008 Eingaben übertroffen wurde. Die Bevölkerung ist es leid, dass weitreichende Entscheidungen über ihre Köpfe hinweg getroffen werden, wobei Handelskommissar De Grucht dies anders zu sehen scheint. Immerhin meinte er zu den Stellungsnahmen, es handle sich regelrecht um eine Attacke, und qualifizierte diese als „gesteuerte Aktion" sowie "Angriff auf die Kommission" ab.

Auch viele Vertreter aus Wirtschaft und Politik warnen - so etwa Rewe-Chef Frank Hensel, der sich um die "hohe Qualität österreichischer Lebensmittel" sorgt oder Vertreter der Arbeiterkammer, die vor einer möglichen Absenkung heimischer Standards betreffend Gesundheit, Lebensmittelsicherheit, Datenschutz, Verbraucherschutz und Umwelt sowie dem Fehlen von Arbeitsstandards warnen: „Ein Abkommen zwischen der EU und den USA, in dem die Ratifizierung und Einhaltung international anerkannter Arbeitsstandards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nicht verankert wird und Verstöße dagegen nicht eingeklagt werden können, ist inakzeptabel.“ Auch immer mehr Bundesländer lehnen TTIP ab, allen voran Oberösterreich mit Landeshauptmann Pühringer. Der internationale Protest wächst ebenfalls. So hat u.a. der Oberbürgermeister von Nürnberg, Ulrich Maly, der auch Sprecher des deutschen Städtebundes ist, sein Veto hinsichtlich der Gefahren bei TiSA in Bezug auf die Wasserprivatisierung eingelegt.

Umgekehrt sind auch positive Stimmen zu vernehmen. Beispielsweise sieht der österreichische Wirtschaftsminister einige Vorteile und gilt als Befürworter.

Insgesamt bleibt festzuhalten: Um einen etwaigen Mehrwert oder eine Bedrohung seriös erkennen und gegebenenfalls gegensteuern zu können, um für unser Land die besten Lösungen zu finden, müssen wir den Stand der Dinge kennen.

Problematische „Vertragsklauseln und -bedingungen“

Klar ist, dass vertraglich verankerte Verfahrensweisen wie die „Stillhaltevereinbarung“ (schreibt den erreichten Status der Liberalisierung in allen Sektoren fest) sowie der „Ratchet-Mechanismus“ (einmal beschlossene Liberalisierung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden) den Handlungsspielraum der nationalen Regierungen erheblich einschränken. Selbst wenn Privatisierungen eine Verschlechterung für die Bevölkerung bedeuten, können sie nicht mehr rückgängig gemacht werden. Ebenso kritisch im Bereich der Liberalisierungen zu betrachten ist der Ansatz der „Negativliste“ (alle Dienstleistungen sind grundsätzlich einbezogen, außer sie sind explizit ausgeschlossen). Demnach wären auch alle zukünftigen Aufgaben im öffentlichen Dienstleistungsbereich, die heute noch gar nicht als solche erkennbar sind, automatisch von einer Liberalisierung betroffen. Den nationalen Regierungen wird damit die Möglichkeit eines „ordnenden Eingriffes“ genommen.

Auch mit der „regulatorischen Kooperation“ soll ein Mechanismus etabliert werden, der Konzernen, Verbänden und anderen Stakeholdern ein verbindliches Mitspracherecht bei der Erstellung von Gesetzesentwürfen noch vor dem Beginn der parlamentarischen Behandlung gewährleistet. Im Regulatory Cooperation Council RCC (Rat zur Regulatorischen Kooperation) werden Gesetzesvorhaben eng mit Lobbygruppen abgestimmt. Nach bisherigen Erkenntnissen soll das Gremium mit hochrangigen Vertretern aus Regulierungsbehörden der EU und den USA besetzt werden. Schon jetzt sitzen z.B. ehemalige Mitarbeiter des Chemie- und Saatgutkonzerns Monsanto bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Es gilt zu klären, wie die wichtigsten Gremien besetzt werden und welchen Einfluss Österreich überhaupt noch hat.

Zudem birgt die Tatsache, dass zumindest TTIP als „living agreement“ gestaltet werden soll, ungeahnte Risiken. Es bedeutet nichts anderes als ein ständiges „Herumfeilen“ am Vertragstext, auch nach einer Ratifizierung. Kleine Veränderungen können schleichend vollzogen werden, da sie einzeln betrachtet wohl oft zu klein sein werden, um vom Gesetzgeber abgesegnet werden zu müssen. In Summe und im Laufe der Zeit werden sie aber deutlich erkennbar sein. Die EU Kommission befürwortet außerdem ein „Fast-Track-Verfahren für Änderungen von TTIP. Dadurch könnten Änderungen am Vertragstext wie etwa das Hinzufügen von Anhängen ohne Zustimmung des EU-Parlaments oder einzelner Mitgliedsstaaten vollzogen werden.

Einer der bekanntesten Kritikpunkte ist der Investorenschutz. Die Regelung betreffend Investor-Staat-Streitigkeiten (ISDS) ermöglicht Konzernen, gegen missliebige Gesetze der EU bzw. eines Staates aufgrund der Gefährdung von legitimen Gewinnerwartungen zu klagen. Grundsätzlich ist es von elementarer Bedeutung, dass Staaten vor unabhängigen, internationalen Schiedsgerichten verklagt werden können. Beispielsweise könnten korrupte Staaten Unternehmen sonst willkürlich enteignen, ohne dass diese sich vor einer neutralen Instanz wehren können.

Die Frage ist aber, wie diese Gerichte besetzt sind. Insofern werden von den Kritikern intransparente Schiedsgerichte befürchtet, abseits des demokratischen Rechtssystems. Kritiker sprechen vom „regulatory chill“ durch Investorenschutz, einer „Abkühlung“ der Politik. Damit ist gemeint, dass die Furcht vor Klagen und etwaigen Millionen- bzw. Milliardenzahlungen die Gesetzesgestaltung beeinflussen bzw. bremsen könnte. Die EU-Kommission setzte die Verhandlungen zum Investorenschutz drei Monate aus, um eine öffentliche Konsultation zu initiieren. Dies hinderte in Brüssel aber niemanden, eben in dieser Zeit eine EU-Verordnung im EU-Parlament zu verabschieden, welche die Zuständigkeit in einem ISDS-Verfahren regelt, die bereits am 17.September 2014 in Kraft getreten ist. Konkret wird darin geregelt, ob ein Mitgliedstaat oder die Kommission in einem Verfahren als Beklagte auftreten, wer die Kosten trägt und wer für eventuelle Schadensersatzansprüche aufkommt. Außerdem wird die Kommission befähigt, Mitgliedstaaten unter Umständen anzuweisen, einen Vergleich zu akzeptieren. Es sei erwähnt, dass diese Verordnung bereits vor einem Jahr ausverhandelt wurde und längst nicht mehr dem aktuellen Diskussionsstand entspricht.

 

„Geleakte“ Dokumente werfen inhaltliche Fragen auf: Gefahr der Wasserprivatisierung und Gefahr für die Lebensmittelqualität? Welche Vorteile gibt es?

Was „über die Köpfe“ der europäischen Bürgerinnen und Bürger verhandelt wird, ist aktuell nicht abschätzbar. Konkrete Inhalte der Abkommen erfährt die breite Öffentlichkeit hauptsächlich durch geleakte Dokumente, die oft gegenteilig zu offiziell Kommuniziertem stehen. So wurde die Wasserversorgung in einem geleakten Dokument zu TTIP nicht explizit von den Verhandlungsinhalten ausgeschlossen, wenngleich die EU-Verhandler dort Vorbehalte („reservations“) gegen eine Deregulation des Energie- und Wassersektors angemeldet haben. Die EU-Kommission hingegen dementiert, dass die Wasserversorgung "Gegenstand der Verhandlungen für ein Transatlantisches Partnerschaftsabkommen" sei. Auch der Verhandlungsvorschlag für Regelungen des Energiesektors im Rahmen von TTIP wurde geleakt. Er beinhaltet u.a. eine Einschränkung der Umsetzung nationaler Programme für erneuerbare Energien und die Ausdehnung von Exporten fossiler Energierohstoffe aus den USA in die EU. Dadurch würden nationale Regierungen in der Gestaltung ihrer Energiepolitik beschnitten. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf Klimaziele, Energiewende, etc. Auch beim Thema Lebensmittelsicherheit mahnt ein geleakter Entwurf zur Vorsicht: Kontrollen im Einfuhrhafen zur Überprüfung importierter Lebensmittel sollen demnach abgeschafft werden. Argumentiert wird dies mit der gleichwertigen Anerkennung der Vorschriften, Gesetze und Durchsetzungsmaßnahmen zur Lebensmittelsicherheit und Tier- und Pflanzengesundheit. Frei nach dem Motto: „Wir kontrollieren sowieso beim Export, also braucht ihr beim Import nicht mehr zu kontrollieren“. Das Vorsorgeprinzip der EU dürfte demnach als Handelshemmnis gelten. Schwierig wäre dann auch, Importe aus Ländern, in denen Tier- oder Pflanzenkrankheiten ausgebrochen sind, zu verhindern. Der Weg für „hormongefüttertes Rindfleisch“ und weitere „Spezialitäten“ wäre geebnet. Gerade der Tier- und Pflanzenschutz bzw. die Lebensmittelsicherheit darf dem Killerargument „Wirtschaftswachstum“ nicht geopfert werden, da der „Feinkostladen Österreich“ sonst „zusperren“ kann. Konträr zum geleakten Dokument berichtet Bundesminister Rupprechter (1558/AB), dass Österreich erreicht habe, „dass im EU Mandat v.a. im Bereich sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen dem Vorsorgeprinzip Rechnung getragen wird, wonach insbesondere bei ungenügender wissenschaftlicher Beweislage jeder Vertragspartner Maßnahmen zum Schutz von Menschen-, Tier- und Pflanzenleben oder Gesundheit ergreifen kann.“ Auch das seitens der USA propagierte „Sound of science“-Prinzip steht zu dieser Aussage konträr. Demnach wären regulatorische Eingriffe nur gerechtfertigt, wenn sie auf Beweisen beruhen, wobei die Beweislast bei den Behörden liegt. Was dies gegebenenfalls für gentechnisch veränderte Organismen bedeutet, liegt auf der Hand.

Grundsätzlich begrüßenswert sind die von der EU versprochenen zwei Millionen zusätzlichen Arbeitsplätze, wenngleich die Zahl in Proportion zur gesamten Bevölkerung - also 800 Millionen Menschen - zu sehen ist. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass dieses Plus an Arbeitsplätzen nur in einigen Sektoren bzw. Regionen ankommen wird, während in anderen Bereichen auch mit Arbeitsplatzverlusten zu rechnen ist. Auch die Tatsache, dass vom Verhandlungspartner USA die acht Kernnormen der ILO (Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen) nicht eingehalten werden, könnte konsequent weitergedacht durch Abkommen wie TTIP zu ernsthaften Problemen führen. In den USA gibt es kein Recht auf kollektiv verhandelte Tarifverträge. Mindestlöhne könnten als Handelshemmnis betrachtet werden. Auch „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist dort nicht gesetzlich gedeckt, ebenso wenig wie ein Verbot der Diskriminierung in der Arbeitswelt (aufgrund der Herkunft, Religion, Geschlecht,…). Aus Kostengründen hätten viele europäische Firmen einen Anreiz, in die USA abzuwandern. Über eine US-Niederlassung könnte dann auch gegen rechtliche Vorschriften des eigenen Staates geklagt werden. In einer Anfragebeantwortung (1675/AB) bestätigte auch die ehemalige Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, dass negative Auswirkungen von TTIP nicht ausgeschlossen werden können.

Abstimmung der Abkommen im Parlament – Ja, natürlich! / Volksabstimmung – Ja bitte!

Noch nicht gänzlich geklärt ist die Frage, ob all diese Abkommen die nationalen Parlamente überhaupt passieren müssen. Im Lissabon-Vertrag wurde festgelegt, dass Handelsabkommen nur vom Ministerrat und vom Europaparlament ratifiziert und sogenannte gemischte Abkommen aufgrund nationaler Zuständigkeiten die nationalen Parlamente passieren müssen. Es ist unklar, welche Regelungen einschlägig sind. So möchte EU-Chefunterhändler und Handelskommissar De Grucht die Frage, welche Klauseln in einem solchen Abkommen die nationale Zuständigkeit auslösen, vor dem Europäischen Gerichtshof klären lassen. Bereits ein Unterpunkt im Vertragstext oder ein Zusatzprotokoll reicht, um die nationale Mitsprache ein- bzw. auszuschalten.

Wenig beruhigend ist, dass die österreichische Bundesregierung keine einhellige Meinung darüber hat, ob es überhaupt zu einer Abstimmung im österreichischen Parlament kommen wird. Bundesminister Ostermayer spricht von einem gemischten Abkommen, „als solches wäre der Abschluss des Abkommens daher gemäß Art. 50 B-VG vom Nationalrat zu genehmigen“ (1679/AB), während Bundesminister Hundstorfer (1572/AB) meint, dass „eine endgültige Entscheidung darüber prinzipiell erst möglich sei, wenn die Verhandlungstexte als ausreichend stabil erachtet werden, um eine derartige Überprüfung durchführen zu können. Dies ist in der jetzigen Verhandlungsphase noch nicht der Fall.“

Alles in allem muss vermieden werden, dass die EU Kommission den Europäerinnen und Europäern - ohne Einblick in die Verhandlungen zu gewähren - ein ausverhandeltes Abkommen mit weitreichenden Konsequenzen vorlegt, ohne dass sichergestellt ist, dass es überhaupt zu einer verpflichtenden Abstimmung in den Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten kommt.

Dies ist umso wichtiger, als dass nach derzeitigem Erkenntnisstand Ausstiegsklauseln nicht vorgesehen sind und es für eine Vertragsänderung Einigkeit mit den Vertragspartnern bedarf. Damit gibt es nach einer Ratifizierung realistisch gesehen keine Möglichkeit auf Änderungen und definitiv keinen Weg zurück - es sei denn, ein Mitgliedsstaat tritt aus der EU aus. Als Beispiel sind hier die (erfolglosen) Reformbestrebungen zum EURATOM-Vertrag anzuführen. Da das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA), das den Investorenschutz beinhaltet, kurz vor dem Abschluss steht, ist es allerhöchste Zeit, dass die betroffene Bevölkerung in die Entscheidung, ob CETA, TiSA und TTIP mitgetragen werden sollen, eingebunden wird.

 

Zu 3: „Die Eurokratur der Regulierer“

 

Zwei Hauptprinzipien der EU wurden durch den Regulierungswahn der EU-Bürokraten gebrochen:

1. die Subsidiarität und

2. die „No Bail Out“ - Klausel.

Nun kommen zu der schon jetzt überbordenden österreichischen Bürokratie weitere EU-Vorgaben hinzu und reichen bis in die heimischen Haushalte. Nach der Gurkenkrümmung will die EU noch tiefer in die heimischen Haushalte eingreifen. Ob Staubsauger, Kaffeemaschinen, Backöfen oder Transformatoren - die Brüsseler Regulierungswut kennt mittlerweile keine Grenzen. Die Ökosparmaßnahmen werden in heimischen Haushalten zur Belastung, die Konsumenten strikt bevormundet.

Nicht nur, dass Staubsauger auf 1600 Watt Verbrauch reglementiert wurden. Ab 2017 dürfen keine Geräte mehr vertrieben werden, die mehr als 900 Watt verbrauchen. Da auch die Staubaufnahme reguliert wird, liegt auf der Hand, dass das Putzen länger dauern wird. Hätten die EU-„Experten“ selbst ein derartiges Gerät verwendet, wäre ihnen aufgefallen, dass schon seit Jahren die Staubsaugerleistung elektronisch nach Bedarf geregelt wird. Zudem sind diese Reinigungsgeräte oft Jahrzehnte im Einsatz - die Stromersparnis wird also nur marginal sein.

Der nächste Anschlag auf die Haushalte folgt schon am 1. November 2014; dann sind die Wäschetrockner dran. Das künftige „Standard-Baumwollprogramm“ soll auch den Energieverbrauch regeln. Es wäre wohl sinnvoller, anzuregen, dass Trocknungsmöglichkeiten im Freien oder auf Dachböden geschaffen werden - das gab es doch schon…

Ab Jahreswechsel gibt es aus Brüssel nur noch „Kalten Kaffee“: Die Warmhaltefunktion der Kaffeemaschinen muss sich spätestens nach 40 Minuten abschalten. Für den privaten Haushalt zwar sinnvoll, nicht aber für Büros. Fraglich ist auch der verpflichtende Energiesparmodus für drahtlose Netzwerkgeräte: Ständig neu einwählen zu müssen, entspricht nicht dem Sinn eines schnellen Internets.

Schon im nächsten Jahr wird der Strom- und Gasverbrauch von Herden, Backöfen und Dunstabzugshauben genauestens reguliert. Nach dem Wirkungsgrad von Transformatoren sind am  26. September Heizungen und Boiler vorerst die letzten Opfer des Regulierungswahns. Es ist aber zu befürchten, dass die Brüsseler Bürokraten schon über die nächsten Einschränkungen unter dem Deckmantel des Energieverbrauchs nachdenken.

Gleichzeitig ist die Bundesregierung aufgerufen, auch die bestehende österreichische Überbürokratisierung und -verwaltung zu entschlacken und die bestehenden Gesetze auf Aktualität zu überprüfen und zu modernisieren. Beispielsweise ist die Gewerbeordnung zu nennen, über deren Reformbedürftigkeit in fast allen Lagern Einigkeit herrscht, jedoch eine Gesamtreform auf sich warten lässt. Gleiches gilt für das Steuer- sowie das Mietrecht; nur noch wenige Experten durchschauen das Regelungsdickicht. Verschärft wird die Lage insbesondere im Steuerbereich durch immer schärfere Kontrollen, durch die insbesondere Unternehmer eingeschüchtert werden.

 


Fazit:

Die oben angeführten Sachverhalte und Überlegungen verdeutlichen die offensichtliche „Fremdbestimmtheit“ Österreichs. Es ist höchste Zeit, entsprechende Gegenmaßnahmen zu setzen, um Schaden von der österreichischen Bevölkerung und der österreichischen Wirtschaft abzuwenden. 

 

Daher stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, nachfolgendes Maßnahmenpaket umzusetzen, um insbesondere der mittlerweile erdrückenden Fremdbestimmtheit und der steigenden Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken:

 

1)    Die Bundesregierung, insbesondere der Außenminister, wird an die relevanten Parteien in der Ukraine-Krise herantreten, um Wien als Ort für den Start von Friedensverhandlungen (Friedensgipfel) zwischen allen Beteiligten, insbesondere Vertretern der ukrainischen und der russischen Führung und der Separatisten sowie Vertretern von EU und OSZE, etc. vorzuschlagen. Unter Berücksichtigung der von Präsident Putin vorgelegten 7 Punkte soll ein für beide Seiten tragfähiger Friedensplan entwickelt werden.

2)    In diesem Zusammenhang wird die Bundesregierung alle ihr möglichen Mittel einsetzen, um einen Stopp der Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu erwirken.

3)    Die Bundesregierung wird auf allen relevanten Ebenen und mit allen gebotenen Mitteln entschieden gegen die Verletzung des Subsidiaritätsprinzips und damit gegen die überbordende Bürokratie der EU auftreten.

4)    Die Bundesregierung wird die Bevölkerung über die Verhandlungen zu CETA, TTIP und TiSA ausreichend und zeitgerecht informieren und deren direkt demokratische Beteiligung an den Entscheidungsprozessen ermöglichen, um für Österreich die besten Ergebnisse zu erzielen.

5)    Bis zur Umsetzung der unter 4) angeführten Maßnahmen wird die Bundesregierung auf einen sofortigen Stopp der Verhandlungen hinwirken.

6)    Die Bundesregierung wird ein Konzept für eine umfassende und auf Wirtschaftswachstum und Transparenz ausgerichtete Steuerreform samt verbesserter steuerlicher Anreize für Mitarbeiterbeteiligungsmodelle und einer Senkung der Unternehmensbesteuerung auf 10% für Unternehmen, die im Inland investieren, sowie einem Mechanismus zur Abmilderung der Kalten Progression vorlegen.

7)    Die Bundesregierung wird auf nationaler Ebene entschiedene Maßnahmen zur Entbürokratisierung setzen, um die Verwaltungslast für heimische Unternehmer deutlich abzusenken.“

In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag gemäß § 74a Abs. 1 iVm § 93 Abs. 2 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragssteller die Gelegenheit zur mündlichen Behandlung zu geben.

 



[1] APA-JOURNAL Karriere vom 28.05.2014