720/A XXV. GP

Eingebracht am 22.10.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

gemäß § 26 GOG

der Abgeordneten Mag. Andreas Schieder, Dr. Reinhold Lopatka, Heinz-Christian Strache, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Mag. Dr. Matthias Strolz, Otto Pendl, August Wöginger, Mag. Gernot Darmann, Dieter Brosz, MSc., Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES, Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird und ein Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (Informationsordnungsgesetz – InfOG) erlassen wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird und ein Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (Informationsordnungsgesetz – InfOG) erlassen wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

(Verfassungsbestimmung)

Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

Das Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG, BGBl. Nr. I/1930, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. xxx/20xx, wird wie folgt geändert:

1. Nach Art. 30 wird folgender Art. 30a eingefügt:

Art. 30a. Der besondere Schutz und die Geheimhaltung von Informationen im Bereich des Nationalrates und des Bundesrates werden auf Grund eines besonderen Bundesgesetzes geregelt. Das „Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates“ kann vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Es bedarf überdies der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.“

2. Art. 151 wird folgender Abs. xx angefügt:

„(xx) Art. 30a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/20xx tritt mit 1. Jänner 2015 in Kraft.“

Artikel 2

Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates (Informationsordnungsgesetz – InfOG)

 

Gegenstand und Grundsatz der Öffentlichkeit

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt den Umgang mit klassifizierten Informationen und nicht-öffentlichen Informationen im Bereich des Nationalrates und des Bundesrates.

(2) Informationen im Bereich des Nationalrates und des Bundesrates sind öffentlich zugänglich, soweit es sich nicht um klassifizierte Informationen oder nicht-öffentliche Informationen gemäß § 3 handelt.

(3) Solange Informationen klassifiziert sind, werden sie nicht archiviert.

(4) Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

 

Geheimhaltungsverpflichtung

§ 2. Jede Person, der aufgrund dieses Bundesgesetzes Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, ist zur Verschwiegenheit über die ihr dadurch zur Kenntnis gelangten Informationen verpflichtet und hat durch Einhaltung der vorgesehenen Schutzstandards dafür Sorge zu tragen, dass kein Unbefugter Kenntnis von den klassifizierten Informationen erlangt.

 

Begriffsbestimmungen

§ 3. (1) Klassifizierte Informationen sind materielle und immaterielle Informationen, unabhängig von Darstellungsform und Datenträger, die aufgrund ihres Inhalts eines besonderen Schutzes bedürfen und die daher nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich gemacht werden sollen.

(2) Nicht-öffentliche Informationen sind Informationen, die nicht zur Veröffentlichung geeignet sind, jedoch nicht unter Abs. 1 fallen.

(3) EU-Verschlusssachen sind alle mit einer EU-Klassifizierungsstufe versehenen Informationen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten in unterschiedlichem Maße schaden könnte.

(4) ESM-Verschlusssachen sind alle mit einer Sicherheitseinstufung durch Organe des Europäischen Stabilitätsmechanismus versehenen Informationen für Beschlüsse im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus.

(5) Urheber ist das Organ, unter dessen Aufsicht und Verantwortung klassifizierte Informationen erstellt oder dem Nationalrat zugeleitet wurden.

 

Klassifizierungsstufen

§ 4. (1) Klassifizierte Informationen, die von österreichischen Organen erstellt oder gemäß § 2 Abs. 1 Informationssicherheitsgesetz, BGBl. I Nr. 23/2002, erhalten wurden, sind folgenden Klassifizierungsstufen zuzuordnen:

           1. Eingeschränkt, wenn die unbefugte Weitergabe der Informationen Interessen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, der umfassenden Landesverteidigung, der auswärtigen Beziehungen, den wirtschaftlichen Interessen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, der Vorbereitung einer Entscheidung oder dem überwiegenden berechtigen Interesse der Parteien zuwiderlaufen würde und die Informationen eines besonderen organisatorischen Schutzes bedürfen (Stufe 1).

           2. Vertraulich, wenn die Preisgabe der Informationen die Gefahr einer Schädigung der in Z 1 genannten Interessen schaffen würde (Stufe 2).

           3. Geheim, wenn die Preisgabe der Informationen die Gefahr einer erheblichen Schädigung der in Z 1 genannten Interessen schaffen würde (Stufe 3).

           4. Streng Geheim, wenn das Bekanntwerden der Informationen eine schwere Schädigung der in Z 1 genannten Interessen wahrscheinlich machen würde (Stufe 4).

(2) EU-Verschlusssachen werden einer der folgenden Klassifizierungsstufen zugeordnet:

           1. Restreint UE/EU Restricted: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe für die wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten nachteilig sein könnte (Stufe 1).

           2. Confidentiel UE/EU Confidential: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten Schaden zufügen könnte (Stufe 2).

           3. Secret UE/EU Secret: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten schweren Schaden zufügen könnte (Stufe 3).

           4. Très Secret UE/EU Top Secret: Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, deren unbefugte Weitergabe den wesentlichen Interessen der Europäischen Union oder eines oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten äußerst schweren Schaden zufügen könnte (Stufe 4).

 

Zuleitung von Informationen an den Nationalrat und den Bundesrat

§ 5. (1) Der Nationalrat und der Bundesrat beachten die Klassifizierung oder Sicherheitseinstufung von ihnen zugeleiteten Informationen und sorgen für einen sicheren Umgang mit klassifizierten und nicht-öffentlichen Informationen.

(2) Die Klassifizierung einer dem Nationalrat oder dem Bundesrat zugeleiteten Information soll nur in dem Ausmaß und Umfang erfolgen, als dies unbedingt notwendig ist. Der Urheber soll nach Möglichkeit eine klassifizierte Information auch in einer Form übermitteln, die zur Veröffentlichung geeignet ist.

(3) Eine dem Nationalrat oder dem Bundesrat zugeleitete Information ist vom Urheber freizugeben oder herabzustufen, wenn die Gründe für die ursprüngliche Klassifizierung oder Sicherheitseinstufung wegfallen oder eine Herabstufung erforderlich machen. Der Urheber hat den Nationalrat bzw. den Bundesrat unverzüglich schriftlich von der Freigabe oder Herabstufung zu informieren.

 

Freigabe oder Umstufung von zugeleiteten Informationen

§ 6. (1) Ein Mitglied oder ein Ausschuss des Nationalrates kann dem Präsidenten des Nationalrates die Freigabe oder Umstufung einer dem Nationalrat zugeleiteten Information vorschlagen. Der Vorschlag ist schriftlich zu begründen. EU-Verschlusssachen und ESM-Verschlusssachen sind davon ausgenommen.

(2) Der Präsident des Nationalrates hat den Urheber über den Vorschlag zu informieren und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er entscheidet über den Vorschlag nach Beratung in der Präsidialkonferenz. Dabei sind schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Verwendung in den Verhandlungen des Nationalrates und seiner Ausschüsse abzuwägen.

(3) Der Präsident hat seine Entscheidung gemäß Abs. 2 unverzüglich an den Urheber zu übermitteln.

(4) Der Urheber kann die Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 138b Abs. 2 B-VG wegen Rechtswidrigkeit anfechten.

(5) Bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist gemäß § 56j Abs. 1 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85, wird die Entscheidung des Präsidenten nicht wirksam.

 

§ 7. Wurde eine Information auch dem Bundesrat zugeleitet, hat der Präsident des Nationalrates die Präsidialkonferenz des Bundesrates über einen Vorschlag gemäß § 6 Abs. 1 zu informieren und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Nach Möglichkeit ist eine einvernehmliche Vorgangsweise von Nationalrat und Bundesrat herzustellen.

 

§ 8. (1) Ein Mitglied oder ein Ausschuss des Bundesrates kann dem Präsidenten des Bundesrates die Freigabe oder Umstufung einer dem Bundesrat zugeleiteten Information vorschlagen. Der Vorschlag ist schriftlich zu begründen. EU-Verschlusssachen sind davon ausgenommen.

(2) § 6 Abs. 2 bis 5 und § 7 gelten sinngemäß.

 

Klassifizierung von im Nationalrat oder Bundesrat entstandenen Informationen

§ 9. (1) Informationen, die im Nationalrat oder Bundesrat entstehen, werden je nach dem Schutz, dessen sie bedürfen, einer Klassifizierungsstufe gemäß § 4 Abs. 1 zugeordnet. Bei der Zuordnung ist auf die Klassifizierung Bezug habender Informationen zu achten. Die Klassifizierung darf nur in dem Ausmaß und Umfang erfolgen, als dies unbedingt notwendig ist.

(2) Die Klassifizierung einer Information erfolgt durch ihren Urheber. Die Klassifizierungsstufe ist eindeutig und gut erkennbar zu vermerken.

(3) Der Urheber gibt eine Information frei oder stuft sie herab, wenn die Gründe für die ursprüngliche Klassifizierung wegfallen oder eine Herabstufung erforderlich machen.

 

§ 10. (1) Ein Mitglied oder ein Ausschuss des Nationalrates kann beim Urheber die Freigabe oder Umstufung einer gemäß § 9 im Nationalrat entstandenen Information beantragen. Ein Mitglied oder ein Ausschuss des Bundesrates kann beim Urheber die Freigabe oder Umstufung einer gemäß § 9 im Bundesrat entstandenen Information beantragen. Der Antrag ist schriftlich zu begründen. Darüber entscheidet der Urheber ohne unnötigen Aufschub. § 42 Abs. 2 Geschäftsordnungsgesetz 1975, BGBl. Nr. 410, kommt nicht zur Anwendung. Ist der Präsident Urheber, entscheidet er nach Beratung in der Präsidialkonferenz.

(2) Ein Mitglied oder ein Ausschuss des Nationalrates kann dem Präsidenten des Nationalrates die Freigabe oder Umstufung einer gemäß § 9 im Nationalrat entstandenen Information vorschlagen. Ein Mitglied oder ein Ausschuss des Bundesrates kann dem Präsidenten des Bundesrates die Freigabe oder Umstufung einer gemäß § 9 im Bundesrat entstandenen Information vorschlagen. Der Vorschlag ist schriftlich zu begründen. Der Präsident ist dazu aus eigenem berechtigt.

(3) Der Präsident hat den Urheber über den Vorschlag gemäß Abs. 2 zu informieren und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er entscheidet über den Vorschlag nach Beratung in der Präsidialkonferenz. Dabei sind schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Verwendung in den Verhandlungen des Nationalrates bzw. Bundesrates und seiner Ausschüsse abzuwägen.

(4) Wurde eine Information gemäß § 9 in einer vorangegangenen Gesetzgebungsperiode oder von einem Ausschuss, der seine Tätigkeit beendet hat, einer Klassifizierungsstufe zugeordnet, ist keine Stellungnahme gemäß Abs. 3 erforderlich.

 

§ 11. Die für Ausschüsse des Nationalrates geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind für Unterausschüsse sinngemäß anzuwenden.

 

Zugangsberechtigung zu nicht-öffentlichen und klassifizierten Informationen des Nationalrates

§ 12. Nicht-öffentliche Informationen des Nationalrates sind für die Mitglieder des Nationalrates, von den Klubs namhaft gemachte Personen und Bedienstete der Parlamentsdirektion, soweit dies zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben erforderlich ist, zugänglich und werden gemäß den Bestimmungen des Geschäftsordnungsgesetzes 1975 verteilt.

 

§ 13. (1) Für die Einsichtnahme in klassifizierte Informationen des Nationalrates sowie die Verteilung dieser gelten die folgenden Bestimmungen:

           1. Klassifizierte Informationen der Stufe 1 sind für die Mitglieder des Nationalrates und von den Klubs namhaft gemachte Personen zugänglich.

           2. Klassifizierte Informationen der Stufe 2 werden an die Mitglieder der Präsidialkonferenz und von den Klubs namhaft gemachte Personen übermittelt. Darüber hinaus liegen solche Informationen für die Mitglieder des Nationalrates zur Einsichtnahme in der Parlamentsdirektion auf.

           3. Klassifizierte Informationen der Stufe 3 werden an die Mitglieder der Präsidialkonferenz übermittelt. Darüber hinaus liegen solche Informationen für von den Klubs namhaft gemachte Personen zur Einsichtnahme in der Parlamentsdirektion auf.

           4. Klassifizierte Informationen der Stufe 4 sind für die Mitglieder der Präsidialkonferenz zugänglich. Der Präsident hat sie über die Zuleitung solcher Informationen zu unterrichten.

           5. Bedienstete der Parlamentsdirektion haben Zugang zu klassifizierten Informationen, soweit dies zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben erforderlich ist. Darüber entscheidet der Präsident nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz.

           6. Die Klubs haben bei der Namhaftmachung von Personen gemäß Z 1 bis Z 3 darauf Bedacht zu nehmen, dass der Zugang jeweils zur Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben erforderlich ist. Der Präsident legt nach Beratung in der Präsidialkonferenz die Anzahl der von den Klubs namhaft zu machenden Personen fest.

(2) Für die Behandlung klassifizierter Informationen des Nationalrates in einem Ausschuss gelten die folgenden Bestimmungen:

           1. Werden klassifizierte Informationen der Stufe 2 einem Ausschuss zugeleitet, sind sie an die Mitglieder des Ausschusses zu verteilen.

           2. Werden klassifizierte Informationen der Stufen 3 oder 4 einem Ausschuss zugeleitet, dürfen sie nur in der Sitzung und längstens für deren Dauer verteilt werden. Der Präsident kann nach Beratung in der Präsidialkonferenz eine weitergehende Verwendung verfügen.

           3. Wird ein Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union auf die Tagesordnung des Hauptausschusses gesetzt, sind darauf Bezug habende klassifizierte Informationen der Stufen 1 und 2 an die Mitglieder des Hauptausschusses zu verteilen. Klassifizierte Informationen der Stufen 3 und 4 dürfen nur in der Sitzung und längstens für deren Dauer verteilt werden.

(3) Die Einsichtnahme in Vorlagen, Dokumente, Berichte, Informationen und Mitteilungen im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus und deren Verteilung erfolgt gemäß §§ 5, 7 und 8 der Anlage 2 zum Geschäftsordnungsgesetz 1975.

 

§ 14. Für die Einsichtnahme in nicht-öffentliche und klassifizierte Informationen des Nationalrates und deren Verteilung können die Ausschüsse des Nationalrates in Bezug auf ihnen zugeleitete Informationen den Kreis der Berechtigten gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 bis 4 auf jene Personen beschränken, für die der Zugang zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Zusammenhang mit dem jeweiligen Ausschuss unerlässlich ist.

 

Zugangsberechtigung zu nicht-öffentlichen und klassifizierten Informationen des Bundesrates

§ 15. Nicht-öffentliche Informationen des Bundesrates sind für die Mitglieder des Bundesrates, von den Fraktionen namhaft gemachte Personen und Bedienstete der Parlamentsdirektion, soweit dies zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben erforderlich ist, zugänglich und werden gemäß den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Bundesrates, BGBl. Nr. 361/1988, in der jeweils geltenden Fassung, verteilt.

 

§ 16. (1) Für die Einsichtnahme in klassifizierte Informationen des Bundesrates sowie die Verteilung dieser gelten die folgenden Bestimmungen:

           1. Klassifizierte Informationen der Stufe 1 sind für die Mitglieder des Bundesrates und von den Fraktionen namhaft gemachte Personen zugänglich.

           2. Klassifizierte Informationen der Stufe 2 werden an die Mitglieder der Präsidialkonferenz und von den Fraktionen namhaft gemachte Personen übermittelt. Darüber hinaus liegen solche Informationen für die Mitglieder des Bundesrates zur Einsichtnahme in der Parlamentsdirektion auf.

           3. Klassifizierte Informationen der Stufe 3 werden an die Mitglieder der Präsidialkonferenz übermittelt. Darüber hinaus liegen solche Informationen für von den Fraktionen namhaft gemachte Personen zur Einsichtnahme in der Parlamentsdirektion auf.

           4. Klassifizierte Informationen der Stufe 4 sind für die Mitglieder der Präsidialkonferenz zugänglich. Der Präsident hat sie über die Zuleitung solcher Informationen zu unterrichten.

           5. Bedienstete der Parlamentsdirektion haben Zugang zu klassifizierten Informationen, soweit dies zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben erforderlich ist. Darüber entscheidet der Präsident nach Rücksprache mit den Mitgliedern der Präsidialkonferenz.

           6. Die Fraktionen haben bei der Namhaftmachung von Personen gemäß Z 1 bis Z 3 darauf Bedacht zu nehmen, dass der Zugang jeweils zur Wahrnehmung der parlamentarischen Aufgaben erforderlich ist. Der Präsident legt nach Beratung in der Präsidialkonferenz die Anzahl der von den Fraktionen namhaft zu machenden Personen fest.

(2) Für die Behandlung klassifizierter Informationen des Bundesrates in einem Ausschuss gelten die folgenden Bestimmungen:

           1. Werden klassifizierte Informationen der Stufe 2 einem Ausschuss zugeleitet, sind sie an die Mitglieder des Ausschusses zu verteilen.

           2. Werden klassifizierte Informationen der Stufen 3 oder 4 einem Ausschuss zugeleitet, dürfen sie nur in der Sitzung und längstens für deren Dauer verteilt werden. Der Präsident kann nach Beratung in der Präsidialkonferenz eine weitergehende Verwendung verfügen.

           3. Wird ein Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union auf die Tagesordnung des EU-Ausschusses gesetzt, sind darauf Bezug habende klassifizierte Informationen der Stufen 1 und 2 an die Mitglieder des EU-Ausschusses zu verteilen. Klassifizierte Informationen der Stufen 3 und 4 dürfen nur in der Sitzung und längstens für deren Dauer verteilt werden.

 

Sicherheitsbelehrung

§ 17. Jede Person, der aufgrund dieses Bundesgesetzes Zugang zu klassifizierten Informationen gewährt wird, ist nachweislich über den Umgang mit klassifizierten Informationen zu belehren und für Bedrohungen der Sicherheit von klassifizierten Informationen zu sensibilisieren.

 

Gerichtlich strafbare Handlungen

§ 18. (1) Wer entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes eine ihm zugänglich gewordene, nicht allgemein zugängliche klassifizierte Information der Stufe 3 oder 4 offenbart oder verwertet, deren Offenbarung oder Verwertung geeignet ist, die öffentliche Sicherheit, die Strafrechtspflege, die umfassende Landesverteidigung, die auswärtigen Beziehungen oder ein berechtigtes privates Interesse zu verletzen, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

(2) Medieninhaber, Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes sind nicht als Beteiligte im Sinne von § 12 Strafgesetzbuch, BGBl. Nr. 60/1974, zu behandeln, soweit sich ihre Handlung auf die Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung der Information beschränkt.

(3) Wird eine Tat nach Abs. 1 von einem Mitglied des Bundesrates begangen, so ist zu dessen Verfolgung die Ermächtigung des Präsidenten des Bundesrates einzuholen. Wird eine Tat nach Abs. 1 von einer anderen berechtigten Person begangen, so ist zu deren Verfolgung die Ermächtigung des Präsidenten des Nationalrates einzuholen.

 

Zivilrechtliche Ansprüche

§ 19. Aus einer Verletzung dieses Bundesgesetzes können keine zivilrechtlichen Ansprüche abgeleitet werden.

 

Einrichtung geschützter Bereiche

§ 20. Zum physischen Schutz klassifizierter Informationen sind folgende entsprechend geschützte Bereiche einzurichten:

           1. Verwaltungsbereiche: Bereiche mit sichtbarer äußerer Abgrenzung zur Ermöglichung der Kontrolle von Personen, die nur von jenen Personen unbegleitet betreten werden dürfen, die eine Ermächtigung erhalten haben. Bei allen anderen Personen ist eine ständige Begleitung durch eine ermächtigte Person oder eine gleichwertige Kontrolle sicherzustellen.

           2. Besonders geschützte Bereiche: Bereiche mit sichtbarer und geschützter Abgrenzung mit vollständiger Eingangs- und Ausgangskontrolle, die nur von speziell ermächtigten Personen unbegleitet betreten werden dürfen. Bei allen anderen Personen ist eine ständige Begleitung durch eine speziell ermächtigte Person sicherzustellen.

           3. Besonders geschützter Bereich mit Abhörschutz: Bereich, der zusätzlich technisch abgesichert ist. Nicht zugelassene Kommunikationsverbindungen oder elektronische Ausrüstung oder Kommunikationsgeräte sind verboten. Regelmäßige Inspektionen und technische Überprüfungen sind durchzuführen.

 

Registrierung

§ 21. (1) Klassifizierte Informationen der Klassifizierungsstufen 2, 3 und 4 sind zu registrieren. Hierfür sind, jeweils gemeinsam für Nationalrat und Bundesrat, eine Registratur für EU-Verschlusssachen und eine Registratur für sonstige klassifizierte Informationen im Sinne dieses Bundegesetzes einzurichten.

(2) Die Registraturen sind als voneinander getrennte besonders geschützte Bereiche einzurichten.

 

Elektronische Verarbeitung

§ 22. Klassifizierte Informationen dürfen nur mit IKT-Systemen, Algorithmen und in Arbeitsprozessen verarbeitet, gespeichert und übermittelt werden, welche für die jeweiligen Klassifizierungsstufen geeignet sind. Die Beurteilung der Eignung ist in Abstimmung mit den Vorgaben der Informationssicherheitskommission gemäß § 8 Informationssicherheitsgesetz durch einen vom Präsidenten des Nationalrates im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Bundesrates beauftragten unabhängigen Sachverständigen zu treffen, wobei eine regelmäßige Überprüfung in Bezug auf geänderte Rahmenbedingungen zu vereinbaren ist.

 

Ungewöhnliche Vorfälle

§ 23. Ungewöhnliche Vorfälle, wie Verlust, das Nichtauffinden oder die Verfälschung von klassifizierten Informationen, sind unverzüglich der zuständigen Registratur zu melden. Diese hat alle erforderlichen Maßnahmen zur Auffindung der Information, zur Vermeidung allfälliger weiterer Nachteile und zur Aufklärung des Vorfalls zu treffen. Diese Maßnahmen sind in geeigneter Weise in den Geschäftsbüchern festzuhalten. Der Präsident des Nationalrates und der Präsident des Bundesrates sind über solche Vorfälle unverzüglich zu informieren. Vom Verlust ist auch jene Stelle zu verständigen, von der die Information ursprünglich übermittelt wurde.

 

Kontrolle

§ 24. Das System der Informationssicherheit ist jedenfalls einmal im Kalenderjahr nachweislich von den Registraturverantwortlichen zu überprüfen. Bei einem Wechsel des Registraturverantwortlichen ist eine vollständige Bestandsaufnahme der Registratur durchzuführen.

 

Amtshilfe

§ 25. Im Rahmen der Leistung von Amtshilfe dürfen nicht-öffentliche Informationen und gemäß § 9 klassifizierte Informationen des Nationalrates oder des Bundesrates nur weitergegeben werden, wenn das ersuchende Organ dies ausdrücklich begehrt und den erforderlichen Schutzstandard zu gewährleisten vermag. Im Begehren ist anzugeben, bis zu welcher Klassifizierungsstufe für einen ausreichenden Schutzstandard vorgesorgt ist.

 

Verordnungsermächtigung

§ 26. Der Präsident des Nationalrates kann im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Bundesrates nach Beratung in der jeweiligen Präsidialkonferenz ergänzende Vorschriften über die Sicherheitsbelehrung sowie die Kennzeichnung, Registrierung, Aufbewahrung und Bearbeitung, Verteilung und Beförderung, elektronische Verarbeitung und Vernichtung von klassifizierten Informationen im Sinne dieses Bundesgesetzes erlassen.

 

Abweichende Regelungen

§ 27. Der Präsident des Nationalrates kann im Einzelfall nach Beratung in der Präsidialkonferenz von § 13 abweichende Regelungen hinsichtlich des Umganges mit und der Verteilung von klassifizierten Informationen des Nationalrates erlassen. Der Präsident des Bundesrates kann im Einzelfall nach Beratung in der Präsidialkonferenz von § 16 abweichende Regelungen hinsichtlich des Umganges mit und der Verteilung von klassifizierten Informationen des Bundesrates erlassen.

 

Begründung

Allgemeines:

Mit diesem Gesetz soll ein möglichst einheitliches und klares Regelwerk über den Umgang mit (verschiedenen Arten von) dem Parlament zugeleiteten und im Parlament entstandenen klassifizierten und nicht-öffentlichen Informationen geschaffen werden.

Ziel dieses Gesetzes ist es, ein auch im Verhältnis zu anderen öffentlichen Organen einheitliches Schutzniveau sowie eine entsprechende Rechtssicherheit sicher zu stellen. Es soll sowohl für dem Parlament zugeleitete als auch im Parlament entstandene Informationen gelten und auch EU- und ESM-Verschlusssachen erfassen. Das Informationsordnungsgesetz orientiert sich daher in seinem Inhalt und seiner Struktur an der Geheimschutzordnung des Bundes sowie an den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen und innerstaatlichen Vorschriften betreffend EU-Verschlusssachen und nach völkerrechtlichen Regelungen erhaltenen Verschlusssachen.

Die bisherigen Vorschriften über die Verteilung von und den Umgang mit EU-Verschlusssachen (Verteilungsordnungen-EU samt EU-Verschlusssachen-Verordnung der Präsidentin des Nationalrates und Beschluss des Präsidenten des Bundesrates) gehen nunmehr in dem Informationsordnungsgesetz (bzw. der auf seiner Grundlage zu erlassenden Verordnung) auf. Inhaltlich erfahren diese Regelungen jedoch keine wesentliche Änderung. Wo eine gleichartige Behandlung von EU-Verschlusssachen und anderen klassifizierten Informationen aufgrund bestimmter Vorgaben nicht möglich ist, werden für EU-Verschlusssachen Sonderbestimmungen beibehalten. Jene Verteilungsregelungen der Verteilungsordnungen-EU, die auch öffentliche Dokumente betreffen, werden nun unmittelbar in § 31b Geschäftsordnungsgesetz 1975 bzw. in der Geschäftsordnung des Bundesrates geregelt.

ESM-Verschlusssachen sind grundsätzlich ebenfalls vom Informationsordnungsgesetz erfasst. Die speziellen Regelungen nach der ESM-Informationsordnung (Anlage 2 zum Geschäftsordnungsgesetz 1975) bleiben jedoch bestehen. Zum einen sind in der ESM-Informationsordnung auch die Unterrichtungspflichten gegenüber dem Nationalrat geregelt, zum anderen ist eine Vereinheitlichung der Verteilungsregelungen in diesem Bereich nicht möglich, da ESM-Verschlusssachen nicht in dieselben Klassifizierungsstufen eingeteilt sind wie andere klassifizierte Informationen.

Zu Artikel 1 (Art. 30a B-VG):

Mit dieser Bestimmung wird die Grundlage für eine gemeinsame Regelung des Umgangs mit nicht-öffentlichen und klassifizierten Informationen im Bereich des Parlaments geschaffen. Damit wird ein einheitliches Schutzniveau im Bereich des Parlaments gewährleistet. Ansonsten wären – wie bisher im Bereich der Unterrichtung des Nationalrates und des Bundesrates in Angelegenheiten der Europäischen Union – weitgehend gleichlautende Bestimmungen in beiden Kammern erforderlich. Das Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates ist von beiden Kammern jeweils mit qualifizierter Mehrheit bei erhöhtem Anwesenheitsquorum zu beschließen. Darüber hinaus bestehen keine weiteren besonderen Anforderungen an das Gesetzgebungsverfahren.

Zu Artikel 2 (Bundesgesetz über die Informationsordnung des Nationalrates und des Bundesrates):

Zu § 1:

Das Informationsordnungsgesetz erfasst grundsätzlich alle Arten von klassifizierten und nicht-öffentlichen Informationen, also nicht nur schriftliche Informationen (unabhängig von Darstellungsform und Datenträger), sondern etwa auch mündliche Inhalte vertraulicher Sitzungen.

Schriftliche klassifizierte Informationen im Bereich des Parlaments werden in der Regel als Archivgut gemäß § 2 Bundesarchivgesetz iVm der Anlage zu § 2 Abs. 1 der Bundesarchivgutverordnung zu qualifizieren sein. Sie wären somit nach den archivrechtlichen Bestimmungen zu archivieren und nach Ablauf der Schutzfrist freizugeben. Um dies zu verhindern, ist eine Ausnahmebestimmung erforderlich (vgl. auch § 4 Abs. 1 Z 2 Bundesarchivgutverordnung betreffend Klassifikation nach dem Informationssicherheitsgesetz). Eine Archivierung erfolgt somit erst nach Freigabe der jeweiligen Information nach den Bestimmungen des Informationsordnungsgesetzes. Dies gilt z.B. auch für Protokolle und Berichte eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates, soweit sie klassifiziert wurden.

Zu § 2:

Diese Geheimhaltungsverpflichtung besteht immer, ein zeitliches Ende ist nicht vorgesehen. Sie gilt daher auch nach einem Ausscheiden aus dem Nationalrat oder Bundesrat bzw. einer Beendigung des die Zugangsberechtigung begründenden Dienst- oder sonstigen vertraglichen Verhältnisses.

Zu § 3:

Der Begriff „klassifizierte Informationen“ in Abs. 1 umfasst auch EU- und ESM-Verschlusssachen nach Abs. 3 und Abs. 4.

Unter „nicht-öffentlichen Informationen“ gemäß Abs. 2 sind solche Informationen zu verstehen, die nur für den internen Gebrauch bestimmt sind. Darunter fallen z.B. nicht autorisierte Stenographische Protokolle, nicht klassifizierte Akten und Unterlagen der Untersuchungsausschüsse des Nationalrates oder als „Limité“ gekennzeichnete EU-Dokumente. Die Zugänglichkeit von Informationen im Intranet stellt keine Veröffentlichung dar. Nicht-öffentliche Informationen dürfen nicht veröffentlicht werden, unterliegen in der parlamentarischen Arbeit aber keiner besonderen Beschränkung hinsichtlich ihrer Verwertung. Daraus folgt, dass sie grundsätzlich auch in öffentlichen parlamentarischen Sitzungen oder Dokumenten auszugsweise zitiert werden können.

Der Begriff „EU-Klassifizierungsstufe“ in Abs. 3 entspricht dem in den bisher geltenden Regelungen verwendeten Ausdruck „EU-Geheimhaltungsgrad“, der Begriff „Urheber“ gemäß Abs. 5 dem bisher verwendeten Wort „Herausgeber“. Diese Bezeichnungsänderungen dienen lediglich der Vereinheitlichung.

Zu § 4:

Die Klassifizierungsstufen gemäß § 4 Abs. 1 entsprechen im Wesentlichen jenen der Geheimschutzordnung des Bundes. Hinsichtlich des Umgangs mit zugeleiteten klassifizierten Informationen gelten §§ 5 bis 8.

Für die Zuordnung von Klassifizierungsstufen durch den Nationalrat oder Bundesrat können etwa folgende Beispiele genannt werden:

Stufe

Folge der Veröffentlichung

Beispiele

Eingeschränkt

Nachteile für Staatsinteressen

·         Beeinträchtigung der Ermittlungstätigkeit von Strafverfolgungsbehörden oder Erleichterung des Begehens von Straftaten

·         Bedrohungsanalysen durch Terrorismus

Vertraulich

Schädigung der Staatsinteressen

·         Definitionen kritischer Infrastruktur

·         Behinderung der Ermittlungstätigkeit oder Erleichterung des Begehens schwerer Straftaten

Geheim

Erhebliche Schädigung der Staatsinteressen

·         Unmittelbare Bedrohung von Menschenleben oder schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder der individuellen Sicherheit oder Freiheit

·         Schwerwiegende Schädigung der Einsatzfähigkeit oder der Sicherheit von Einsatzpersonal bzw. der andauernden Wirksamkeit sehr wertvoller Sicherheits- oder Intelligence-Operationen

Streng Geheim

Schwere Schädigung der Staatsinteressen

·         Unmittelbarer Verlust zahlreicher Menschenleben

·         Unmittelbare Gefährdung der inneren Stabilität Österreichs oder von Drittstaaten oder internationalen Organisationen

·         Schwere und langfristige Schädigung der österreichischen Wirtschaft

Mit den ergänzenden Bezeichnungen „Stufe 1“, „Stufe 2“ etc. soll klargestellt werden, welche Klassifizierungsstufen auf nationaler und auf EU-Ebene einander jeweils entsprechen. Zudem dienen diese Bezeichnungen der Vereinfachung.

Der Begriff der „Parteien“ ist weit zu verstehen (vgl. auch Art. 20 Abs. 3 B-VG).

Zu § 5:

Mit der Regelung des Abs. 2 wird die Möglichkeit geschaffen, dem Nationalrat bzw. Bundesrat zwei Versionen einer klassifizierten Information zuzuleiten: Neben der jedenfalls zu übermittelnden klassifizierten Version, die den Bestimmungen dieses Informationsordnungsgesetzes unterliegt, soll nach Möglichkeit auch eine Version übermittelt werden, die zur Veröffentlichung geeignet ist, etwa indem alle schutzwürdigen Passagen entfernt wurden.

Zu § 6:

Wie aus § 5 hervorgeht, beachtet der Nationalrat die Klassifizierung von ihm zugeleiteten Informationen. Abweichend davon schafft jedoch § 6 die Möglichkeit, im Einzelfall eine Klassifizierungsstufe zu ändern, wenn das öffentliche Interesse an der Verwendung dieser Information in den Verhandlungen des Nationalrates und seiner Ausschüsse die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen überwiegt. Eine solche Freigabe oder Umstufung kann von einem Mitglied des Nationalrates oder einem Ausschuss vorgeschlagen werden. Es entscheidet der Präsident des Nationalrates nach Beratung in der Präsidialkonferenz. Um die gebotene Interessenabwägung vornehmen zu können, ist dem Urheber Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dabei ist auf die Erfordernisse des parlamentarischen Verfahrens (z.B. eines Untersuchungsausschusses) Bedacht zu nehmen. Im Bedarfsfall kann auch eine knappe Stellungnahmefrist ausreichend sein.

Eine Entscheidung des Präsidenten über eine Freigabe oder Herabstufung kann vom Urheber der Information beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden. Um dem Zweck des Beschwerdeverfahrens zu entsprechen, wird die Entscheidung des Präsidenten erst wirksam, wenn innerhalb der im Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG) vorgesehenen Frist keine Anfechtung eingebracht wurde. Für die Dauer des Verfahrens beim Verfassungsgerichtshof besteht gemäß § 56j Abs. 5 VfGG ex lege aufschiebende Wirkung.

Für den Bundesrat gilt diese Bestimmung sinngemäß (s. § 8).

Zu § 7:

In der Praxis wird es der gemeinsamen Registratur des Nationalrates und des Bunderates zukommen, auf solche Fälle aufmerksam zu machen.

Zu § 9:

Informationen sollen nur insoweit klassifiziert werden, als dies unbedingt notwendig ist. Bedürfen nur Teile einer Information eines Schutzes im Sinne des § 3 Abs. 1, so sind nur diese zu klassifizieren. Bezieht sich ein Beschluss des Nationalrates, des Bundesrates oder eines Ausschusses auf eine klassifizierte Information (z.B. eine EU-Verschlusssache), so ist er derselben Klassifizierungsstufe zuzuordnen. Bezieht sich ein Beschluss auf eine nicht-öffentliche Information (z.B. ein als „Limité“ gekennzeichnetes EU-Dokument), so ist er auch als solche zu behandeln.

Die Klassifizierung erfolgt durch den Urheber. Dies kann der Präsident, ein Ausschuss oder ein Ausschussvorsitzender sein. Es kann sich allerdings auch um ein einzelnes Mitglied des Nationalrates oder Bundesrates handeln. Wenn dieses eine Information zu klassifizieren hat, geht es in eigenverantwortlicher Weise vor. Wer im konkreten Fall Urheber ist, ist jeweils anhand der Definition in § 3 Abs. 5 zu ermitteln.

Zu § 10:

Die Regelung des Abs. 1 folgt den allgemeinen Prinzipien des Informationssicherheitsrechts. Sie ermöglicht darüber hinaus, dass ein Ausschuss die klassifizierte Information zu einem späteren Zeitpunkt wieder behandeln kann (z. B. ein vertraulicher Beschluss wird aufgrund des Wegfalls der Vertraulichkeitsgründe öffentlich).

Gemäß Abs. 2 ist der jeweilige Präsident analog zu § 6 berechtigt, aus eigenem oder auf Vorschlag eines Mitglieds des Nationalrates bzw. Bundesrates oder eines Ausschusses nach Beratung in der Präsidialkonferenz eine Umstufung zu verfügen. Diese Bestimmung sichert ein Korrektiv des jeweiligen Präsidenten gegen zu weitgehende Klassifizierungen und gewährleistet eine einheitliche Anwendung des Informationsordnungsgesetzes innerhalb des Nationalrates bzw. Bundesrates.

Die Regelung des Abs. 4 ist so weit gefasst, dass sie für beide Kammern zur Anwendung gelangen kann. Im Nationalrat sind Ausschüsse, die ihre Tätigkeit beendet haben, Untersuchungsausschüsse oder besondere Ausschüsse, die nur für eine bestimmte Zeit während einer Gesetzgebungsperiode tätig sind.

Zu §§ 12 bis 16:

Diese Regelungen entsprechen im Wesentlichen den schon bisher für EU-Verschlusssachen geltenden Zugangsberechtigungen. Hinsichtlich der Bediensteten der Parlamentsdirektion und der von den Klubs namhaft gemachten Personen wird in Übereinstimmung mit dem „Need-to-know“-Prinzip, das alle nationalen und internationalen Informationssicherheitsregelungen prägt, eine Präzisierung vorgenommen. Es steht den Klubs grundsätzlich frei, jede Person namhaft zu machen. Die Namhaftmachung wird im Lichte der parlamentarischen Praxis insbesondere (weitere) Mitglieder des Nationalrates bzw. Bundesrates, Angestellte der Klubs oder parlamentarische Mitarbeiter umfassen. Die Klubs bzw. Fraktionen haben dabei Bedacht darauf zu nehmen, dass der Zugang jeweils für die Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben erforderlich ist.

Der jeweilige Präsident legt die Anzahl der von den Klubs bzw. Fraktionen namhaft zu machenden Personen fest. Diese Festlegung kann nach Klassifizierungsstufen, nach Sachbereichen oder nach anderen Kriterien erfolgen. Dafür ist jeweils die Beratung in der Präsidialkonferenz erforderlich. Diese wird zu berücksichtigen haben, dass jedem Klub ein Grundkontingent von namhaft zu machenden Personen zur Verfügung steht. Darüberhinaus wird auf die Größe der Klubs Bedacht genommen werden.

Der Zugang gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 erfolgt in der Regel elektronisch, etwa durch die Verfügbarkeit für einen eingeschränkten Personenkreis im Intranet oder in der EU-Datenbank.

Zu §§ 13 Abs. 2 und 16 Abs. 2:

Eine Behandlung klassifizierter Informationen in den Plenarsitzungen des Nationalrates oder Bundesrates ist nicht vorgesehen, da diese in der Regel öffentlich sind. Dementsprechend ist der Umgang mit klassifizierten Informationen in diesem Bereich auch nicht besonders geregelt.

Zu § 14:

Den Ausschüssen des Nationalrates soll es ermöglicht werden, den teilweise sehr weiten Kreis von Zugangsberechtigten gemäß § 13 für den Bereich ihrer Angelegenheiten entsprechend dem „Need-to-know“-Prinzip einzuschränken.

Zu § 18:

Die Strafbestimmung gemäß Abs. 1 bezieht sich nur auf nicht allgemein zugängliche klassifizierte Informationen. Damit wird sichergestellt, dass nur die erstmalige Veröffentlichung strafbar ist, nicht jedoch eine Wiedergabe oder Verlinkung, wenn die betreffende Information bereits allgemein zugänglich und somit auch kein Geheimnis im Sinne des Strafgesetzbuches mehr ist. Das geschützte Rechtsgut dieser Strafbestimmung ist die effektive und sichere Wahrnehmung der verfassungsgemäßen Aufgaben der Gesetzgebungsorgane des Bundes.

Abs. 2 erfasst jenen Personenkreis, dem auch der Schutz des Redaktionsgeheimnisses gemäß § 31 Mediengesetz zukommt. Die verwendeten Begriffe entsprechen den Legaldefinitionen des § 1 Mediengesetz, die nach der Judikatur des OGH auch für andere Rechtsmaterien gelten (vgl. ausdrücklich OGH MR 1989, 128). Der Begriff „Medieninhaber“ umfasst z.B. auch Blogger.

Abs. 3 bestimmt, dass der Präsident des Nationalrates in bestimmten Fällen eine Ermächtigung zur behördlichen Verfolgung erteilen muss. Sofern es sich um die Verfolgung eines Abgeordneten zum Nationalrat handelt, ist § 10 Abs. 7 GOG-NR zu beachten. Die Ermächtigung zur Verfolgung anderer berechtigter Personen, das sind Personen die aufgrund dieses Informationsordnungsgesetzes Zugang zu klassifizierten Informationen der Stufe 3 oder 4 haben, geschieht durch den Präsidenten des Nationalrates alleine. Dies umfasst auch Personen, die aufgrund einer Entscheidung des Präsidenten des Bundesrates gemäß § 16 berechtigt sind. Die Ermächtigung zur Verfolgung von Mitgliedern des Bundesrates erfolgt durch den Präsidenten des Bundesrates. Für andere Personen, die nach diesem Informationsordnungsgesetz nicht berechtigt sind, ist keine Ermächtigung zur Strafverfolgung erforderlich.

Zu § 19:

Aus anderen Gesetzen abgeleitete zivilrechtliche Ansprüche bleiben unberührt.

Zu § 24:

Die hier vorgesehene Kontrolle bezieht sich ausschließlich auf die Parlamentsdirektion. Eine Kontrolle der Klubs ist nicht vorgesehen.

Zu § 25:

Die Einführung einer besonderen Amtshilfe-Bestimmung ist zur Unterstützung der Strafverfolgung nach § 18 erforderlich. Sie gewährleistet, dass jene Informationen, die für die Strafverfolgung notwendig sind, auch weitergegeben werden können. Da klassifizierte Informationen gemäß § 1 Abs. 3 nicht archiviert werden, können diese auch in Strafverfahren, die vorangegangene Gesetzgebungsperioden betreffen, im Wege der Amtshilfe weitergegeben werden.

Zu § 26:

Die näheren Bestimmungen sollen – analog zur bisher geltenden EU-Verschlusssachen-Verordnung des Nationalrates – im Verordnungsweg festgelegt werden.