831/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 10.12.2014
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Unterrichtssprache

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Helene Jarmer, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Einführung der Österreichischen Gebärdensprache als Unterrichtssprache

 

 

 

 

BEGRÜNDUNG

 

Im Jahr 2005 wurde die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) per Verfassungsartikel (Art. 8 (3)) anerkannt. Die österreichische Gebärdensprachgemeinschaft, eine nationale bzw. autochthone Sprachminderheit, hoffte, dass dieser Anerkennung alle Maßnahmen folgen würden, welche bereits für die gesprochenen autochthonen österreichischen Minderheitssprachen getroffen wurden: Sprach- und Kulturförderung, Verwendung der ÖGS als Förder- und Unterrichtssprache, Ausbildungsmöglichkeiten für pädagogische Fachkräfte, ElementarpädagogInnen und LehrerInnen, Einrichtung als Studienfach. Bestärkt wurde diese Hoffnung durch die Ratifikation internationaler Abkommen sowie den Beschluss nationaler Gesetze:

·         Artikel 2 und 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

·         Artikel 21 e, Artikel 24 und Artikel 30 (4) der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

·         Artikel 2 und 30 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes

·         Artikel 27 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte

·         Artikel 14 der Rahmenkonvention zum Schutz Nationaler Minderheiten

·         Brüsseler Deklaration zu Gebärdensprachen in der Europäischen Union 2010

·         Europäische Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020

·         Empfehlung des Europarates Nr. 1598 (2003) betreffend den Schutz der Gebärdensprache in den Mitgliedsstaaten des Europarates

·         §§ 2, 4, 5 und 8 des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes.

 

Keine der oben formulierten Maßnahmen wurde jedoch umgesetzt, obwohl es zu gewissen Verbesserungen für die Gebärdensprachgemeinschaft kam. Dies bedeutet, dass die österreichische Gebärdensprachgemeinschaft, welche eine visuelle Sprache verwendet, gegenüber den Angehörigen von Volksgruppen bzw. autochthonen Minderheiten, welche eine gesprochene Sprache im Schulunterricht verwenden, diskriminiert ist. Die jüngsten Diskussionen um die Gewährung von Minderheitssprachenrechten für bedeutende Immigrantensprachen verschärfen diese Diskriminierung noch. Damit werden nach Ansicht der AntragstellerInnen die oben zitierten Abkommen bzw. Gesetze verletzt. Auch verschiedene Maßnahmen, die im Nationalen Aktionsplan Behinderung 2012­2020 aufgeführt sind, können ohne Einführung der Österreichischen Gebärdensprache als Unterrichtssprache nicht angemessen umgesetzt werden.

 

Die österreichische Verfassungsrechtlage trägt den Anforderungen der Nichtdiskriminierung im öffentlichen Schulbereich durch Art. 14 (6) letzter und vorletzter Satz B-VG Rechnung. Allgemeine Diskriminierungsverbote folgen zudem aus Art. 7 B-VG, Art. 2 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeine Rechte der Staatsbürger (StGG 1867), Art. 14 EMRK, und aus Art. 2 des 1. ZP zur EMRK. Aus Art. 19 AEUV ergibt sich ein Diskriminierungsverbot aus Gründen einer Behinderung, wobei die Union in Hinblick auf den Bildungsbereich die ihr gemäß den Art. 165 und 166 AEUV zugewiesene Zuständigkeit zu beachten hat.

 

Die einfachgesetzliche Rechtslage bekräftigt das Gebot der allgemeinen Zugänglichkeit der Schulen in § 4 SchOG und in § 3 des Land- und forstwirtschaftlichen Bundesschulgesetzes. Demnach ist der Zugang zu öffentlichen Schulen allgemein ohne Unterschied der Sprache zu gewährleisten. Gleiches gilt gemäß § 4 (3) SchOG grundsätzlich auch für Privatschulen.

 

Verschiedene Ministerien (u.a. diejenigen für Bildung und Soziales) haben nach 2005 mehrfach damit argumentiert, dass der gemeinsam mit der Anerkennung der ÖGS beschlossene Gesetzesvorbehalt ("Das Nähere bestimmen die Gesetze") es ihnen unmöglich mache, dem Nationalrat Gesetzesänderungen im Interesse der Herstellung von Gleichberechtigung und gleichen sprachlichen Rechten für Angehörige der Gebärdensprachgemeinschaft vorzulegen. Diesem nach Ansicht der AntragstellerInnen rechtswidrigen Verhalten der Ministerien sollte vom Nationalrat entgegengetreten werden.

 

Der gemeinsam mit der Anerkennung der ÖGS beschlossene Gesetzesvorbehalt ("Das Nähere bestimmen die Gesetze") bedeutet nur, dass für die weitere Umsetzung der rechtlichen Gleichstellung die Vorlage entsprechender Gesetze erwartet wird, nicht aber den Zwang, die Gesetzeslage von 2005 beizubehalten.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesministerin für Bildung und Frauen wird aufgefordert, dem Nationalrat die nötigen Gesetzesänderungen für die Einführung der Österreichischen Gebärdensprache als Unterrichtssprache zur Beschlussfassung zuzuleiten.

 

Des Weiteren wird sie aufgefordert, alle Verordnungen und Erlässe, welche sich auf die Unterrichtssprache beziehen, um die Österreichische Gebärdensprache zu ergänzen. Es sollen die entsprechenden Ausbildungsordnungen bzw. Curricula für die Ausbildung von ElementarpädagogInnen und Lehrkräften um Ausbildungsangebote in der ÖGS ergänzt werden. Weiters sind bilinguale Lehrpläne Deutsch - Österreichische Gebärdensprache (inklusive entsprechend veränderter Lehrpläne für den muttersprachlichen Unterricht) für alle österreichischen Schulen zu erlassen.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Unterrichtsausschuss  vorgeschlagen.