858/A(E) XXV. GP

Eingebracht am 21.01.2015
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Niko Alm, Nikolaus Scherak, Kollegin und Kollegen

betreffend Grundrechte verteidigen

In den Tagen nach den terroristischen Attentaten in Frankreich im Jänner 2015 ist weltweit über Konsequenzen diskutiert worden, so auch in Österreich. Nach diesem Angriff auf eines unserer Grundrechte, der Meinungsfreiheit, gilt es nun mehr denn je, diese genau wie unsere anderen Grundrechte zu schützen und die Balance von Freiheit und Sicherheit nicht zu verlieren.

Eine bessere Ausstattung der Sicherheitskräfte (personell und schutztechnisch, bspw. durch Schutzwesten etc.) ist hier eine unter vielen sinnvollen Möglichkeiten, die Sicherheit konkret zu stärken. Auch eine stärkere internationale Zusammenarbeit sowie die Einbeziehung der Zivilgesellschaft, aus deren Reihen, zum Beispiel von Angehörigen, oft wichtige Hinweise kommen, ist vor diesem Hintergrund wichtig.

Gerade jetzt aber ist auch der Zeitpunkt, unsere Zivilgesellschaft und daher gerade unsere Grundrechte on- und offline weiter zu stärken und nicht zugunsten einer vermeintlichen Sicherheit aufzugeben. Unsere freie Gesellschaft, in der Meinungsfreiheit und Achtung des Privatlebens ein wichtiges Fundament sind, muss weiterhin Bestand haben. Die Wirkung von anlassloser Massenüberwachung wird leider allzu oft unterschätzt, wie die Einführung von Maßnahmen wie der Vorratsdatenspeicherung gut belegen.

Dabei gibt es zahlreiche Studien, die schon länger "Chilling Effects", die "Schere im Kopf" belegen und auch eine Deindividualisierungsthese belegen: Menschen, die sich überwacht fühlen (unabhängig davon, ob dies wirklich geschieht), versuchen, ihr Verhalten an das der Masse anzupassen. Überwachung ist eine psychologische Verletzung der Meinungsfreiheit! In der Anfang Jänner 2015 erschienenen PEN-Studie "Global Chilling. The impact of Mass Surveillance on International Writers" unterstreicht dies mit Analysen zum Verhalten von Schriftsteller_innen. Obwohl sich diese in liberal-demokratischen Ländern befinden beginnen sie verstärkt, Selbstzensur zu betreiben - auch im privaten Rahmen oder bei Recherchen. Ein großer Vertrauensverlust, auch als Konsequenz aus der anlasslosen Massenüberwachung durch die NSA- und GCHQ-Affäre. Die Freiheit von Meinung, Gedanken und Kunst hat nachweislich erste Risse bekommen. Freiheit, das ist aber das wichtige Fundament, auf dem unsere Gesellschaft steht. Sie ist für uns Bürger_innen elementar, um uns zu entfalten brauchen wir Privatsphäre. Daher sind unsere Grundrechte und Freiheiten auch in unserer Verfassung und der Grundrechtecharta verbrieft. Auch weitere Grundrechte werden erheblich geschwächt, wenn es keine privaten Räume mehr gibt: Journalist_innen müssen für ihre Quellen Schutz gewährleisten können, ebenso wie andere Berufsgeheimnisträger ansonsten erheblich an Vertrauen verlieren.

Klar ist: Absolute Sicherheit gibt es nicht. Unsere Sicherheitsbehörden leisten tagtäglich einen wichtigen Beitrag zu größtmöglichen Erhaltung unserer Sicherheit und können dazu bereits auf eine Vielzahl von Ermittlungsmaßnahmen zurückgreifen, auch im Rahmen des Sicherheitspolizeigesetzes. Terroristische und kriminelle Aktivitäten müssen selbstverständlich auch weiterhin nachdrücklich verfolgt werden - sie dürfen aber nicht als Rechtfertigung dienen, das Recht auf Privatsphäre, Meinungsfreiheit oder andere Grundrechte unverhältnismäßig, anlasslos und dauerhaft einzuschränken. Sonst verlieren wir am Ende das, was unsere freie, demokratische Gesellschaft ausmacht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG




Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, Grundrechte on- und offline sicherzustellen. Maßnahmen, die einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Bürger_innen darstellen, dürfen nicht getroffen werden. Dazu gehört eine Neuauflage der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung ebenso wie andere verdachtsunabhängige und anlasslose Massenvorratsdatensammlungen, beispielsweise der Fluggastdaten (PNR). Stattdessen müssen bestehende Maßnahmen ausgeschöpft und nötigenfalls grundrechtsschonende Alternativen gefunden werden."



In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Innere Angelegenheiten vorgeschlagen.