1063/AB XXV. GP

Eingelangt am 26.05.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                            Wien, am     Mai 2014

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0079-I/4/2014

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1146/J vom 26. März 2014 der Abgeordneten MMMag. Dr. Axel Kassegger, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Nach den Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen bzw. für das Jahr 2014 nach dessen Prognose entwickeln sich die bezirksweisen Ertragsanteile für die Jahre 2012 bis 2014 folgendermaßen, wobei zur besseren Vergleichbarkeit die ab dem Jahr 2013 zusammengelegten Bezirke auch schon für das Jahr 2012 zusammengefasst werden (gekürzte Ertragsanteile, d.h. nach Abzug der Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel):


 

in Mio. Euro

Euro/Einw.

Bezirk

2012

2013

2014

2012

2013

2014

601

Graz (Stadt)

279,4

288,7

304,7

1.075,0

1.103,2

1.146,6

603

Deutschlandsberg

41,6

42,4

44,0

682,7

699,3

726,5

606

Graz-Umgebung

95,9

98,9

103,5

673,9

691,2

718,2

610

Leibnitz

53,0

54,4

56,8

686,3

703,8

731,1

611

Leoben

49,2

51,1

52,6

777,8

814,4

845,1

612

Liezen

57,0

58,1

60,3

714,1

732,4

760,6

614

Murau

20,8

21,2

21,9

707,3

726,4

754,0

616

Voitsberg

37,4

38,2

39,5

714,9

733,5

761,7

617

Weiz

59,6

61,3

63,8

681,6

698,4

724,3

620

Murtal

52,2

53,1

54,9

704,2

720,4

746,9

621

Bruck-Mürzzuschlag

77,1

78,2

80,7

750,1

767,2

795,6

622

Hartberg-Fürstenfeld

61,6

63,1

65,4

687,7

705,6

733,1

623

Südoststeiermark

61,9

63,3

65,5

688,0

706,4

733,6

Summe

946,7

972,1

1.013,4

783,0

804,3

836,3

 

Zu 2.:

a) Bildung der neun Ländertöpfe der Gemeinde-Ertragsanteile

Die steirische Gemeindestrukturreform 2015 hat auch Auswirkungen auf die Bildung der neun Ländertöpfe bei der Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden, weil sich durch die Fusionen die Werte für den abgestuften Bevölkerungsschlüssel ändern. Diese konkreten Auswirkungen werden allerdings relativ gering sein:

 

·         Erstens sind nur wenige Fusionen solche, wo die neue Gemeinde mehr als zehntausend Einwohner hat, und es betrifft nur eine einzige Fusion eine Gemeinde mit mehr als 20.000 Einwohnern, wobei diese Gemeinde durch Fusion zweier Gemeinden entsteht, von denen eine bereits jetzt über der Grenze von 20.000 Einwohnern liegt. Die meisten Gemeinden bleiben daher trotz der Fusionen in derselben Klasse im abgestuften Bevölkerungsschlüssel.

 

·         Zweitens ist der Unterschied zwischen dem Vervielfacher im abgestuften Bevölkerungsschlüssel für die Gemeinden bis und über 10.000 Einwohner aufgrund der in den letzten Finanzausgleichsgesetzen umgesetzten Abflachungen relativ gering: Bis 10.000 Einwohner beträgt der Vervielfacher 1 41/67 (das ist ca. 1,61), über 10.000 Einwohner hingegen 1 2/3; der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass für die Einschleifzone von 9.000 bis 10.000 Einwohner zusätzliche Vervielfacher gelten.

Aufgrund dieser Auswirkungen der steirischen Gemeindestrukturreform auf den abgestuften Bevölkerungsschlüssel erhöhen sich die Ertragsanteile der Gemeinden des Landes Steiermark um rund 1,62 Millionen Euro p.a. Die Auswirkungen auf alle neun Ländertöpfe stellen sich wie folgt dar (ungekürzte Ertragsanteile für das Jahr 2015):

 

in Mio. Euro

in %

Burgenland

-0,06

-0,02%

Kärnten

-0,12

-0,02%

Niederösterreich

-0,32

-0,02%

Oberösterreich

-0,30

-0,02%

Salzburg

-0,12

-0,02%

Steiermark

+1,62

+0,14%

Tirol

-0,15

-0,02%

Vorarlberg

-0,08

-0,02%

Wien

-0,48

-0,02%

Summe

0,0

-

 

Auf die Ertragsanteile der Länder hat die steirische Gemeindestrukturreform keine Auswirkungen, weil hier der abgestufte Bevölkerungsschlüssel nicht angewendet wird.

 

b) Verteilung der Gemeinde-Ertragsanteile innerhalb der Steiermark

Die Auswirkungen der steirischen Gemeindestrukturreform auf die Verteilung der Ertragsanteile der einzelnen Gemeinden innerhalb des Landes sind größer als bei der Bildung der Ländertöpfe, weil ein Überschreiten der Einwohnergrenzen von 10.000 bzw. 20.000 Einwohnern nicht nur beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel, sondern auch bei den nach Einwohnern bemessenen Vorausanteilen (§ 11 Abs. 7a und 7b des Finanzausgleichsgesetzes 2008) eine Rolle spielt und diese Vorausanteile beim Überschreiten der Einwohnergrenze von 10.000 relativ stark steigen. Nach gegenwärtigem Prognosestand betragen diese Vorausanteile in der Steiermark für das Jahr 2015 je Einwohner

 

bis 10.000 Einwohner                    7,92 Euro

von 10.001 bis 20.000 Einw.         87,23 Euro

von 20.001 bis 50.000 Einw.         93,71 Euro

über 50.000 Einwohner               102,30 Euro

 

Gemeinden in den Einschleifzonen (das sind hier die Gemeinden von 9.300 bis 10.000 Einwohner, von 18.000 bis 20.000 Einwohner und von 45.000 bis 50.000 Einwohner) erhalten zusätzliche Vorausanteile, Städte mit eigenem Statut erhalten nach dem derzeitigem Prognosestand weitere 50,41 Euro je Einwohner.

 

Von der steirischen Gemeindestrukturreform profitieren naturgemäß solche Gemeinden, die aufgrund der Fusion die Grenze von 10.000 Einwohnern übersteigen. Die Gewinne dieser Gemeinden gehen, wie oben darstellt, teilweise zu Lasten der Gemeinden der anderen Länder und teilweise zu Lasten der anderen Gemeinden der Steiermark, die entweder nicht fusionieren oder trotz Fusion keine Verbesserung im abgestuften Bevölkerungsschlüssel erreichen.

 

Die genauen gemeindeweisen Auswirkungen werden auch von den im Jahr 2015 anzuwendenden Finanzkraftbeträgen abhängen, die erst später bekannt sein werden. Schreibt man die im Jahr 2014 anzuwendenden Finanzkraftbeträge fort, ergeben sich nach den Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen folgende gemeindeweisen Auswirkungen auf die gekürzten Ertragsanteile der einzelnen Gemeinden für das Jahr 2015, wobei hier fiktive Ertragsanteile für das Jahr 2015 der Prognose für 2016 inklusive Strukturreform gegenübergestellt werden:

 

in Mio. Euro

in %

Weiz

+1,15

+14,31%

Seiersberg-Pirka

+1,10

+14,29%

Gratwein-Straßengel

+1,35

+13,89%

Deutschlandsberg

+1,15

+13,89%

Leibnitz

+1,15

+13,54%

Judenburg

+0,99

+12,98%

Gleisdorf

+0,97

+12,98%

Feldbach

+1,16

+11,94%

Köflach

+0,40

+4,86%

Bruck an der Mur

+0,25

+1,96%

Kapfenberg

+0,30

+1,32%

Knittelfeld

+0,05

+0,44%

alle anderen stmk. Gemeinden

-8,60

-0,93%

Summe stmk. Gemeinden

+1,41

+0,14%

 

Die beiden bereits mit Wirkung vom 1. Jänner 2013 durchgeführten Fusionen zu den neuen Gemeinden Trofaiach und Buch-St. Magdalena sind hier nicht als Teil der Gemeindestrukturreform 2015 berücksichtigt.

 

Zur Vermeidung von Missverständnissen wird darauf hingewiesen, dass es sich bei diesen gemeindeweisen Beträgen um die gekürzten Ertragsanteile handelt, also nach Abzug der Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel, sodass die hier ausgewiesene Summe von 1,41 Millionen Euro von der in der Tabelle zu Frage 2. genannten Auswirkung der Strukturreform iHv. 1,62 Millionen Euro auf die ungekürzten Gemeindeertragsanteile der Steiermark abweicht.

 

Zu 3.:

Nach den Berechnungen des Bundesministeriums für Finanzen bzw. für das Jahr 2014 nach dessen Prognose entwickeln sich die Ertragsanteile der zwanzig einwohnerstärksten steirischen Gemeinden für die Jahre 2012 bis 2014 folgendermaßen, wobei zur besseren Vergleichbarkeit die Ertragsanteile der beiden mit Wirkung vom 1. Jänner 2013 fusionierten Gemeinden Trofaiach und Buch-St. Magdalena schon für das Jahr 2012 zusammengerechnet wurden (Beträge in Mio. Euro):

 

Einw.

in Mio. Euro

Euro/Einw.

Gmde.-Nr.

31.10.2012

2012

2013

2014

2012

2013

2014

60.101

Graz

265.711

279,42

288,74

304,67

1.075,0

1.103,2

1.146,6

61.108

Leoben

24.425

22,51

22,98

23,66

911,9

934,1

968,5

62.113

Kapfenberg

21.624

19,80

20,08

20,81

907,9

927,9

962,6

62.106

Bruck an der Mur

12.455

9,98

10,00

10,30

777,6

797,0

826,9

62.013

Knittelfeld

11.515

9,18

9,30

9,60

783,9

805,1

833,7

61.120

Trofaiach

11.266

7,89

9,15

9,51

694,3

810,1

843,8

61.609

Köflach

9.701

7,45

7,69

7,96

763,9

789,0

820,5

61.625

Voitsberg

9.547

7,28

7,37

7,59

750,2

766,3

795,1

62.011

Judenburg

9.295

6,79

6,93

7,15

730,5

744,2

769,5

61.755

Weiz

8.968

5,84

5,95

6,22

658,3

670,7

693,8

62.121

Mürzzuschlag

8.553

6,15

6,22

6,35

703,7

716,0

742,1

60.302

Deutschlandsberg

8.139

5,43

5,54

5,74

668,0

681,1

705,1

62.007

Fohnsdorf

7.899

5,46

5,52

5,71

678,1

696,2

722,9

61.022

Leibnitz

7.875

5,32

5,49

5,71

684,2

698,2

725,0

60.613

Gratkorn

7.590

4,81

4,98

5,21

645,5

660,3

686,1

60.644

Seiersberg

7.334

4,81

4,94

5,11

659,9

673,3

696,9

62.038

Zeltweg

7.202

4,87

4,83

5,01

666,3

672,7

695,6

61.223

Liezen

6.835

4,63

4,73

4,89

678,5

690,8

715,2

62.219

Hartberg

6.472

4,44

4,53

4,61

673,0

694,2

712,4

60.624

Kalsdorf bei Graz

6.008

3,70

3,85

4,14

644,7

660,1

688,6

 


Zu 4.:

Die Antwort auf die Frage der Auswirkungen der steirischen Gemeindestrukturreform auf die Ertragsanteile der zwanzig einwohnerstärksten steirischen Gemeinden deckt sich teilweise mit der Antwort zu Frage 2., weil – wie zu Frage 2. ausgeführt – diejenigen Gemeinden, die aufgrund der Fusion die Grenze von 10.000 Einwohnern übersteigen, von der Reform profitieren, und zwar auch zu Lasten der anderen Gemeinden der Steiermark, die entweder nicht fusionieren oder trotz Fusion keine Verbesserung im abgestuften Bevölkerungsschlüssel erreichen.

 

Einwohner

in %

Graz

265.711

-0,76%

Leoben

24.425

-0,77%

Kapfenberg

23.353

+1,32%

Bruck an der Mur

15.643

+1,96%

Feldbach

12.987

+11,94%

Gratwein-Straßengel

12.749

+13,89%

Knittelfeld

12.667

+0,44%

Leibnitz

11.398

+13,54%

Weiz

11.330

+14,31%

Deutschlandsberg

11.295

+13,89%

Trofaiach

11.266

-0,74%

Seiersberg-Pirka

10.588

+14,29%

Judenburg

10.262

+12,98%

Köflach

10.186

+4,86%

Gleisdorf

10.031

+12,98%

Voitsberg

9.547

-1,00%

Mürzzuschlag

8.893

-1,04%

Stainz

8.493

-1,11%

Kindberg

8.301

-1,04%

Fürstenfeld

8.226

-1,21%

 

Die in dieser Tabelle dargestellte Einwohnerzahl entspricht den letztverfügbaren Zahlen, das ist die im Jahr 2014 anzuwendende Bevölkerungsstatistik zum Stichtag 31. Oktober 2012, berücksichtigt aber bereits die Strukturreform.

 

Zu 5. und 7.:

Eine verstärkte Aufgabenorientierung bei der Verteilung der Ertragsanteile wird ein wichtiger Diskussionspunkt für eine grundsätzliche Reform des Finanzausgleichs sein. Den Ergebnissen dieser Gespräche, die insbesondere auch zwischen dem Österreichischen Städtebund und dem Österreichischen Gemeindebund zu führen sein werden, möchte ich nicht vorgreifen. Vor allem wäre es unseriös, konkrete Erwartungen zu wecken, dass durch eine verstärkte Aufgabenorientierung eine bestimmte Gruppe von Gemeinden – sei es die Gruppe der Zentralorte oder die Gruppe der kleinen Gemeinden – jedenfalls profitieren wird. Was die Entwicklung der Ertragsanteile der urbanen Ballungszentren betrifft, ist auch zu bedenken, dass sich das Bevölkerungswachstum derzeit auf die Ballungszentren konzentriert und diese daher – noch verstärkt durch die Anwendung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels – derzeit von einer überdurchschnittlichen Entwicklung ihrer Ertragsanteile profitieren, während strukturschwache Abwanderungsgemeinden – bei gleichbleibendem Aufwand für die Erhaltung ihrer Infrastruktur – Ertragsanteile verlieren. Auch das wird bei einer grundsätzlichen Reform zu thematisieren sein.

 

Zu 6.:

Dass die Ertragsanteile der einzelnen Gemeinden je Einwohner unterschiedlich sind, ergibt sich daraus, dass für die Verteilung der Ertragsanteile nicht nur die Einwohnerzahl, sondern auch andere Faktoren entscheidend sind. Neben dem abgestuften Bevölkerungsschlüssel, der zu höheren Pro-Kopf-Ertragsanteilen größerer Gemeinden führt, bedingt vor allem auch die Anwendung eines Fixschlüssels bei der Bildung der neun Ländertöpfe im Ergebnis länderweise unterschiedliche Ertragsanteile pro Kopf, und zwar auch bei gleich großen Gemeinden. Der Fixschlüssel, der bei der Verteilung der Ertragsanteile der Gemeinden angewendet wird, stammt aus früheren Verteilungen nach örtlichem Aufkommen und bildet daher den Beitrag der einzelnen Länder zum Steueraufkommen ab.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Michael Spindelegger eh.