1175/AB XXV. GP

Eingelangt am 10.06.2014
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                           Wien, am     Juni 2014

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0091-I/4/2014

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1286/J vom 10. April 2014 der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Aufzeichnungen über die Anzahl der Scheinfirmen liegen nicht vor, da es unterschiedlichste Ausprägungen von Scheinfirmen gibt und eine gesonderte Erfassung dieser Betrugsvariante nicht möglich ist. Allerdings ist aus der Erfahrung der vergangenen Jahre bekannt, dass bis zu rund 300 Firmen pro Jahr als Scheinfirmen gegründet werden und auch ebenso viele entweder vermögenslos gelöscht werden oder in Konkursverfahren abgewickelt werden. Der Schwerpunkt des Auftretens dieser Firmen liegt in Wien (Gründungsort), die Dienstnehmer dieser Unternehmen werden aber in ganz Österreich arbeitend angetroffen.


Zu 2.:

Eine Einschätzung über die Herkunftsländer der „Eigentümer“ dieser Betrugskonstrukte lässt sich nicht verlässlich treffen, da der tatsächliche Machthaber oftmals nicht zu ermitteln ist. Bei den tatsächlich ermittelten Hintermännern waren stets österreichische und ausländische Tätergruppen (vorwiegend Südosteuropa) festzustellen. Als Strohmänner und handelsrechtliche Geschäftsführer fungieren vorwiegend slowakische und ungarische Staatsbürger, teilweise wird aber auch mit vollständig gefälschten Identitäten agiert. Die gewerblichen Geschäftsführer (für die Erlangung der einschlägigen gewerberechtlichen Befähigungsnachweise) stammen zum größten Teil aus dem Inland.

 

Zu 3. bis 5.:

Der Finanzpolizei liegen Niederschriften und Belege vor, aus denen hervorgeht, dass für eine Sozialversicherungsanmeldung im Durchschnitt 300,-- Euro pro Monat bezahlt werden. Eine Versteuerung der erhaltenen Beträge für die Anmeldung bei den Gebietskrankenkassen erfolgte in keinem Fall.

 

Zu 6.:

Beträge, die für die gewerbsmäßige Durchführung von „Scheinanmeldungen“ an den Anmelder bezahlt werden, stellen bei diesem steuerpflichtige Leistungsentgelte dar. Werden diese vorsätzlich nicht erklärt und dadurch Abgaben verkürzt, wird damit der Tatbestand der Abgabenhinterziehung verwirklicht.

 

In all jenen Fällen, in denen der tatsächliche Beschäftiger festgestellt werden konnte, wurden auch die hinterzogenen Lohnabgaben der Strafbemessung als Abgabenhinterziehung zugrunde gelegt.

 

Zu 7.:

Es ist dokumentierbar, dass ganze Arbeitspartien bei bevorstehender Firmenbuchlöschung von einer Scheinfirma auf die jeweils nächste Scheinfirma umgemeldet werden. Zu Verschleierungszwecken erfolgen diese Ummeldungen teilweise auch auf unterschiedliche Firmenkonstrukte und die Dienstnehmer sind zwischenzeitig auch arbeitslos gemeldet. Die Analyse dieser Wanderbewegungen dient der Finanzpolizei unter anderem als wichtiges Instrument zur Früherkennung von neuen Scheinfirmen.


Zu 8.:

Neben der Auswertung der Dienstnehmerwanderungen werden auch andere Risikoindikatoren bei Anmeldungen zur Gebietskrankenkasse ausgewertet und flächendeckend verfolgt. Von Seiten der Abgabenbehörde erfolgt bei Verdachtsfällen auch stets ein Antrittsbesuch bei der Neugründung von Unternehmungen.

 

Mittels gezielter Baustellenkontrollen und der Auswertung der Subunternehmerketten werden weitere Schwerpunkte gesetzt. Ein nicht zu unterschätzender Faktor sind mittlerweile die einlangenden Anzeigen, da bei steigendem Konkurrenzdruck auch verstärkt von Seiten der Wirtschaft gegen illegale Tätigkeiten vorgegangen wird. Darüber hinaus wurde seitens der Finanzpolizei auf die Betrugshäufung im Zentralraum Wien mit der Gründung eines Sonderteams für Baubetrug reagiert, dessen Hauptaufgaben die Früherkennung und die Sicherung der Abgaben sind.

 

 

Mit freundlichen Grüßen