1246/AB XXV. GP

Eingelangt am 25.06.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1451/J der Abgeordneten Ing. Waltraud Dietrich, u. a. wie folgt:

Ich stimme als Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz nicht mit der Interpretation des privaten, wirtschaftsnahen Think Tank „Agenda Austria“ betreffend versteckte Arbeitslosigkeit überein. Der Grund, warum unterschiedliche Indikatoren zur Erfassung langandauernder Integrationsprobleme in den Arbeitsmarkt zum Einsatz gebracht werden, ist, dass es berechtigterweise unterschiedliche Blickwinkel auf das Problem längerer Arbeitslosigkeit gibt. Einerseits kann auf die Vormerkung als „Arbeitslos“ beim AMS fokussiert werden (traditionelles Konzept der Messung der Register-Langzeitarbeitslosigkeit), andererseits auf eine Dauer der registrierten Arbeitssuche, wo selbst kurzzeitige Beschäftigungsaufnahmen – weil sie nicht nachhaltig waren – außer Acht bleiben (Messung der Langzeitbeschäftigungslosigkeit).

Es geht also keinesfalls darum, die wahre Zahl der Langzeitarbeitslosen zu verfälschen, wie unterstellt wird, sondern genau im Gegenteil, den Blick und die Aussagekraft der Analyse von langandauernden Eingliederungsproblemen am Arbeitsmarkt durch einander ergänzende Indikatoren zu vertiefen. Aus diesem Grund wird es auch weiterhin, wie auch in der internationalen Analyse üblich, alternative und einander ergänzende Indikatoren zur Arbeitslosigkeit geben. Diese werden für die Planung und Ausgestaltung der Integrationsinstrumente ebenso genutzt wie von der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsforschung.

Das BMASK und das AMS berichten zumindest jährlich ausführlich über die Entwicklung der Langzeitbeschäftigungslosigkeit (in den Jahresberichten zur Arbeitsmarktentwicklung oder im AMS Geschäftsbericht), zudem gibt es Beantwortungen parlamentarischer Anfragen zu diesem Themenkomplex (zuletzt 2012 sowie 2013). Die Zahl der SchulungsteilnehmerInnen wird monatlich veröffentlicht. Die Information der Öffentlichkeit ist damit gut gewährleistet.

 

zu Fragen 1 und 6:

Nein, diese Informationen bzw. Interpretationen entsprechen aus mehreren Gründen nicht jenen meines Ressorts:


»    Österreich hält sich, wie aller anderen Länder in der EU auch, an die gängige ILO-Definition von Arbeitslosigkeit (Arbeitslos sind Personen, die keiner Beschäftigung nachgehen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und die aktiv Arbeit suchen). Natürlich hat jede Definition an den Rändern mit dem Problem von Unschärfen umzugehen, was im Falle der Arbeitswelt, die in vielerlei Hinsicht sehr heterogen ist, nur nahe liegt. Aber: Personen in Schulungen werden etwa auch in anderen Ländern (zu  Recht) nicht als arbeitslos gezählt. Personen in Pension stehen in allen Ländern nicht mehr dem Arbeitsmarkt zur Verfügung.

»    Weil diese Definition der Arbeitslosigkeit an einigen Stellen aktive Suche, kurzzeitige Verfügbarkeit, „Ein-Stunden-Grenze“ bei Beschäftigung relativ restriktiv ist, veröffentlicht EUROSTAT seit 2011 in Ergänzung zur Arbeitslosenquote Indikatoren zur so genannten Unterbeschäftigung. Darunter sind etwa Teilzeit-Unterbeschäftigte sowie die „Stille Reserve“ zu verstehen. Unter die Definition der „Stillen Reserve“ fallen arbeitssuchende Personen, die nicht verfügbar sind und verfügbare Personen, die nicht Arbeit suchen. Dabei zeigt sich jedoch, dass das Ausmaß an Unterbeschäftigung in Österreich unter dem EU-Durchschnitt liegt.

»    Zu den Berechnungen der Agenda Austria wäre zu sagen: Das verwendete Konzept der „Stillen Reserve“ orientiert sich am Erwerbspersonenpotenzial bei Vollbeschäftigung bzw. Hochkonjunktur, d.h. es geht der Frage nach, welche Personen bei sehr guten konjunkturellen Bedingungen Arbeit anbieten würden. Diese Zahl wird dann mit dem tatsächlichen Angebot verglichen. Dieser Vergleich zwischen potentiellem Angebot während Hochkonjunktur und tatsächlichem Angebot zur gegebenen Konjunkturlage ist jedoch etwas völlig anderes als zu behaupten, die österreichische Arbeitsmarktpolitik würde die Arbeitslosen „absichtlich“ in der Frühpension verstecken. Hinzu kommen noch technische Einwände gegen die Berechnungen der Agenda Austria, etwa: das Ausmaß an versteckter Arbeitslosigkeit sei auch bei Frauen in der Altersgruppe 55-64 Jahren hoch – eine Aussage, die das gesetzliche Pensionsalter der Frauen unberücksichtigt lässt. Offensichtlich geht es der Agenda Austria um eine Debatte über das österreichische Pensionssystem, geführt wird sie aber über die Definition der Arbeitslosigkeit.

 

zu Frage 2:

Siehe dazu auch die Einleitung.

Eine Person ist langzeitbeschäftigungslos, wenn die Summe der (Netto-)Dauer von Arbeitslosigkeit, Lehrstellensuche und Schulungsteilnahme ein Jahr überschreitet. Unterbrechungen, wie zum Beispiel auch Beschäftigungszeiten, bis zu 62 Tage führen nicht zum Ende der Langzeitbeschäftigungslosigkeitsepisode.

Die folgende Tabelle zeigt alle zum Statistikstichtag in Vormerkung des Arbeitsmarktservice (AMS) befindlichen langzeitbeschäftigungslosen Personen und darunter gesondert die Personengruppe in registrierter Arbeitslosigkeit (als eine Untergruppe aller Personen in AMS-Vormerkung mit Langzeitbeschäftigungslosigkeit).


Für die Jahre 2010 bis 2013 werden die Jahresdurchschnittsbestände der Stichtage angegeben, für 2014 der Durchschnitt für das erste Quartal 2014 (da noch kein vollständiges Jahr vorliegt).

 

 

zu Frage 3:

In Österreich werden Personen, die mehr als 365 Tage beim Arbeitsmarktservice arbeitslos gemeldet sind, im statistischen Sinne als registriert langzeitarbeitslos gezählt (Erhebung auf Registerdatenbasis). Diese Definition bezüglich der Dauer entspricht den internationalen Vorgaben der europäischen Arbeitskräfteerhebung.

Unterbrechungen der Arbeitslos-Vormerkung bis zu 28 Tage (zum Beispiel durch kurze Schulungen, Krankenstand oder kurze Beschäftigungsepisoden) werden nicht berücksichtigt. Ist die Unterbrechung der Arbeitslosigkeitsepisode länger als 28 Tage beginnt die Berechnung der Dauer der Arbeitslosigkeit wieder neu bei einem Tag.

Für die Jahre 2010 bis 2013 werden die Jahresdurchschnittsbestände der Stichtage angegeben, für 2014 der Durchschnitt für das erste Quartal 2014 (da noch kein vollständiges Jahr vorliegt).

 

 


zu Frage 4:

Im Jahr 2010 wurden rund € 431,2 Mio. für direkt vom AMS beauftragte und zugekaufte Kurse (Bildungsmaßnahmen) ausgezahlt, im Jahr 2011 € 455,5 Mio., 2012 rund € 432,0 Mio., im Jahr 2013 rund € 443,5 Mio. Für das Jahr 2014 ist ein Ausgabenniveau in ähnlicher Höhe wie 2013 vorgesehen.

 

zu Frage 5:

Bezieher/innen von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sind verpflichtet an vom AMS angebotenen Kursmaßnahmen teilzunehmen, wenn dadurch für eine erfolgreiche Vermittlung fehlende Kenntnisse erworben oder bestehende Vermittlungshemmnisse abgebaut werden können. Erfolgt die Weigerung an einer solchen Maßnahme teilzunehmen ohne wichtigen Grund, verliert die arbeitslose Person den Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe nach den Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die auf die Weigerung folgenden sechs Wochen. Im Wiederholungsfall erhöht sich die Dauer des Anspruchsverlustes auf acht Wochen.