160/AB XXV. GP
Eingelangt am 30.01.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
ANDRÄ RUPPRECHTER
Bundesminister
An die Zl. LE.4.2.4/0152-I/3/2013
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, am 27. JAN. 2014
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Werner Neubauer, Kolleginnen
und Kollegen vom 03. Dezember 2013, Nr. 192/J, betreffend
mögliche globale Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen vom 03. Dezember 2013, Nr. 192/J, teile ich Folgendes mit:
Einleitend ist festzuhalten, dass der Reaktorunfall in Fukushima 1 einer der schwersten Kernkraftwerksunfälle in der Geschichte der zivilen Nutzung der Kernenergie ist. Durch das schwere Erdbeben und dem dadurch ausgelösten Tsunami wurden mehrere Reaktorblöcke des Kernkraftwerkes Fukushima 1 massiv zerstört. In drei Reaktorblöcken kam es zur Kernschmelze und zu großen Freisetzungen radioaktiver Stoffe in die Umwelt. Nach aktuellen Abschätzungen ist bei Fukushima ein Zehntel bis ein Fünftel der bei der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl freigesetzten Radioaktivität (radioaktives Iod und Cäsium) in die Atmosphäre gelangt.
Zusätzlich flossen große Mengen radioaktiver Stoffe aus der Anlage in den nahe gelegenen Pazifischen Ozean. Im Unterschied zu den Freisetzungen in die Atmosphäre konnten die flüssigen Freisetzungen ins Meer zwar reduziert aber nie ganz unterbunden werden. Die Größenordnung dieser auch in den Medien dargestellten neuerlichen Freisetzungen ist jedoch in keiner Weise mit den Aktivitätsmengen vergleichbar, die 2011 bei der Zerstörung des Kernkraftwerks ins Meer abgegeben worden sind. Die Auswirkungen der jetzigen Probleme in Fukushima sind daher auf die Anlage und den näheren Bereich um die Anlage beschränkt.
Aufgrund der Auswirkungen auf die Umwelt wurde der Reaktorunfall in Fukushima in der 7‑teiligen International Nuclear and Radiological Event Scale der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) als katastrophaler Unfall der höchsten Stufe 7 eingestuft. Während des Reaktorunfalls mussten an die hunderttausend Personen rasch evakuiert werden. Große Gebiete in der Umgebung der Anlage (in einer Kontaminationsspur im Nordwesten der Anlage bis zu einer Distanz von etwa 40 km) sind noch immer Sperrgebiet. Die Aufräumungs- und Sanierungsarbeiten im Kernkraftwerk und in den stark kontaminierten Gebieten sind mit hohen Kosten verbunden und werden Jahrzehnte dauern.
Zu Frage 1:
Seit dem Reaktorunfall in Fukushima 1 im März 2011 informieren die japanischen Behörden regelmäßig andere Mitgliedstaaten der IAEO über den Status in Fukushima. Dabei werden Informationen zur aktuellen Situation in der Anlage, über die Auswirkungen des Reaktorunfalls und über die laufenden Sanierungsarbeiten zur Verfügung gestellt. Diese werden über jene Informationssysteme der IAEO, die nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl für einen solchen Anlassfall eingerichtet wurden, übermittelt.
Weitere Details wie z.B. Messwerte verschiedener Lebensmittel sind auf den Internetseiten verschiedener Ministerien und Behörden in Japan zu finden. Zusätzlich informieren Vertreter Japans regelmäßig in internationalen Gremien wie der IAEO oder der OECD über aktuelle Ereignisse und Entwicklungen in Fukushima. Unter Leitung der IAEO und mit Beteiligung internationaler Experten wurden bereits mehrere Missionen in Japan mit dem Ziel einer umfassenden Bestandsaufnahme der Situation im havarierten Kernkraftwerk Fukushima und der vorhandenen Auswirkungen des Unfalles durchgeführt.
Prinzipiell betroffen sein könnten Importe bestimmter Lebensmittel, die in den betroffenen Regionen erzeugt werden. Aus diesem Grund wurde unmittelbar nach dem Reaktorunfall vom für Lebensmittelkontrollen zuständigen österreichischen Bundesministerium für Gesundheit damit begonnen, alle Lebensmittelimporte aus Japan nach Österreich zu überprüfen. Seit März 2011 werden auch Fische aus dem Pazifik auf Radioaktivität untersucht.
Was andere Warenimporte anbelangt, wurden auf Empfehlung der EU-Kommission zusätzlich zu den in Japan durchgeführten Kontrollen Schiffe und Schiffscontainer aus Japan in den europäischen Häfen auf eine mögliche Kontaminationen überprüft.
Zu Frage 2:
Importbeschränkungen gibt es nach wie vor im Bereich der Lebensmittelimporte, für die das Bundesministerium für Gesundheit zuständig ist. Es darf diesbezüglich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 191/J durch den Bundesminister für Gesundheit verwiesen werden. Für Futtermittel wären analog dazu die gleichen Überprüfungen durchzuführen, allerdings gibt es in Österreich keine Futtermittelimporte aus Japan.
Zu den Fragen 3 und 4:
Auf internationaler Ebene wurden und werden verschiedene Initiativen zur Unterstützung Japans bei der Eindämmung der Folgen des Reaktorunfalls und den Aufräumungsarbeiten gesetzt. Bereits unmittelbar nach der Katastrophe wurde in vielen internationalen Gremien mit entsprechenden Aktivitäten begonnen.
Beispielsweise hat die IAEO sehr rasch nach dem Unfall ein Expertenteam entsandt, das Japan bei der Stabilisierung der Nuklearanlage unterstützt und eine Bestandaufnahme der Umweltkontaminationen und Strahlenexpositionen der Bevölkerung vorgenommen hat. Seither sind wiederholt Experten zur Umsetzung und Optimierung von Langzeitsanierungs-maßnahmen, auch was die Auswirkungen der Meereskontamination anbelangt, entsandt worden.
Auch andere internationale Organisationen wie OECD, WHO und UNSCEAR haben diverse Programme und Projekte zur Aufarbeitung der Katastrophe gestartet. In mehreren dieser Gremien waren und sind österreichische Experten tätig.
Im Februar 2014 wird eine große Fukushimakonferenz bei der IAEO in Wien stattfinden, bei der auch Maßnahmen zur Unterstützung Japans thematisiert werden. An der Konferenz werden mehrere österreichische Experten (auch aus dem BMLFUW) teilnehmen. Das BMLFUW beteiligt sich im Rahmen seiner Möglichkeiten an dieser intensiven internationalen Zusammenarbeit zur Unterstützung Japans bei der Eindämmung der Folgen des Reaktorunfalles von Fukushima und bei den bereits begonnenen Sanierungsmaßnahmen.
Zu Frage 5:
Nach dem Kernkraftwerksunfall in Fukushima hat das BMLFUW in Zusammenarbeit mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik und der AGES einen Fukushimabericht auf der Homepage des Ministeriums veröffentlicht, der eine Zusammenfassung des damaligen Informationsstandes und der Messwerte in Österreich beinhaltet (www.lebensministerium.at/
Umwelt/Strahlenschutz und Atomenergie). Dieser Bericht soll heuer aktualisiert werden.
Die Situation im Kernkraftwerk Fukushima und die Auswirkungen des Reaktorunfalles werden von der Abteilung Strahlenschutz laufend mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Unter anderem werden die derzeit wöchentlichen Informationen japanischer Behörden, die über die IAEO verteilt werden, bewertet. Bei einer Verschlechterung der Situation werden die Öffentlichkeit und alle zuständigen Behörden auf Bundes- und Landesebene vom BMLFUW umgehend informiert, wie dies auch in den ersten Wochen nach Beginn des Reaktorunfalles passiert ist.
Der Bundesminister: