337/AB XXV. GP
Eingelangt am 19.02.2014
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend
Anfragebeantwortung
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Präsidentin des Nationalrates Mag. Barbara PRAMMER Parlament 1017 Wien |
Wien, am 17. Februar 2014
Geschäftszahl:
BMWFJ-10.101/0318-IM/a/2013
In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen
Anfrage Nr. 358/J
betreffend „TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership)“,
welche die Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Kolleginnen und Kollegen am 19. Dezember
2013 an mich richteten, stelle ich fest:
Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:
Eingangs ist festzuhalten, dass die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership/TTIP) ein in einem frühen Verhandlungsstadium befindliches Vorhaben eines Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den USA ist. Am 13. Februar 2013 einigten sich US-Präsident Barack Obama, Ratspräsident Herman Van Rompuy und der Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso grund-sätzlich über die Eröffnung von Verhandlungen über ein EU-USA-Freihandelsab-kommen. Am 14. Juni 2013 beschloss der Rat die Verhandlungsrichtlinien bzw. das Verhandlungsmandat für die Europäische Kommission. Darin sind die wesentlichen Themen sowie die jeweiligen EU-Positionen, dargestellt. Die Verhandlungen betreffen folgende drei Säulen: Marktzugang für Waren und Dienstleistungen, regulatorischer Bereich sowie Handelsregeln.
Aufgrund seiner starken Handelsverflechtungen mit den USA würde Österreich von einem Abkommen überdurchschnittlich profitieren. Untermauert wird dies durch eine vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend in Auftrag gegebene Studie (FIW, Jänner 2013), die zum Ergebnis kommt, dass TTIP zu einer Erhöhung des BIP um 1,7 % zu um rund 1 % höheren Löhnen und zu einem Anstieg der Beschäftigung um rund 0,5 % (dies entspricht 20.000 Arbeitsplätzen) führen kann. Der größte Teil davon ergibt sich aus einer Steigerung der Investitionen um 3,8 %.
Ziel des TTIP-Abkommens ist es, Handel und Investitionen zwischen der EU und den USA zu steigern, indem das unerschlossene Potential eines transatlantischen Marktes verwirklicht wird. Durch den Abbau von Handelsbarrieren sollen sich neue wirtschaftliche Möglichkeiten für die Belebung der beiden Volkswirtschaften (insgesamt mehr als 800 Mio. Menschen), Schaffung von Arbeitsplätzen, Wachstum durch verbesserten Marktzugang, eine erhöhte regulatorische Kompatibilität sowie die Schaffung von globalen Standards ergeben.
Im Verhandlungsmandat ist festgeschrieben, dass nachhaltige Entwicklung ein übergeordnetes Ziel der Partner ist und sie danach streben, die Einhaltung von internationalen Umwelt- und Arbeitsabkommen sowie -standards zu sichern. Gleichzeitig soll ein hohes Umwelt-, Arbeits- und Konsumentenschutzniveau, welches in Einklang mit dem EU-Acquis sowie der Gesetzgebung der Mitglied-staaten steht, sichergestellt werden.
Hinsichtlich des regulatorischen Bereichs ist im Verhandlungsmandat festgelegt, dass mit dem Abkommen unnötige Hindernisse für Handel und Investitionen, inklusive bestehender nichttarifärer Handelshemmnisse, durch wirksame und effiziente Kooperationsmechanismen beseitigt werden sollen. Ein hohes Niveau an regulatorischer Kompatibilität soll unter anderem durch gegenseitige Anerkennung (z.B. von Prüfzeugnissen), Harmonisierung und verstärkte Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörden bis hin zur Schaffung gemeinsamer, internationaler Standards und Normen erreicht werden.
Im Verhandlungsmandat ist gleichzeitig klargestellt, dass das "right to regulate" unberührt bleibt: Das heißt, dass es jedem Vertragspartner freisteht, das Schutzniveau für Gesundheit, Sicherheit, Konsumenten, Umwelt etc. nach eigenem Ermessen festzulegen.
Zum Thema Arbeitnehmer ist hervorzuheben, dass wie in allen bisher abgeschlossenen Freihandelsabkommen auch TTIP die sogenannte "labour clause" als Vertragsbestandteil enthalten wird. Diese besagt, dass bezüglich der Arbeits-und Beschäftigungsbedingungen die Regelungen des Gastlandes einzuhalten sind. Darunter fallen auch die Mindestlöhne, sodass beispielsweise Lohndumping definitiv ausgeschlossen werden kann.
Was den Umweltschutz betrifft, bekennt sich die EU in der Präambel des Verhandlungsmandats zur nachhaltigen Entwicklung als gemeinsames Ziel. Der Schutz und die Erhaltung der Umwelt sowie der natürlichen Ressourcen werden explizit erwähnt. Der Handel mit umweltfreundlichen und CO2-armen Waren sowie mit energie- und ressourceneffizienten Gütern, Dienstleistungen und Technologien soll vereinfacht und gefördert werden.
Darüber hinaus sieht das Mandat einen eigenen Abschnitt zu nachhaltiger Entwicklung vor. Die diesbezüglichen TTIP Bestimmungen werden sowohl die Förderung internationaler Standards im Arbeitsbereich, insbesondere der ILO-Kernarbeitsnormen, als auch internationale Standards im Umweltbereich um-fassen.
Bezüglich Nutzungsrechte von Grund und Boden ist die geltende EU-Rechtslage maßgebend. Die Kompetenzen der Mitgliedstaaten sowie ihre rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben im Bereich der Regelung der Nutzungsrechte für Grund und Boden unangetastet. Dasselbe gilt für die Grenzwerte bei Schad-stoffen.
Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:
Die TTIP-Verhandlungen sind Teil der Gemeinsamen Handelspolitik und fallen somit in die Zuständigkeit der Europäischen Union. Die Europäische Kommission führt die Verhandlungen auf Grundlage des vom Rat erteilten Mandats. Die Verhandlungen werden insbesondere im EU-Ratsausschuss Handelspolitik vor-bereitet, an dem Vertreter meines Ressorts regelmäßig teilnehmen. Die interne österreichische Koordinierung mit den anderen betroffenen Ressorts und den Sozialpartnern wird von meinem Ressort laufend durchgeführt.
Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Europäische Kommission der Öffentlichkeit auf ihrer Homepage laufend Informationen über den Verhandlungsstand bei TTIP zugänglich macht (siehe http://ec.europa.eu/trade/). Darüber hinaus finden während jeder Verhandlungsrunde Informationsveranstaltungen in Form von Stakeholder-Treffen statt. Dabei werden interessierte Vertreter der Zivil-gesellschaft von der Europäischen Kommission über den Fortgang der Verhandlungen informiert und können sich in eine Diskussion einbringen - siehe dazu z.B. http://trade.ec.europa.eu/civilsoc/meetdetails.cfm?meet=11421.
Gleichzeitig muss jedoch sichergestellt werden, dass die jeweilige Verhandlungsposition gegenüber dem Verhandlungspartner nicht dadurch geschwächt wird, dass konkrete Verhandlungsvorschläge öffentlich zugänglich sind, bevor in den Verhandlungen darüber Lösungen erzielt wurden. Die finalen Texte des Ab-kommens sind jedenfalls sowohl durch das Europäische Parlament, als auch durch die nationalen Parlamente aller EU-Mitgliedsstaaten zu ratifizieren. Im Rahmen dieser Ratifikationsprozesse werden die endgültigen Texte des Abkommens der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (z. B. auf der Website des EP und auf der Website des österreichischen Parlaments).
Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:
Internationale
Investitionsschutzabkommen haben sich seit den späten 1950er Jahren als
Instrument bewährt, um die Rechtssicherheit im internationalen
Geschäftsleben zu erhöhen. Ende 2012 gab es laut dem aktuellen
"World
Investment Report" der UNCTAD weltweit mehr als 2.800 derartige Abkommen,
die typischerweise das Konzept der direkten und indirekten Enteignung sowie
Regeln für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und
Gaststaaten beinhalten. In dieser Form wurden auch alle 62 Investitionsschutzabkommen,
die Österreich seit 1985 abgeschlossen hat, vom Nationalrat ratifiziert.
Der
unter Einbindung von Experten, Sozialpartnern und Parlament erarbeitete und von
der Bundesregierung im Herbst 2008 angenommene österreichische Mustertext für
solche Abkommen stellt ausdrücklich klar, dass nichtdiskriminierende
regulatorische Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und
der Umwelt, die dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht widersprechen,
keine indirekte Enteignung darstellen. Eine ähnliche Klarstellung des
staatlichen Regulierungsrechts ist auch in allen künftigen EU-Abkommen
vorgesehen und so auch in den Verhandlungsrichtlinien für die TTIP-Verhandlungen
ausdrücklich enthalten.
Mit
den USA hat Österreich - wie die meisten EU-Mitgliedsstaaten - derzeit
kein Investitionsschutzabkommen. Andererseits kommen die Studien über die
Aus-wirkungen einer Vertiefung der transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen zu
dem Schluss, dass ein erheblicher Teil der erwarteten positiven Effekte auf die
Zunahme der beidseitigen Investitionsflüsse zurückzuführen ist
und daher von Verbesserungen des Investitionsklimas abhängt.
Österreich ist daher von Anfang an für die Aufnahme eines Investitionsschutzkapitels
einschließlich Regeln für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen
Investoren und Gaststaaten in die TTIP-Verhandlungen eingetreten.
Auch zu den Regeln betreffend die Zusammensetzung von Schiedsgerichten liegt naturgemäß noch kein Ergebnis vor. In den Verhandlungen legt die Europäische Kommission, in Übereinstimmung mit den Verhandlungsrichtlinien und in ständiger Abstimmung mit den Mitgliedstaaten, besonderes Augenmerk auf ausgewogene, den Erfahrungen der Mitgliedsstaaten mit derartigen Regelungen entsprechende Bestimmungen.
Wie bekannt, hat der zuständige EU-Handelskommissar Karel De Gucht vorgeschlagen, zu diesen Themen eine öffentliche Reflexion in die Wege zu leiten, um mehr Transparenz zu gewährleisten. Zu diesem Zweck soll über drei Monate hinweg eine öffentliche Anhörung stattfinden, in die sich alle Interessensgruppen einbringen können. Diesem Vorhaben stehe ich positiv gegenüber.
Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:
Meistbegünstigung dient der Vermeidung von Diskriminierung bei Standards, nicht aber ihrer Nivellierung. "Unnötige bürokratische Hindernisse" sind genau nicht jene erforderlichen Bestimmungen zum Schutz von Mensch, Umwelt und Sicherheit, bei denen das Schutzniveau beibehalten werden soll und jede Vertragspartei das von ihr als angemessen erachtete Schutzniveau auch weiterhin bestimmt. Der Abbau von unnötigen bürokratischen Hindernissen liegt auch im Interesse der Wirtschaftstreibenden und Konsumenten in Österreich und der EU.
Im Übrigen ist auf die Antwort zu Punkt 1 der Anfrage zu verweisen.