356/AB XXV. GP

Eingelangt am 05.03.2014
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 430/J der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde betreffend die finanzielle Unterstützung von pflegenden Angehörigen für Ersatzpflege wie folgt:

 

Frage 1:

 

In den Jahren 2011, 2012 und 2013 wurden nach Angaben des Bundessozialamtes folgende Anträge auf Gewährung einer Zuwendung zu den Kosten für die Ersatzpflege gestellt:

 

 

Stufe 1

Stufe 2

Stufe 3

Stufe 4

Stufe 5

Stufe 6

Stufe 7

Gesamt

2011

25

204

1.402

2.427

2.269

1.152

671

8.172

2012

46

305

1.755

2.771

2.674

1.600

1.018

10.192

2013

80

348

2.060

2.969

2.587

1.682

996

10.744

 

Die Anzahl der in den jeweiligen Jahren eingebrachten Anträge weicht von der Summe der genehmigten und abgewiesenen Anträge geringfügig ab, weil nicht alle bis zum 31.12. des Jahres eingelangten Anträge noch in diesem Kalenderjahr erledigt werden konnten.

 

Frage 2:

 

Das Bundessozialamt hat in den genannten Jahren insgesamt 24.069 Zuwendungen gewährt, die sich wie folgt auf die einzelnen Kalenderjahre und Pflegegeldstufen aufteilen:

 

 

Stufe 1

Stufe 2

Stufe 3

Stufe 4

Stufe 5

Stufe 6

Stufe 7

Gesamt

2011

5

89

1.111

2.038

1.936

985

576

6.740

2012

44

189

1.350

2.283

2.195

1.330

874

8.265

2013

41

218

1.711

2.487

2.236

1.485

886

9.064

 


Frage 3:

 

Aufgelistet nach Kalenderjahren und Pflegegeldstufen wurde über folgende Anträge negativ entschieden:

 

 

Stufe 1

Stufe 2

Stufe 3

Stufe 4

Stufe 5

Stufe 6

Stufe 7

Gesamt

2011

19

88

215

245

205

86

48

925

2012

13

91

202

222

223

90

58

920

2013

34

98

234

251

153

76

40

904

 

Frage 4:

 

Dazu kann ich keine Schätzung abgeben, weil das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zuwendung zu den Kosten für die Ersatzpflege von den Umständen des Einzelfalles abhängt (etwa ob die Antragstellerin/der Antragsteller die überwiegende Pflege seit mindestens einem Jahr durchführt, die pflegebedürftige Person seit mindestens einem Jahr ein Pflegegeld der erforderlichen Stufe bezieht oder die Höhe des Einkommens der/des pflegenden Angehörigen), die nur im Falle einer Antragstellung bekannt werden.

 

Frage 5:

 

Die meisten Abweisungen erfolgten, weil das Pflegegeld noch nicht seit mindestens einem Jahr bezogen wurde oder die Antragstellerin/der Antragsteller nicht die überwiegende Pflege durchführt hat und die in § 21a des Bundespflegegeldgesetzes normierten Voraussetzungen daher nicht gegeben waren.

 

Frage 6:

 

Im Zeitraum 2011 bis 2013 wurde der Antrag in 48 Fällen abgelehnt, weil die Kosten für die Ersatzpflege vom Konto der pflegebedürftigen Person beglichen wurden.

 

Aufgrund von Beschwerden und zur Vereinfachung des Verfahrens wurde die Praxis mit dem Erlass meines Ressorts vom 19. September 2012 insofern geändert, als die Antragsteller/innen bereits im Antragsformblatt bestätigen, dass sie die Kosten für die Ersatzpflege bezahlt haben. Wenn die Hauptpflegeperson eine solche Bestätigung abgibt, werden keine weiteren Erhebungen hinsichtlich der Kostentragung durchgeführt; nach meinen Informationen wurden seither keine Anträge aus dem von Ihnen genannten Grund abgewiesen.


Frage 7:

 

Nach den Angaben des Bundessozialamtes betrug die durchschnittliche Bearbeitungsdauer vom Einlangen des Antrages bis zur Entscheidung in den Jahren 2011 bis 2013 rund 14 Tage.

 

Frage 8:

 

Dazu sind keine statistischen Daten vorhanden.

Nach den Erfahrungen des Bundessozialamtes müssen mitunter Nachweise über die Kosten für die Ersatzpflege, Einkommensnachweise oder Nachweise über das Vorliegen einer demenziellen Erkrankung nachgereicht werden.

 

Frage 9:

 

Da das Einkommen in Einkommensgruppen erfasst wird, kann ich kein Durchschnittseinkommen bekannt geben.

 

Das Einkommen der Antragsteller/innen betrug in den Jahren 2011 bis 2013

 

 

Frage 10:

 

Die Zuwendungen betrugen

 

 

Im Durchschnitt wurden pro Fall Zuwendungen in Höhe von € 1.139,- (2011), € 1.162,- (2012) und € 1.214,- (2013) geleistet. Bei dieser Berechnung wurde für die jeweiligen Jahre der Gesamtaufwand durch die Anzahl der positiv erledigten Anträge dividiert.

 

Frage 11:

 

Das durchschnittliche Alter der Antragsteller/innen liegt bei rund 57 Jahren.


Fragen 12 bis 13:

 

Bis Ende 2013 haben pflegende Kinder und Jugendliche keine Zuwendungen beantragt. Selbstverständlich sind wir bemüht, die Informationen über die Möglichkeit, dass auch pflegende Kinder und Jugendliche Zuwendungen zu den Kosten für die Ersatzpflege erhalten können, weiterzugeben. So finden sich entsprechende Informationen etwa auf www.superhands.at, einer Internetplattform für Kinder und Jugendliche, die zu Hause Angehörige pflegen.

 

Frage 14:

 

Im Interesse der Antragsteller/innen ist es mir ein großes Anliegen, dass die Verfahren auf Gewährung einer Zuwendung zu den Kosten für die Ersatzpflege möglichst rasch abgeschlossen werden. Daher sollen sämtliche für die Entscheidung erforderlichen Angaben bereits im Antragsformular enthalten sein, um Verzögerungen durch allfällige Rückfragen zu vermeiden.

 

Ihre Kritik wird jedoch zum Anlass genommen, gemeinsam mit der Interessengemeinschaft pflegende Angehörige Überlegungen anzustellen, ob das Antragsformblatt ohne Informationsverluste geändert werden kann.

 

Frage 15:

 

Der Frauenanteil beträgt 86%.

 

Frage 16:

 

Die Antragsteller/innen im Jahr 2013 teilen sich nach den Angaben des Bundessozialamtes wie folgt auf die einzelnen Bundesländer auf:

 

Wien

377

Niederösterreich

999

Burgenland

242

Oberösterreich

3.581

Steiermark

2.503

Kärnten

977

Salzburg

425

Tirol

1.307

Vorarlberg

333

Gesamt

10.744

 


Frage 17:

 

Die Zahl der Antragsteller/innen auf Zuwendungen zu den Kosten für die Ersatzpflege verteilt sich in den Jahren 2011 bis 2013 folgendermaßen:

 

Verwandte in gerader Linie

51,38%

Ehepartner

25,29%

Schwiegerkinder

8,30%

Schwiegereltern

6,07%

Schwester/Bruder

2,32%

Nichten/Neffen

2,27%

Lebensgefährt/innen

1,68%

Schwägerin/Schwager

1,25%

Wahl-/Stief-/Pflegekinder

0,65%

Sonstige

0,79%

Gesamt

100%

 

Frage 18:

 

Im Jahr 2013 wurden 304 Anträge von Angehörigen eingebracht, die Bezieher/innen eines Pflegegeldes in Höhe der Stufe 1 oder 2 mit einer nachweislichen demenziellen Erkrankung pflegen.

 

Bei der Pflege von Angehörigen, die ein Pflegegeld ab der Stufe 3 beziehen, ist die Diagnose für die Gewährung einer Zuwendung zu den Kosten für die Ersatzpflege nicht von Relevanz, weshalb auch nicht ermittelt bzw. erfasst wird, ob eine demenzielle Erkrankung vorliegt. Daher kann ich nicht angeben, bei welchem Prozentsatz dieser Personengruppe eine Demenz diagnostiziert wurde.

 

Frage 19:

 

Zu dieser Frage liegen keine statistischen Aufzeichnungen vor, allerdings kann auf Basis von Erfahrungswerten davon ausgegangen werden, dass der Verhinderungszeitraum durchschnittlich 20 bis 25 Tage beträgt.

 

Frage 20:

 

Zuwendungen zu den Kosten für die Ersatzpflege aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung können nach Maßgabe der für diesen Zweck zur Verfügung stehenden Mittel gewährt werden.


Die Höchstbeträge für die Zuwendungen betragen

 

 

Im Hinblick auf die angespannte wirtschaftliche und budgetäre Gesamtsituation ist eine Erhöhung dieser Beträge derzeit nicht angedacht.

 

Frage 21:

 

Mit den Zuwendungen soll die Möglichkeit verbessert werden, im Fall der Verhinderung der Hauptpflegeperson vermehrt professionelle oder private Ersatzpflege in Anspruch nehmen zu können, womit ein Beitrag zur Entlastung der pflegenden Angehörigen geleistet wird. Um einen nachhaltigen Erholungseffekt zu erzielen, scheint es wesentlich, dass die „Auszeit“ von der Pflege nicht nur einzelne Tage, sondern einen gewissen durchgängigen Zeitraum andauert.

 

Vor diesem Hintergrund wurde die Mindestdauer der Verhinderung an der Pflege mit einer Woche festgelegt. Um die oftmals psychisch und physisch besonders belastende Pflege von Angehörigen mit einer demenziellen Erkrankung oder minderjährigen Personen, die hohe Anforderungen an die Pflegeperson stellt, zu berücksichtigen, reicht bei diesen Personengruppen bereits eine permanente Ersatzpflege von vier Tagen, um eine Zuwendung erhalten zu können. Eine Änderung dieser Mindestzeiträume ist derzeit nicht vorgesehen.

 

Frage 22:

 

Wenn die im Gesetz genannten Voraussetzungen, die durch die Richtlinien für die Gewährung von Zuwendungen zur Unterstützung pflegender Angehöriger präzisiert wurden, erfüllt sind, gewährt das Bundessozialamt eine Zuwendung. Die Normierung eines Rechtsanspruches auf Zuwendungen bei Beibehaltung der derzeitigen Vor­aussetzungen würde in der Praxis keinen Unterschied machen, sodass daraus auch keine Mehrkosten resultieren würden.

 

Frage 23:

 

Dazu existieren keine Aufzeichnungen.

Bekannt ist, dass seit dem Jahr 2011 die Zuwendung in einem Fall rückgefordert wurde, weil der Antragsteller kurz nach der Antragstellung verstorben ist.


Frage 24:

 

In den Jahren 2011 bis 2013 erfolgte die Ersatzpflege nach den Angaben des Bundessozialamtes in ca. 73% der Fälle privat und in ca. 27% professionell.

 

Frage 25:

 

Die Antragsteller/innen in den Jahren 2011 bis 2013 waren zu einem Anteil von

 

 

an der Pflege verhindert.

 

Frage 26:

 

Seitens meines Ressorts erfolgten etwa Informationen in diversen Tageszeitungen (z.B. Tiroler Tageszeitung, Salzburger Nachrichten), Vorwörter in diversen Magazinen und Messekatalogen (z.B. für den Pflegekongress) oder bei Veranstaltungen wie der Senioren Messe. Auch ich habe in Redebeiträgen - etwa beim Pflegemanagement-Forum oder anlässlich der Pflegepreis-Verleihung - auf diese Möglichkeit hingewiesen.

 

Informationen über die Zuwendungen zu den Kosten für die Ersatzpflege, die relevanten Richtlinien sowie das Antragsformblatt finden sich auf den Homepages www.bmask.gv.at, www.pflegedaheim und auf www.bundessozialamt.gv.at auch in den Informationsbroschüren EINBLICK Heft 5 - Pflege und EINBLICK Heft 7 - Finanzielles wird über die Zuwendungen informiert, diese liegen zur freien Entnahme im Bundessozialamt auf, können über das Broschürenservice des BMASK kostenlos bestellt werden und werden auf Messen verteilt.

 

Das Bundessozialamt hat insbesondere folgende Maßnahmen getroffen:

 


Frage 27:

 

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass für pflegende Angehörige als wesent­licher Schritt zur Verbesserung von beruflichen und familiären Verpflichtungen mit 1. Jänner 2014 die Möglichkeit einer Pflegekarenz und Pflegeteilzeit geschaffen wurde. Mit diesen Maßnahmen soll insbesondere die Organisation der Pflegesituation im Falle eines plötzlich auftretenden Pflegebedarfs einer nahen Angehörigen/eines nahen Angehörigen oder zur Entlastung einer pflegenden Person erleichtert werden.

 

Während einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit bestehen ein Motivkündigungsschutz und eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung in Form einer beitragsfreien Kranken- und Pensionsversicherung. Zur finanziellen Unterstützung wurde aufgrund des wegen einer Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit resultierenden Entfalls des Erwerbseinkommens ein Rechtsanspruch auf ein Pflegekarenzgeld normiert. Dieses Pflegekarenzgeld gebührt auch Personen, die zum Zweck der Sterbebegleitung oder der Begleitung schwerst erkrankter Kinder eine Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen.

 

Ein wesentlicher Aspekt für eine bedarfsgerechte und qualitätsvolle häusliche Pflege ist die Kenntnis über die vorhandenen Hilfs- und Unterstützungsangebote. Wie die Erfahrungen zeigen und durch Studien belegt ist, besteht bei pflegebedürftigen Menschen und ihren pflegenden Angehörigen dahingehend häufig ein beträchtliches Informationsdefizit.

 

Um dem zu begegnen, werden seit mehr als 10 Jahren im Auftrag meines Ressorts und organisiert vom Kompetenzzentrum „Qualitätssicherung in der häuslichen Pflege“ der Sozialversicherungsanstalt der Bauern kostenlose Hausbesuche durch diplomierte Pflegefachkräfte durchgeführt. Bei diesen Besuchen wird die konkrete Pflegesituation und -qualität anhand eines standardisierten Situationsberichtes erfasst, wobei der Schwerpunkt auf die Information und Beratung gelegt wird. Wenn Kinder oder Jugendliche an der Pflege und Betreuung beteiligt sind, werden spezifische Beratungen durchgeführt und gezielte Informationen über das Angebot familienorientierter entlastender Maßnahmen gegeben.

 

Insgesamt erfolgten bereits mehr als 140.000 Hausbesuche, rund 20.000 davon im Jahr 2013. Aufgrund der durchwegs positiven Resonanz sollen diese Hausbesuche ausgeweitet werden.

 

Die Auswertung der im Rahmen der Hausbesuche erstellten Situationsberichte zeigen unter anderem, dass pflegende Angehörige oftmals große psychische Belastungen erleben. Als Beitrag zur Gesundheitsförderung der betreuenden Angehörigen mit psychosozialen Belastungen möchte ich zusätzliche individuelle Unterstützungsgespräche anbieten, die etwa Beratung zu bestehenden Entlastungsangeboten, Empowerment, Sensibilisierung im Hinblick auf eigene gesundheitliche Risiken oder Informationen zu Präventivmaßnahmen beinhalten sollen.

 

Derzeit werden Gespräche mit der Bundesgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) geführt, um ein Konzept für ein Pilotprojekt zu erarbeiten.

 

Wie Sie wissen hat das Institut für Pflegewissenschaften der Universität Wien im Auftrag meines Ressorts aufgrund eines Entschließungsantrages vom 8. Juli 2011, der von allen Parteien gefasst wurde, eine Studie zur Situation pflegender Kinder und Jugendlicher durchgeführt, die im Dezember 2012 dem Nationalrat vorgelegt und von diesem einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Mit dieser Studie wurde ein umfangreiches Bild von der Situation gegenwärtiger und ehemaliger pflegender Kinder und Jugendlicher mittels wissenschaftlich fundierter Zahlen gezeichnet und der Bedarf an unterstützenden Maßnahmen für diese Gruppe eruiert.

 

Aufbauend auf den Erkenntnissen dieser Studie wurde das Institut für Pflegewissenschaften in weiterer Folge beauftragt, eine weitere Studie mit dem Ziel der „Entwicklung eines (Rahmen)Konzepts zur Unterstützung von Young Carers und deren Familien“ zu erarbeiten. Diese Studie soll im Herbst 2014 vorliegen.