384/AB XXV. GP
Eingelangt am 14.03.2014
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer Wien, am März 2014
Parlament
1017 Wien GZ: BMF-310205/0004-I/4/2014
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 398/J vom 15. Januar 2014 der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Auf Grundlage des Ende Oktober 2008 erlassenen Finanzmarktstabilitätsgesetzes (FinStaG), BGBl. I Nr. 136/2008, sowie der beihilfenrechtlichen Genehmigung des österreichischen Bankenpaketes durch die Europäische Kommission am 9. Dezember 2008 wurde im Bundesministerium für Finanzen ein Positionspapier über die Bedingungen einer Zufuhr von Partizipationskapital an österreichische Kreditinstitute erarbeitet. In diesem Positionspapier sind detailliert die Voraussetzungen, die Vertragsinhalte sowie die zu erfüllenden Auflagen aufgelistet.
Die gemäß Positionspapier erforderlichen Informationen für die Zufuhr von 900 Millionen Euro Partizipationskapital an die Hypo Alpe-Adria-Bank International AG im Dezember 2008 wurden seitens des Bundesministeriums für Finanzen von der OeNB betreffend die wirtschaftliche Sitution und die Systemrelevanz sowie vom Bankprüfer eingeholt; Ausgangspunkt war ein Grundlagenpapier der Hypo Alpe Adria vom 15. Dezember 2008 mit
einer Darstellung der wirtschaftlichen Lage der Bank sowie ihrer Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung bzw.-planung sowie der Antrag des Vorstands auf Zeichnung von Partiziptationskapital durch den Bund.
Zu 2. bis 4.:
Anfang November 2009 wurde dem Bundesministerium für Finanzen vom damaligen Vorstandsvorsitzenden der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG („HBInt") angekündigt, dass ein sogenanntes Asset Screening (Überprüfung ausgewählter Vermögenswerte der Bank), welches von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC im Auftrag der HBInt und der Bayerischen Landesbank („BayernLB") durchgeführt worden war, einen erheblichen Wertberichtigungsbedarf im Jahresabschluss 2009 erzwingen werde.
Als nächster Schritt wurde mit dem Vorstandsvorsitzenden der HBInt umgehend ein Gespräch mit Vertretern der BayernLB vereinbart sowie im Hinblick auf das laufende Beihilfeverfahren die Europäische Kommission informiert.
Am 23. November 2009 informierte die BayernLB das Bundesministerium für Finanzen und die Finanzprokuratur, dass die BayernLB nicht mehr bereit sei, den allenfalls erforderlichen Kapitalbedarf bei der HBInt ohne Beteiligung der anderen Aktionäre alleine zu leisten und gegebenenfalls auch zu einer Abgabe ihres 67%igen Anteils an die Republik Österreich gegen Zahlung eines relevanten Kaufpreises bereit sei. Die BayernLB begründete dies mit dem weitest gehenden Totalausfall ihrer bisherigen Investitionen in die HAA und beihilfenrechtliche Beschränkungen in ihrer Stellung als deutscher Beihilfenempfänger. Auf Grund dieser Mitteilung der BayernLB, die der noch im Oktober 2009 erkennbaren Strategie als Eigentümer der HAA diametral widersprach, wurden umgehend Stellungnahmen der OeNB und FMA insbesondere zur wirtschaftlichen Situation der HAA, zum voraussichtlichen Rekapitalisierungsbedarf sowie zu den Auswirkungen einer allfälligen Insolvenz der HAA eingeholt. Im Hinblick auf die Finanzkrise und die labile Situation der Märkte wurde von Seiten der OeNB und der FMA vor den Folgen einer Insolvenz der HAA gewarnt.
In Folge haben zahlreiche intensive Gesprächstermine mit der BayernLB sowie den übrigen damaligen Eigentümern der Bank im Bundesministerium für Finanzen stattgefunden. Ziel dieser Gespräche war es, zur Absicherung einer ausreichenden Kapitalisierung der HBInt bis zum Jahresende 2009 – und damit Stabilisierung der Bankengruppe – Kapitalmaßnahmen durch die damaligen Eigentümer zu erwirken. An diesen Terminen haben Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundeskanzleramtes, der FIMBAG, der Finanzprokuratur, der damaligen Eigentümer sowie der Aufsichtsbehörden teilgenommen.
Das Verhandlungsteam der Republik Österreich in den finalen Gesprächen stand unter der Leitung des damaligen Vizekanzlers sowie Bundesministers für Finanzen DI Josef Pröll und des Staatssekretärs Mag. Andreas Schieder. Die Verhandlungen wurden vom Gouverneur der OeNB, von Experten der Kabinette sowie von Beamten des Bundesministeriums für Finanzen begleitet.
Zu 5. und 6.:
Dem Bundesministerium für Finanzen standen in den Verhandlungen zur Absicherung einer ausreichenden Kapitalisierung der HBInt im Jahresabschluss 2009 – und damit zur Stabilisierung der Bankengruppe – und Erwirkung von Kapitalmaßnahmen durch die damaligen Eigentümer insbesondere eine Präsentationsunterlage der BayernLB betreffend deren Überlegungen zur Stabilisierung der Hypo Alpe Adria sowie Positionspapiere des Vorstandes der HBInt betreffend die wirtschaftliche Lage der Hypo Alpe Adria, die Geschäftsplanung bis 2013, die zukünftige geschäftliche Ausrichtung der Hypo Alpe Adria, wesentliche Risikopositionen und der Jahresabschluss 2009 zur Verfügung. Darüber hinaus übermittelte die BayernLB ein Schreiben vom 11. Dezember 2009 an die HBInt betreffend die Kündigung bzw. Aufrechnung von Refinanzierungslinien. Seitens der BayernLB wurde dem BMF im Zuge der Verhandlungen auch ein weiteres Schreiben betreffend die Verhandlungsposition zugeleitet.
Seitens der OeNB erging eine Stellungnahme insbesondere zur Systemrelevanz des Kreditinstitutes sowie zur Erfüllung der Voraussetzungen nach § 1 FinStaG an das BMF. Ebenso berichtete die FMA über ihre Aufsichtsaktivitäten in Bezug auf die HBInt.Eine Unterlage der BayernLB vom 9. Dezember 2009 betreffend ihre Verhandlungsposition, ihre Anteile an der HBInt um 1 Euro an die Republik Österreich zu verkaufen;
Aufgrund der von der FMA gesetzten Frist einer Lösungsfindung zur Rekapitalisierung und Stabilisierung der Hypo Alpe Adria bis 14. Dezember 2009, 7:30 Uhr, und der Androhung einer Geschäftsaufsicht nach § 83 BWG, waren die Rettungsbemühungen durch die Republik Österreich äußerst zeitkritisch. Vor der notwendigen Einigung zum Schutz der österreichischen Volkswirtschaft und zur Übernahme aller Anteile an der HBInt war eine Due Dilligence nicht möglich. Diese sollte daher durch das von Vizekanzler und Finanzminister DI Pröll ins Leben gerufene und zwischen der Bank und der Republik Österreich vereinbarte Projekt „CSI Hypo“ realisiert werden. Ziel der „CSI Hypo“ war die Aufklärung insbesondere
der Ursachen für den rapiden Vermögensverfall, der letztendlich zur Notverstaatlichung geführt hat, sowie der möglichen Malversationen und weiterer Mißstände in der Hypo Alpe Adria.
Zu 7. und 8.:
Bis zur Vorsprache des damaligen Vorstandsvorsitzenden der HBInt im November 2009 lagen dem Bund keine konkreten Informationen über den rapiden Vermögensverfall in der Hypo Alpe Adria vor.
Der unvorgesehene Entzug von Liquidität Anfang Dezember 2009 durch die BayernLB ist der Republik Österreich im Zuge der Gespräche zur Rettung der HAA und zur Vermeidung des Eintritts des Haftungsfalles für das Land Kärnten vom damaligen Vorstandsvorsitzenden der Hypo Alpe Adria Bank International AG bekannt gegeben geworden. Die Kündigung bzw. Aufrechnung von Refinanzierungslinien hatte zweifellos die wirtschaftliche Lage der Bank zusätzlich massiv beeinträchtigt und war von der Republik Österreich in den Verhandlungen zur Rettung der HAA nachdrücklich berücksichtigt worden. Die BayernLB musste sich letztendlich gegenüber der Republik Österreich und der Bank im Aktienkaufvertrag verpflichten, diese Refinanzierungslinien der Hypo Alpe Adria wieder zur Verfügung zu stellen.
Zu 9.:
Gesprächstermine im Bundesministerium für Finanzen mit den Vertretern der Hypo Alpe Adria und ihrer damaligen Eigentümer wurden weitgehend protokollarisch dokumentiert. Das Verhandlungsergebnis der Notverstaatlichung am 13./14. Dezember 2009 wurde in von der Republik Österreich und den Vertretern der jeweiligen Eigentümer unterzeichneten „termsheets" festgehalten. Auf Grundlage dieser „termsheets“ wurden von der Finanzprokuratur die Aktienkaufverträge mit den vier damaligen Eigentümern ausgefertigt.
Zu 10.:
Die BayernLB vertrat noch Ende November 2009 die Verhandlungsposition, einen weiteren Kapitaleinschuss in die HBInt abzulehnen, war jedoch zur Abgabe ihres 67%igen Anteils an der HBInt gegen Zahlung eines relevanten Kaufpreises durch die Republik Österreich bereit. Dieses Angebot entsprach lt. Aussage der Bank dem Beteiligungsbuchwert der BayernLB, stand jedoch in einem krassen Mißverhältnis zum tatsächlichen damaligen
Unternehmenswert der HBInt. Nach intensiven Verhandlungen konnte die Abgabe sämtlicher Anteile an der HBInt durch die vormaligen Aktionäre zum symbolischen Kaufpreis von insgesamt 4 Euro sowie die Übernahme von Kapitalisierungen zugunsten der HBInt im Gesamtausmass von knapp über 1 Milliarde Euro erreicht werden.
Bei Ausbleiben einer Lösung zur Rekapitalisierung der HBInt und damit Absicherung der regulatorischen Mindesteigenmittelerfordernisse im Jahresabschluss 2009 hätte die Einleitung eines Geschäftsaufsichtsverfahren durch die FMA, welches letztendlich in eine Insolvenz der Hypo Alpe Adria münden hätte können, gedroht. Deren Folgen wurden im Bundesministerium für Finanzen geprüft, jedoch wurde zum damaligen Zeitpunkt am Höhepunkt der Finanzkrise eine solche Vorgehensweise als ausgeschlossen bewertet. Berücksichtigt wurden in dieser Beurteilung insbesondere die enorme Höhe der Gewährsträgerhaftung des Landes Kärnten, die Auswirkungen auf die österreichische Einlagensicherung und die Folgen für die die volkswirtschaftliche Entwicklung in Südosteuropa sowie für die anderen österreichsichen Banken.
Zu 11. bis 13.:
Die Ausfertigung der Vertragsdokumente im Zusammenhang mit der Übernahme aller Anteile an der HBInt im Dezember 2009 durch eine Notverstaatlichung und keinen gewöhnlichen Kauf erfolgte auf Grundlage der in den Verhandlungen am 13./14. Dezember 2009 erzielten Einigungen zwischen Vertretern der Republik Österreich und Vertretern der Alteigentümer und des Freistaates Bayern durch die Finanzprokuratur.
Zu 14.:
Die OeNB hat für die Begründung der Systemrelevanz der Hypo Alpe Adria in ihrer Stellungnahme vom 7. Dezember 2009 die damalige Situation der Finanzmärkte und auch die Größe der Bank in ihre Überlegungen mit einbezogen. Die Hypo Alpe Adria war 2009 die fünftgrößte österreichische Bankengruppe mit einer Bilanzsumme von 43,4 Milliarden Euro, 7.500 Mitarbeitern und der österreichischen Einlagensicherung unterliegenden Einlagen im Ausmaß von 1,4 Milliarden Euro. Darüber hinaus bestanden konzernweit rd. 20 Milliarden Euro Wertpapieremissionen. Ferner hielt die OeNB fest, dass eine Insolvenz der Hypo Alpe Adria umfangreiche Ansteckungseffekte im österreichischen Bankensektor, insbesondere am Hypothekenbankensektor, verursachen würde. Darüber hinaus hat die OeNB in ihrer Analyse berücksichtigt, dass die Hypo Alpe Adria im südosteuropäischen Raum substantielle Marktanteile aufwies. Eine Insolvenz der HAA hätte daher nach Ansicht der OeNB in weiterer
Folge auch für die anderen in dieser Region tätigen österreichischen Banken massiv negative Auswirkungen haben können (Reputationsrisiko). Nicht unbeachtlich war es auch, dass das Land Kärnten für Verbindlichkeiten der Hypo Alpe Adria International im Ausmaß von 17,4 Milliarden Euro Haftungen übernommen hatte.
Zu 15. und 16.:
Im Rahmen des im Mai 2009 eröffneten Beihilfeverfahrens haben mehrere Gespräche mit Vertretern der Europäischen Kommission, der Republik Österreich, der Bank sowie der Aufsichtsbehörden in Wien und Brüssel stattgefunden. Der Europäischen Kommission wurden sämtliche eingeforderten Informationen zur Verfügung gestellt und es wurden umfangreiche Auflagen insbesondere hinsichtlich der Reprivatisierung der marktfähigen Einheiten und der Einschränkung von Neugeschäft bei Kreditvergaben vereinbart.
Das Beihilfeverfahren hat letztendlich am 4. September 2013 zu einer positiven Genehmigungsentscheidung geführt. Die Beihilfenentscheidung wurde Ende Oktober 2013 auf der Internetseite der Europäischen Kommission unter http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/239580/239580_1473912_739_2.pdf veröffentlicht.
Zu 17.:
Die mit der Europäischen Kommission vereinbarten Auflagen werden durch einen sogenannten „Monitoring Trustee“ kontrolliert. Dieser berichtet vierteljährig an die Europäische Kommission über die Einhaltung der Auflagen durch die Bank und die Republik Österreich.
Mit freundlichen Grüßen