388/AB XXV. GP
Eingelangt am 14.03.2014
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung
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BMJ-Pr7000/0008-Pr 1/2014 |
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Museumstraße 7 1070 Wien
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Tel.: +43 1 52152 0 E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
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Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 403/J-NR/2014
Die Abgeordneten zum Nationalrat Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Unterhaltspflicht für Väter – Anspannungsregelung“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Gemäß § 231 Abs. 1 ABGB trifft die Eltern die Pflicht zur Leistung des Unterhalts gegenüber ihren Kindern. Entsprechend dem Grundsatz der Gleichstellung beider Elternteile haben Vater und Mutter „nach ihren Kräften“ anteilig zur Deckung der Bedürfnisse des Kindes beizutragen. Für die Bestimmung dessen, was ein Teil zu leisten hat, ist von den wirtschaftlichen Gegebenheiten auszugehen, die von seiner beruflichen Stellung, der Ausbildung und den Vermögensverhältnissen abhängen. Aus der Wendung „nach ihren Kräften“ hat die unabhängige Rechtsprechung den Anspannungsgrundsatz entwickelt. Demnach haben Geldunterhaltspflichtige in zumutbarem Rahmen alle ihre persönlichen wie finanziellen Mittel und Möglichkeiten so gut wie möglich zur Einkommenserzielung zu nutzen. Tun sie das nicht, so wird die Unterhaltshöhe von der
hypothetisch erzielbaren Einkommenshöhe abgeleitet. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Unterhaltspflichtige eine reale Erwerbsmöglichkeit schuldhaft unterlässt und den angemessenen Unterhalt nicht deckt. Die Bemessung der Unterhaltshöhe und somit auch die Entscheidung über eine Anwendung des Anspannungsgrundsatzes kommen den unabhängigen Gerichten zu.
Aus dem Gesetz ergibt sich zudem, dass vorrangig der Unterhalt von Kindern zu sichern und einer Minderung ihrer Ansprüche möglichst vorzubeugen ist.
Zu 1:
Richtig ist, dass bei Exekutionen wegen Unterhaltsansprüchen das Existenzminimum um 25% unterschritten werden kann, sodass dem Schuldner also nur 75% des Existenzminimums verbleiben. Auch diese Grenze kann unterschritten werden, aber nicht, wie die Anfrage suggeriert „bei Bedarf“, sondern nach gesetzlich klar bestimmten Kriterien. Das Exekutionsgericht hat auf Antrag diesen unpfändbaren Freibetrag angemessen herabzusetzen, wenn laufende gesetzliche Unterhaltsforderungen durch die Exekution nicht zur Gänze hereingebracht werden können (§ 292b Z 1 EO). Dabei ist auch auf die Unterhaltsforderungen von nicht Exekution führenden Unterhaltsgläubigern Bedacht zu nehmen. Der Betrag ist so zu wählen, dass alle Unterhaltsansprüche annähernd anteilsmäßig gleich abgedeckt werden können, bei im gemeinsamen Haushalt lebenden Unterhaltsberechtigten ist der Naturalunterhalt auf Geldunterhalt umzurechnen.
Zu 2, 4 und 7:
Diese Daten werden in den elektronischen Registern der Verfahrensautomation Justiz nicht erfasst. Sie könnten nur im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie durch bundesweite (händische) Recherche in den Bezug habenden Gerichtsakten erhoben und ausgewertet werden. Mir stehen dazu derzeit keine Informationen zur Verfügung.
Zu 3:
Ich bitte zu berücksichtigen, dass die Entscheidung über die Ermittlung der Erwerbschancen allein den unabhängigen Gerichten obliegt und es weder mir noch dem Bundesministerium für Justiz zukommt, die gerichtliche Praxis zu kommentieren. Ganz allgemein ist zu beobachten, dass die Gerichte, wenn nicht ganz konkrete Anhaltspunkte für ein erzielbares Einkommen vorliegen, zu den entsprechenden Feststellungen über Einholung eines Gutachtens eines berufskundlichen Sachverständigen gelangen.
Zu 5 und 6:
Mit der gesetzlichen Regelung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass Unterhaltsforderungen Priorität genießen.
Ein eigenes Monitoring zu Armutsgefährdungen aufgrund von Gerichtsentscheidungen oder einen Informationsaustausch mit anderen Ressorts dazu gibt es nicht.
Abschließend verweise ich auf die ständige Rechtsprechung, wonach im Zuge der Herabsetzung dem Verpflichteten jedenfalls so viel zu belassen ist, als er für seinen eigenen notwendigen Unterhalt braucht; es hat ihm ein Betrag zu verbleiben, der zur Erhaltung seiner körperlichen und geistigen Persönlichkeit und seiner Erwerbsfähigkeit notwendig ist. Eine starre Untergrenze scheidet somit aus; es ist vielmehr eine nach den gegebenen Umständen noch am ehesten tragbare Regelung zu treffen.
Wien, . März 2014
Dr. Wolfgang Brandstetter